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  • 15.01.2015 · IWW-Abrufnummer 143648

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 25.06.2014 – 3 K 153/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Nürnberg, 25.06.2014 - 3 K 153/13

    In dem Rechtsstreit
    - Klägerin -
    gegen
    - Beklagte -
    wegen Hinterziehungszinsen
    hat der 3. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
    aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25. Juni 2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.
    2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die Rückforderung von Kindergeld.

    Die Klägerin beantragte mit einem von ihr unterschriebenen Antrag auf Kindergeld vom 05.09.2000 beim Arbeitsamt die Festsetzung von Kindergeld für die Kinder M (geb. xx.xx.1993) und R (geb. xx.xx.1997). Sie kreuzte auf der Rückseite des Antragsformulars unter Ziff. 9 bei der Frage, "Sind oder waren Sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, in den letzten 5 Jahren vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst tätig?" mit "Nein" an. Das Arbeitsamt gewährte gemäß dem Antrag der Klägerin Kindergeld und überwies dieses auf das von der Klägerin angegebene Konto mit der Nr. 11111111 bei der Q.

    Die Klägerin war vom 01.05.1992 bis 29.02.2012 bei der T angestellt. Sie stand jedoch ab der Geburt von M bis April 2011 nicht in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis, sondern war entweder in Elternzeit oder ohne Bezüge beurlaubt. Die T zahlte Kindergeld für M ab Juni 1993 und für R ab März 1997 aufgrund der Anträge der Klägerin vom 20.06.1993 und 03.06.1997.

    Aufgrund einer Überprüfung durch den Bundesrechnungshof wurde im April 2011 festgestellt, dass die Klägerin für die beiden Kinder im Zeitraum von April 2000 bis April 2011 sowohl von der Familienkasse als auch von der T Kindergeld erhielt.

    Die Familienkasse hob mit Bescheid vom 02.08.2011 die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder M und R ab Januar 2001 auf. Mit Bescheid vom 12.08.2011 forderte die Familienkasse das für den Zeitraum von Januar 2001 bis Juli 2011 zuviel gezahlte Kindergeld in Höhe von 39.209,20 € zurück.

    Das Amtsgericht verurteilte die Klägerin mit Urteil vom 27.09.2011 wg. Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 25 €.

    Mit Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen vom 31.07.2012 setzte die Familienkasse Hinterziehungszinsen in Höhe von 11.978 € fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich rechtlich um eine Steuerhinterziehung handele und nach Abschluss des Strafverfahrens der zu Unrecht ausgezahlte Kindergeldbetrag in Höhe von 40.313,56 € zu verzinsen sei. Hinsichtlich der Berechnung der Zinsen wurde auf die beigefügte Anlage verwiesen.

    Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Hinterziehungszinsen erhob der Prozessbevollmächtigte Einspruch und gab an, die Klägerin in dieser Angelegenheit zu vertreten.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 03.01.2013 verwarf die Familienkasse den Einspruch des Prozessbevollmächtigten gegen den Zinsbescheid vom 31.07.2012 als unzulässig, da der Einspruch ohne Vorlage einer Vollmacht erhoben und diese auch auf Anforderung nicht vorgelegt worden sei.

    Der Prozessbevollmächtigte erhob für die Klägerin Klage gegen den Bescheid über Hinterziehungszinsen.

    Zur Begründung der Klage führte er aus, dass die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung bei der Klägerin nicht vorliegen würden. Der Bescheid verweise allein auf den Abschluss des Strafverfahrens, ohne dass sich die Beklagte jedoch die dortigen tatsächlichen Feststellungen zu Eigen gemacht hätte. Es werde zur Begründung lediglich ausgeführt, dass es sich rechtlich gesehen um eine Steuerhinterziehung handle. Dies sei nicht ausreichend. Ob bzw. dass eine Steuerhinterziehung vorliege, habe die Behörde selbst festzustellen.

    Tatsächlich lägen die Voraussetzungen der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auch nicht vor. Die Klägerin habe im Rahmen des Steuerstrafverfahrens ausgeführt, dass sie erst im Mai 2011 durch einen Brief der T davon erfahren habe, dass sie zu Unrecht Kindergeld der erhalten habe. Die rechtlich und geschäftlich unerfahrene Klägerin sei davon ausgegangen, dass der Zuwendung ihres Arbeitgebers, der T, ein Familienzuschlag im öffentlichen Dienst zugrunde gelegen habe. Sie legt hierzu einen Kontoauszug der Q vom 14.04.2011 (Konto Nr.: 111111; Kontoauszug Nr. 16) vor, in dem die Zahlung von 368 € durch die T als "Gehalt" bezeichnet wird. Sie habe nicht gewusst, dass es sich um eine fehlerhafte Doppelzahlung gehandelt habe. Im Übrigen habe sie die Frage, ob sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person in den letzten Jahren vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst beschäftigt war, richtigerweise mit "nein" beantwortet, da sie damals nicht aktiv beschäftigt, sondern beurlaubt war. Weiter könne ihr als Mitarbeiterin in der Telefonzentrale der T auch nicht vorgehalten werden, nicht zu wissen, dass sie dem öffentlichen Dienst angehöre. Bis zum Jahre 2006 sei die Klägerin auch verheiratet gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich ihr Ehemann um die finanziellen Dinge gekümmert. Die mit der früheren Handhabung identische Praxis sei der Klägerin daher nicht aufgefallen. Es fehle damit zumindest an den subjektiven Voraussetzungen des § 370 AO und damit zugleich an den Voraussetzungen des § 235 AO für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen.

    Im Klageverfahren erkannte die Familienkasse, dass ein wirksamer Einspruch der Klägerin erhoben wurde, über den die Behörde noch nicht entschieden hatte.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 21.08.2013 wies die Familienkasse den Einspruch der Klägerin, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, gegen den Bescheid über Hinterziehungszinsen vom 31.07.2012 als unbegründet zurück. Der Einspruchsentscheidung wurde eine Berechnung der Hinterziehungszinsen beigefügt.

    Der Prozessbevollmächtigte beantragt zuletzt,

    den Bescheid der Familienkasse vom 31.07.2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21.08.2013 aufzuheben.

    Die Familienkasse beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:

    Die Klägerin habe dadurch einen Steuervorteil erhalten, dass das Kindergeld zusätzlich zu dem durch die T bereits gezahlten Kindergeld auch von der Familienkasse angewiesen wurde. Das Kindergeld sei in Form einer Steuervergütung gemäß § 31 ff EStG gezahlt worden. Die Klägerin habe im Kindergeldantrag vom 01.09.2000 angegeben, dass sie nicht im öffentlichen Dienst tätig sei. Tatsächlich sei sie zu diesem Zeitpunkt bei der T angestellt gewesen und damit im öffentlichen Dienst tätig gewesen. Hätte die Klägerin angegeben, dass sie im öffentlichen Dienst tätig sei, wäre der Kindergeldantrag abgelehnt worden. Denn in diesem Fall sei der Arbeitgeber für die Zahlung des Kindergeldes zuständig. Die Klägerin habe auch vorsätzlich gehandelt. Sie habe wissentlich und willentlich einen weiteren Kindergeldantrag bei der gestellt, obwohl schon von einer anderen Stelle Kindergeld bezogen wurde. Es erscheine unglaubwürdig, wenn sie nun angebe, dass sie nicht wusste, dass sie bereits Kindergeld von ihrem Arbeitgeber bezog.

    Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Akteninhalt verwiesen. Dem Gericht liegen 2 Bände der Kindergeldakte der Klägerin mit der Nr. 999999999 vor.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von A zum Thema: "Sind die Klägerin bzw. der Zeuge davon ausgegangen, Kindergeld nur von der Familienkasse, von der T jedoch einen Kinderzuschuss zu erhalten". Wegen der Aussage wird auf den Inhalt der Niederschrift vom 25.06.2014 verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    Die C ist Beklagte dieses Verfahrens. Zum 01.05.2013 erfolgte eine Neuorganisation der Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit. Für Verfahren der bisherigen Familienkasse ist nunmehr die C zuständig. Es handelt sich dabei um einen Fall des gesetzlichen Parteiwechsels, das heißt einen Zuständigkeitswechsel durch Organisationsakt. Ein gesetzlicher Beklagtenwechsel stellt weder eine Änderung des Streitgegenstandes noch eine Klageänderung dar. Dieser neue Beklagte rückt in das Verfahren ein, ohne dass entsprechende Erklärungen der Beteiligten erforderlich sind und ohne dass eine Klageänderung vorliegt (BFH-Urteil vom 11.04.2013 III R 35/11, BFHE 241, 499, BStBl. II 2013, 1037; BFH-Beschluss vom 20.12.2004 VI S 7/03, BStBl II 2005, 573; Gräber/Koch, FGO, 7. Auflage, Anh § 33 Rz. 10 und § 63 Rz. 6; Brandis bei Tipke/Kruse, AO/FGO, 63 FGO Rz. 9).

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das nach § 44 Abs. 1 FGO vorgesehene außergerichtliche Vorverfahren durchgeführt worden. Dies war zwar für die Klägerin bei Klageerhebung am 06.02.2013 noch nicht durchgeführt, die beklagte erließ jedoch im Klageverfahren die Einspruchsentscheidung vom 21.08.2013. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist eine Sachurteilsvoraussetzung, keine Zugangsvoraussetzung (BFH-Urteil vom 16.11.1984 VI R 176/82, BStBl. II 1985, 266; Gräber/von Groll, FGO, 7. Auflage, § 44 Rz. 27; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 44 FGO Rz. 18). Die Klage kann also in die Zulässigkeit hineinwachsen.

    Nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Die Zinspflicht nach dieser Vorschrift setzt folglich voraus, dass ein entsprechender Steueranspruch besteht und insoweit eine Steuerhinterziehung vorliegt. Der Zinssatz beträgt einhalb vom Hundert für jeden Monat (§ 238 Abs. 1 AO 1977), der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Steuerverkürzung (§ 235 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) und endet mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern (§ 235 Abs. 3 Satz 1 AO 1977).

    1. Steuer im Sinne des § 235 Abs. 1 Satz 1 AO ist auch die Steuervergütung. Nach § 31 Satz 3 EStG wird das Kindergeld im laufenden Kalenderjahr als Steuervergütung monatlich gezahlt. Damit erfasst die Verzinsungsvorschrift für hinterzogene Steuern des § 235 Abs. 1 Satz 1 AO auch das Kindergeld (vgl. Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 235 AO Rz. 9; Klein/Rüsken, AO, 12. Auflage, § 235 Rz. 5; Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 235 Rz. 9). Voraussetzung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist darüber hinaus, dass eine vollendete Steuerhinterziehung vorliegt. Dies setzt die Erfüllung des objektiven und des subjektiven Straftatbestandes des § 370 Abs. 1 AO voraus (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2000 VIII B 77/00, BFHE 193, 63, BStBl. II 2001, 16; Pahlke/Koenig, AO § 235 AO Rz. 5; Klein/Rüsken, AO, 12. Auflage, § 235 Rz. 5; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 235 AO Rz. 13). Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht erforderlich, die Behörde ist auch nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden. Hat das Strafgericht jedoch über die Frage der Steuerhinterziehung entschieden, können sich die Steuerbehörden und Steuergerichte die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn substantiierte Einwendungen gegen diese Feststellungen nicht erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 24.08.1993 VII B 203/92, BFH/NV 1994, 294; BFH-Urteil vom 12.01.1988 VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692; Klein/Rüsken, AO, § 235 Rz. 8). Steuerhinterziehung begeht, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Für das Vorliegen einer Hinterziehung in subjektiver Hinsicht reicht dabei das Vorliegen bedingten Vorsatzes aus, das heißt der Kläger nimmt billigend in Kauf, einen Steuervorteil zu erlangen, auf den er keinen Anspruch hat (Klein/Rüsken, AO, 12. Auflage, § 370 Rz. 171 ff; Zanzinger in Leopold/Madle/Rader, AO, § 370 Rz. 220). Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn es der Beteiligte zumindest für möglich hält, dass er steuerlich erhebliche Tatsachen falsch angibt, dadurch eine Steuerverkürzung eintritt und er dies billigt oder doch in Kauf nimmt. Die Beweislast liegt bei der Behörde (BFH-Beschluss vom 24.08.1993 VII B 203/92, BFH/NV 1994, 294; Klein/Rüsken, AO, 12. Auflage, § 235 Rz. 8).

    2. Im Streitfall hat die Behörde spätestens mit der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2013 deutlich gemacht, dass die Klägerin die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung erfüllt hat. Die Klägerin erfüllt nach der Überzeugung des Gerichts den objektiven Tatbestand, denn sie hat im Kindergeldantrag vom 05.09.2000 angegeben, dass sie nicht im öffentlichen Dienst tätig sei. Die Klägerin hat dadurch einen Steuervorteil erhalten, dass das Kindergeld zusätzlich zu dem durch die T bereits gezahlten Kindergeld auch von der Familienkasse angewiesen wurde. Tatsächlich war sie zu diesem Zeitpunkt bei der T angestellt und damit im öffentlichen Dienst tätig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sie sich in Elternzeit befand oder ohne Bezüge beurlaubt war. Hätte die Klägerin angegeben, dass sie im öffentlichen Dienst tätig ist, wäre der Kindergeldantrag abgelehnt worden. Denn in diesem Fall ist der Arbeitgeber für die Zahlung des Kindergeldes zuständig. Die Steuerverkürzung ist auch der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin war innerhalb der Familie die Person, die sich um finanzielle Dinge, die Verwaltung des Geldes und insbesondere um die Kindergeldangelegenheiten kümmerte. Dies steht für das Gericht aufgrund der in diesem Punkt eindeutigen und glaubwürdigen Aussage des Zeugen fest. Zudem hat den Antrag auf Kindergeld vom 05.09.2000 beim Arbeitsamt nur die Klägerin gestellt und nur sie hat unterschrieben. Wer in der Zeit vor dem Jahr 2000 die Kindergeldanträge bei der bzw. dem Arbeitsamt gestellt hat, ließ sich in der mündlichen Verhandlung nicht klären, zumal die Kindergeldakte des Zeugen nach Angabe der Vertreterin der Familienkasse bereits vernichtet ist. Hierauf kommt es für die Entscheidungsfindung aber auch nicht an, da jedenfalls der Antrag auf Kindergeld vom 05.09.2000 ausschließlich von der Klägerin gestellt wurde.

    Die Klägerin erfüllt auch den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung. Sie hat nach Auffassung des Gerichts wissentlich und willentlich einen weiteren Kindergeldantrag bei der Familienkasse gestellt, obwohl schon von einer anderen Stelle Kindergeld bezogen wurde und damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass sie doppeltes Kindergeld erhält. Die Klägerin hat bei der T für jedes ihrer Kinder einen förmlichen Antrag auf Kindergeld gestellt und auf diese Anträge ist Kindergeld gewährt worden. Im Antragsformular an die T wird auf ein Merkblatt verwiesen und unter Ziffer 6 (später: 7 oder 8) abgefragt: "Haben Sie oder Ihr Ehegatte oder eine andere Person für die eingetragenen Kinder anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalten?" Zudem stellte sie beim Arbeitsamt Antrag auf Kindergeld für die Kinder M und R und kreuzte auf der Rückseite des unterschriebenen Antragsformulars vom 05.09.2000 unter Ziff. 9 bei der Frage, "Sind oder waren Sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, in den letzten 5 Jahren vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst tätig?" mit "Nein" an. Somit hat sie bei zwei verschiedenen Stellen Kindergeld beantragt, ohne die jeweilige Frage zu beantworten, ob bei einer anderen Stelle Kindergeld bezahlt oder beantragt wurde. Die Klägerin hat auch erkannt, dass für die beiden Kinder zweimal Zahlungen eingingen. Der Zeuge hat in seiner Aussage hierzu vorgetragen, dass er und die Klägerin sich keine Gedanken gemacht haben, ob die doppelte Zahlung von der T und dem Arbeitsamt nicht rechtmäßig war, allerdings hätten sie sich über diese doppelte Zahlung gefreut. Diese Aussage hat der Zeuge auf Frage des Gerichts gemacht und auf Frage des Klägervertreters wiederholt. Diese ohne Zögern und widerspruchsfrei abgegebene Aussage des Zeugen wurde von der Klägerseite nicht bestritten und ist für das Gericht glaubwürdig. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass sie als rechtlich und geschäftlich unerfahrene Person davon ausgegangen sei, dass der Zuwendung ihres Arbeitgebers, der T, ein Familienzuschlag im öffentlichen Dienst und kein Kindergeld zugrunde gelegen habe. Sie hat auch exemplarisch auf einen Kontoauszug der Q vom 14.04.2011 (Konto Nr.: 1111111; Kontoauszug 16) verwiesen, in dem die Zahlung von 368 € durch die T als "Gehalt" bezeichnet wird. Jedoch musste der Klägerin durch die von ihr vorgenommene jährliche Einreichung der Lohnsteuerkarte und deren Rücksendung durch die T klar gewesen sein, dass sie bei der T beschäftigt oder tätig war, unabhängig, davon, dass sie dort im Zeitraum der Zinsberechnung nicht aktiv tätig war. Auch musste der Klägerin bekannt gewesen sein, dass es sich bei der monatlichen Zahlung der T um Kindergeld für die beiden Kinder handelt. Die vom Prozessbevollmächtigten vorgelegten Kopien der Lohnsteuerbescheinigungen der T für die Klägerin für die Jahre 2004 bis 2010 weisen in allen Spalten insbesondere beim bescheinigten Arbeitslohn die Zahl 0,00 € aus (nur 2007: 300 € Bruttolohn). Andererseits werden in der Spalte "ausgezahltes Kindergeld" in jedem Jahr Beträge in Höhe von 3.996 € bzw. 4.136 € oder 4.416 € ausgewiesen. Auch auf den monatlichen Bezügeabrechnungen für Januar bis April 2011 wird ein monatlicher Betrag von 368 € als Kindergeld sowie das bislang aufgelaufene Kindergeld des Jahres angegeben. Da die Zahlungen der T und der für die Kinder auch in der Höhe übereinstimmen und dem damals geltenden gesetzlichen Kindergeld entsprechen, hat die Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen, dass beide Zahlungen Kindergeld sind und sie damit doppeltes Kindergeld von zwei verschiedenen Stellen erhält. Sie musste wissen, dass sie durch die Anträge einen Steuervorteil erlangt, auf den sie keinen Anspruch hat. Zumindest nahm sie das billigend in Kauf.

    3. Das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung wird durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom 00.00.2011 unter dem 888888888 unterstrichen. Das Amtsgericht verurteilte die Klägerin wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen und stellte hierbei eine vollendete Steuerhinterziehung fest.

    4. Die Verzinsung von hinterzogenen Steuern nach § 235 Abs. 1 FGO ergibt sich aus dem Gesetz. Der Behörde steht hier kein Ermessen zu. Nach der dem Bescheid vom 31.07.2012 und der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2013 beigefügten Anlage werden Zinsen für die Zeit von Januar 2001 bis April 2011 ausbezahlten Kindergeldbeträge erhoben. Die Zinsen wurden für jedes Monat bis September 2011 berechnet. Fehler bei der Berechnung sind für das Gericht nicht ersichtlich, zudem wurden Einwände gegen die Zinsberechnung im Übrigen auch nicht erhoben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

    RechtsgebieteAO, EStGVorschriften§ 370 AO; § 235 Abs. 1 S. 1 AO; § 31 S. 3 EStG