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  • 18.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143857

    Amtsgericht Kiel: Urteil vom 27.11.2014 – 48 Ls 545 Js 46477/13 (1/14)

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    48 Ls 545 Js 46477/13 (1/14)

    AMTSGERICHT KIEL

    URTEIL

    IM NAMEN DES VOLKES

    In der Strafsache XXX

    wegen Steuerhinterziehung

    hat das Amtsgericht Kiel – Schöffengericht – aufgrund der Hauptverhandlung vom 20.11.2014 und 27.11.2014 in der Sitzung vom 27.11.2014, an der teilgenommen haben:
    Richter am Amtsgericht M. Richter
    als Vorsitzender des Schöffengerichts
    Frau Gundula Alt
    Herr Dr. Holger Bauhof
    als Schöffen
    Oberstaatsanwalt Goos
    als Beamter der Staatsanwaltschaft
    Rechtsanwalt Dr. Schöler
    als Verteidiger
    Justizangestellte Eisold
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

    für R e c h t erkannt:

    Der Angeklagte wird wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verurteilt. Im Übrigen wird er freigesprochen.

    Der Angeklagte trägt 80% der Kosten des Verfahrens und seiner notwendigen Auslagen, im Übrigen trägt sie die Landeskasse.

    Gründe

    Mit der Anklage vom 30.01.2014 hat die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel dem Angeklagten vorgeworfen, für die Jahre 2007 bis 2010 durch Abgabe falscher Einkommensteuererklärungen Steuern hinterzogen und dies für das Jahr 2011 versucht zu haben. Der Angeklagte und seine Ehefrau haben die zunächst nicht erklärten Besteuerungsgrundlagen am 06.09.2012 nacherklärt und meinen, sie hätten damit eine strafbefreiende Selbstanzeige erstattet.

    I.

    Der 77-jährige Angeklagte ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau zwei gemeinsame Kinder im Alter von 15 und 17 Jahren, die beim Angeklagten und seiner Frau leben.

    Der Angeklagte ist gelernter Architekt. Zuletzt hat er Mitte der neunziger Jahre Aufträge als Architekt bearbeitet. In der Folge hat er seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen aus der Verwaltung von Mehrfamilienhäusern bestritten. Seit dem Jahr 2002 bezieht der Angeklagte außerdem eine Rente von jährlich etwa 5.000,00 €.

    Aktuell liegen die jährlichen Überschüsse des Angeklagten aus der Vermietung von Mehrfamilienhäusern bei 40.000,00 bis 55.000,00 €. Daneben hatte er im Jahr 2012 Kapitaleinkünfte in Höhe von etwa 80.000,00 €.

    Die Ehefrau des Angeklagten ist zurzeit nicht berufstätig.

    Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher nicht in Erscheinung getreten.

    II.

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht folgender Sachverhalt zur Überzeugung des Gerichts fest:

    In den 1990er Jahren wollte der Angeklagte einen Teil seines Vermögens so sichern, dass er vor dem Zugriff Dritter geschützt wäre. Von seiner damaligen Bank wurde ihm daher empfohlen, Geld in der Schweiz anzulegen. Er eröffnete deshalb im Laufe der Zeit Konten und Depots bei den Banken Credit Lyonnais (heute Credit Agricole), B. & Cie. und XXX in der Schweiz.

    Über die Konten und Depots wickelte er unter anderem Geschäfte mit festverzinslichen Wertpapieren und Aktien ab, handelte zur Absicherung von Risiken aber auch mit Derivaten. Teilweise führte der Angeklagte Geschäfte bei zwei Banken parallel aus, um kontrollieren zu können, dass ihn bei der Abwicklung keine Bank übervorteilt.

    1 Tathandlungen

    Der Angeklagte erzielte aus seinen Kapitalanlagen in der Schweiz teilweise Einkünfte, teilweise Verluste, die er für die Veranlagungsjahre 2001 bis 2011 in seinen Einkommensteuererklärungen nicht angab. Dabei erkannte der Angeklagte und nahm billigend in Kauf, dass durch die unvollständigen Einkommensteuererklärungen Steuern zu niedrig festgesetzt werden könnten.

    Im Einzelnen gaben er und seine Ehefrau die nachfolgend aufgeführten Steuererklärungen beim zuständigen Finanzamt … ab, ohne die Erträge anzugeben, die der Angeklagte bei den Schweizer Banken erzielte.

    Ebenfalls nicht erklärte Einkünfte der Ehefrau werden im Folgenden nicht berücksichtigt. Das Verfahren wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 154a Abs. 2 StPO auf die nicht erklärten Einkünfte des Angeklagten beschränkt.

    1.1 Einkommensteuererklärung 2007

    Mit der Einkommensteuererklärung vom 09.07.2008 erklärten der Angeklagte und seine Ehefrau für das Jahr 2007 folgende Besteuerungsgrundlagen:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.155,00 € 8
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 16.976,00 € 697,00 € 13
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 2.584,00 € 315,00 € 13, 14
    - Werbungskosten 799,00 € 41,00 € 14, 17, 34
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 48.578,00 € 48, 51, 54
    Sonstige Einkünfte
    - Rente 4.899,00 € 58
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 5.657,00 € 61-63
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 2.943,00 € 61
    - Einkünfte aus Leistungen 15.935,00 € 60, 29
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    Kirchensteuer (evangelisch)
    - gezahlt 2.767,00 € 3
    - erstattet 6,00 € 3
    Zuwendungen und Spenden 222,00 € 3, 6-7
    Versicherungsbeiträge 8.015,00 € 3, 5
    außergewöhnliche Belastungen
    - angefallen 2.678,00 € 4

    Die folgenden Besteuerungsgrundlagen waren in der Steuererklärung nicht angegeben:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 32.127,00 € 454
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 4.277,00 € 454
    - Werbungskosten 8.540,00 € 454
    Sonstige Einkünfte
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 9.758,00 € 454
    - Einkünfte aus Leistungen 33.349,00 € 468
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    - gezahlte Kapitalertragsteuer 346,04 € 454
    - gezahlte ausländische Quellensteuer nach ZIV 2.102,34 € 454

    Auf der Grundlage der Steuererklärung setzte das Finanzamt … mit Einkommensteuerbescheid vom 29.07.2008 die Einkommensteuer auf 15.273,00 € und den Solidaritätszuschlag auf 636,73 € fest.

    Dabei erkannte das Finanzamt die Werbungskosten der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die Kosten des privat genutzten Telefons und des auch privat genutzten PKWs nicht in der beantragten Höhe an: Der Angeklagte und seine Ehefrau gaben an, dass von 2.455,91 € Telefonkosten 300,00 € privat veranlasst gewesen seien, und von 8.042,58 € Kosten des PKWs 20%, also 1.608,52 €. Das Finanzamt nahm den Privatanteil hinsichtlich beider Positionen dagegen mit 50% an. Einen Nachweis für einen geringeren Anteil privater Nutzung erbrachten der Angeklagte und seine Ehefrau nicht. Der Steuerbescheid wurde nicht angegriffen.

    Die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden in vollem Umfang mit einem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften aus den Vorjahren verrechnet, der lediglich aufgrund vorangegangener falscher Erklärungen noch nicht verbraucht war.

    Durch die unvollständige Einkommensteuererklärung wurde die Einkommensteuer um 21.549,62 € verkürzt, der Solidaritätszuschlag um 1.319,89 €. Aufgrund des zu hoch festgestellten Verlustvortrags wurde die Einkommensteuer um weitere 2.254,00 € und der Solidaritätszuschlag um weitere 123,97 € zu niedrig festgesetzt.

    1.2 Einkommensteuererklärung 2008

    Mit der Einkommensteuererklärung vom 17.09.2009 und der ergänzenden Erklärung vom 04.12.2009 erklärten der Angeklagte und seine Ehefrau für das Jahr 2008 folgende Besteuerungsgrundlagen:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.143,00 € 83
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 16.644,00 € 719,00 € 148-149
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 8.077,00 € 321,00 € 148-149
    - Werbungskosten 1.381,00 € 149
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu berücksichtigen 690,00 € 150
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 58.078,00 € 117, 122, 125
    Sonstige Einkünfte
    - Rente 4.953,00 € 128
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 9.688,00 € 132
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 4.844,00 € 132
    - Einkünfte aus Leistungen 10.291,00 € 131
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    Kirchensteuer (evangelisch)
    - gezahlt 1.124,00 € 78
    - erstattet 450,00 € 78
    Schulgeld für Tochter 750,00 € 136
    Zuwendungen und Spenden 122,00 € 78, 82
    Versicherungsbeiträge 6.971,00 € 78, 80, 81
    außergewöhnliche Belastungen
    - angefallen 2.678,00 € 79

    Die folgenden Besteuerungsgrundlagen waren in der Steuererklärung nicht angegeben:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 47.226,00 € 455
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 17.745,00 € 455
    - Werbungskosten (34c Abs. 2 EStG) 12.335,00 € 455
    Sonstige Einkünfte
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 12.923,00 € 455
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 4.055,00 € verlesen
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    gezahlte Kapitalertragsteuer 2.620,83 € 456
    gezahlte ausländische Quellensteuer nach ZIV 1.573,59 € 456

    Auf der Grundlage der Steuererklärung und der Ergänzung setzte das Finanzamt … mit Einkommensteuerbescheid vom 18.12.2009 die Einkommensteuer auf 14.518,00 € und den Solidaritätszuschlag auf 596,03 € fest.

    Die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden in vollem Umfang mit einem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften aus den Vorjahren verrechnet, der lediglich aufgrund vorangegangener falscher Erklärungen noch nicht verbraucht war.

    Durch die unvollständige Einkommensteuererklärung wurde die Einkommensteuer um 4.229,58 € verkürzt, der Solidaritätszuschlag um 462,50 €. Aufgrund des zu hoch festgestellten Verlustvortrags wurde die Einkommensteuer um weitere 1.822,00 € und der Solidaritätszuschlag um weitere 100,21 € zu niedrig festgesetzt.

    1.3 Einkommensteuererklärung 2009

    Mit der Einkommensteuererklärung vom 23.07.2010 erklärten der Angeklagte und seine Ehefrau für das Jahr 2009 folgende Besteuerungsgrundlagen:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Gewerbebetrieb 3.286,00 € 178
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 28.921,00 € 577,00 € 182, 192
    - Veräußerungsgewinne (ohne Aktien) 1.498,00 € 192
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 11,00 € 6.226,00 € 182, 192
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 50.771,00 € 205, 209, 213, 217
    Sonstige Einkünfte
    - Rente 5.040,00 € 227
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 3.557,00 € 2.622,00 € 231
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 1.779,00 € 1.311,00 € 231
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    Kirchensteuer (evangelisch)
    - gezahlt 1.124,00 € 156
    Schulgeld für Töchter 2.400,00 € 234, 238, 236
    Kinderbetreuungskosten für Töchter 2.400,00 € 235, 239, 236
    Zuwendungen und Spenden 122,00 € 156, 159
    Sonderausgaben 2.246,00 € 174
    außergewöhnliche Belastungen
    - angefallen 2.678,00 € 157
    Aufwendungen für Handwerkerleistungen 6.728,00 € 157, 160
    anzurechnende ausländische Steuern 385,39 € 183

    Die folgenden Besteuerungsgrundlagen waren in der Steuererklärung nicht angegeben:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 35.464,00 € 456
    - Stillhalterprämien 30.048,00 € 456
    - Veräußerungsgewinne (ohne Aktien) 7.564,00 € 456
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 29.524,00 € 456
    - Aktien-Veräußerungsverluste -339,00 € 456
    - negative Kapitalerträge -234,00 € 456
    Sonstige Einkünfte
    - Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften 33.202,00 € 456
    - davon nach Halbeinkünfteverfahren nicht zu versteuern 16.601,00 € verlesen
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    anzurechnende ausländische Steuern 4.775,99 € 456
    gezahlte Kapitalertragsteuer 2.342,06 € 456
    gezahlte ausländische Quellensteuer nach ZIV 1.059,74 € 456
    gezahlter Solidaritätszuschlag 89,00 € 456

    Auf der Grundlage der Steuererklärung setzte das Finanzamt … zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom 18.01.2011 Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag fest. Auf den Einspruch des Angeklagten und seiner Ehefrau vom 24.01.2011 setzte das Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid vom 09.02.2011 die Einkommensteuer auf 13.713,00 € und den Solidaritätszuschlag auf 567,87 € fest.

    Die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften und aus der Veräußerung von Kapitalvermögen wurden in vollem Umfang mit einem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften aus den Vorjahren verrechnet, der lediglich aufgrund vorangegangener falscher Erklärungen noch nicht verbraucht war.

    Die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten erkannte das Finanzamt … nicht an, da die Ehefrau des Angeklagten im Jahr 2009 nicht erwerbstätig war.

    Durch die unvollständige Einkommensteuererklärung wurde die Einkommensteuer um 22.085,20 € verkürzt, der Solidaritätszuschlag um 1.287,60 €. Aufgrund des zu hoch festgestellten Verlustvortrags wurde die Einkommensteuer um weitere 2.929,00 € und der Solidaritätszuschlag um weitere 156,58 € zu niedrig festgesetzt.

    1.4 Einkommensteuererklärung 2010

    Mit der Einkommensteuererklärung vom 06.05.2011 und der ergänzenden Erklärung vom 09.08.2011 erklärten der Angeklagte und seine Ehefrau für das Jahr 2010 folgende Besteuerungsgrundlagen:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Gewerbebetrieb 3.398,00 € 262
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 16.583,00 € 1.010,00 € 264, 268
    - Stillhalterprämien 32.533,00 € 264
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 79.687,00 € 2.818,00 € 264, 268
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 55.078,00 € 277, 280, 283, 304
    Sonstige Einkünfte
    - Rente 5.100,00 € 291
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    Kirchensteuer (evangelisch)
    - gezahlt 981,00 € 244
    Schulgeld für Töchter 3.240,00 € 295, 298, 306
    Kinderbetreuungskosten für Töchter 3.240,00 € 296, 299, 306
    Zuwendungen und Spenden 334,00 € 244
    Sonderausgaben 2.535,00 € 257-258
    Aufwendungen für Handwerkerleistungen 2.437,00 € 245
    angerechnete ausländische Steuern 437,19 € 265, 269

    Die folgenden Besteuerungsgrundlagen waren in der Steuererklärung nicht angegeben:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 27.583,00 € 457
    - Stillhalterprämien 114.735,00 € 457
    - Veräußerungsgewinne (ohne Aktien) 458,00 € 457
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 25.728,00 € 457
    Sonstige Einkünfte
    - Einkünfte aus Leistungen 374,00 € 457
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    angerechnete ausländische Steuern 3.096,80 € 457
    gezahlte Kapitalertragsteuer 2.276,49 € 457
    gezahlte ausländische Quellensteuer nach ZIV 992,80 € 457
    gezahlter Solidaritätszuschlag 80,96 € 457

    Auf der Grundlage der Steuererklärung und der Ergänzung setzte das Finanzamt … mit Einkommensteuerbescheid vom 07.09.2011 die Einkommensteuer auf 20.438,00 € und den Solidaritätszuschlag auf 903,43 € fest.

    Die Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalvermögen wurden in vollem Umfang mit einem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften aus den Vorjahren verrechnet, der lediglich aufgrund vorangegangener falscher Erklärungen noch nicht verbraucht war.

    Die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten erkannte das Finanzamt … nicht an, da die Ehefrau des Angeklagten im Jahr 2010 nicht erwerbstätig war.

    Durch die unvollständige Erklärung der Einkünfte wurde die Einkommensteuer um 35.014,71 € verkürzt, der Solidaritätszuschlag um 2.024,00 €. Aufgrund des zu hoch festgestellten Verlustvortrags wurde die Einkommensteuer um weitere 20.173,00 € und der Solidaritätszuschlag um weitere 1.109,51 f€ zu niedrig festgesetzt.

    1.5 Einkommensteuererklärung 2011

    Mit der Einkommensteuererklärung vom 18.05.2012 erklärten der Angeklagte und seine Ehefrau für das Jahr 2011 folgende Besteuerungsgrundlagen:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Gewerbebetrieb 408,00 € 324
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 25.703,00 € 2.130,00 € 326, 333
    - Stillhalterprämien 45.698,00 € 326
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 864,00 € 333
    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 39.123,00 € 342, 345, 348
    Sonstige Einkünfte
    - Rente 5.125,00 € 363
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    Kirchensteuer (evangelisch)
    - gezahlt 1.426,00 € HB/214
    - erstattet 119,00 € HB/214
    Schulgeld für Töchter 3.240,00 € 366, 370
    Zuwendungen und Spenden 143,00 € 316, 319
    Sonderausgaben 1.840,00 € 321, 322
    außergewöhnliche Belastungen
    - angefallen 4.425,00 € 317
    Aufwendungen für Handwerkerleistungen 1.958,00 € 317, 320
    angerechnete ausländische Steuern 902,35 € 327, 334

    Die folgenden Besteuerungsgrundlagen waren in der Steuererklärung nicht angegeben:

    Betrag Fundstelle
    Ehemann Ehefrau Insgesamt SLB/…
    Einkünfte aus Kapitalvermögen
    - Kapitalerträge 25.982,00 € 458
    - Stillhalterprämien 96.184,00 € 458
    - Veräußerungsgewinne (ohne Aktien) 6,00 € 458
    - Aktien-Veräußerungsgewinne 9.739,00 € 458
    - Aktien-Veräußerungsverluste 1.926,00 € 458
    Sonstige Besteuerungsgrundlagen
    angerechnete ausländische Steuern 3.116,22 € 458
    gezahlte Kapitalertragsteuer 1.744,50 € 458
    gezahlte ausländische Quellensteuer nach ZIV 1.020,41 € 458
    gezahlter Solidaritätszuschlag 63,31 € 458

    Zu einer Festsetzung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag kam es bis zum 06.09.2012 nicht.

    Durch die unvollständige Einkommensteuererklärung hätte die Einkommensteuer um 25.968,09 € zu niedrig festgesetzt werden müssen, der Solidaritätszuschlag um 1.517,01 €.

    2 Selbstanzeige

    Im Jahr 2011 entschloss sich der Angeklagte, seine Vermögenswerte aus der Schweiz nach Deutschland zurück zu transferieren und gegenüber dem Finanzamt offenzulegen. Nachdem der Angeklagte in der Vergangenheit auch Verluste erlitten hatte, die er steuerlich nicht geltend machen konnte, wollte er mit der Offenlegung erreichen, dass er mögliche zukünftige Verluste steuerlich absetzen könnte. Die Entdeckung seiner nicht erklärten Einkünfte durch das zuständige Finanzamt fürchtete der Angeklagte zu dieser Zeit nicht.

    Für die Offenlegung gegenüber dem Finanzamt forderte der Angeklagte bei den Banken Unterlagen an. Im September 2011 erstellte XXX Erträgnisaufstellungen für den Angeklagten. Auch bei den weiteren Banken bemühte sich der Angeklagte, aussagekräftige Unterlagen zu erhalten. Er musste dabei immer wieder bei den Banken nachfragen und erhielt letztlich von Credit Agricole und B. & Cie. Kontoauszüge, aber keine saldierten Erträgnisaufstellungen.

    Ende Juli 2012 nahm der Angeklagte mit dem Zeugen M… Kontakt auf, der ihn und seine Ehefrau seit dem Jahr 2005 als Steuerberater betreute. Bei einem Treffen Anfang August offenbarte er dem Zeugen M… die Konten in der Schweiz. Auch mit seinem vorherigen Steuerberater hatte der Angeklagte nie über seine Geldanlagen in der Schweiz gesprochen.

    Der Zeuge M… erwartete, dass nach dem Ankauf einer ersten „Steuer-CD“ durch deutsche Finanzbehörden Mitarbeiter weiterer Banken Kundendaten anbieten würden. Er hatte auch immer wieder aus der Presse von entsprechenden Ankäufen gehört.

    Aufgrund dieser Kenntnisse schätzte er das Risiko für den Angeklagten, entdeckt zu werden, als „enorm“ ein. Dies vermittelte er auch dem Angeklagten und riet diesem, so schnell wie möglich die bisher unvollständigen Steuererklärungen beim Finanzamt zu berichtigen. Das wollte der Angeklagte tun.

    Zur Vorbereitung der Selbstanzeige musste der Zeuge M… die umfangreichen Bankunterlagen von insgesamt elf Jahren und drei verschiedenen Banken erfassen und aufbereiten. Hierzu verließ er schon Mitte August für drei bis vier Tage sein Steuerberaterbüro mit 25 Mitarbeitern und arbeitete die Belege im Haus des Angeklagten etwa 170 Kilometer von seinem Kanzleisitz entfernt auf. Er bereitete dann in seinem Büro die Selbstanzeige weiter vor. Am 06.09.2012 fuhr der Zeuge M… mit dem Angeklagten zum Finanzamt …, wo er die Selbstanzeige für den Angeklagten und seine Ehefrau abgab.

    Mit der Selbstanzeige wurden alle bisher verheimlichten Einkünfte aus den Jahren 2001 bis 2011 offengelegt. Die vom Finanzamt geforderte Nachzahlung wurde fristgerecht geleistet.

    Neben den oben unter 1-5 aufgeführten Besteuerungsgrundlagen für die Veranlagungsjahre 2007-2011 legte der Angeklagte folgende bisher nicht erklärten Einkünfte von schweizerischen Banken und damit zusammenhängende Ausgaben für die Veranlagungsjahre 2001-2006 offen:

    2001 2002 2003 2004 2005 2006
    Kapitaleinkünfte 51.105,53 € 36.087,06 € 35.623,72 € 28.841,26 € 32.262,37 € 23.754,95 €
    Sonstige Einkünfte 92.034,16 € 64.944,99 € 30.178,93 € 74.705,56 € 97.778,10 €
    Steuern 6.530,72 € 4.097,60 € 5.036,16 € 5.127,39 € 6.104,87 € 3.479,73 €
    Werbungskosten 8.183,00 € 9.485,20 € 6.958,73 € 5.193,10 € 4.271,34 € 1.305,95 €

    Unter Berücksichtigung der nacherklärten Einkünfte standen dem Angeklagten und seiner Ehefrau ab dem Kalenderjahr 2003 keine Verlustvorträge mehr zur Verrechnung mit den laufenden Einkünften zur Verfügung.

    3 Tatentdeckung

    Zum Zeitpunkt der Selbstanzeige hatte das Finanzamt Münster bereits ein Steuerstrafverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet:

    Die nordrhein-westfälischen Finanzbehörden hatten eine CD mit Daten über Kunden von XXX erworben. Diese CD wurde durch das Finanzamt Münster ausgewertet. Unter den auf der CD genannten Kunden befand sich auch der Angeklagte.

    Die Daten der CD betreffend den Angeklagten glich das Finanzamt Münster mit den Steuerdaten des Finanzamts … ab. Hierüber fertigte ein Mitarbeiter des Finanzamts Münster mit Datum vom 22.08.2012 einen Verdachtsprüfungsvermerk, in dem festgehalten wurde, dass die zu XXX bestehende Geschäftsverbindung in den Steuererklärungen des Angeklagten nicht erwähnt wurde. Mit Einleitungsvermerk vom 23.08.2012 wurde das Steuerstrafverfahren gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2010 eingeleitet.

    4 Öffentliche Berichterstattung über „Steuer-CDs“

    Im August 2012 wurde in der regionalen und überregionalen Presse immer wieder und ausführlich über den Ankauf von „Steuer-CDs“ berichtet. Einige dieser Berichte betrafen die CD mit Daten von XXX, die im Jahr 2012 von den nordrhein-westfälischen Finanzbehörden erworben worden war. XXX wurde dabei in verschiedenen Berichten namentlich genannt.

    Der Angeklagte informierte sich insbesondere über die Internetseite „Börse.de“ über Wirtschaftsnachrichten. Auf dieser Seite wurden am 27.08.2012 zwei Nachrichten der Deutschen Presseagentur verlinkt, in denen von einer von deutschen Behörden aufgekauften CD mit Kundendaten von XXX berichtet wurde.

    Der Angeklagte hatte zur Kenntnis genommen, dass „Steuer-CDs“ mit Daten schweizerischer Banken durch deutsche Finanzbehörden angekauft wurden. Mit seinem Kundenberater von XXX hatte er über dieses Thema gesprochen. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige war ihm bekannt, dass deutsche Finanzbehörden auch eine CD mit Kundendaten von XXX erworben hatten.

    III.

    Die Feststellungen zu I beruhen auf den Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung, den im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2011 sowie dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister.

    Die Feststellungen zu II beruhen auf den Angaben des Angeklagten und des Zeugen M… in der Hauptverhandlung sowie den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden beziehungsweise den umfangreichen im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden.

    Sowohl den Angaben des Angeklagten als auch denen des Zeugen M… ist das Gericht weitgehend gefolgt. Sie haben die objektiven Abläufe weitgehend so geschildert, wie sie festgestellt wurden.

    1 Vorsatz der Steuerhinterziehung

    Dass der Angeklagte die Möglichkeit erkannt hatte, dass durch die Nichtangabe der schweizerischen Einkünfte in den Steuererklärungen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zu gering festgesetzt werden könnten, und dies billigend in Kauf nahm, steht für das Gericht trotz der anderslautenden Angaben des Angeklagten fest.

    Der Angeklagte hat insoweit angegeben, in den neunziger Jahren habe man ihm in Deutschland empfohlen, ein Konto in der Schweiz einzurichten. In diesem Zusammenhang habe man ihm gegenüber erklärt, Steuern wären auf in der Schweiz erwirtschaftete Erträge nicht zu zahlen. Davon sei er zunächst auch ausgegangen. Erst später, spätestens 2008, sei ihm bewusst gewesen, dass auch seine schweizerischen Kapitaleinkünfte grundsätzlich der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

    Er sei allerdings auch danach weiter davon ausgegangen, dass auf seine tatsächlichen Erträge aus den Anlagen bei den schweizerischen Banken keine Steuern zu zahlen gewesen wären, weil die Verluste, die er erlitten habe, die Erträge überstiegen hätten.

    Mit dem Zeugen M… und auch mit seinem vorherigen Steuerberater habe er über die Geldanlagen in der Schweiz nie gesprochen.

    Soweit der Angeklagte angibt, er habe zunächst angenommen, etwaige schweizerische Kapitalerträge müssten in Deutschland nicht versteuert werden, hält das Gericht dies für unglaubhaft. Das Bankgeheimnis in der Schweiz und die damit verbundenen Möglichkeiten, Kapitalerträge vor den deutschen Finanzbehörden geheim zu halten, ist – nicht erst seit der Diskussion über „Steuer-CDs“ – immer wieder Gegenstand breiter öffentlicher Diskussionen gewesen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass auch der Angeklagte von entsprechenden Diskussionen jedenfalls grundsätzliche Kenntnis hatte.

    Im Übrigen sind auf den Formularen für die Einkommensteuererklärung ausdrücklich Fragen nach ausländischen Kapitaleinkünften enthalten. Die Erhebung von Daten über ausländische Kapitaleinkünfte lässt darauf schließen, dass diese Angaben generell steuerliche Relevanz haben können.

    Auch lässt die festgestellte Höhe der in der Schweiz erzielten Einkünfte es als geradezu abwegig erscheinen, dass diese steuerlich in Deutschland keinerlei Berücksichtigung finden könnten. Zwar mögen zeitweise oder mit einzelnen Anlagen Verluste erwirtschaftet worden sein; der Angeklagte hat aber auch so hohe Einkünfte erwirtschaftet, dass er nach Überzeugung des Gerichts erkannt hat, dass auf diese Einkünfte Steuern zu zahlen sind.

    Gegen die Unkenntnis des Angeklagten von der Pflicht zur Versteuerung der schweizerischen Kapitaleinkünfte spricht schließlich, dass das Gericht von ihm den Eindruck eines kritischen Investors gewonnen hat; das Gericht ist auch aufgrund dieses Eindrucks überzeugt, dass der Angeklagte die Geschäfts in der Schweiz nicht abgewickelt hat, ohne sich wenigstens grundsätzlich über die steuerrechtlichen Konsequenzen zu informieren. So hat der Angeklagte nach eigenen Angaben mit Derivaten gehandelt, um Risiken anderer Geschäfte abzusichern. In der Hauptverhandlung konnte er dem Gericht deren Konstruktion, Wirkung und Risiken skizzieren. Auch zeigt der Umstand, dass der Angeklagte zur Kontrolle Geschäfte bei zwei Banken parallel durchgeführt hat, dass er sich kritisch mit seinen Geschäften und deren wirtschaftlichen Folgen – zu denen auch die steuerrechtliche Wirkung zählt – auseinandergesetzt hat.

    2 Besteuerungsgrundlagen

    Den Umfang der aufgrund der verschwiegenen Einkünfte verkürzten Steuern hat das Gericht auf Grundlage der Angaben aus den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2011 sowie den mit der Selbstanzeige vom 06.09.2012 beim Finanzamt eingereichten Unterlagen ermittelt. Für die nacherklärten Einkünfte hat das Gericht die zusammengefassten Angaben des Angeklagten und seiner Ehefrau aus der Selbstanzeige zugrunde gelegt.

    Von der Richtigkeit der vom Zeugen M…, dem Steuerberater des Angeklagten, erstellten Zusammenfassung in der Selbstanzeige vom 06.09.2012 hat sich das Gericht überzeugt, indem es die Daten für das Veranlagungsjahr 2007 anhand der eingereichten Bankbelege mit der Zusammenfassung abgeglichen hat. Da es bei dieser Stichprobe zu keinen Abweichungen zwischen Zusammenfassung und Belegen gekommen ist, ist das Gericht von der Richtigkeit auch der weiteren Angaben überzeugt.

    Für die Verkürzungsberechnung für die Jahre 2008 und 2009 hat das Gericht neben den Zusammenfassungen aus der Selbstanzeige von XXX die Jahresbescheinigung für das Jahr 2008 und die Erträgnisaufstellung für 2009 sowie von B. & Cie. vier Kontoauszüge aus den Jahren 2008 und 2009 durch auszugsweises Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt. Aus diesen Urkunden ergibt sich, dass die betroffenen Geschäfte dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen.

    Hinsichtlich der in den Ursprungsbescheiden vom Finanzamt … berücksichtigten Verlustvorträge hat das Gericht sich auf die Angaben aus den Ursprungsbescheiden gestützt. Dies war zur Überzeugungsbildung ausreichend, da die Daten ohne weitere Prüfung aus den Feststellungsbescheiden in die Einkommensteuerbescheide zu übernehmen waren.

    Zur Ermittlung der zu niedrig festgesetzten Steuern aufgrund des Wegfalls der Verlustvorträge hat das Gericht sich auf die in der Hauptverhandlung verlesenen Feststellungsbescheide des Amtsgerichts … vom 25.02.2013 gestützt, mit denen das Finanzamt zum einen festgestellt hat, dass ein vorher bestehender Verlustvortrag aufgrund der nacherklärten Einkünfte zum 31.12.2002 verbraucht war, und zum anderen der ursprüngliche Feststellungsbescheid zum 31.12.2006 aufgehoben wurde, so dass auch zu diesem Zeitpunkt kein Verlustvortrag mehr bestand.

    Auch der Zeuge M… hat bestätigt, dass aufgrund der nacherklärten Einkünfte die Verlustvorträge korrekt neu festgesetzt worden sind. Er habe die entsprechenden Bescheide geprüft und für richtig gehalten.

    3 Rechnen-Müssen mit der Tatentdeckung

    Das Gericht ist schließlich davon überzeugt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Abgabe der Berichtigungserklärung wusste, dass auch eine „Steuer-CD“ von XXX von den deutschen Finanzbehörden geprüft wurde:

    Als der Angeklagte den Entschluss gefasst hat, sein bisher verheimlichtes Vermögen gegenüber dem Finanzamt offenzulegen, rechnete er allerdings nach Überzeugung des Gerichts noch nicht mit einer Tatentdeckung. Das ergibt sich für das Gericht daraus, dass die Erträgnisaufstellung von XXX im September 2011 gedruckt, die Selbstanzeige aber erst ein Jahr später eingereicht worden ist. Für das Gericht steht deshalb fest, dass der Angeklagte den Entschluss zur Aufdeckung des Vermögens nicht aufgrund einer konkreten Sorge getroffen hat, das Finanzamt könnte von seinem über Jahre unentdeckten Vermögen Kenntnis erlangen.

    Soweit der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung erklärt hat, er habe erst Anfang 2012 bei XXX Unterlagen angefordert, geht das Gericht davon aus, dass es sich um eine fehlerhafte Erinnerung handelt. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, warum XXX im September 2011 eine Erträgnisaufstellung für das Jahr 2007 hätte erstellen sollen, wenn nicht auf Anforderung des Angeklagten. Die Erträgnisaufstellung für das Jahr 2007 wurde im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt.

    Der Angeklagte hat aber angegeben, dass er später von „Steuer-CDs“ gehört habe. Er habe hierüber auch mit seinem Kundenbetreuer von XXX gesprochen. Der Zeuge M… hat darüber hinaus angegeben, dass er dem Angeklagten vermittelt habe, eine Berichtigung der unvollständigen Steuererklärungen müsse möglichst schnell erfolgen, da die Entdeckung seiner Taten drohe.

    An entsprechende Äußerungen des Zeugen M… hatte der Angeklagte in der Hauptverhandlung angeblich keine Erinnerung; er selbst berichtete, die Sache sei aus Sicht des Steuerberaters eilig gewesen, weil „eine Frist“ einzuhalten gewesen sei. Der Zeuge M… hat hierzu in der Hauptverhandlung erklärt, er wisse nicht, um was für eine Frist es sich gehandelt haben sollte. Das ist auch für das Gericht nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint die Schilderung des Zeugen M… plausibel und lebensnah, dass er dem Angeklagten das aus seiner Sicht bestehende Entdeckungsrisiko nahegebracht habe.

    Dass Angeklagter und Steuerberater die Abgabe der Selbstanzeige für sehr eilig hielten, schließt das Gericht auch aus der schnellen Bearbeitung unter großem Einsatz durch den Zeugen M….

    Es erscheint dem Gericht in diesem Zusammenhang schon naheliegend, dass der Zeuge M… den Angeklagten darauf hingewiesen hat, dass auch eine „Steuer-CD“ von XXX geprüft wird. Der Zeuge M… hat zwar angegeben, dass ihn nicht interessiert habe, von welcher einzelnen Bank CDs im Umlauf waren, weil er allgemein das Entdeckungsrisiko für erheblich gehalten habe; es erscheint dem Gericht aber nicht lebensnah, dass ein Steuerberater mit einem Büro mit 25 Mitarbeitern sich mit diesem für die bestehende und potentielle neue Mandantschaft brisanten Thema nicht näher beschäftigt und dann die verfügbaren Informationen an die Mandanten – jedenfalls, wie hier, anlassbezogen b– weitergegeben hat.

    Doch selbst wenn der Angeklagte nicht vom Zeugen M… informiert worden sein sollte, dass Kundendaten von XXX nach Presseberichten geprüft werden, geht das Gericht davon aus, dass er dies wusste:

    Der Angeklagte hatte im Laufe der Jahre Konten bei drei verschiedenen Schweizer Banken. Die breite öffentliche Berichterstattung vom Ankauf von CDs mit Kundendaten schweizerischer Banken und die Mahnung zur Eile durch den Zeugen M… haben den Angeklagten nach Überzeugung des Gerichts veranlasst, Informationen darüber einzuholen, welche Banken von verkauften Kundendaten betroffen waren. Nach Überzeugung des Gerichts will der Angeklagte nämlich seine Angelegenheiten möglichst weitgehend kontrollieren. Das kommt für das Gericht zum einen darin zum Ausdruck, dass der Angeklagte Vermögen in die Schweiz verschoben hat, um den möglichen Zugriff Dritter zu verhindern, zum anderen in dem Versuch des Angeklagten, die korrekte Abwicklung von Bankgeschäften dadurch zu überwachen, dass ein gleiches Geschäft bei einer zweiten Bank durchgeführt wird. Bei dieser Veranlagung liegt es nahe, bei drohender Strafverfolgung möglichst viele Informationen einzuholen.

    Der Angeklagte war auch ohne weiteres in der Lage, sich die Informationen etwa (anonym) im Internet zu besorgen. Er hat in der Hauptverhandlung bekundet, dass er vor allem im Internet Informationen zu allen Geschäften eingeholt hat. Im Internet konnte der Angeklagte problemlos erfahren, dass Kundendaten von XXX von deutschen Finanzbehörden geprüft wurden. Dass diese Informationen ohne weiteres verfügbar waren, ergibt sich aus den im Wege des Selbstleseverfahrens und durch Verlesung in der Hauptverhandlung eingeführten Berichten aus regionalen und überregionalen Zeitungen und Zeitschriften sowie den auf der vom Angeklagten genutzten Website verlinkten Berichten der DPA.

    IV.

    1 Die Taten zu 1-4

    Durch die Taten zu 1 bis 4 (betreffend die Kalenderjahre 2007 bis 2010) hat sich der Angeklagte jeweils der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.

    1.1 Verkürzungsberechnung

    Der Angeklagte hat durch die Abgabe der unvollständigen Steuererklärungen die Steuern um die unter II genannten Beträge verkürzt. Die Berechnung der Verkürzungsbeträge ergibt sich aus den Anlagen 1-4 zum Urteil.

    Dabei hat das Gericht bei der Ermittlung des Verkürzungsbetrags die nachträglich weggefallenen Verlustvorträge nicht berücksichtigt. Insoweit handelt es sich bei der Reduzierung der Steuerschuld um die Tatfolgen der Falscherklärungen der Vorjahre, in denen der Verlustabzug zu Unrecht nicht auf null reduziert wurde (im Ergebnis ebenso: BFH, Urteil vom 11.06.2012 – 11 K 257/10, zitiert nach juris, Rdnr. 38; vgl. auch BGH, Beschluss vom 10.12.2008 – 1 StR 322/08, NJW 2009, 381, 383-384, zitiert nach beck-online, Rdnr. 22; BGH, Beschluss vom 22.11.2012 – 1 StR 537/12, NJW 2013, 1750, 1752, zitiert nach beck-online, Rdnr. 17).

    Eine Pflicht, aufgrund von Falschangaben durch das Finanzamt festgestellte Verlustvorträge in der Einkommensteuererklärung richtig zu stellen, besteht nicht (vgl. Franzen/Gast/Joecks, § 370 AO, Rdnr. 182).

    Für das Jahr 2007 hat das Gericht, wie das Finanzamt …, lediglich 50% der Telefon- und Fahrzeugkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, da der Angeklagte einen höheren Anteil nicht belegt hat.

    Für die Jahre 2009 und 2010 hat das Gericht, wie das Finanzamt …, die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten nicht anerkannt. Nach § 9c EStG a.F. können Kinderbetreuungskosten steuerlich berücksichtigt werden, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind oder ein Elternteil erwerbstätig ist und der andere sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor, insbesondere war die Ehefrau des Angeklagten nicht erwerbstätig.

    1.2 Selbstanzeige

    Der Angeklagte ist auch nicht durch seine Selbstanzeige vom 06.09.2012, die am 06.09.2012 beim Finanzamt … eingegangen ist, straffrei geworden. Dem steht der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO entgegen, weil die Steuerhinterziehungen des Angeklagten teilweise bereits entdeckt waren und der Angeklagte hiermit bei Abgabe der Selbstanzeige rechnen musste.

    1.2.1 Rechtfertigung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige

    Das Privileg der strafbefreienden Selbstanzeige dient der Erschließung bisher verborgener Steuerquellen. Dabei rechtfertigt sich die Rechtsfolge der Straffreiheit zum einen aus dem fiskalischen Interesses des Staates an den zusätzlichen Einnahmen, zum anderen aus der Rückkehr des Steuerpflichtigen zur Steuerehrlichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2010 – 1 StR 577/09 – NJW 2010, 2146, zitiert nach beck-online, Rdnr. 6).

    In seinem Beschluss vom 20.05.2010 hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der fiskalischen Rechtfertigung der Strafbefreiung vor dem Hintergrund der zunehmend besseren Aufklärungsmöglichkeiten eine immer geringere Bedeutung zukomme und daher der Gesichtspunkt der Rückkehr in die Steuerehrlichkeit in größerem Umfang die Rechtfertigung für die Straffreiheit leisten müsse (a.a.O., Rdnr. 10).

    Um dieser höheren Bedeutung für die Rechtfertigung gerecht zu werden, hat der Bundesgerichtshof die Anforderungen an den Steuerpflichtigen verschärft, indem er nur noch eine vollständige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit genügen ließ, um Straffreiheit zu gewähren, Teilselbstanzeigen aber – unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung – nicht mehr zuließ (a.a.O., Rdnr. 11).

    Diese Argumentation hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, BGBl. I 2011/19, Seite 676) aufgegriffen, das am 03.05.2011 in Kraft getreten ist. Durch die mit dem Gesetz umgesetzte Neufassung des § 371 AO ist nunmehr für die Erreichung der Straffreiheit erforderlich, dass alle unverjährten Sachverhalte in Bezug auf eine Steuerart mit der Selbstanzeige aufgedeckt werden. Damit hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass es keine Teil-Selbstanzeige mehr geben wird, mit denen in der Vergangenheit bisher verborgene Steuerquellen wenigstens zum Teil erschlossen werden konnten; vielmehr hat er die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit als tragende Rechtfertigung der Strafbefreiung übernommen.

    Schon in der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs wurde ausgeführt, dass mit der Verschärfung des § 371 AO verhindert werden soll, „dass die Selbstanzeige von Steuerhinterziehern im Rahmen einer ‚Hinterziehungsstrategie‘ missbraucht wird“ (BT-Drucksache 17/4182, Seite 1); „bloßes Taktieren und ‚Reue‘ nach dem Stand der Ermittlungen“ soll ausdrücklich nicht mehr mit Strafbefreiung belohnt werden (a.a.O., Seite 4). Honoriert werden soll vielmehr nur noch die freiwillige und vollständige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit. Dabei ging es dem Gesetzentwurf ausdrücklich auch darum zu vermeiden, dass durch – infolge öffentlicher Berichterstattung über Ankäufe von „Steuer-CDs“ durch die Finanzbehörden erkennbar nur in Bezug auf die jeweils genannten Herkunftsländer und banken abgegebene – Teilselbstanzeigen Strafbefreiung erreicht werden kann, während die Steuerpflichtigen zusätzliche Steuerquellen weiter verborgen halten (a.a.O., Seite 1), deren Aufdeckung aktuell nicht befürchtet wird.

    Der Finanzausschuss hat – soweit es hier relevant ist – im Wesentlichen redaktionelle Änderungen empfohlen, seinerseits aber ebenfalls betont, mit der Gesetzesänderung solle ein Missbrauch der Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige verhindert werden (BT-Drucksache 17/5067, Seite 18).

    Der Gesetzentwurf ist letztlich unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Finanzausschusses beschlossen worden.

    Nach der nunmehr geltenden Fassung des § 371 AO, der auch zum Zeitpunkt der Selbstanzeige des Angeklagten in Kraft war, kommt einer Selbstanzeige unter anderem dann keine strafbefreiende Wirkung zu, wenn eine der Steuerstraftaten zum Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Insoweit hat der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO eine objektive Komponente (1.2.2) – die Tatentdeckung – und eine subjektive Komponente (1.2.3) – die Kenntnis davon beziehungsweise das Rechnenmüssen damit.

    1.2.2 Tatentdeckung

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt Tatentdeckung vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines Hinterziehungstatbestands gegeben ist. „Die Anforderungen an diese Wahrscheinlichkeitsprognose dürfen schon deshalb nicht zu hoch angesetzt werden, weil sie auf einer (noch) schmalen Tatsachenbasis erfolgen muss“ (BGH, a.a.O., Rdnr. 24). Ein hinreichender Tatverdacht ist ausdrücklich ebenso wenig erforderlich wie eine genaue Bezifferung eines Hinterziehungsschadens (a.a.O., Rdnr. 25-26).

    Danach waren die Taten vorliegend entdeckt im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO: Das Finanzamt Münster hatte die auf der erworbenen CD enthaltenen Daten über den Angeklagten bereits mit seinen Einkommensteuererklärungen abgeglichen und aufgrund der Abweichungen ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, als die Selbstanzeige des Angeklagten beim Finanzamt … einging.

    Der Einleitungsvermerk für das Steuerstrafverfahren datiert auf den 23.08.2012, die Selbstanzeige ging am 06.09.2012 beim Finanzamt … ein.

    1.2.3 Rechnenmüssen mit der Tatentdeckung

    Die Tat war aber nicht nur objektiv entdeckt, der Angeklagte musste auch im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO mit der Tatentdeckung rechnen.

    a) Dabei gilt nach dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO zunächst, dass es zur Versagung der Strafbefreiung für alle unverjährten Steuerstraftaten bereits genügt, dass eine von ihnen im Zeitpunkt der Selbstanzeige auch nur zum Teil entdeckt war (so auch Beyer, NWB 43/2012, 3445, 3446). Subjektiv ist nicht erforderlich, dass der Täter mit der Entdeckung dieses Teils dieser Tat rechnen musste; es genügt vielmehr, wenn der Angeklagte mit der Entdeckung eines beliebigen Teils einer beliebigen seiner Taten rechnen muss. Denn nach dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO muss der Täter lediglich wissen oder damit rechnen müssen, dass eine Tat wenigstens zum Teil entdeckt ist, nicht aber, welcher Teil welcher Tat.

    Diese am Wortlaut orientierte Auslegung entspricht auch der oben genannten zweiteiligen Rechtfertigung der Straffreiheit: Bei den Sperrgründen des § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO muss die Tat noch nicht entdeckt sein, es können also noch verborgene Steuerquellen aufgedeckt werden; die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit rechtfertigt in diesem Fall die Straffreiheit, solange der Täter (oder sein Vertreter) nicht positiv Kenntnis von einer Prüfungsanordnung oder der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens hat oder bereits ein Amtsträger zur Prüfung oder Ermittlung erschienen ist. Ist eine Tat andererseits – jedenfalls zum Teil – bereits entdeckt, die bisher verborgene Steuerquelle also aufgedeckt, kann das Privileg der Straffreiheit insoweit nicht mehr fiskalisch, sondern nur noch durch die Rückkehr des Steuerpflichtigen zur Steuerehrlichkeit gerechtfertigt werden; in diesem Fall ist es angemessen, die Straffreiheit davon abhängig zu machen, dass der Steuerpflichtige freiwillig zur Steuerehrlichkeit zurückkehrt, und nicht lediglich aus der konkreten Furcht vor Entdeckung seiner Tat. Für die Freiwilligkeit kommt es aber nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Tatentdeckung insgesamt oder nur eines Teils seiner Tat oder Taten fürchtet.

    b) Vorliegend musste der Angeklagte mit der Entdeckung seiner Kapitaleinkünfte bei allen drei Banken rechnen, deren Existenz er den Steuerbehörden bis dahin verschwiegen hatte.

    aa) In Kommentierung und Rechtsprechung wird teilweise angenommen, „damit rechnen müssen“ bedeute, dass der Täter aus den ihm bekannten Tatsachen den Schluss hätte ziehen müssen, dass die Tat entdeckt ist (so etwa Franzen/Gast/Joecks, § 371 AO, Rdnr. 198; Klein, § 371 AO, Rdnr. 70; entsprechend: BayObLG, Urteil vom 24.02.1972 – 4 St 135/71, BB 1972, 524; so auch noch Graf/Jäger/Wittig/Rolletschke, § 371 AO, Rdnr. 117, der die Auffassung in Rdnr. 118 aber schon relativiert). Auf eine entsprechende Auslegung deutet auch die Formulierung des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20.05.2010 hin, die Anforderungen an das Vorliegen des „Kennenmüssens“ dürften nicht überspannt werden (BGH, a.a.O., Rdnr. 33).

    Das Gesetz sieht aber gerade nicht vor, dass der Täter die Tatentdeckung „kennen musste“, sondern nur, dass er „damit rechnen musste“. Das Rechnen mit einem Umstand setzt dessen tatsächliches Vorliegen – anders als das Kennen – jedoch nicht voraus.

    Dies entspricht auch der Auffassung des historischen Gesetzgebers: Im ursprünglichen Gesetzentwurf für die Abgabenordnung war das tatsächliche Vorliegen der Tatentdeckung nicht als Voraussetzung der Verwehrung der Straffreiheit genannt (BT-Drucksache 7/79, Seite 81, dort § 354 Abs. 2 Nr. 2 AO). Erst im Bericht und Antrag des Finanzausschusses wurde dann die später verabschiedete Fassung des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO vorgeschlagen, in dem die tatsächliche Tatentdeckung als Voraussetzung für die Versagung der Straffreiheit ergänzt war (BT-Drucksache 7/4292, Seite 134, nunmehr § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO). Zur Begründung wurde ausgeführt: „Der Täter, der […] bei verständiger Würdigung der Sachlage damit hätte rechnen müssen, daß die Tat bereits entdeckt war, obwohl dies nicht zutraf, verliert damit noch nicht die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige“ (a.a.O., Seite 44).

    Der Steuerhinterzieher muss demnach im Einzelfall mit der Tatentdeckung schon rechnen, wenn er noch nicht sicher auf die erfolgte Tatentdeckung schließen kann; vielmehr bedeutet das Rechnenmüssen mit der Tatentdeckung, dass eine Restunsicherheit verbleiben kann. Es genügt nach dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO, wenn der Steuerhinterzieher aufgrund der ihm bekannten Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass seine Steuerhinterziehung jedenfalls zum Teil entdeckt sein könnte (im Ergebnis ebenso: Beyer, NWB 43/2012, 3445, 3446).

    Auch insoweit wird die am Wortlaut orientierte Auslegung durch die Systematik des § 371 Abs. 2 AO gestützt: In § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO hat der Gesetzgeber festgelegt, dass schon die Bekanntgabe einer (verdachtsunabhängigen) Prüfungsanordnung die Straffreiheit durch eine Selbstanzeige ausschließt. Genügt aber im Fall der Steuerprüfung schon die bloße Ankündigung, ohne dass die Finanzbehörden schon einen Tatverdacht haben müssen, liegt es nahe, bei einer tatsächlich gegebenen Tatentdeckung durch die Steuerbehörden für die Versagung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige ausreichen zu lassen, wenn der Täter die Entdeckung der Steuerhinterziehung nach seinem Kenntnisstand nur befürchten musste; denn die Ankündigung der Steuerprüfung kann bei einem Täter regelmäßig auch nur die Sorge auslösen, dass seine Steuerhinterziehung im Rahmen der Prüfung entdeckt werden könnte. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn im Falle der bevorstehenden Steuerprüfung schon die Bekanntgabe der entsprechenden Anordnung die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige ausschließt, obwohl eine Steuerprüfung nicht sicher zu einer Tatentdeckung führt, der Täter also auch nicht sicher von der Tatentdeckung ausgehen muss, im Fall der tatsächlich entdeckten Tat aber das Kennenmüssen der Tatentdeckung Voraussetzung wäre.

    Dieser Wertungswiderspruch wäre auch nicht dadurch zu rechtfertigen, dass dem Täter nicht zugemutet werden sollte, sich strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen, wenn er dem Staat bisher verborgene Steuerquellen nachträglich offenbart, und die Abgrenzung, ab wann mit strafrechtlicher Verfolgung zu rechnen ist, bei der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung eindeutiger ist als beim Rechnenmüssen mit der Tatentdeckung (so wohl Randt/Schauf, DStR 2008, 489, 491, zitiert nach beck-online, deren Argumentation spätestens seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz überholt sein dürfte; Blumers, wistra 1985, 85, kritisiert, der Täter könne „die Wirksamkeit der Selbstanzeige nicht mehr kalkulieren“). Dieses Risiko muss der Steuerpflichtige tragen, der sich seiner Steuerpflicht bisher entzogen hat. Die Unsicherheit ist ihm – auch verfassungsrechtlich – zuzumuten, da es um die Gewährung eines (Straffreiheits-)Privilegs geht. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass § 371 AO im Hinblick auf den Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch restriktiv auszulegen ist (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 17).

    Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Fehleranfälligkeit der Prognose des Steuerpflichtigen erkannt und bewusst in Kauf genommen, wie sich aus der Begründung des Finanzausschusses aus dem Jahr 1975 ergibt („Der Täter, der […] bei verständiger Würdigung der Sachlage damit hätte rechnen müssen, daß die Tat bereits entdeckt war, obwohl dies nicht zutraf […]“, BT-Drucksache 7/4292, Seite 44).

    bb) Ein erforderlicher Grad der Wahrscheinlichkeit, ab dem mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss, lässt sich nicht quantifizieren (Beyer, NWB 43/2012, 3445, 3447, meint, bei weniger als 10% Wahrscheinlichkeit müsse der Täter jedenfalls nicht mit der Tatentdeckung rechnen). Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalls, ob der Steuerpflichtige bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung rechnen musste. Dabei dürfen die Voraussetzungen nicht überspannt werden.

    In dem oben zitierten Beschluss vom 20.05.2010 hat der Bundesgerichtshof hierzu ausgeführt, angesichts der verbesserten Ermittlungsmöglichkeiten im Hinblick auf Steuerstraftaten und auch der stärkeren Kooperation bei der internationalen Zusammenarbeit könnten heute keine hohen Anforderungen an die Annahme gestellt werden, der Angeklagte habe mit der Tatentdeckung rechnen müssen. „Der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO wird daher heute maßgeblich durch die objektive Voraussetzung der Tatentdeckung im vorstehend verstandenen Sinne und weniger durch die subjektive Komponente bestimmt“ (BGH, a.a.O., Rdnr. 33; kritisch hierzu: Rüping in HHSp, § 371 AO, Rdnr. 194).

    Dabei kann sich das Zurückdrängen der „subjektiven Komponente“ nur auf das Damit-rechnen-müssen beziehen, weil es bei der positiven Kenntnis von der Tatentdeckung keinen Beurteilungsspielraum gibt. Aufgrund der verbesserten Ermittlungsmöglichkeiten muss der Steuerpflichtige somit heute tendenziell eher mit der Tatentdeckung rechnen als früher, weshalb es für die Versagung der Strafbefreiung maßgeblich auf die objektive Tatentdeckung ankommt.

    Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof damit zunächst die Anforderungen an die objektive Tatentdeckung niedrig bestimmt („Die Anforderungen an diese Wahrscheinlichkeitsprognose dürfen […] nicht zu hoch angesetzt werden“, a.a.O., Rdnr. 24) und sodann festgestellt, aufgrund der heutigen Ermittlungsmöglichkeiten müssten Steuerhinterzieher eher mit der Entdeckung rechnen („[…] können […] heute keine hohen Anforderungen an die Annahme des ‚Kennenmüssens‘ der Tatentdeckung mehr gestellt werden“, a.a.O., Rdnr. 33). Dem Steuerhinterzieher bleibt demgemäß die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige verwehrt, wenn ihm bekannte tatsächliche Umstände erhebliche Anhaltspunkte dafür liefern, dass seine Steuerstraftaten jedenfalls teilweise entdeckt sein können.

    cc) Ob der Steuerpflichtigen im Einzelfall mit der Tatentdeckung rechnen muss, ist auf der Grundlage seiner individuellen Tatsachenkenntnis zu beurteilen (vgl. Klein, § 371 AO, Rdnr. 70; Göres/Kleinert, NJW 2008, 1353, 1358, zitiert nach beck-online; BayObLG, a.a.O.). Dabei können unvollständige Informationen dazu führen, dass er eher mit der Tatentdeckung rechnen muss als bei vollständigeren Informationen (ähnlich Beyer, a.a.O., 3447, der sich anhand von konkreten Beispielen damit auseinandersetzt, welche Umstände dazu führen können, dass der Täter mehr oder weniger mit der Tatentdeckung rechnen müsse). So erhöht die (im Übrigen unspezifische) Kenntnis vom Ankauf einer „Steuer-CD“ aus einem Land, in dem der Steuerpflichtige unversteuerte Kapitalerträge erwirtschaftet hat, subjektiv die Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung. Tritt die Erkenntnis hinzu, dass die CD von der Bank stammt, bei der die Einkünfte entstanden sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit subjektiv weiter. Durch zusätzliche Informationen, etwa zu Umfang und Qualität der Daten, kann sich die Wahrscheinlichkeit subjektiv weiter erhöhen oder auch verringern. Eine Verringerung der subjektiven Wahrscheinlichkeitseinschätzung ist etwa denkbar, wenn der Täter erfährt, dass die Daten nur weniger Kunden gekauft wurden; gar nicht mehr mit der Entdeckung bräuchte er beispielsweise zu rechnen, wenn er die glaubhafte Information erhielte, es seien lediglich Kundendaten aus einem Jahr erworben worden, in dem er selbst nicht Kunde der Bank war.

    Nicht zu folgen ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, der Steuerpflichtige müsste im Fall des Erwerbs von „Steuer-CDs“ lediglich dann mit der Entdeckung seiner Taten rechnen, wenn die Daten aller Kunden der jeweiligen Banken von den Steuerbehörden erworben worden wären (so ausdrücklich Bach, PStR 2012, 248, 249; ähnlich Mückenberger/Iannone, NJW 2012, 3481, 3482-3483, zitiert nach beck-online; ablehnend insoweit auch Beyer, a.a.O., 3447). Zum einen vernachlässigt die Auffassung die Abhängigkeit des Damit-rechnen-müssens vom subjektiven Kenntnisstand des Täters. Wollte man dieser Auffassung folgen, müsste der Täter zum anderen selbst dann noch nicht mit der Tatentdeckung rechnen, wenn die Steuerbehörden die Daten aller bis auf eines Kunden erlangt hätten; das kann offenkundig nicht richtig sein.

    dd) Eine Rolle kann schließlich das zeitliche Moment spielen. Allerdings kann nicht pauschal angenommen werden, dass unmittelbar nach dem Erwerb einer „Steuer-CD“ noch nicht mit der Entdeckung einer Tat gerechnet zu werden braucht, weil noch kein Abgleich mit den Steuerakten der auf der CD genannten Personen erfolgen konnte (so wohl Beyer, a.a.O., 3447); denn vor dem Ankauf einer CD prüfen die Steuerbehörden stichprobenartig die Qualität der Daten und können hierbei auch schon die Daten des Täters mit seinen Steuerakten abgeglichen haben. Erhebliche Zeit nach der Berichterstattung über einen CD-Kauf muss der Täter andererseits in geringerem Umfang, irgendwann nicht mehr mit der Tatentdeckung rechnen.

    Maßgeblicher Zeitpunkt für das „Damit-rechnen-müssen“ ist dabei immer der Kenntnisstand bei Abgabe der Selbstanzeige. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 S. 2 AO.

    c) In diesem Sinne musste der Angeklagte zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige mit der (tatsächlich gegebenen) Tatentdeckung rechnen, insbesondere – aber nicht nur – in Bezug auf die Einkünfte, die er bei XXX erzielt hat:

    Schon aufgrund seiner bei Abgabe der Steuererklärung gegebenen Kenntnis des Ankaufs von „Steuer-CDs“ von unbekannten schweizerischen Banken durch die deutschen Steuerbehörden (siehe oben unter III.3) musste der Angeklagte mit der Entdeckung seiner Steuerhinterziehungen rechnen, da er selbst Konten bei drei Banken in der Schweiz unterhielt, die er dem Finanzamt verschwiegen hatte.

    Darüber hinaus wusste der Angeklagte, dass eine „Steuer-CD“ mit Kundendaten von XXX bei den deutschen Finanzbehörden vorlag. Durch den dem Angeklagten bekannten Ankauf von Daten von XXX hatte sich die Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung seiner Steuerhinterziehungen zusätzlich erheblich erhöht.

    Umstände, aufgrund derer der Angeklagte hätte davon ausgehen können, dass gerade seine Daten nicht auf einer CD enthalten wären, sind nicht ersichtlich.

    Keine Rolle spielt für die Frage der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige, dass der Angeklagte noch nicht mit der Tatentdeckung rechnen musste, als er sich im Jahr 2011 zur Selbstanzeige entschloss. Dieser Gesichtspunkt kann ausschließlich im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden.

    1.2.4 Umfang der Sperrwirkung

    Mit der Sperrwirkung in Bezug auf die Einkünfte bei XXX hat die Selbstanzeige auch wegen der weiteren Einkünfte keine strafbefreiende Wirkung mehr. Das folgt schon aus dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO, wonach Straffreiheit (insgesamt) nicht eintritt, wenn „eine der Steuerstraftaten […] ganz oder zum Teil“ entdeckt war (so auch Zanzinger, DStR 2011, 1397, 1400, zitiert nach beck-online).

    1.3 Strafzumessung

    Wegen der Taten hat das Gericht folgende Einzelstrafen festgesetzt:

    1. Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200,00 €;
    2. Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 200,00 €;
    3. Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200,00 )€; und
    4. Freiheitsstrafe von 7 Monaten.

    Maßgebliche Gesichtspunkte für die Zumessung der Einzelstrafen waren die Höhe des in den Feststellungen unter II genannten Hinterziehungsbetrags des jeweiligen Veranlagungszeitraums sowie der durch die Serie falscher Erklärungen entstandene zusätzliche Schaden.

    Der unmittelbar aus der falschen Erklärung resultierende Hinterziehungsbetrag ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von zentraler Bedeutung für die Strafzumessung bei Steuerstraftaten (BGH, Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08, NJW 2009, 528, 531, zitiert nach beck-online, Rdnr. 21, 22).

    Bei zeitlich und sachlich verschränkten Serienstraftaten ist aber für die Bemessung der Einzelstrafen nicht alleine der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden maßgeblich. Vielmehr muss auch der durch die Serie verursachte Gesamtschaden berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2009 – 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979, 1984, zitiert nach beck-online, Rdnr. 48; BGH, Beschluss vom 29.11.2011 – 1 StR 459/11, wistra 2012, 151, zitiert nach juris, Rdnr. 9).

    Ist bei der Bemessung der Einzelstrafe für die Steuerhinterziehung bezüglich eines Veranlagungsjahres der Gesamtschaden der Serie zu berücksichtigen, so gilt dies besonders für die durch die weiteren Taten gerade im betroffenen Veranlagungsjahr verursachten weiteren Schäden.

    Vorliegend handelt es sich um eine Serie zeitlich und sachlich verschränkter Straftaten. Der Angeklagte hat mit seiner Selbstanzeige vom 06.09.2012 offengelegt, dass er seit dem Jahr 2001 seine Kapitaleinkünfte aus der Schweiz nicht erklärt hat. Dabei beeinflussen die unvollständigen Erklärungen durch die jeweils erfolgten Verlustvorträge auch die Steuerfestsetzung der Folgejahre.

    Der Umfang der durch die unberechtigten Verlustabzüge zu geringen Festsetzung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ergibt sich aus den Feststellungen unter II. Zur Berechnung wird auf die Anlagen 6-9 Bezug genommen.

    Daneben hat das Gericht bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser die zunächst verheimlichten Einkünfte am 06.09.2012 selbst offen gelegt hat, als er von der Einleitung des Steuerstrafverfahrens noch keine Kenntnis hatte. Dabei war von besonderem Gewicht, dass das Finanzamt Münster zum Zeitpunkt der Selbstanzeige nur Kenntnis von der Geschäftsverbindung des Angeklagten zu XXX hatte. Die Konten und Depots bei Credit Agricole und B. & Cie. wären ohne die Selbstanzeige möglicherweise dauerhaft unentdeckt geblieben.

    Besonderes Gewicht erhält die Selbstanzeige zusätzlich dadurch, dass sich der Angeklagte schon deutlich vor der Tatentdeckung durch die Steuerbehörden zur Aufdeckung seines Vermögens gegenüber dem Finanzamt entschlossen hatte.

    Schließlich hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung weitgehend geständig gezeigt und ist strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

    Obwohl der insgesamt und der im Veranlagungsjahr 2010 eingetretene Steuerschaden für die Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen auch bei den Taten zu 1 bis 3 sprachen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2009, a.a.O., Rdnr. 49), hielt das Gericht diese bei den Taten zu 1 bis 3 nicht im Sinne von § 47 StGB für unerlässlich. Die insoweit in der Tat als Bestandteil einer Serie liegenden besonderen Umstände werden insbesondere durch die „verunglückte Selbstanzeige“ des Angeklagten mit den darin enthaltenen noch nicht entdeckten Einkünften aufgewogen.

    Die Einzelstrafen wurden durch angemessene Erhöhung der Einsatzstrafe von 7 Monaten Freiheitsstrafe unter zusammenfassender Würdigung der Person des Angeklagten und der Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe zusammengeführt. Dabei erfolgte eine nur sehr geringe Erhöhung der Einsatzstrafe, weil einmal verschwiegene ausländische Kapitalerträge in den Folgejahren nicht ohne Risiko auch für die vorangegangenen Jahre aufgedeckt werden können. Im Übrigen sinkt die Hemmschwelle für die Folgejahre erheblich, wenn die Vermögenswerte sich erst einmal unentdeckt im Ausland befinden.

    Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Nach § 56 StGB kann das Gericht die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn zu erwarten ist, dass die Verurteilung dem Angeklagten zur Warnung dient und er ohne die Vollstreckung der Strafe keine weiteren Straftaten begehen wird. Davon geht das Gericht hier aus.

    Der Angeklagte ist 77 Jahre alt und strafrechtlich vor den hier ausgeurteilten Taten nicht in Erscheinung getreten. Der Angeklagte hat die Vermögenswerte aus der Schweiz nach Deutschland zurückgeführt, so dass insoweit keine Wiederholungsgefahr besteht.

    2 Der Tatvorwurf zu 5

    Hinsichtlich des Tatvorwurfs zu 5 aus der Anklage der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel vom 30.01.2014 war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

    Durch die Abgabe der unvollständigen Einkommensteuererklärung vom 18.05.2012 hat der Angeklagte zunächst versucht, die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2011 zu verkürzen gemäß §§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO; 22, 23 StGB. Zu einer Verkürzung wäre es auf Grundlage der mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen auch gekommen. Insoweit wird auf Anlage 5 zum Urteil Bezug genommen.

    Mit der Abgabe der Selbstanzeige vor der Steuerfestsetzung durch das Finanzamt ist der Angeklagte vom Versuch der Steuerhinterziehung zurückgetreten.

    V.

    Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten sind weitgehend vom Angeklagten zu tragen, weil dieser wegen vier von fünf Tatvorwürfen verurteilt worden ist. Wegen des teilweisen Freispruchs trägt die Landeskasse 20% der Kosten und Auslagen.

    RechtsgebieteAO, EStG, SolZG, StGBVorschriften§§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO; 25 EStG; 1 Abs. 2 SolZG; 22, 23, 24, 53, 59 StGB