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  • 11.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187100

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 23.02.2016 – 2 K 31/15

    Im Rahmen einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen können die im Zeitpunkt der Außenprüfung festgestellten Umsätze den zurückliegenden Prüfungsjahren zugrunde gelegt werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischenzeitlich nicht wesentlich geändert haben. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit die Beweislast dafür, dass beispielsweise ein "Döner-Krieg" die Preisgestaltung wesentlich beeinflusst hat.


    Finanzgericht Hamburg

    Urt. v. 23.02.2016

    Az.: 2 K 31/15

    Tatbestand:

    Streitig sind Hinzuschätzungen nach einer Außenprüfung.

    Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2005 bis 2008 einen Imbissbetrieb mit Bäckerei an der U-Bahnstation A in Hamburg. Seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelte er zunächst nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahme-Überschussrechnung, ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nach § 5 EStG durch Bestandsvergleich. Die Kläger wurden zunächst erklärungsgemäß - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung dem § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) - veranlagt.

    Ausgelöst durch eine anonyme Anzeige vom 2. Februar 2007, wonach der Kläger immer nur die Hälfte der bei einem türkischen Großhändler eingekauften Fleischwaren erkläre und täglich ... € bis ... € schwarz einnehme, fand ab April 2009 eine Außenprüfung bei dem Kläger statt. Des Weiteren wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, in dessen Verlauf am 16. Juli 2009 Durchsuchungen in den Räumlichkeiten in der X-Straße sowie bei dem Fleischlieferanten B GmbH (B GmbH) erfolgten. Dabei wurden u. a. für Juni 2009 Lieferscheine der B GmbH über den Einkauf von 3.444 kg Döner- und 693 kg Hähnchenfleisch aufgefunden, von denen der Kläger tatsächlich nur zwei Rechnungen über 1.773 kg Döner- und 451 kg Hühnerfleisch erhalten und gebucht hatte. Das Strafverfahren ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.

    Die Außenprüfung führte zu verschiedenen Feststellungen, u. a. wurde die Kassenführung und die Buchführung als mangelhaft angesehen und eine eigene Kalkulation aufgrund der unstreitigen Wareneinkäufe und der aus den vorgelegten Preislisten entnommenen Verkaufspreise durchgeführt. Ferner lösten die mutmaßlich nicht erklärten Warenlieferungen der B GmbH auf der Basis der vorgefundenen Lieferscheine für Juni/Juli 2009 Zuschätzungen für alle Streitjahre aus. Aufgrund der während der Prüfung erhobenen Einwände wurde die Kalkulation mehrfach geändert (wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 30. November 2011 für 2008 sowie vom 20. Dezember 2011 für 2005 bis 2007 Bezug genommen). Geänderte Bescheide für die Streitjahre ergingen am 7. März 2012 über Umsatzsteuer und am 8. März 2012 über Gewerbemessbeträge nach Maßgabe der Feststellungen der Außenprüfung Hiergegen richteten sich die Einsprüche vom 3. April 2012.

    Während des Einspruchsverfahrens bemühten sich die Beteiligten weiterhin, eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu erzielen. Schließlich unterbreitete der Beklagte mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 einen Verständigungsvorschlag auf der Basis einer reduzierten Schätzung. Nunmehr sollte der Rohgewinnaufschlagsatz mit noch 170 % und das Verhältnis der Umsätze zum regulären und zum ermäßigten Steuersatz mit 20:80 angenommen werden. Bestandteil dieser revidierten Schätzung war eine Erlöshinzuschätzung hinsichtlich nicht erklärter Wareneinkäufe bei der B GmbH in Höhe von jeweils ... € in den Streitjahren 2005 und 2006, von ... € in 2007 und von ... € in 2008. Nachdem keine Einigung hinsichtlich der Berücksichtigung der Warenumsätze mit der B GmbH erzielt werden konnte, änderte der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 13. Januar 2015 die streitigen Bescheide für 2005 bis 2008 nach Maßgabe seines Verständigungsvorschlags und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Am 11. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben.

    Die Kläger halten an ihrer Auffassung fest, dass die Hinzuschätzungen im Zusammenhang mit den vermeintlich nicht erklärten Warenlieferungen der B GmbH rechtswidrig seien.

    Die von dem Beklagten für den internen Betriebsvermögensvergleich erstellte Nachkalkulation sei unzutreffend. Er, der Kläger, habe durchschnittlich 200 Döner pro Tag verkauft, und den daraus erzielten Erlös ordnungsgemäß erklärt. Wegen der schwierigen sozialen Situation im Stadtteil C habe der Döner im Streitzeitraum günstiger für ... € anstatt von ... €, wie vom Beklagten angenommen, angeboten werden müssen. Der Wareneinsatz sei auch ordnungsgemäß dokumentiert worden.

    Soweit im Außenprüfungsbericht vom 30. November 2011 festgestellt werde, dass im Juni 2009 Lieferscheine der B GmbH über den Einkauf von 3.444 kg Döner- und 693 kg Hähnchenfleisch aufgefunden worden seien, und er, der Kläger, tatsächlich nur zwei Rechnungen über 1.773 kg Döner- und 451 kg Hühnerfleisch erhalten und gebucht habe, sei dies unzutreffend. Weder die behauptete Mengendifferenz noch die Nachkalkulation des Beklagten seien richtig. So sei die Portionsgröße nicht richtig ermittelt worden und die Anzahl der Döner mit fünf Stück aus einem Kilogramm Dönerfleisch zu hoch angesetzt worden. Tatsächlich seien nach Abzug von Schwund und Verderb nur vier Döner aus einem Kilogramm zu gewinnen. Laut Rechnungen der B GmbH seien im Jahr 2009 3.383 kg Döner-Produkte und 759 kg Geflügelprodukte geliefert worden. Zwar könne es sein, dass Rechnungen der B GmbH versehentlich in einem falschen Ordner abgelegt worden seien, die gelieferte Ware sei gleichwohl vollständig buchhalterisch erfasst und bezahlt worden. Zwischen den Mengenangaben in den Lieferscheinen und den Rechnungen bestünden keine Abweichungen. In diesem Punkt seien die Feststellungen aus dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, auf die sich der Beklagte vornehmlich stütze, im Wesentlichen unzutreffend.

    Die angegriffenen Bescheide könnten zudem keinen Bestand haben, weil sich der Beklagte bei seinen Zuschätzungen allein auf die in den Monaten Juni/Juli 2009 vermeintlich nicht erklärten Wareneinkäufe gestützt und hieraus Rückschlüsse für die Streitjahre gezogen habe. Es bestünden aber signifikante Unterschiede zu den Verhältnissen in den Streitjahren. So habe er, der Kläger, sich entschlossen, Anfang 2009 eine Preiskampagne durchzuführen. Abweichend von der Speisekarte sei der Döner für ... € angeboten worden. Dadurch habe der Umsatz im Vergleich zu den Vorjahren 2005, 2006 und 2007 deutlich gesteigert werden können. Die Fleischeinkäufe hätten sich dadurch fast verdoppelt gegenüber den Vorjahren. Im Normalfall habe er alle zwei Wochen gezahlt, während des "Dönerkrieges" 2009 hingegen jede Woche, weil die Rechnungsbeträge aufgrund der erhöhten Nachfrage höher gewesen seien.

    Demgegenüber habe der Gammelfleisch-Skandal in den Jahren 2006 und 2007 zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt.

    Die genutzten Kassen seien weder von ihm, noch von seiner Ehefrau manipuliert worden. Die Ehefrau habe am 18. Mai 2009, dem Beginn der Außenprüfung, lediglich Information bei dem Zeugen D über die Einstellung neuer Preise in die Kasse eingeholt. Er, der Kläger, habe ebenso wenig wie seine Ehefrau über die technischen Fähigkeiten für eine Manipulation der Kasse verfügt.

    Die Kläger beantragen,

    die Bescheide für 2005 bis 2007 über Einkommensteuer vom 12. März 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Gewinn unter Außerachtlassung von Zuschätzungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen der B GmbH in 2005 und 2006 um jeweils ... EUR sowie in 2007 um ... Euro niedriger angesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    und bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015 und die Außenprüfungsberichte vom 30. November und 20. Dezember 2011.

    Die Voraussetzungen für eine Schätzung seien erfüllt, weil die Buchführung schwerwiegende Fehler aufgewiesen habe. Zudem sei die Kasse manipuliert worden. Umsätze seien bewusst unterdrückt und der Kassenspeicher regelmäßig gelöscht worden. Im Zuge der Durchsuchung durch die Steuerfahndung sei eine handschriftliche Notiz mit dem Hinweis gefunden worden "Kasse nach Z-Bericht löschen nicht vergessen". Die Umsatzerlöse durch Warenlieferungen der B GmbH habe der Kläger nicht ordnungsgemäß dokumentiert und erfasst. Der Geschäftsführer der B GmbH, der Zeuge E, habe im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eidesstattlich versichert, den Kläger täglich mit Fleisch beliefert zu haben. Auch der bei der Durchsuchung anwesende Fahrer der B GmbH habe auf Befragen der Außenprüfung erklärt, täglich Ware an den Kläger geliefert zu haben.

    Die für Juni 2009 ermittelten Umsätze seien zu Recht auf die Vorjahre übertragen worden. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich nicht entscheidend verändert. Der "Dönerkrieg" habe nicht in den Streitjahren, sondern im Sommer 2001 stattgefunden.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D, E und F.

    Die die Kläger betreffenden Steuerakten nebst BP- und Rechtsbehelfsakten (.../.../...) sowie die Strafakten Bd. 1 bis 3 nebst Sonderband (...) und die Verfahrensakte 2 V 55/15 (Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, abgelehnt mit Beschluss des Senats vom 28. August 2015) haben vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Der zulässigen Klage bleibt der Erfolg versagt.

    I.

    Die angegriffenen Änderungsbescheide über Einkommensteuer sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat in den Streitjahren zu Recht Zuschätzungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen der B GmbH vorgenommen.

    1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) sind Besteuerungsgrundlagen durch das Gericht - wie durch die Finanzbehörde - zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies ist dann der Fall, wenn die Buchführung den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entspricht oder im Einzelfall ein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit anzuzweifeln.

    Nach § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Bücher, Aufzeichnungen, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind geordnet aufzubewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 AO).

    a) Darüber, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung dem Grunde nach erfüllt sind, weil die Buch- und Kassenführung mangelhaft war, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit; sie sind auch im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen. So hat die Außenprüfung gravierende Mängel der Kassenbuchführung festgestellt. Es waren nur handgeschriebene Einnahmeaufzeichnungen vorhanden, die ebenso wie das mittels eines EDV gestützten Journals geführte "Kassenbuch" nicht nachprüfbar und jederzeit veränderbar waren. Bonrollen, Tagesendsummenbons und Kassenberichte sind nicht vorgelegt worden (vgl. zu den Anforderungen an die Buchführung insbesondere bei Bargeschäften zuletzt BFH Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13, DStR 2015, 1739).

    Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung allerdings nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (z. B. BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BStBl II 1982, 430; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH?NV 1990, 484, vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921 m. w. N.). Werden vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, [BFH 14.12.2011 - XI R 5/10] Rz 34). So verhält es sich im Streitfall. Zudem sind nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung und der Außenprüfung auch Manipulationen an den Kassen vorgenommen worden, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht widerlegt worden sind.

    Im Zuge der Durchsuchung am 16. Juli 2009 wurde festgestellt, dass am 18. Mai 2009, dem Tag des Beginns der Außenprüfung, die Kasse während eines Telefonats der Klägerin mit dem Zeugen D umprogrammiert worden sei, und zwar in der Weise, dass fortlaufende sog. Z-Bons nicht erstellt und die Aufsummierung der in der Kasse erfassten Umsätze bewusst unterdrückt wurde (E-Mail vom 20. Juli 2009 des Angestellten D der Wartungsfirma G, Steuerfahndungsbericht vom 27. Mai 2014, S. 15). Darüber hinaus soll der Kassenspeicher regelmäßig gelöscht worden sein. In diesem Zusammenhang wurde eine handschriftliche Notiz mit dem Hinweis Kasse nach Z-Bericht löschen nicht vergessen gefunden (vgl. Steuerfahndungsbericht vom 27. Mai 2014, S. 15).

    Der Zeuge D, Mitarbeiter der Wartungsfirma G für die Kassen, konnte sich zwar nicht mehr an ein Telefongespräch mit der Klägerin am 18. Mai 2009 und dessen Inhalt, und damit an mögliche Manipulationen erinnern und hielt es durchaus für möglich, dass bei einer Kasse, die schon mehrere Jahre in Betrieb ist, noch Fragen zur Preisprogrammierung aufkommen können. Der Zeuge hat aber bestätigt, dass das von dem Kläger seit 2006 und auch noch 2009 verwendete Kassenmodell älterer und nunmehr überholter Bauart manipulierbar war, und zwar ohne dass es einer besonderen Software oder spezieller Schlüssel, eines sogenannten TEC-Schlüssels bedurfte. Ausreichend war die Kenntnis einer äußerlich verdeckten Funktionstaste, über die Korrekturen der Eingaben vorgenommen werden konnten. Der Zeuge hat insoweit glaubhaft und nachvollziehbar erläutert, dass diese Funktion allgemein bekannt gewesen sei und diese Kenntnis im Internet leicht habe beschafft werden können. Mit Blick auf diese Aussage und den Umstand, dass der Grand Totalspeicher gelöscht war, geht auch das Gericht davon aus, dass die Kasse manipuliert worden ist.

    Soweit der Zeuge D auf Befragen während der Steuerfahndungsprüfung in seiner Mail vom 22. Juli 2009 (Anl. K 4) unter Berufung auf Angaben des Lieferanten mitgeteilt hatte, dass eine Manipulation der Kasse nur möglich sei, wenn man über einen TEC-Schlüssel manuell Zugriff auf den Kassenspeicher nehme und den Speicherwert lösche oder mittels einer speziellen Software den Grand Total Speicher überschreibe, hat er in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar klargestellt, dass sich diese Angaben auf die neueren Kassenmodelle der Jahrgänge ab 2009 bezogen hätten. Ihm sei insoweit nicht bewusst gewesen, dass es bei der Anfrage um die Manipulationsmöglichkeiten des älteren Modells gegangen sei.

    Ferner war während der Prüfung aufgrund von Nachfragen bei der Wartungsfirma G festgestellt werden, dass die vom Kläger verwendete French Touch Kasse für den Zeitraum vom 1. Februar 2006, dem Datum der Erstinstallation und dem 4. Juli 2006, dem Tag der Wartung, einen Betrag von ... € (16 % Umsätze) dokumentierte mit Anzeige aller Z-Bons, des Grand Total Speichers. Für den nämlichen Zeitraum hatte der Kläger dagegen Umsätze zum Regelsteuersatz von lediglich ... € erklärt; dies entspricht einem Anteil von 35 %. Hierzu hat sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass die zunuächst im Februar gelieferte Kasse wegen einer mangelhaften Platine ausgewechselt worden ist und im Mai eine neue Kasse installiert wurde, hat der Zeuge D erläutert, dass der im Juli von ihm festgehaltene Betrag von ... € dann in dem Zeitraum ab Mai aufgelaufen sein müsse, weil die im Mai gelieferte Kasse eine neuwertiges Modell gewesen sei . Der bis dahin in der ausgetauschten Kasse eingegebene Kassenstand habe wegen des Schadens an der Platine nicht mehr festgestellt und deshalb nicht in das neu installierte Modell übertragen werden können. Der Zeuge hat insoweit glaubhaft dargetan, dass er erst in Vorbereitung auf die Beweisaufnahme bei Durchsicht der damaligen Unterlagen bemerkt habe, dass ein Austausch der Kasse vorgenommen wurde, dies aber bei seinem erstmaligen Befragen übersehen habe. Es ist für das Gericht auch nachvollziehbar, dass der Zeuge Zugriff auf den Kassenstand im Juli 2006 haben konnte. Er hat insoweit ausgesagt, dass Kunden gelegentlich ihren Datenbestand auf eine CD überspielen und zur Vornahme von Programmierungen an die Service Firma für die Kassensysteme schicken, beispielsweise, um umfangreiche Preisänderungen zu programmieren. Der Zeuge wirkte insgesamt glaubwürdig, überdies ist auch kein Grund erkennbar, warum ein gänzlich unbeteiligter Zeuge falsche Angaben machen sollte.

    b) Soweit sich die Kläger gegen die Höhe der Zuschätzungen im Zusammenhang mit den nicht erfassten Warenlieferungen der B GmbH wehren, greifen ihre Einwendungen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht durch; die Zuschätzungen sind nicht zu beanstanden.

    aa) Vor dem Hintergrund der festgestellten Mängel zur Kassenführung und nach den im weiteren Verlauf der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnissen sowie den Feststellungen der Steuerfahndung bestand Anlass, gerade im Hinblick auf die Warenlieferungen der B GmbH Zuschätzungen vorzunehmen.

    Aus den anlässlich der Durchsuchung der Geschäftsräume des Klägers durch die Steuerfahndung am 16. Juli 2009 aufgefundenen Lieferscheinen ergab sich für den Monat Juni 2009 eine Differenz gegenüber dem erklärten Wareneinsatz von 1.671 kg Dönerprodukten und 242 kg Hähnchenfleisch, für den angefangenen Monat Juli 2009 von 379 kg. Aus diesen Erkenntnissen durften auch Rückschlüsse auf die Streitjahre gezogen werden. Angesichts der Mängel in der Buchführung, der Hinweise auf die Manipulationen an der Kassenprogrammierung, - die sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch bestätigt haben - und der hohen Tageseinnahmen aufgrund der Kassensicherung - nach damaligem Kenntnisstand - zwischen dem 1. Februar und 4. Juli 2006, der die durchschnittlichen erklärten Kasseneinnahmen dieses Zeitraumes um 65 % übertraf, bestand hinreichend Anlass davon auszugehen, dass auch in den Streitjahren Schwarzeinnahmen und -verkäufe erfolgt waren. Die Höhe der Tageseinnahmen dürfte sogar noch deutlich höher gewesen sein, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der hohe Kassenbestand nur in dem Zeitraum zwischen Mai und Juli angefallen ist.

    Anhaltspunkte dafür, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Zeitraum Juni/Juli 2009 maßgeblich von denen der Streitjahre unterschieden haben, haben sich auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht feststellen lassen. Soweit sich die Kläger darauf berufen haben, 2009 hätte sich der Bezug der Ware infolge des Preiskampfes in der Dönerbranche verdoppelt, hat sich ein derartiger Preiskampf nicht verlässlich feststellen lassen.

    Zwar haben die Kläger behauptet, dass die Warenlieferungen der B GmbH in den Streitjahren, anders als 2009, üblicherweise lediglich zweimal pro Monat erfolgt seien. Dies hat der Zeuge E, Geschäftsführer der B GmbH, aber in Abrede genommen und ausgesagt, dass er den Kläger stets täglich beliefert habe, weil der Kläger nicht über die erforderlichen Kühlkapazitäten verfügt habe. Dies ist auch nachvollziehbar und deckt sich mit den anlässlich der Durchsuchung gewonnenen Erkenntnissen, wonach Kühlräume tatsächlich nicht vorhanden waren und deshalb eine tägliche Lieferung erforderlich war (s. a. Durchsuchungsvermerk vom 16. Juli 2009, Blatt 123 der Ermittlungsakte).

    Soweit der Zeuge ausgesagt hat, er könne sich erinnern, dass Anfang 2009 "wohl ein örtlicher Preiskampf" geherrscht habe, der den Kläger gezwungen habe, die Preise zu reduzieren um seine Kunden zu halten, und zwar den Dönerpreis auf ... € abzusenken, mit der Folge erhöhter Fleischbestellungen, hat dies das Gericht nicht überzeugt. Seine Aussage war zu diesem Punkt einerseits recht vage, so wusste der Zeuge trotz behauptet vorheriger Durchsicht seiner Unterlagen nicht mehr den konkreten Zeitraum, in dem die höheren Fleischbestellungen eingingen: "das mag wohl im April/Mai 2009 gewesen sein", "es ging irgendwann wieder runter, im Prinzip bergauf und bergab". Andererseits war dem Zeugen ohne weiteres Nachdenken der Preis von ... € erinnerlich, obwohl der Vorgang immerhin fast sechs Jahre zurück liegt und er hierüber keine eigenen Unterlagen haben konnte, die seine Erinnerung hätten auffrischen können. Diese Aussage wirkte in diesem Punkt mit den Klägern abgestimmt, wie auch die bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingereichte eidesstattlichen Versicherung des Zeugen vom 9. März 2015 (2 V 56/15 Anl. 8). Das Statement, dass Anfang 2009 ein Preiskampf in der Dönerbranche geherrscht habe, der zu einem Preisverfall und zu einer Verdoppelung des Fleischeinkaufs in den ersten sechs bis sieben Monaten des Jahres 2009 geführt habe, hat der Senat in seinem Beschluss vom 28. August 2015 als Gefälligkeitsäußerung gewertet. Sie deckte sich fast wortgleich mit den Angaben des Klägers in dessen eidesstattlichen Erklärung vom 9. März 2015 (Anl. 7).

    Die Außenprüfung, die ab Mai 2009 begann und damit zum Zeitpunkt des behaupteten Preiskampfes stattfand, hat keine Hinweise auf Preisreduzierungen feststellen können, etwa in den aufgefundenen Speisekarten oder durch anderes Werbematerial. Auch der Zeuge F, in den Streitjahren und danach im Betrieb des Klägers als Bäcker tätig, konnte sich konkret nicht an einen "Dönerkrieg" erinnern. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn es sich tatsächlich um ein Ereignis mit dem behaupteten Ausmaß gehandelt hätte. Immerhin konnte sich der Zeuge noch an eine andere weiter zurückliegende Begebenheit erinnern, und zwar die Aktion im Zusammenhang mit dem sog. Gammelfleischskandal, zu dem auch Pressevertreter erschienen waren.

    Tatsächlich hat ausweislich der Presseberichterstattung ein "Dönerkrieg in A" (...) nicht in den Streitjahren, sondern im Sommer 2001 geherrscht, wobei sich die Berichterstattung konkret auf das ... H bezieht, das der Kläger ab ... 2004 übernommen hatte. Weitere Berichterstattung zum Preiskampf in der Branche, speziell in ..., betrifft den ... 2002 (...).

    Soweit sich die Kläger ferner darauf berufen haben, dass in den Jahren 2006 und 2007 der sog. Gammelfleischskandal zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt habe, rechtfertigt dies ebenfalls nicht den Schluss, dass die Erkenntnisse aus dem Jahr 2009 nicht auf die Streitjahre übertragen werden könnten. Allerdings hat die Presse über Gammelfleisch und "Ekelfleisch-Döner" berichtet, und zwar beispielsweise anlässlich der Verhaftung eines Dönerhändlers im ... 2006 (...) und dann wieder im Spätsommer 2007 anlässlich des Bekanntwerdens eines Gammelfleisch-Skandals in Bayern (vgl. Anl. 10). In diesem Zusammenhang konnte auch der Zeuge J eine Presseaktion im Betrieb des Klägers am ... 2007 erinnern, über die die ... berichtet hat und in deren Zusammenhang Sonderangebote für Döner gemacht wurden.

    Inwieweit ein derartiger Skandal allerdings konkret nachhaltige Auswirkungen auf das Konsumverhalten hat, ist ungewiss. Mangels ordnungsgemäßer Buchführung lassen sich jedenfalls konkrete Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers nicht verlässlich feststellen. Selbst wenn ein gewisser vorübergehender Rückgang bei der Dönernachfrage eingetreten sein sollte, stellt dies die Schätzung nicht entscheidend in Frage. Denn die Zuschätzung hat sich nur auf Dönerportionen bezogen und andere Gerichte unberücksichtigt gelassen. Angesichts der Vielfalt der angebotenen Speisen ist davon auszugehen, dass bei Bekanntwerden eines Skandals auf Alternativen ausgewichen wird, so dass es zu einem Absatzanstieg bei den anderen Speisen gekommen sein dürfte, beispielsweise bei Hühnerfleisch u. ä. Zudem hält die Schockwirkung bei Lebensmittelskandalen erfahrungsgemäß nicht lange an und die Kunden kehren alsbald zu ihrem bisherigen Konsumverhalten zurück. Im Übrigen ist die Zuschätzung im Streitjahr 2007 auch geringer ausgefallen - nach Maßgabe des ebenfalls geringeren erklärten Wareneinsatzes - als in den anderen Streitjahren und trägt damit bereits in gewissem Umfang den Einwendungen der Kläger Rechnung.

    bb) Die Zuschätzung begegnet auch ansonsten methodisch keinen Bedenken. Aufgrund des für die Monate Juni/Juli 2009 ermittelten tatsächlichen Wareneinsatzes für Döner- und Hähnchenfleisch hat die Prüferin den Bruttomehrumsatz in Anlehnung an die in der Speisekarte ausgewiesenen Brutto-Verkaufspreisen von ... € für Döner und ... € für Hähnchenfleisch-Portionen ermittelt. Dabei sind pro Portion Döner ein Gewicht von 200 g und pro Portion Hühnerfleisch von 1 kg angesetzt worden. Das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag ist aufgrund der vorgefundenen Belege für den Wareneinsatz mit 26 % berücksichtigt worden. Danach ergab sich für den Monat Juni 2009 ein Mehrgewinn von ... €. Auf dieser Basis wurde ein Mehrumsatz p. a. von ... € hochgerechnet und Aufwand in Höhe 26 % abgezogen, sodass sich ein Mehrgewinn von ... € ergab. Dieser ist zunächst für die Streitjahre 2005 bis 2007 angesetzt worden (Berichtsentwurf vom 25. Mai 2011). Nachdem die Kläger in der Folgezeit hiergegen Einwendungen erhoben haben, haben die Prüfer ihre Kalkulationen nochmals überprüft. Sie sahen nunmehr die Angaben in der anonymen Anzeige bestätigt, und zwar dass 50 % der Warenlieferungen ohne Rechnung und die entsprechende Abgabe ebenfalls "schwarz" erfolgten. Deshalb haben sie für die Kalkulation der Schwarzgeschäfte 50 % auf den regulär erklärten Dönerverkauf aufgeschlagen. In den endgültigen Betriebsprüfungsberichten vom 30. November 2011 und 20. Dezember 2011 ist in diesem Sinne die Zuschätzung reduziert worden auf ... € für 2005, ... € für 2006, ... € für 2007 sowie ... € für 2008.

    Die ursprüngliche auf dem internen Betriebsvergleich beruhende Schätzung war in sich nachvollziehbar und stimmig. Die Grundannahmen, wie die Anzahl der aus einem Kilogramm Dönerfleisch gewonnenen Portionen, bewegten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 14. April 2015 2 K 75/14, n. v.) und anderer Gerichte (LG Stuttgart, Urteil vom 22. Juli 2009 13 KLs 142 Js 104750/05, [...] 150 g pro Portion). Die Überprüfung der Dönerportionen durch Testkäufe der Außen- bzw. Fahndungsprüfer hat überdies einen Fleischanteil von rd. 100 g ergeben, was eher einen noch unter 200 g liegenden "Rohfleisch"einsatz nahelegt. Allerdings hätte erwogen werden können, in den einzelnen Streitjahren in bestimmten Umfang Sicherheitsabschläge auf die aus dem Jahr 2009 entwickelten Zahlen vorzunehmen. Durch die Änderung der Schätzungsgrundlagen, und zwar die Erhöhung des regulär erklärten Döner-Umsatzes um 50 %, ist aber eine deutliche Reduzierung des ursprünglichen Schätzungsergebnisses erfolgt, und zwar um rund 30 %. Diese Kürzung übersteigt übliche Sicherheitsabschläge nicht unbeträchtlich.

    Zieht man zur Kontrolle dieses Ergebnisses noch den Stand der Tageseinnahmen aufgrund der Kassensicherung für den Zeitraum 30. Mai und 4. Juli 2006 von ... € heran, was bei zugrunde zu legenden 35 Tagen einem Tagesdurchschnitt von ... € entspricht, und vergleicht dies mit dem erklärten Tagesdurchschnitt von ... €, ergibt sich, dass nur ein Bruchteil Tageseinnahmen erklärt wurde. Damit bewegt sich die Zuschätzung, auch unter Berücksichtigung der übrigen unstreitigen Schätzungsergebnisse, im unteren Bereich der möglichen Schätzungsbandbreite.
    Nachdem der Beklagte in der Einspruchsentscheidung die hinzugeschätzten Beträge nochmals erheblich reduziert hat, und zwar auf jeweils ... € in den Jahren 2005 und 2006, auf ... € in 2007 und auf ... € in 2008, stehen nur noch diese Beträge im Streit. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen verletzt die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegende Zuschätzung die Kläger nicht in ihren Rechten und muss der Klage der Erfolg versagt bleiben.

    II.

    Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 1. März 2016 bei Gericht eingegangene Schriftsatz der Kläger gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Abgesehen davon, dass die Kläger dies nicht ausdrücklich beantragt haben, enthält der Schriftsatz keine neuen, bzw. erheblichen Ausführungen, die eine Wiedereröffnung gebieten. Gelegenheit zur Beweiswürdigung und dazu, ggfs. weitere Beweisanträge zu stellen, bestand bereits während der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2016.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.