05.12.2017 · IWW-Abrufnummer 198095
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 29.08.2017 – 2 K 238/16
Die Erlöse eines Taxiunternehmers können auf der Grundlage der Jahresgesamtlaufleistungen der Taxen geschätzt werden, wobei grundsätzlich die Nettoumsätze pro Kilometer angesetzt werden können, die sich aus den Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes ergeben, die die Freie und Hansestadt Hamburg in Auftrag gegeben hat.
FINANZGERICHT HAMBURG
2 K 238/16
29.08.2017
Urteil - Senat
NZB, Az.: X B 142/17
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Hinzuschätzungen des Beklagten von Erlösen und Umsätzen.
Der Kläger betreibt seit 2005 ein Taxiunternehmen. Er erhielt zuletzt mit Bescheid vom 6. Januar 2012 eine Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit Taxen gemäß § 25 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes für ... Taxen bis zum 31. Januar 2017. Mit Bescheid vom 27. November 2014 widerrief die Freie und Hansestadt Hamburg - Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation - diese Genehmigung, weil die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht mehr gegeben sei. Bei stichprobenartigen Kontrollen sei unter anderem festgestellt worden, dass in den Jahren 2012 und 2013 wiederholt für mehrere Taxen fehlerhafte Angaben zu den Fahrereinsätzen und den Schichtzeiten in den Schichtzetteln gemacht worden seien. Einsatzzeiten an Taxenständen seien als Pausen oder schichtlose Zeit notiert worden. Sechs Taxen seien im Jahr 2012 in verschiedenen Monaten insgesamt 112 mal bei der Einfahrt in den sog. Taxenspeicher des Flughafen Hamburgs zu Zeiten registriert worden, in denen die Taxen laut Schichtzettel nicht im Einsatz gewesen seien. Entsprechende Feststellungen seien für das Jahr 2013 für sieben Taxen gemacht worden, die insgesamt 97 mal im "Taxenspeicher" des Flughafens registriert worden seien, ohne dass dafür Schichtzeiten notiert worden seien. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Kläger hat dagegen Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Derzeit ruht der Betrieb des Klägers.
Der Kläger ermittelte in den Streitjahren 2011 bis 2013 seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) und erklärte für 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, für 2012 in Höhe von ... € und für 2013 in Höhe von ... €. Er wurde zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer 2011 bis 2013 veranlagt.
Beim Kläger wurde von Oktober 2015 bis Februar 2016 eine Außenprüfung für die Streitjahre durchgeführt. Dabei stellte die Prüferin unter anderem fest, dass im gesamten Prüfungszeitraum die Einnahmen aufgrund monatlicher Aufstellungen für jedes Taxi einzeln über ein Verrechnungskonto verbucht worden waren. Kartenzahlungen waren nicht extra aufgeführt und wie Bar-Zahlungen erfasst worden. Tägliche Kassenberichte mit der Ermittlung der Tageseinnahmen und -ausgaben lagen nicht vor. Mit den Fahrern wurde wöchentlich abgerechnet, Unterlagen dazu wurden nicht aufbewahrt. Der Beklagte ging deshalb und aufgrund der von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation festgestellten Mängel der Schichtzettel davon aus, dass die Buchführung an Beweiskraft verloren habe und die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen seien. Die Schätzung erfolge in Anlehnung an die Gutachten der Firma Linne + Krause zur wirtschaftlichen Lage des Hamburger Taxigewerbes anhand der dort für Mehrwagenbetriebe pro gefahrenem Kilometer aufgeführten Netto-Erlöse. Die Kilometerleistungen der einzelnen Taxen seien den Angaben des Klägers gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation über seine betrieblich gefahrenen Kilometer entnommen worden. Zusätzliche Betriebsausgaben seien nicht geltend gemacht worden.
Der Beklagte kam aufgrund dieser Schätzung für das Jahr 2011 zu Netto-Mehrerlösen von gerundet ... € und mehr Umsatzsteuer zu 7 % von ... €. Für das Jahr 2012 kam er zu Netto-Mehrerlösen von gerundet ... € und zu mehr Umsatzsteuer zu 7 % in Höhe von ... €. 2013 setzte der Beklagte Netto-Mehrerlöse in Höhe von gerundet ... € und mehr Umsatzsteuer zu 7 % in Höhe von ... € an. Dabei wurden die gefahrenen Kilometer aufgeteilt in solche von Fahrzeugen ohne Funk, mit Funk und Autoruf. Letztere wurden wie Fahrzeuge ohne Funk behandelt. Auf die jeweils ermittelten Kilometer wurden die im Gutachten aufgeführten unterschiedlichen Kilometersätze angewendet (vgl. Anl. 3 zum Bericht über die Außenprüfung vom 14. März 2016).
Der Beklagte erließ auf dieser Grundlage am 28. April 2016 geänderte Bescheide zur Einkommensteuer 2011 bis 2013, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2011 bis 2013 und über die Umsatzsteuer 2011 bis 2013.
Der Kläger legte am 20. Mai 2016 gegen die Bescheide über die Einkommensteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer 2011 bis 2013 Einsprüche ein und beantragte am 10. Juni 2016 Aussetzung der Vollziehung (AdV). Die Schätzungen basierten auf der Übernahme pauschaler Daten eines Gutachtens, ohne die tatsächlichen betriebsinternen Vorgänge zu berücksichtigen. Bereits mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 sei darauf hingewiesen worden, dass ein innerer Betriebsvergleich keinen Anlass zu einer Schätzung der Höhe nach ergebe. Der Umsatz pro Kilometer betrage im Prüfungszeitraum 1,02 €, laut Gutachten 1,01 €. Sowohl der Sitz des Betriebes als auch die Wohnorte der meisten Arbeitnehmer befänden sich im Hamburger Randgebiet (A), einige Arbeitnehmer wohnten im Hamburger Umland (B, C, D). Aufgrund der Tatsache, dass die Fahrer hauptsächlich in der Hamburger Innenstadt und am Flughafen tätig seien und ihnen die Fahrzeuge für die Heimfahrten und Fahrten zur Schichtübergabe zur Verfügung stünden, fielen in nicht unerheblichem Maße Leerfahrten an. Lege man für diese Fahrten pro Schicht und Fahrzeug täglich 20 km zu Grunde, seien für 2011 ca. 46.000 km und für die Jahre 2012 und 2013 jeweils 56.000 km von der Gesamtlaufleistung abzuziehen. Daraus ergäben sich Erlöse pro Kilometer zwischen 1,01 € und 1,03 €. Die erklärten Umsätze seien deshalb zutreffend.
Mit Bescheiden vom 22. Juni 2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf AdV ab. Der dagegen vom Kläger bei Gericht gestellte Antrag auf AdV wurde mit Beschluss vom 31. Oktober 2016 (2 V 239/16) abgelehnt. Mit Entscheidung vom 22. August 2016 wurden die Einsprüche in der Hauptsache als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 30. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass der Beklagte die Buchführung nicht auf ihre sachliche Richtigkeit geprüft und widerlegt habe. Die Gesamtlaufleistung der Fahrzeuge sei unstrittig. Bei Berücksichtigung der aufgrund betriebsinterner Gegebenheiten anfallenden Leerfahrten bestünden ausweislich des Schreibens vom 2. Dezember 2015 keine Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Der Beklagte habe diese Berücksichtigung abgelehnt, weil nach seiner Auffassung die Leerkilometer bereits im Gutachten über das Hamburger Taxigewerbe berücksichtigt seien. Dies sei unzutreffend. Die Fahrten müssten deshalb in Abzug gebracht werden.
Seit 2006 würden die Daten des Gutachtens aus einem Panel angeschlossener Taxiunternehmer gewonnen, die allesamt über ein sog. Key-System verfügten. Die sich daraus ergebenden Daten (Schichtanfang und -ende, Schichtumsatz und Fahrleistung, Besetztkilometer usw.) unterschieden sich nicht von den Daten eines Fiskaltaxameters. Wie bei Letzterem fänden Fahrten außerhalb einer Schicht keine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Umsatzes pro Kilometer. Deshalb sei es unzutreffend, dass in den Jahren 2011 und 2012 die Größe "Umsatz pro Kilometer" in dem Gutachten "Umsatz pro Gesamtfahrleistung" bedeute. "Umsatz pro Kilometer" sei vielmehr gleichzusetzen mit "Umsatz pro Betriebskilometer". Privatkilometer würden dabei nicht berücksichtigt. Dies ergebe sich zum einen aus den Ausführungen im Gutachten für 2013, wonach in 2013 auch privat gefahrene Kilometer in die Auswertung einbezogen worden seien. Dies könne in den vorhergehenden Jahren nicht der Fall gewesen sein. Ansonsten wäre dies nicht ausdrücklich erwähnt worden.
Zum anderen seien für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Genehmigungsbehörde die Fahrleistungen der Fahrzeuge nach Abzug der Privatkilometer anzugeben. Diese Fahrleistung werde mit den in den Gutachten ausgewiesenen Kilometererlösen verglichen. Da in 2013 die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle keine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Kilometerschnittes gefunden hätten, die Erhebung der Daten aber auch in 2011 und 2012 auf derselben Grundlage wie 2013 erfolgt sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Gesamtlaufleistung auch in diesen beiden Jahren um diese Fahrten zu kürzen sei. Ebenso sei es unzutreffend, dass in 2013 die Privat- und Leerkilometer, die zwischen den Schichten zurückgelegt würden, bei der Ermittlung des Umsatzes pro Kilometer enthalten seien. Diese Kilometer würden in einem separaten Zwischenspeicher ausgewiesen und nicht als Betriebskilometer erfasst. Lediglich die innerhalb einer Schicht zurückgelegten üblichen, durchschnittlichen Leer- und Privatkilometer nähmen auf die Ermittlung des Kilometerstandes und des Besetztanteils Einfluss.
Eine Nachrechnung anhand der Schichtzettel für 2012 und 2013 habe ergeben, dass der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nicht - wie dort im Formular vorgesehen - lediglich die betrieblich gefahrenen Kilometer, sondern die Gesamtkilometerjahreslaufleistung laut Tachostand angegeben habe. Dies ergebe sich aus den im Termin übereichten Zusammenstellungen für 2012 und 2013. Aufgrund von Eichungsunterschieden weiche die Tacholaufleistung von den laut Taxameter gefahrenen Kilometern leicht ab. Ein Fahrzeug sei seinem Vater unentgeltlich für Reisen nach ... zur Verfügung gestellt worden. Der private Nutzungsanteil für dieses Taxi betrage etwa 20 %. Die Zahlen des Gutachtens von Linne und Krause seien nicht auf seinen, des Klägers Betrieb, anzuwenden, weil die dort zugrunde gelegten durchschnittlichen Besetzanteile nicht erreicht worden seien. Es sei ein Sachverständigengutachten des Büros Linne und Krause über die betriebswirtschaftliche Plausibilität der Schätzung des Beklagten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer, zum Gewerbesteuermessbetrag und zur Umsatzsteuer 2011 bis 2013 vom 28. April 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016 dergestalt zu ändern, dass die erklärten Erlöse der Besteuerung zu Grunde gelegt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Dies ergebe sich aus der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Größe "Umsatz pro Kilometer" in den Gutachten von Linne + Krause nicht im Sinne von "Umsatz pro Besetztfahrten", sondern im Sinne von "Umsatz pro Gesamtfahrleistung" zu verstehen sei. Zumindest übliche und durchschnittliche Leer- und Privatfahrten seien bereits in dem vom Gutachter berechneten Durchschnitt enthalten. Ein zusätzlicher Anteil an Leerfahrten sei deshalb nicht zu berücksichtigen. Zudem sei der gutachterliche Wert "Umsatz pro Kilometer" nicht auf die Gesamtfahrleistung der Taxen angewandt worden, sondern zu Gunsten des Antragstellers nur auf die betrieblich gefahrenen Kilometer ohne Privatkilometer. Die Schätzung sei deshalb moderat und keinesfalls zu hoch.
Gleiches gelte für das Jahr 2013. Zwar gebe es dort die Besonderheit, dass das Gutachten erstmalig auf Fiskaltaxameterdaten beruhe. Diese Taxameter zeichneten jedoch alle betriebswirtschaftlich relevanten Daten auf. Erfasst würden daher auch die Leerkilometer. Nicht erfasst würden lediglich die nicht tarifgebundenen Erlöse wie Botenfahrten und Fernfahrten. Soweit der Vortrag des Antragstellers so zu verstehen sei, dass in seinem Betrieb die Leerfahrten überdurchschnittlich hoch seien, so sei dieser Einwand nicht zu berücksichtigen. Zum einen sei dies nicht glaubhaft gemacht worden. Zum anderen könne der Steuerpflichtige bei einer Schätzung nach Durchschnittswerten nicht verlangen, dass bestimmte Faktoren zu seinen Gunsten berücksichtigt würden, andere Faktoren zu seinen Lasten aber nicht.
Die beigezogenen Akten des Beklagten (Bp-Akten und Bp-Arbeitsakten, Einkommensteuerakten, Rechtsbehelfsakten, Umsatzsteuerakten, Gewerbesteuerakten, Akten Allgemeines) haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die angefochtenen Einkommensteuer-, Gewerbesteuermessbetrags- und Umsatzsteuerbescheide vom 28. April 2016 für die Jahre 2011 bis 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
1)
Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die Buchführung des Klägers in den Streitjahren derart fehlerbehaftet ist, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann und deshalb eine Hinzuschätzung geboten ist.
a) Nach § 162 der Abgabenordnung (AO) hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen (§ 162 Abs. 2 AO).
Der Kläger war im Rahmen der von ihm nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die Überschussrechnung setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 ff. AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 ff. AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze, wie z. B. § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Diese Aufzeichnungspflicht nach dem UStG wirkt, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.).
Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind unter anderem die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen. Nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten. Betriebseinnahmen sind einzeln aufzuzeichnen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht einzeln aufzuzeichnen. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität genügen im Bereich des Taxigewerbes jedoch die sogenannten Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599; BFH-Beschluss vom 18. März 2015 III B 43/14, BFH/NV 2015, 978).
§ 147 Abs. 1 AO verlangt die geordnete Aufbewahrung von Unterlagen. Diese Aufbewahrungspflicht ist akzessorisch zur Aufzeichnungspflicht. Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen - wie den Schichtzetteln oder sonstigen Unterlagen - ist dann nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihten Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IX R 25/02, BStBl II 2004, 599; BFH-Beschluss vom 18. März 2015 III B 43/14, BFH/NV 2015, 978).
b) Sowohl die Verletzung der Aufzeichnungspflicht als auch der Aufbewahrungspflicht berechtigen im vorliegenden Fall zur Schätzung der Einkünfte. Die Aufzeichnungen der Einnahmen bieten nicht die Gewähr der Vollständigkeit und Richtigkeit. Der Kläger hat die Bareinnahmen und -ausgaben nicht täglich erfasst und in ein Kassenbuch eingetragen, so dass die Einnahmeursprungsaufzeichnungen in Form der ordnungsgemäß ausgefüllten Schichtzettel und der wöchentlichen Abrechnungen mit den Fahrern aufzubewahren waren. Dies ist nach den unbestrittenen Feststellungen des Beklagten nicht vollständig erfolgt. Zwar liegen die Schichtzettel vor, Unterlagen zu den wöchentlichen Abrechnungen mit den Fahrern sind aber nicht aufbewahrt worden. Dies ist ein erheblicher Mangel in der Buchführung in Form der Verletzung der Aufbewahrungspflicht von Einnahmeursprungsaufzeichnungen, der schon für sich dazu führt, dass die Buchführung in Bezug auf die Einnahmenseite nicht zur Grundlage der Besteuerung gemacht werden kann und eine Hinzuschätzung geboten ist.
Ferner sind die Schichtzettel des Klägers nach den stichprobenartigen Feststellungen der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in den Jahren 2012 und 2013 in erheblichem Umfang fehlerhaft und deshalb nicht aussagekräftig. Neben den fehlerhaften Eintragungen von Pausen- und Schichtzeiten, die bei Kontrollen von Taxen des Klägers an Taxenständen festgestellt wurden, fallen insbesondere die 112 (2012) und 97 (2013) registrierten Einfahrten am Flughafen Hamburg ohne Schichtzettelerfassung erheblich ins Gewicht. Sie begründen zudem gewichtige Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Buchführung des Klägers, weil am Flughafen Hamburg erfahrungsgemäß Fahrgäste aufgenommen und damit Umsätze erzielt werden.
2)
Da die Buchführung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor. Das Gericht macht von seiner eigenen Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit §§ 158, 162 AO Gebrauch und folgt der vom Beklagten vorgenommenen sachgerechten Schätzung der Einkünfte.
a) Im Rahmen der Schätzung können Tatsachenfeststellungen mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Der Grad der grundsätzlich erforderlichen Gewissheit verringert sich dabei so weit, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss aber schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BStBl II 2004, 25).
b) Der Beklagte hat in sachgerechter Weise zunächst die Laufleistung der Fahrzeuge als Schätzungsgrundlage ermittelt. Hierbei hat er die Daten verwendet, die der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in den Streitjahren jeweils als betriebliche gefahrene Kilometer angegeben hat. Nach den entsprechenden Vordrucken sind dabei die privat gefahrenen Kilometer abzuziehen. Diese so ermittelte Laufleistung wird vom Kläger nicht bestritten, in der mündlichen Verhandlung hat er vielmehr zwei Aufstellungen über Gesamtkilometerlaufleistungen laut Tachometer von 671.023 km für 2012 und 710.095 km für 2013 vorgelegt, die sogar noch etwas höher sind, als die Laufleistungen, die der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation angegeben hat (2012: 670.673; 2013: 710.092).
Anschließend hat der Beklagte diese Laufleistungen jeweils mit den Netto-Umsätzen pro Kilometern multipliziert, die sich für Mehrwagenbetriebe - wie hier - für Fahrzeuge mit und ohne Funkanschluss aus dem von der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt bzw. Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in Auftrag gegebenen Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes von Linne und Krause im Schnitt ergeben, wobei die Kilometerlaufleistung der Fahrzeuge mit Autoruf (2011: 135.135; 2012: 155.554, 2013: 164.055) sowie die von Fahrzeugen ohne Funk erfasst worden ist (2011: ohne Funk: 0,96 €; mit Funk 1,03 €; 2012: ohne Funk: 1,00 €, mit Funk: 1,06 €; 2013: ohne Funk: 1,01 €, mit Funk: 1,08 €).
Die Gutachter Linne und Krause, die im Dezember 2004 den Auftrag erhielten, haben seitdem wiederholt Zwischenberichte über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes abgegeben. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die in dem Gutachten ermittelten Werte, soweit sie im vorliegenden Verfahren relevant sind, methodisch fundiert sind und empirisch auf einer ausreichenden Grundlage beruhen. Die Methoden der Datenerhebung und Datenauswertung sind in den Gutachten dargestellt und somit für alle Beteiligten auf Plausibilität überprüfbar. Auch soweit die Gutachten bereits Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren waren (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; vom 11. November 2014, 6 K 206/11, juris), haben sich die ermittelten Zahlen als belastbar erwiesen und sind zur Grundlage der Entscheidungen gemacht worden (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2015, 2 K 281/14, juris).
Der Senat hält diese Gutachten für eine sachgerechte Schätzungsgrundlage und geht deshalb mit dem Beklagten in den angefochtenen Bescheiden von den dort aufgeführten Netto-Umsätzen/km und damit den erzielbaren Netto-Erlösen von ... € für 2011, von ... € für 2012 und von ... € für 2013 aus.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die für die Schätzungen anzusetzenden Laufleistungen der Taxen vorliegend nicht durch Kilometer für Fahrten von der Wohnung zum Schichtbeginn in Hamburg oder für Übergabefahrten bei Schichtwechseln (Privatfahrten oder Leerfahrten) zu kürzen. Unabhängig davon, dass der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die von ihm gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation angegebenen Laufleistungen seiner Taxen enthielten entgegen der dortigen Angaben Privatkilometer, kann das Gericht nicht feststellen und auch nicht auf einer verlässlichen Grundlage schätzen, wie hoch jeweils der Umfang privat oder leer gefahrener Kilometer in den Streitjahren gewesen sein soll.
Der Kläger hat für das Fahrzeug XX vorgetragen, es sei seinem Vater unentgeltlich für private Fahrten zur Verfügung gestellt worden, dieser habe es unter anderem für Reisen nach ... genutzt. Dieser Vortrag ist aber zu unsubstantiiert, um den Umfang der Privatnutzung ermitteln oder schätzen zu können. Der Kläger hat weder die Daten und die Wegstrecken der Reisen nach ... mitgeteilt noch andere Tatsachen oder Umstände, die den behaupteten privaten Nutzungsanteil des Vaters nachvollziehbar und greifbar erscheinen lassen. Zweifel an der Privatnutzung durch den Vater des Klägers ergeben sich auch daraus, dass für diesen kein entsprechender Nutzungsvorteil erklärt und der Lohnsteuer unterworfen worden ist.
In Bezug auf die anderen Fahrzeuge des Klägers gilt Entsprechendes. Auch hier fehlt es schon an einem nachvollziehbaren Sachvortrag hinsichtlich privater Nutzungsanteile oder eines besonderen Umfangs betriebsbedingter Leerfahrten. Der Kläger hat lediglich in der für 2012 überreichten Aufstellung in Bezug auf seine ... Taxen die Einsatzorte und die Wohnorte der Fahrer schlagwortartig aufgeführt. Dabei hat er aber keine Angaben gemacht zu den jeweils erforderlichen Anfahrtskilometern, zur Frage, ob immer die gleichen Einsatzorte angefahren worden sind, wie bei Schichtwechseln verfahren wird und ab wo jeweils der Schichtanfang und das Schichtende am Taxameter aktiviert worden ist. Ohne solche näheren Angaben können weder Privatkilometer oder besondere Leerkilometer festgestellt noch einigermaßen verlässlich geschätzt werden.
c) Der Senat geht mit der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts und mit den Beteiligten davon aus, dass die Größe "Umsatz/km" nicht im Sinne von "Umsatz/Besetztfahrten" (mit Fahrgast), sondern im Sinne von "Umsatz/betrieblicher Gesamtfahrleistung" zu verstehen ist, Leer- und Privatfahrten innerhalb einer Schicht somit einbezogen sind (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; Urteil vom 11. November 2014, 6 K 206/11, juris; vom 18. Dezember 2015, 2 K 281/14, juris). Im zweiten Zwischenbericht ist ausdrücklich davon die Rede, dass für diese Größe die "Taxameter-Umsätze auf die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer bezogen" werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dies in den Folgejahren geändert haben könnte. Die für die Gutachten ausgewerteten Taxameter zeichnen die Laufleistungen der Taxen auf, in ausgeschaltetem Zustand in sogen. Zwischenspeichern. Im Gutachten für 2013, in dem erstmals die Auswertung der Ergebnisse der mittels Funktechnologie in Echtzeit übermittelten Taxameterdaten (sogen. Fiskaltaxameter) erfolgte, wird ausgeführt, dass nur betriebliche Tätigkeiten ohne Taxameter (z. B. Botenfahrten oder Fahrten außerhalb des Pflichtgebietes ohne Taxameter) nicht in die Auswertung eingegangen seien und auf Grund der Besonderheit bei der Programmierung von Taxametern eines Herstellers auch Fahrleistungen außerhalb einer Schicht und somit privat gefahrene Kilometer einbezogen worden seien. Daraus ergibt sich (nur) für 2013, dass sich die berücksichtigte Laufleistung auch um Privatkilometer außerhalb von Schichten erhöht und sich deshalb der Durchschnittsnettoerlös verringert hat. Durchschnittliche Privatfahrten innerhalb einer Schicht, etwa für private Einkäufe oder Fahrten zum Essen sind aber auch in die Auswertungen für 2013 eingeflossen.
d) Schließlich ist bei einer Schätzung grundsätzlich zu bedenken, dass Unsicherheiten zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, dessen Aufzeichnungen ungenügend waren. Gibt es eine Bandbreite, innerhalb derer die geschätzte Größe sich realistischer Weise bewegt, so ist grundsätzlich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu schätzen, d. h. auf der Betriebseinnahmenseite (Umsätze) am oberen Ende der Spanne, auf der Betriebsausgabenseite am unteren Ende, denn derjenige, der seine Buchführungspflichten nicht erfüllt, darf aus seinem Verhalten keinen Vorteil ziehen (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 18. Dezember 2015 2 K 281/14 juris; vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; BFH-Urteil vom 29. März 2001 IV R 67/99, BStBl II 2001, 484). Die Schätzungsungewissheit darf nicht dazu führen, nur den Betrag anzunehmen, der auch im ungünstigsten Fall als sicher vereinnahmt angesehen werden kann (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rn. 44). Auch vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, die Durchschnittswerte des Gutachtens abzusenken und von der Schätzung des Beklagten abzuweichen. Deshalb kann der Kläger auch mit dem Vortrag nicht durchdringen, die von ihm für 2012 und 2013 errechneten durchschnittlichen Besetztanteile der Taxen lägen unter denen, die die Gutachter ermittelt hätten, zumal der Kläger diese Besetztanteile auf der Grundlage der Schichtzettel für 2012 und 2013 errechnet haben will, die nach den obigen Darlegungen erheblich fehlerbehaftet sind und mangels Aufzeichnung der Taxameterdaten auch nicht überprüft werden können.
e) Das Gericht ist nicht gehalten, das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten des Büros Linne und Krause über die betriebswirtschaftliche Plausibilität der Schätzung des Beklagten einzuholen. Es ist selbst zur Schätzung befugt und berufen. Der Senat ist aus den oben genannten Gründen davon überzeugt, dass die vom Büro Linne und Krause erstellten Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes mit den für die Streitjahre ermittelten Werten "Nettoumsatz pro Kilometer" eine verlässliche Schätzungsgrundlage darstellen. Der Kläger hat - wie oben ausgeführt - nicht substantiiert dargelegt, dass bei ihm betriebliche Besonderheiten bestehen, die eine andere Beurteilung erforderlich machen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).
2 K 238/16
29.08.2017
Urteil - Senat
NZB, Az.: X B 142/17
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Hinzuschätzungen des Beklagten von Erlösen und Umsätzen.
Der Kläger betreibt seit 2005 ein Taxiunternehmen. Er erhielt zuletzt mit Bescheid vom 6. Januar 2012 eine Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit Taxen gemäß § 25 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes für ... Taxen bis zum 31. Januar 2017. Mit Bescheid vom 27. November 2014 widerrief die Freie und Hansestadt Hamburg - Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation - diese Genehmigung, weil die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht mehr gegeben sei. Bei stichprobenartigen Kontrollen sei unter anderem festgestellt worden, dass in den Jahren 2012 und 2013 wiederholt für mehrere Taxen fehlerhafte Angaben zu den Fahrereinsätzen und den Schichtzeiten in den Schichtzetteln gemacht worden seien. Einsatzzeiten an Taxenständen seien als Pausen oder schichtlose Zeit notiert worden. Sechs Taxen seien im Jahr 2012 in verschiedenen Monaten insgesamt 112 mal bei der Einfahrt in den sog. Taxenspeicher des Flughafen Hamburgs zu Zeiten registriert worden, in denen die Taxen laut Schichtzettel nicht im Einsatz gewesen seien. Entsprechende Feststellungen seien für das Jahr 2013 für sieben Taxen gemacht worden, die insgesamt 97 mal im "Taxenspeicher" des Flughafens registriert worden seien, ohne dass dafür Schichtzeiten notiert worden seien. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Kläger hat dagegen Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Derzeit ruht der Betrieb des Klägers.
Der Kläger ermittelte in den Streitjahren 2011 bis 2013 seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) und erklärte für 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, für 2012 in Höhe von ... € und für 2013 in Höhe von ... €. Er wurde zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer 2011 bis 2013 veranlagt.
Beim Kläger wurde von Oktober 2015 bis Februar 2016 eine Außenprüfung für die Streitjahre durchgeführt. Dabei stellte die Prüferin unter anderem fest, dass im gesamten Prüfungszeitraum die Einnahmen aufgrund monatlicher Aufstellungen für jedes Taxi einzeln über ein Verrechnungskonto verbucht worden waren. Kartenzahlungen waren nicht extra aufgeführt und wie Bar-Zahlungen erfasst worden. Tägliche Kassenberichte mit der Ermittlung der Tageseinnahmen und -ausgaben lagen nicht vor. Mit den Fahrern wurde wöchentlich abgerechnet, Unterlagen dazu wurden nicht aufbewahrt. Der Beklagte ging deshalb und aufgrund der von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation festgestellten Mängel der Schichtzettel davon aus, dass die Buchführung an Beweiskraft verloren habe und die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen seien. Die Schätzung erfolge in Anlehnung an die Gutachten der Firma Linne + Krause zur wirtschaftlichen Lage des Hamburger Taxigewerbes anhand der dort für Mehrwagenbetriebe pro gefahrenem Kilometer aufgeführten Netto-Erlöse. Die Kilometerleistungen der einzelnen Taxen seien den Angaben des Klägers gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation über seine betrieblich gefahrenen Kilometer entnommen worden. Zusätzliche Betriebsausgaben seien nicht geltend gemacht worden.
Der Beklagte kam aufgrund dieser Schätzung für das Jahr 2011 zu Netto-Mehrerlösen von gerundet ... € und mehr Umsatzsteuer zu 7 % von ... €. Für das Jahr 2012 kam er zu Netto-Mehrerlösen von gerundet ... € und zu mehr Umsatzsteuer zu 7 % in Höhe von ... €. 2013 setzte der Beklagte Netto-Mehrerlöse in Höhe von gerundet ... € und mehr Umsatzsteuer zu 7 % in Höhe von ... € an. Dabei wurden die gefahrenen Kilometer aufgeteilt in solche von Fahrzeugen ohne Funk, mit Funk und Autoruf. Letztere wurden wie Fahrzeuge ohne Funk behandelt. Auf die jeweils ermittelten Kilometer wurden die im Gutachten aufgeführten unterschiedlichen Kilometersätze angewendet (vgl. Anl. 3 zum Bericht über die Außenprüfung vom 14. März 2016).
Der Beklagte erließ auf dieser Grundlage am 28. April 2016 geänderte Bescheide zur Einkommensteuer 2011 bis 2013, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2011 bis 2013 und über die Umsatzsteuer 2011 bis 2013.
Der Kläger legte am 20. Mai 2016 gegen die Bescheide über die Einkommensteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Umsatzsteuer 2011 bis 2013 Einsprüche ein und beantragte am 10. Juni 2016 Aussetzung der Vollziehung (AdV). Die Schätzungen basierten auf der Übernahme pauschaler Daten eines Gutachtens, ohne die tatsächlichen betriebsinternen Vorgänge zu berücksichtigen. Bereits mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 sei darauf hingewiesen worden, dass ein innerer Betriebsvergleich keinen Anlass zu einer Schätzung der Höhe nach ergebe. Der Umsatz pro Kilometer betrage im Prüfungszeitraum 1,02 €, laut Gutachten 1,01 €. Sowohl der Sitz des Betriebes als auch die Wohnorte der meisten Arbeitnehmer befänden sich im Hamburger Randgebiet (A), einige Arbeitnehmer wohnten im Hamburger Umland (B, C, D). Aufgrund der Tatsache, dass die Fahrer hauptsächlich in der Hamburger Innenstadt und am Flughafen tätig seien und ihnen die Fahrzeuge für die Heimfahrten und Fahrten zur Schichtübergabe zur Verfügung stünden, fielen in nicht unerheblichem Maße Leerfahrten an. Lege man für diese Fahrten pro Schicht und Fahrzeug täglich 20 km zu Grunde, seien für 2011 ca. 46.000 km und für die Jahre 2012 und 2013 jeweils 56.000 km von der Gesamtlaufleistung abzuziehen. Daraus ergäben sich Erlöse pro Kilometer zwischen 1,01 € und 1,03 €. Die erklärten Umsätze seien deshalb zutreffend.
Mit Bescheiden vom 22. Juni 2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf AdV ab. Der dagegen vom Kläger bei Gericht gestellte Antrag auf AdV wurde mit Beschluss vom 31. Oktober 2016 (2 V 239/16) abgelehnt. Mit Entscheidung vom 22. August 2016 wurden die Einsprüche in der Hauptsache als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 30. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass der Beklagte die Buchführung nicht auf ihre sachliche Richtigkeit geprüft und widerlegt habe. Die Gesamtlaufleistung der Fahrzeuge sei unstrittig. Bei Berücksichtigung der aufgrund betriebsinterner Gegebenheiten anfallenden Leerfahrten bestünden ausweislich des Schreibens vom 2. Dezember 2015 keine Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Der Beklagte habe diese Berücksichtigung abgelehnt, weil nach seiner Auffassung die Leerkilometer bereits im Gutachten über das Hamburger Taxigewerbe berücksichtigt seien. Dies sei unzutreffend. Die Fahrten müssten deshalb in Abzug gebracht werden.
Seit 2006 würden die Daten des Gutachtens aus einem Panel angeschlossener Taxiunternehmer gewonnen, die allesamt über ein sog. Key-System verfügten. Die sich daraus ergebenden Daten (Schichtanfang und -ende, Schichtumsatz und Fahrleistung, Besetztkilometer usw.) unterschieden sich nicht von den Daten eines Fiskaltaxameters. Wie bei Letzterem fänden Fahrten außerhalb einer Schicht keine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Umsatzes pro Kilometer. Deshalb sei es unzutreffend, dass in den Jahren 2011 und 2012 die Größe "Umsatz pro Kilometer" in dem Gutachten "Umsatz pro Gesamtfahrleistung" bedeute. "Umsatz pro Kilometer" sei vielmehr gleichzusetzen mit "Umsatz pro Betriebskilometer". Privatkilometer würden dabei nicht berücksichtigt. Dies ergebe sich zum einen aus den Ausführungen im Gutachten für 2013, wonach in 2013 auch privat gefahrene Kilometer in die Auswertung einbezogen worden seien. Dies könne in den vorhergehenden Jahren nicht der Fall gewesen sein. Ansonsten wäre dies nicht ausdrücklich erwähnt worden.
Zum anderen seien für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Genehmigungsbehörde die Fahrleistungen der Fahrzeuge nach Abzug der Privatkilometer anzugeben. Diese Fahrleistung werde mit den in den Gutachten ausgewiesenen Kilometererlösen verglichen. Da in 2013 die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle keine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Kilometerschnittes gefunden hätten, die Erhebung der Daten aber auch in 2011 und 2012 auf derselben Grundlage wie 2013 erfolgt sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Gesamtlaufleistung auch in diesen beiden Jahren um diese Fahrten zu kürzen sei. Ebenso sei es unzutreffend, dass in 2013 die Privat- und Leerkilometer, die zwischen den Schichten zurückgelegt würden, bei der Ermittlung des Umsatzes pro Kilometer enthalten seien. Diese Kilometer würden in einem separaten Zwischenspeicher ausgewiesen und nicht als Betriebskilometer erfasst. Lediglich die innerhalb einer Schicht zurückgelegten üblichen, durchschnittlichen Leer- und Privatkilometer nähmen auf die Ermittlung des Kilometerstandes und des Besetztanteils Einfluss.
Eine Nachrechnung anhand der Schichtzettel für 2012 und 2013 habe ergeben, dass der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nicht - wie dort im Formular vorgesehen - lediglich die betrieblich gefahrenen Kilometer, sondern die Gesamtkilometerjahreslaufleistung laut Tachostand angegeben habe. Dies ergebe sich aus den im Termin übereichten Zusammenstellungen für 2012 und 2013. Aufgrund von Eichungsunterschieden weiche die Tacholaufleistung von den laut Taxameter gefahrenen Kilometern leicht ab. Ein Fahrzeug sei seinem Vater unentgeltlich für Reisen nach ... zur Verfügung gestellt worden. Der private Nutzungsanteil für dieses Taxi betrage etwa 20 %. Die Zahlen des Gutachtens von Linne und Krause seien nicht auf seinen, des Klägers Betrieb, anzuwenden, weil die dort zugrunde gelegten durchschnittlichen Besetzanteile nicht erreicht worden seien. Es sei ein Sachverständigengutachten des Büros Linne und Krause über die betriebswirtschaftliche Plausibilität der Schätzung des Beklagten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer, zum Gewerbesteuermessbetrag und zur Umsatzsteuer 2011 bis 2013 vom 28. April 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016 dergestalt zu ändern, dass die erklärten Erlöse der Besteuerung zu Grunde gelegt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Dies ergebe sich aus der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Größe "Umsatz pro Kilometer" in den Gutachten von Linne + Krause nicht im Sinne von "Umsatz pro Besetztfahrten", sondern im Sinne von "Umsatz pro Gesamtfahrleistung" zu verstehen sei. Zumindest übliche und durchschnittliche Leer- und Privatfahrten seien bereits in dem vom Gutachter berechneten Durchschnitt enthalten. Ein zusätzlicher Anteil an Leerfahrten sei deshalb nicht zu berücksichtigen. Zudem sei der gutachterliche Wert "Umsatz pro Kilometer" nicht auf die Gesamtfahrleistung der Taxen angewandt worden, sondern zu Gunsten des Antragstellers nur auf die betrieblich gefahrenen Kilometer ohne Privatkilometer. Die Schätzung sei deshalb moderat und keinesfalls zu hoch.
Gleiches gelte für das Jahr 2013. Zwar gebe es dort die Besonderheit, dass das Gutachten erstmalig auf Fiskaltaxameterdaten beruhe. Diese Taxameter zeichneten jedoch alle betriebswirtschaftlich relevanten Daten auf. Erfasst würden daher auch die Leerkilometer. Nicht erfasst würden lediglich die nicht tarifgebundenen Erlöse wie Botenfahrten und Fernfahrten. Soweit der Vortrag des Antragstellers so zu verstehen sei, dass in seinem Betrieb die Leerfahrten überdurchschnittlich hoch seien, so sei dieser Einwand nicht zu berücksichtigen. Zum einen sei dies nicht glaubhaft gemacht worden. Zum anderen könne der Steuerpflichtige bei einer Schätzung nach Durchschnittswerten nicht verlangen, dass bestimmte Faktoren zu seinen Gunsten berücksichtigt würden, andere Faktoren zu seinen Lasten aber nicht.
Die beigezogenen Akten des Beklagten (Bp-Akten und Bp-Arbeitsakten, Einkommensteuerakten, Rechtsbehelfsakten, Umsatzsteuerakten, Gewerbesteuerakten, Akten Allgemeines) haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die angefochtenen Einkommensteuer-, Gewerbesteuermessbetrags- und Umsatzsteuerbescheide vom 28. April 2016 für die Jahre 2011 bis 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
1)
Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die Buchführung des Klägers in den Streitjahren derart fehlerbehaftet ist, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann und deshalb eine Hinzuschätzung geboten ist.
a) Nach § 162 der Abgabenordnung (AO) hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen (§ 162 Abs. 2 AO).
Der Kläger war im Rahmen der von ihm nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die Überschussrechnung setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 ff. AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 ff. AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze, wie z. B. § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Diese Aufzeichnungspflicht nach dem UStG wirkt, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.).
Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind unter anderem die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen. Nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten. Betriebseinnahmen sind einzeln aufzuzeichnen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht einzeln aufzuzeichnen. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität genügen im Bereich des Taxigewerbes jedoch die sogenannten Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599; BFH-Beschluss vom 18. März 2015 III B 43/14, BFH/NV 2015, 978).
§ 147 Abs. 1 AO verlangt die geordnete Aufbewahrung von Unterlagen. Diese Aufbewahrungspflicht ist akzessorisch zur Aufzeichnungspflicht. Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen - wie den Schichtzetteln oder sonstigen Unterlagen - ist dann nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihten Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IX R 25/02, BStBl II 2004, 599; BFH-Beschluss vom 18. März 2015 III B 43/14, BFH/NV 2015, 978).
b) Sowohl die Verletzung der Aufzeichnungspflicht als auch der Aufbewahrungspflicht berechtigen im vorliegenden Fall zur Schätzung der Einkünfte. Die Aufzeichnungen der Einnahmen bieten nicht die Gewähr der Vollständigkeit und Richtigkeit. Der Kläger hat die Bareinnahmen und -ausgaben nicht täglich erfasst und in ein Kassenbuch eingetragen, so dass die Einnahmeursprungsaufzeichnungen in Form der ordnungsgemäß ausgefüllten Schichtzettel und der wöchentlichen Abrechnungen mit den Fahrern aufzubewahren waren. Dies ist nach den unbestrittenen Feststellungen des Beklagten nicht vollständig erfolgt. Zwar liegen die Schichtzettel vor, Unterlagen zu den wöchentlichen Abrechnungen mit den Fahrern sind aber nicht aufbewahrt worden. Dies ist ein erheblicher Mangel in der Buchführung in Form der Verletzung der Aufbewahrungspflicht von Einnahmeursprungsaufzeichnungen, der schon für sich dazu führt, dass die Buchführung in Bezug auf die Einnahmenseite nicht zur Grundlage der Besteuerung gemacht werden kann und eine Hinzuschätzung geboten ist.
Ferner sind die Schichtzettel des Klägers nach den stichprobenartigen Feststellungen der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in den Jahren 2012 und 2013 in erheblichem Umfang fehlerhaft und deshalb nicht aussagekräftig. Neben den fehlerhaften Eintragungen von Pausen- und Schichtzeiten, die bei Kontrollen von Taxen des Klägers an Taxenständen festgestellt wurden, fallen insbesondere die 112 (2012) und 97 (2013) registrierten Einfahrten am Flughafen Hamburg ohne Schichtzettelerfassung erheblich ins Gewicht. Sie begründen zudem gewichtige Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Buchführung des Klägers, weil am Flughafen Hamburg erfahrungsgemäß Fahrgäste aufgenommen und damit Umsätze erzielt werden.
2)
Da die Buchführung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor. Das Gericht macht von seiner eigenen Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit §§ 158, 162 AO Gebrauch und folgt der vom Beklagten vorgenommenen sachgerechten Schätzung der Einkünfte.
a) Im Rahmen der Schätzung können Tatsachenfeststellungen mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Der Grad der grundsätzlich erforderlichen Gewissheit verringert sich dabei so weit, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss aber schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BStBl II 2004, 25).
b) Der Beklagte hat in sachgerechter Weise zunächst die Laufleistung der Fahrzeuge als Schätzungsgrundlage ermittelt. Hierbei hat er die Daten verwendet, die der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in den Streitjahren jeweils als betriebliche gefahrene Kilometer angegeben hat. Nach den entsprechenden Vordrucken sind dabei die privat gefahrenen Kilometer abzuziehen. Diese so ermittelte Laufleistung wird vom Kläger nicht bestritten, in der mündlichen Verhandlung hat er vielmehr zwei Aufstellungen über Gesamtkilometerlaufleistungen laut Tachometer von 671.023 km für 2012 und 710.095 km für 2013 vorgelegt, die sogar noch etwas höher sind, als die Laufleistungen, die der Kläger gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation angegeben hat (2012: 670.673; 2013: 710.092).
Anschließend hat der Beklagte diese Laufleistungen jeweils mit den Netto-Umsätzen pro Kilometern multipliziert, die sich für Mehrwagenbetriebe - wie hier - für Fahrzeuge mit und ohne Funkanschluss aus dem von der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt bzw. Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in Auftrag gegebenen Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes von Linne und Krause im Schnitt ergeben, wobei die Kilometerlaufleistung der Fahrzeuge mit Autoruf (2011: 135.135; 2012: 155.554, 2013: 164.055) sowie die von Fahrzeugen ohne Funk erfasst worden ist (2011: ohne Funk: 0,96 €; mit Funk 1,03 €; 2012: ohne Funk: 1,00 €, mit Funk: 1,06 €; 2013: ohne Funk: 1,01 €, mit Funk: 1,08 €).
Die Gutachter Linne und Krause, die im Dezember 2004 den Auftrag erhielten, haben seitdem wiederholt Zwischenberichte über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes abgegeben. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die in dem Gutachten ermittelten Werte, soweit sie im vorliegenden Verfahren relevant sind, methodisch fundiert sind und empirisch auf einer ausreichenden Grundlage beruhen. Die Methoden der Datenerhebung und Datenauswertung sind in den Gutachten dargestellt und somit für alle Beteiligten auf Plausibilität überprüfbar. Auch soweit die Gutachten bereits Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren waren (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; vom 11. November 2014, 6 K 206/11, juris), haben sich die ermittelten Zahlen als belastbar erwiesen und sind zur Grundlage der Entscheidungen gemacht worden (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2015, 2 K 281/14, juris).
Der Senat hält diese Gutachten für eine sachgerechte Schätzungsgrundlage und geht deshalb mit dem Beklagten in den angefochtenen Bescheiden von den dort aufgeführten Netto-Umsätzen/km und damit den erzielbaren Netto-Erlösen von ... € für 2011, von ... € für 2012 und von ... € für 2013 aus.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die für die Schätzungen anzusetzenden Laufleistungen der Taxen vorliegend nicht durch Kilometer für Fahrten von der Wohnung zum Schichtbeginn in Hamburg oder für Übergabefahrten bei Schichtwechseln (Privatfahrten oder Leerfahrten) zu kürzen. Unabhängig davon, dass der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die von ihm gegenüber der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation angegebenen Laufleistungen seiner Taxen enthielten entgegen der dortigen Angaben Privatkilometer, kann das Gericht nicht feststellen und auch nicht auf einer verlässlichen Grundlage schätzen, wie hoch jeweils der Umfang privat oder leer gefahrener Kilometer in den Streitjahren gewesen sein soll.
Der Kläger hat für das Fahrzeug XX vorgetragen, es sei seinem Vater unentgeltlich für private Fahrten zur Verfügung gestellt worden, dieser habe es unter anderem für Reisen nach ... genutzt. Dieser Vortrag ist aber zu unsubstantiiert, um den Umfang der Privatnutzung ermitteln oder schätzen zu können. Der Kläger hat weder die Daten und die Wegstrecken der Reisen nach ... mitgeteilt noch andere Tatsachen oder Umstände, die den behaupteten privaten Nutzungsanteil des Vaters nachvollziehbar und greifbar erscheinen lassen. Zweifel an der Privatnutzung durch den Vater des Klägers ergeben sich auch daraus, dass für diesen kein entsprechender Nutzungsvorteil erklärt und der Lohnsteuer unterworfen worden ist.
In Bezug auf die anderen Fahrzeuge des Klägers gilt Entsprechendes. Auch hier fehlt es schon an einem nachvollziehbaren Sachvortrag hinsichtlich privater Nutzungsanteile oder eines besonderen Umfangs betriebsbedingter Leerfahrten. Der Kläger hat lediglich in der für 2012 überreichten Aufstellung in Bezug auf seine ... Taxen die Einsatzorte und die Wohnorte der Fahrer schlagwortartig aufgeführt. Dabei hat er aber keine Angaben gemacht zu den jeweils erforderlichen Anfahrtskilometern, zur Frage, ob immer die gleichen Einsatzorte angefahren worden sind, wie bei Schichtwechseln verfahren wird und ab wo jeweils der Schichtanfang und das Schichtende am Taxameter aktiviert worden ist. Ohne solche näheren Angaben können weder Privatkilometer oder besondere Leerkilometer festgestellt noch einigermaßen verlässlich geschätzt werden.
c) Der Senat geht mit der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts und mit den Beteiligten davon aus, dass die Größe "Umsatz/km" nicht im Sinne von "Umsatz/Besetztfahrten" (mit Fahrgast), sondern im Sinne von "Umsatz/betrieblicher Gesamtfahrleistung" zu verstehen ist, Leer- und Privatfahrten innerhalb einer Schicht somit einbezogen sind (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; Urteil vom 11. November 2014, 6 K 206/11, juris; vom 18. Dezember 2015, 2 K 281/14, juris). Im zweiten Zwischenbericht ist ausdrücklich davon die Rede, dass für diese Größe die "Taxameter-Umsätze auf die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer bezogen" werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dies in den Folgejahren geändert haben könnte. Die für die Gutachten ausgewerteten Taxameter zeichnen die Laufleistungen der Taxen auf, in ausgeschaltetem Zustand in sogen. Zwischenspeichern. Im Gutachten für 2013, in dem erstmals die Auswertung der Ergebnisse der mittels Funktechnologie in Echtzeit übermittelten Taxameterdaten (sogen. Fiskaltaxameter) erfolgte, wird ausgeführt, dass nur betriebliche Tätigkeiten ohne Taxameter (z. B. Botenfahrten oder Fahrten außerhalb des Pflichtgebietes ohne Taxameter) nicht in die Auswertung eingegangen seien und auf Grund der Besonderheit bei der Programmierung von Taxametern eines Herstellers auch Fahrleistungen außerhalb einer Schicht und somit privat gefahrene Kilometer einbezogen worden seien. Daraus ergibt sich (nur) für 2013, dass sich die berücksichtigte Laufleistung auch um Privatkilometer außerhalb von Schichten erhöht und sich deshalb der Durchschnittsnettoerlös verringert hat. Durchschnittliche Privatfahrten innerhalb einer Schicht, etwa für private Einkäufe oder Fahrten zum Essen sind aber auch in die Auswertungen für 2013 eingeflossen.
d) Schließlich ist bei einer Schätzung grundsätzlich zu bedenken, dass Unsicherheiten zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, dessen Aufzeichnungen ungenügend waren. Gibt es eine Bandbreite, innerhalb derer die geschätzte Größe sich realistischer Weise bewegt, so ist grundsätzlich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu schätzen, d. h. auf der Betriebseinnahmenseite (Umsätze) am oberen Ende der Spanne, auf der Betriebsausgabenseite am unteren Ende, denn derjenige, der seine Buchführungspflichten nicht erfüllt, darf aus seinem Verhalten keinen Vorteil ziehen (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 18. Dezember 2015 2 K 281/14 juris; vom 7. September 2010, 3 K 13/09, EFG 2010, 2057; BFH-Urteil vom 29. März 2001 IV R 67/99, BStBl II 2001, 484). Die Schätzungsungewissheit darf nicht dazu führen, nur den Betrag anzunehmen, der auch im ungünstigsten Fall als sicher vereinnahmt angesehen werden kann (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rn. 44). Auch vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, die Durchschnittswerte des Gutachtens abzusenken und von der Schätzung des Beklagten abzuweichen. Deshalb kann der Kläger auch mit dem Vortrag nicht durchdringen, die von ihm für 2012 und 2013 errechneten durchschnittlichen Besetztanteile der Taxen lägen unter denen, die die Gutachter ermittelt hätten, zumal der Kläger diese Besetztanteile auf der Grundlage der Schichtzettel für 2012 und 2013 errechnet haben will, die nach den obigen Darlegungen erheblich fehlerbehaftet sind und mangels Aufzeichnung der Taxameterdaten auch nicht überprüft werden können.
e) Das Gericht ist nicht gehalten, das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten des Büros Linne und Krause über die betriebswirtschaftliche Plausibilität der Schätzung des Beklagten einzuholen. Es ist selbst zur Schätzung befugt und berufen. Der Senat ist aus den oben genannten Gründen davon überzeugt, dass die vom Büro Linne und Krause erstellten Gutachten über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxigewerbes mit den für die Streitjahre ermittelten Werten "Nettoumsatz pro Kilometer" eine verlässliche Schätzungsgrundlage darstellen. Der Kläger hat - wie oben ausgeführt - nicht substantiiert dargelegt, dass bei ihm betriebliche Besonderheiten bestehen, die eine andere Beurteilung erforderlich machen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).
RechtsgebieteAO, EStG, UStG, UStDV, FGOVorschriftenAO § 145 Abs. 2, AO § 147 Abs. 1, AO § 158, AO § 162, EStG § 4 Abs. 3, UStG § 22, UStDV §§ 63 - 68, FGO § 96 Abs. 1