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  • 15.01.2018 · IWW-Abrufnummer 198806

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 15.08.2017 – 2 K 270/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 2 K 270/15

    15.08.2017

    Urteil - Einzelrichter

    Rechtskraft: NZB, Az.: IX B 115/17

    Tatbestand

    Streitig sind nach einer Außenprüfung ergangene Änderungsbescheide über Einkommensteuer.

    Der Kläger vermietete in den Streitjahren 2010 bis 2012 möblierte Zimmer in von ihm angemieteten sog. Modellwohnungen an Prostituierte, die dort ihrer Tätigkeit nachgingen. Es handelte sich um folgende Objekte:

    U-Weg    (2 Zimmer bis 30. Juni 2011, danach 3 Zimmer)
    V-Straße    (2 Zimmer)
    W-Straße    (5 Zimmer bis 30. April 2012)
    X-Straße    (3 Zimmer bis 31. August 2010)
    Y-Straße    (3 Zimmer ab 1. Januar 2011)
    Z-Straße    (1 Zimmer vom 1. März bis 31. Mai 2012;
          2 Zimmer im Juni 2012)

    Er erklärte insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, basierend auf einer Zimmermiete von 750 € bzw. 600 € monatlich pro Zimmer. Ab 2013 stellte er die Miete auf eine tägliche Zahlweise von 50 € pro Tag um.

    Am 8. September 2014 ordnete der Beklagte eine Außenprüfung für die Streitjahre betreffend Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer an.

    Danach sah der Beklagte die Voraussetzungen für eine (Zu)Schätzung als erfüllt an, weil der Kläger keine Aufzeichnungen und kein Kassenbuch habe vorlegen können. Aufgrund von Zeugenaussagen der Untermieterinnen gegenüber der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ging der Beklagte davon aus, dass höhere Mieten als in den schriftlichen Untermietverträgen ausgewiesen erzielt worden waren, und zwar 350,00 € pro Woche pro Zimmer. Zudem sah er die Überlassung der Räumlichkeiten als gewerbliche Zimmervermietung an, weil über eine normale Vermietung hinausgehende Leistungen erbracht worden seien und unterwarf die Leistungen auch der Umsatzsteuer (wegen der Einzelheiten wird auf den Außenprüfungsbericht vom 27. Mai 2015 Bezug genommen).

    Unter dem 15. Juni 2015 ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, ein erstmaliger Einkommensteuerbescheid für 2012 und erstmalige Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für die Streitjahre, die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2010 und ferner über Umsatzsteuer. Hiergegen richteten sich die Einsprüche vom 25. Juni 2015, die mit Entscheidung vom 12. November 2015 zurückgewiesen wurden. Am 10. Dezember 2015 hat der Kläger Klage erhoben.

    Der Kläger ist der Auffassung, dass die formellen Buchführungsmängel nicht zu einer Schätzung berechtigten. Jedenfalls sei die Schätzung unzutreffend, weil lediglich die vertragsgemäße Miete gezahlt worden sei. Der Beklagte habe zu Unrecht Aussagen von Mieterinnen bei seiner Schätzung berücksichtigt. Die "Auskünfte" seien widersprüchlich und während unzulässiger Befragungen anlässlich polizeilicher Überprüfungen erfolgt; eine ordnungsgemäße Belehrung habe nicht stattgefunden.

    Nachdem der Beklagte dem Begehren des Klägers hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge und der Umsatzsteuer durch Aufhebung der Bescheide entsprochen hat und das Verfahren insoweit abgetrennt worden ist,

    beantragt der Kläger,
    die Einkommensteuerbescheide für 2010 bis 2012 vom 15. Juni 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 12. November 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Mieteinnahmen wie erklärt berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte sieht die Voraussetzungen für eine Schätzung als erfüllt an, weil keinerlei Dokumentation der Bargeschäfte vorgenommen worden sei. Die Schätzung sei auch der Höhe nach rechtmäßig.

    Der Senat hat mit Beschluss vom 5. Januar 2017 den Rechtsstreit gem. § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Einzelrichterin übertragen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen A, B, C und D; die Zeugin E ist schriftlich befragt worden; insoweit haben die Beteiligten auf eine mündliche Befragung verzichtet.

    Wegen der weiteren Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften über den Erörterungstermin vom 27. Juli 2016 und über die mündlichen Verhandlungen vom 1. März, 29. Juni und 15. August 2017 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

    Die Voraussetzungen für eine (Zu)Schätzung sind dem Grunde nach erfüllt (dazu 1.), die Schätzung ist jedoch der Höhe nach rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (dazu 2.), die Einkommensteuer ist in den Streitjahren 2010 und 2012 herabzusetzen (dazu 3.).

    1.)    Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) sind Besteuerungsgrundlagen durch das Gericht - wie durch die Finanzbehörde - zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies ist dann der Fall, wenn die Buchführung den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entspricht oder im Einzelfall ein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit anzuzweifeln.

    a)    Der Kläger hat zwar - wie nunmehr zwischen den Beteiligten unstreitig ist - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und seinen Gewinn in den Streitjahren durch Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Ihn traf daher keine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Einnahmen und/oder Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten. § 4 Abs. 3 EStG enthält selbst keine derartige Verpflichtung. Die sich aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergebende Verpflichtung zur Aufzeichnung der vereinnahmten Entgelte, die nach § 140 AO unmittelbar auch für die Einkommensteuer wirkt, ist bei der Erzielung von umsatzsteuerfreien Vermietungseinkünften nicht anwendbar. Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen oder -ausgaben bedeutet jedoch nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft übernehmen müsste. Es ist anerkannt, dass Betriebsausgaben nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie der Steuerpflichtige auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachweist (vgl. Bundesfinanzhof (BFH)-Urteile vom 2. Dezember 1982 IV R 93-94/82, n. v. juris; BFH-Urteil vom 13. Oktober 1989 III R 30-31/85, BStBl II 1990, 287; siehe auch BFH-Urteil vom 12. Oktober 1994 X R 192/93, BFH/NV 1995, 587). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht aufzeichnen muss. Er trägt dennoch die objektive Beweislast. Der BFH hat zudem entschieden, dass unmittelbar aus § 4 Abs. 3 EStG das Erfordernis herzuleiten sei, die Einnahmen- und Ausgabenbelege zu sammeln (Beschluss vom 31. Juli 2009 VIII B 28/09, BFH/NV 2009, 1967). Die Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall auch notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sind und die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden können. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmen-Überschussrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen.

    Im Streitfall hat der Kläger keinerlei Belege vorlegen können. Die Bareinnahmen hat er offensichtlich auf Zetteln notiert, die er später vernichtet hat. Quittungen über die durchgehend bar gezahlte Miete sind ebenfalls nicht vorgelegt worden, mit Ausnahme der Quittungen, die die Zeugin A anlässlich ihrer Vernehmung zur Akte gereicht hat. Nach den Feststellungen der Außenprüfung lagen auch nicht für alle Objekte für den gesamten Zeitraum Mietverträge vor. Dies ist auch im Klageverfahren nicht nachgeholt worden.

    Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung allerdings nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (z. B. BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BStBl II 1982, 430; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921 m. w. N.). Werden vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rdnr. 34).

    b)    Im Streitfall besteht Anlass, die Richtigkeit der Angaben des Klägers hinsichtlich der vereinnahmten Mieten anzuzweifeln.

    Der Kläger hat die Mieten stets bar vereinnahmt. Er hat überwiegend für das einzelne Zimmer in den Modellwohnungen eine monatliche Mieteinnahme von 750 € bzw. 600 € für kleinere Zimmer erklärt. Tatsächlich werden in Hamburg für Zimmer in Modellwohnungen aber durchweg erheblich höhere Mieten erzielt, und zwar wöchentlich zwischen 300 € bis 350 € (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 17. September 2015 2 K 253/14, EFG 2016, 243). Dieser Größenordnung entsprechend hat der Kläger nach den Streitjahren ab 2013 auch eine Tagesmiete von 50 € erzielt. Auch die von Mitarbeitern des Hauptzollamtes - Finanzkontrolle Schwarzarbeit - und der Steuerfahndung in den Wohnungen des Klägers angetroffenen Untermieterinnen haben wöchentliche Mietzahlungen von 300 € bis 350 € bestätigt.

    Die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen liegen danach dem Grunde nach vor.

    2.)    Das Gericht macht von seiner eigenen Schätzungsbefugnis gem. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 158, 162 AO Gebrauch und schätzt die Besteuerungsgrundlagen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und dem Ergebnis der Beweisaufnahme abweichend vom Beklagten und legt eine niedrigere Zimmermiete von 300 € pro Woche zugrunde.

    Der Kläger hat schriftliche Mietverträge vorgelegt, wonach durchweg für die Anmietung eines Zimmers zur Untermiete in einer Modellwohnung des Klägers monatlich 750,00 € incl. Heizung, Wasser und Strom zu zahlen waren. Demgegenüber haben zahlreiche Untermieterinnen, die von Mitarbeitern der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zwischen 2009 und 2012 in den Modellwohnungen angetroffen wurden, angegeben, erheblich höhere Mieten gezahlt zu haben, und zwar 350 € pro Woche, 300 € pro Woche bzw. 50 € pro Tag. Auch wenn diese Angaben nicht aufgrund einer gerichtsförmigen Zeugenbefragung erfolgt sind, geben sie doch einen gewissen Rahmen vor über tatsächlich gezahlte Mieten.

    Die vom Gericht vernommene Zeugin C hat ihre Angaben gegenüber der Finanzkontrolle Schwarzarbeit bestätigt und glaubhaft bekundet, dass die wöchentliche Miete 350 € betragen habe, sie sich aber auf 250 € reduzierte bei einer Anmietung nur von Montag bis Freitag. Die Zeugin D hat ausgesagt, eine wöchentliche Miete von 250 € plus/minus 50 € gezahlt zu haben. Auf Vorhalt ihrer Aussage gegenüber der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, dass sie im August 2010 eine Miete von 300 € genannt habe, hat sie bestätigt, diese Miete wohl gezahlt zu haben, ihre jetzige Erinnerung sei nicht mehr so gut. Die Zeugin E hat in ihrer schriftlichen Aussage ebenfalls ihre Angaben aus der vormaligen Befragung bestätigt und sicher bekundet, dass sie 350 € für eine Woche bar gezahlt habe.

    Demgegenüber hat die Zeugin A ausgesagt, lediglich eine monatliche Miete von 750 € gezahlt zu haben. Hierzu hat sie während der Beweisaufnahme eine Kopie eines Mietvertrages vom 1. Juli 2009 überreicht, der eine entsprechend Monatsmiete nennt und am 1. Juli 2009 beginnt. Ferner hat sie Quittungen über entsprechende Mietzahlungen für Juni bis September sowie November und Dezember 2009 und für Februar und März 2010 vorgelegt. Die Zeugin hat jedoch keinen überzeugenden Eindruck gemacht, ihre Aussage wirkte vielmehr einstudiert, insgesamt machte sie einen ängstlichen Eindruck. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum sie bereits vor Beginn des Mietverhältnisses lt. Mietvertrag im Juli 2009 eine Quittung über Miete für Juni 2009 erhielt und während der Mietperiode offensichtlich zwei Monate - Oktober 2009 und Januar 2010 - keine Miete zahlte.

    Auch die Zeugin B hat das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger lediglich 750 € pro Monat für ein Zimmer verlangt hat. Ausweislich der Außenprüfungsakte hatte die Zeugin unter dem 7. September 2010 einen Untermietvertrag für ein Zimmer in der W-Straße geschlossen mit einer monatlichen Miete von 600 €. Im Rahmen der Erstattung einer Strafanzeige am 10. November 2010 gegen den Kläger hat die Zeugin ausweislich des von ihr unterschriebenen Protokolls erklärt, für das Zimmer in der Modellwohnung in der W-Straße 1.400 € in vier Wochenbeträgen zu zahlen, im Untermietvertrag stünden lediglich 600 €. Sie habe bar bezahlt und keine Quittung erhalten, obwohl sie dies verlangt habe. Wegen der Quittung habe der Kläger sie bedroht, beleidigt und wörtlich gesagt, "ich erledige Dich, ich bringe Dich um, wenn Du die 350 € nicht bezahlst".

    In der Beweisaufnahme vor Gericht hat die Zeugin dagegen angegeben, sie könne sich nicht mehr genau erinnern, sie habe wohl 200 € in der Woche gezahlt. Letztlich habe sie die Miete aber nicht aufbringen können und nur zweimal 50 € gezahlt; darüber sei es zum Streit mit dem Kläger gekommen, deshalb habe sie sogar die Polizei gerufen. Auf Vorhalt der abweichenden Aussage, hat die Zeugin sich auf ihre mangelnde Erinnerung berufen und geschlussfolgert, sie hätte keinen Vertrag abgeschlossen, bei dem schriftlich 600 € vereinbart, tatsächlich aber 1.400 € gezahlt werden, weil ihr dies steuerrechtlich zweifelhaft erschienen wäre. Diese Aussage überzeugt nicht. Bezogen auf die Höhe der Miete war die Erinnerung der Zeugin zu schlecht, überdies machte sie einen eher eingeschüchterten Eindruck. Demgegenüber bestätigen die zeitnäheren zeitnahen -freiwilligen - und angesichts der lebendigen Schilderung auch glaubhaften Angaben zum Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen der Anzeigeerstattung im Jahr 2010 die Miethöhe von 350 € pro Woche. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, warum die Zeugin seinerzeit falsche Angaben zu der Miethöhe gemacht haben sollte. Sie hatte die Anzeige wegen Beleidigung und Bedrohung erstattet, die Höhe der Miete hatte in diesem Zusammenhang keine besondere Relevanz, sondern lediglich der Umstand, dass der Kläger offensichtlich die Hergabe einer Quittung verweigert hatte. Die Erläuterung der Zeugin während der Beweisaufnahme vor Gericht zu den Widersprüchen zwischen ihren beiden Aussagen, sie sei an dem Tag der Anzeigeerstattung sehr durcheinander gewesen und habe den Kläger möglicherweise schlecht machen wollen, erklärt vielleicht den Umstand der Anzeigeerstattung als solcher, aber nicht die Angabe einer unzutreffenden - zu hohen - Miete. Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage bestehen auch deshalb, weil die Zeugin vor Gericht bekundet hat, sie habe nur ca. drei Wochen das Zimmer angemietet gehabt, zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung am 9. November 2010 bestand der Mietvertrag jedoch schon zwei Monate.

    Weitere Zeuginnen hat das Gericht nicht befragen können, weil sie verstorben, ihre Anschriften nicht zu ermitteln waren oder sie keinen Wohnsitz im Inland hatten. Letzteres gilt auch für vom Klägervertreter benannte Zeuginnen. Trotz eines gerichtlichen Hinweises sind diese im Ausland lebenden Zeuginnen nicht im Termin zur Beweisaufnahme sistiert worden. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein im Ausland ansässiger Zeuge nicht von Amts wegen geladen, sondern gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i. V. m. § 90 Abs. 2 AO zur Sitzung des Finanzgerichts gestellt werden muss (BFH Urteil vom 26. Oktober 1998 I B 48/97, BFH/NV 1999, 506 m. w. N.). Hierzu war der Kläger ersichtlich nicht in der Lage. Da er mithin seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachkommen konnte, konnte das Gericht ohne Berücksichtigung dieser Beweismittel entscheiden. Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vernehmung eines Zeugen im Ausland prozessrechtlich zulässig ist (§ 155 FGO i. V. m. §§ 363, 364 ZPO). Hieraus folgt nicht, dass eine Vernehmung im Ausland bei Nichtverfügbarkeit eines Zeugen ohne weiteres geboten ist. Das Finanzgericht muss vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob es von dieser Möglichkeit Gebrauch machen oder von einer solchen Vorgehensweise Abstand nehmen will (BFH Urteil vom 11. August 2011 V R 50/09, BStBl II 2012, 151). Das Gericht hat von einer konsularischen Vernehmung Abstand genommen, weil mehrere im Inland wohnhafte Zeuginnen zur Verfügung standen und es auch maßgeblich auf den persönlichen Eindruck und die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen angekommen wäre.

    Unter diesen Umständen geht das Gericht von einer wöchentlichen Zimmermiete von 300 € aus. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Ausgestaltung der Mietverträge im Streitfall - jedenfalls teilweise - von dem beispielweise der Entscheidung des Senats vom 17. September 2015 (a. a. O.) zugrunde liegenden Sachverhalt dadurch unterscheidet, dass der Kläger unbefristete Mitverträge mit seinen Mieterinnen abgeschlossen hatte. Auch wenn diese mit einer zweiwöchigen Frist gekündigt werden konnten, waren sie doch eher auf Dauer angelegt. Diese Dauerhaftigkeit der Nutzungsüberlassung könnte Einfluss auf die Miethöhe gehabt und im Ergebnis zu einer Reduzierung der ansonsten bei wöchentlicher Vermietung üblichen Markt-Miete von 350 € geführt haben. Auch die Zeuginnen C und D haben anklingen lassen, dass die Miete in den Wohnungen des Klägers eher als etwas günstiger empfunden wurde.

    Danach ergeben sich auf der Basis der Berechnungsgrundlagen des Beklagten im Außenprüfungsbericht (Zimmerzahl und Wochen) in den Streitjahren folgende Einnahmen:

    2010        ... €
    2011        ... €
    2012        ... €.

    Hierauf hat das Gericht eine Unsicherheitsabschlag von 5 % mit Rücksicht auf eventuelle vorübergehende Leerstände u. Ä. vorgenommen, sodass sich folgende Einnahmen ergeben:

    2010        ... €
    2011        ... €
    2012        ... €.

    3.)    Die Einkommensteuer ist danach wie folgt festzusetzen.

    Einkommensteuer            2010            2011            2012
    Bescheid vom                   15.06.2015               15.06.2015               15.06.2015
    z. v. E.                                 ... €                        ... €                         ... €
    weniger Gewinn                         ... €                       .... €                         ... €
    begehrtes z. v. E.                         ... €                        ... €                          ...€
    Einkommen nach der Grund-
    tabelle                                 ... €                        ... €                          ... €
    ab Ermäßigung für gewerb-
    liche Einkünfte                       0 € [1]            0 € [2]              0 € [3]
    hinzu Kindergeld                 ... €                ... €                         ... €
    festzusetzende Einkommen-
    steuer                                  ... €                ... €                         ... €
    bisherige Einkommensteuer                      ... €                ... €                         ... €
    weniger ESt bekommen                          ... €               - ...€                         ... €
                                        ... €
    weniger ESt lt. Urteil                          ... €                 0 €                         ... €

    Soweit sich aufgrund der nicht mehr anzusetzenden Ermäßigung für gewerbliche Einkünfte im Streitjahr 2011 rechnerisch ein höherer Betrag für die neu festzusetzende Einkommensteuer ergibt, verbleibt es wegen des Verböserungsverbotes bei der geringeren bislang festgesetzten Einkommensteuer.

    4.)    Die Kosten des Verfahrens waren trotz des teilweisen Obsiegens in voller Höhe dem Kläger gem. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO aufzuerlegen, weil er - infolge des Fortfalls der Ermäßigung für gewerbliche Einkünfte - nur in Höhe von 2,98 % obsiegt hat.

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO sind nicht gegeben.

    [1] Bisher ... €
    [2] Bisher ... €
    [3] Bisher ... €

    RechtsgebietAOVorschriften§ 162 AO