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  • 11.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202262

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 11.04.2018 – 6 K 44/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Hamburg

    Urt. v. 11.04.2018

    Az.: 6 K 44/17

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechtswidrig gewesen sind.

    Der Kläger betreibt als Franchisenehmer eine "A"-Filiale in Hamburg-....

    Der Finanzverwaltung lagen aus einem Sammelauskunftsersuchen bei dem Betreiber eines Internetbestellportals Umsatzdaten über Bestellvorgänge einzelner Food-Lieferanten für das Jahr 2014 vor, unter anderem betreffend den Kläger.

    Am 25. Januar 2017 wurde von zwei Betriebsprüfern des Beklagten in der Filiale des Klägers eine Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) durchgeführt. Die Betriebsprüfer kamen zunächst zu den Geschäftsräumen des Klägers. Dort trafen sie nur eine Angestellte des Klägers an. Der Kläger wurde informiert und einer der beiden Betriebsprüfer erläuterte ihm telefonisch sein Anliegen.

    Anschließend verließen die beiden Betriebsprüfer die betrieblichen Räumlichkeiten des Klägers. Ca. 90 Minuten später kehrten die Betriebsprüfer zurück und übergaben dem Kläger und seiner anwesenden Steuerberaterin ein Schreiben über die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau.

    Darauf war als Umfang der Umsatzsteuer-Nachschau, die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung angegeben. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt das Schreiben nicht. Dem Kläger wurde ein Merkblatt zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung überreicht, und es wurde auf den Wegfall der Übergangszeit für die Vorgaben der neuen Kassenrichtlinie hingewiesen. Nach Abarbeitung einer Checkliste zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung wurde die Umsatzsteuer-Nachschau beendet und dem Kläger eine Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach § 27b Abs. 3 UStG überreicht. Darin wurden die Voranmeldezeiträume Januar bis Dezember 2014 als Prüfungsgegenstand genannt. Die Mitteilung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung forderten die Betriebsprüfer den Kläger auf, die Kassendaten für das Jahr 2014 in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Der Kläger überließ den Prüfern die Kassendaten ab dem 13. August 2014 im Wege des GdPdU-Exports. Anschließend wurde die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vor Ort beendet. Unmittelbar im Anschluss erfolgte in den Räumen des Finanzamts eine Verprobung des Kontrollmaterials, nachdem die Betriebsprüfer sich das Kontrollmaterial zuvor von der Steuerfahndung zukommen ließen.

    Zur selben Zeit wurden auch bei den anderen "A" Franchisenehmern (insgesamt 14) Umsatzsteuer-Nachschauen durchgeführt und bei den anschließenden Umsatzsteuer-Sonderprüfungen die Daten für 2014 angefordert. Dieses Vorgehen war bei einer Besprechung in der Finanzbehörde, welche vom Referenten für Betriebsprüfung organisiert worden war, vorher festgelegt worden. Insbesondere wurden die Betriebsprüfer angewiesen, bei Nutzung von "XXX" als PC-Kassensystem zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen. Bei diesem Treffen war auch ein Mitarbeiter des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, Abteilung "ServiSta" anwesend.

    Der Beklagte informierte mit Schreiben vom 6. Februar 2017 das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen über das Ergebnis der Verprobung, wonach im Kassensystem nicht erfasste Bestellungen in einem Zeitraum von 26 Tagen ein Volumen von 38.199,35 € (brutto) gehabt hätten. Am 14. Februar 2017 wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger für die Jahre 2011-2016 eingeleitet.

    Ebenfalls am 14. Februar 2017 wurde ein Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Hamburg beantragt. Der hierfür erforderliche Anfangsverdacht basierte auf der vom Beklagten durchgeführten Verprobung der am 25. Januar 2017 beschafften Kassendaten. Beim Kläger fanden am 29. März 2017 Durchsuchungsmaßnahmen durch die Steuerfahndung Hamburg statt, in deren Verlauf im erheblichen Umfang Unterlagen und EDV-Anlagen sowie Datenträger sichergestellt wurden.

    Sowohl gegen die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau als auch gegen den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung legte der Kläger mit Schreiben vom 26. Januar 2017 Einspruch ein. Der Einspruch gegen die Umsatzsteuer-Nachschau wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2017 als unzulässig verworfen, mit der Begründung die Umsatzsteuer-Nachschau sei bei der Einlegung des Einspruchs bereits beendet gewesen. Der Einspruch gegen den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

    Der Kläger hat am 16. März 2017 Klage erhoben.

    Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen verfasste am 15. Februar 2018 einen Bericht über die steuerlichen Feststellungen beim Kläger, welcher am 22. Februar 2018 der Prozessbevollmächtigten des Klägers übergeben wurde. Mit Datum vom 13. März 2018 erließ der Beklagte (Innendienst) einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2014, der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Statt der erklärten 9.466,16 € wurden nunmehr 22.784,44 € festgesetzt.

    Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass die Klage hinsichtlich beider Klageanträge zulässig sei. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei spätestens mit dem Schreiben des Betriebsprüfers vom 6. Februar 2017 an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg beendet worden, denn weitere Maßnahmen seien vom Beklagten nicht geplant gewesen. Diese Prüfung sei auch nicht vom dem Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen fortgeführt worden, denn hierzu habe keine Befugnis bestanden. Das ergebe sich aus dem Gebot der strikten Verfahrenstrennung. Der Bericht des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen sei die Grundlage für den Änderungsbescheid gewesen und nicht der Bericht der Betriebsprüfer.

    Selbst wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung erst später beendet worden sein sollte, sei die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

    Entscheidend sei, ob die Sachentscheidungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorlägen. In diesem Zusammenhang müsse einbezogen werden, dass er, der Kläger, vorher keine Klageanträge gestellt habe. Entscheidend sei sein Klagebegehren. Dies müsse vom Gericht ggf. durch Auslegung ermittelt werden.

    Die Klage sei auch begründet. Sowohl die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau als auch die Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung seien rechtswidrig gewesen.

    Die Umsatzsteuer-Nachschau habe nicht der zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte gedient, sondern nur dem Zweck, sich Zugang zu den Geschäftsräumen des Klägers zu verschaffen. Der Beklagte habe bereits vorher gewusst, welches Kassensystem er, der Kläger, benutze, denn die Verpflichtung das Kassensystem "XXX" zu nutzen, ergebe sich bereits aus § 2 Abs. 15 des "A" Franchise Vertrages. In diesem Zusammenhang werde angeregt, die Ermittlungsakte des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg beizuziehen sowie den hier tätig gewesenen Steuerfahnder B als Zeugen zu vernehmen.

    Der vom Beklagten angegebene Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau sei gemäß dem Schreiben vom 25. Januar 2017 nicht die Feststellung des verwendeten Kassensystems, sondern die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung gewesen. Die Feststellung, welche Kassensoftware verwendet werde, stelle auch keinen steuererheblichen Sachverhalt dar. Ein eigenständiger Zweck sei mit der Umsatzsteuer-Nachschau nicht verfolgt worden, weshalb der Beklagte auch keinerlei Prüfungshandlungen vorgenommen habe.

    Die Umsatzsteuer-Nachschau sei unverhältnismäßig gewesen, da eine Bestätigung des bereits ermittelten Sachverhalts, insbesondere, ob er, der Kläger, das durch den Franchisegeber vorgeschriebene Kassensystem verwende, auch durch die mildere und in diesem Fall geeignete Maßnahme der Anfrage bei ihm dem Kläger, hätte erreicht werden können. Alleiniger Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau sei gewesen, sich Eintritt in seinen Betrieb zu verschaffen, um ohne vorherige Anordnung eine Außenprüfung mit dem von Anfang an bestehenden Ziel durchzuführen, sich die Kassenjournaldaten für 2014 zu verschaffen. Diese Vermutung werde durch ein Schreiben des Beklagten an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg vom 6. Februar 2017 belegt. Auch in dieser Mitteilung habe der Beklagte gerade nicht mitgeteilt, dass die Umsatzsteuer-Nachschau dem Zweck gedient habe, festzustellen, ob das Kassensystem "XXX" verwendet worden sei.

    Im Hinblick auf das Steuerstrafrecht und dessen verfassungsrechtliche Vorgaben habe das Finanzamt den Steuerpflichtigen stets zunächst um Auskunft zu ersuchen, wenn Unklarheiten oder Zweifel bestünden. Denn dies sei immer das mildeste Mittel. Halte man dieses Mittel im Einzelfall nicht für geeignet, dann sei man im Bereich des § 208 der Abgabenordnung (AO) oder es bestehe gar ein Anfangsverdacht, weswegen dann die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens geboten sei. Keinesfalls könne ein solcher Fall Anlass für eine Umsatzsteuer-Nachschau sein, insbesondere weil der von einer Umsatzsteuer-Nachschau betroffene Steuerpflichtige gerade nicht nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO und § 397 Abs. 3 AO belehrt worden sei.

    Selbst nach Einführung der Kassennachschau per 1. Januar 2018 gehe der Gesetzgeber gemäß § 146a AO davon aus, dass das erforderliche Mittel zur Feststellung des Kassensystems die Selbstauskunft des Verwenders und dafür eine Nachschau nicht vorgesehen sei.

    Der Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei nicht aufgrund von Erkenntnissen erfolgt, die im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau erlangt worden seien, sondern vielmehr aufgrund bereits vorhandener Kenntnisse. Hierfür spreche auch, dass die Betriebsprüfer die Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gemäß § 27b Abs. 3 UStG bereits in ausgedruckter Form mit sich geführt hätten. Gegen die Richtigkeit dieser Behauptung spreche auch, dass die vorbereitete Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung konkret für den Zeitraum 2014 ergangen sei, obwohl das angebliche Ziel der Umsatzsteuer-Nachschau die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung für 2017 gewesen sein müsse, weil die Umsatzsteuer-Nachschau nicht auf die Vergangenheit, sondern auf gegenwärtige und zukünftige Sachverhalte gerichtet werden müsse. Nicht nachvollziehbar sei, wie der Beklagte aus den genannten Maßnahmen der Umsatzsteuer-Nachschau Erkenntnisse gewonnen haben wolle, die gerade eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 2014 sinnvoll erscheinen ließe. Die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 2014 könne somit vorliegend nur auf Gründen beruhen, die außerhalb der Nachschau gelegen hätten und daher einen Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach § 27b Abs. 3 UStG gerade nicht hätten rechtfertigen können.

    Das besondere Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen des Beklagten vom 25. Januar 2017 ergebe sich daraus, dass sich der Kläger vorbehalten müsse, im Steuerstrafverfahren ein strafrechtliches Verwertungsverbot geltend zu machen. Dieses könne sich daraus ergeben, dass die für die Begründung eines Anfangsverdachts gegen ihn, den Kläger, getroffenen Feststellung auf von dem Beklagten am 25. Januar 2017 rechtswidrig erlangten Kassendaten beruhten. Ohne die rechtswidrig erlangten Kassendaten hätten die Strafverfolgungsbehörden, die einen Generalverdacht gegen alle Betreiber von "A" gehabt hätten, nicht den aus ihrer Sicht erforderlichen Datenabgleich mit den xxx.de-Daten zur Begründung eines Anfangsverdachts durchführen und dementsprechend keine Durchsuchungsbeschlüsse erwirken können, die gegebenenfalls aufgrund der sichergestellten Unterlagen und Daten zu strafrechtlich relevanten Feststellungen führen könnten.

    Das Finanzgericht sei zuständig für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten durchgeführten Maßnahmen. Dies ergebe sich in einem Umkehrschluss aus der Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg vom 17. Januar 2012 (2 V 43/12, juris), welche durch das Urteil des BFH vom 15. April 2015 (VIII R 1/13, juris) bestätigt worden sei. Ob aus der Rechtswidrigkeit der durchgeführten Maßnahmen hingegen ein strafrechtliches Verwertungsverbot folge, müsse von den Strafgerichten beurteilt werden.

    Der Vollständigkeit halber sei mitgeteilt, dass fünf parallele Fälle aus Hamburg bekannt seien, in denen Hamburger Finanzämter den Einsprüchen gegen den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung gemäß § 27b Abs. 3 UStG abgeholfen hätten. In einem beim ersten Senat anhängigen Parallelverfahren eines anderen "A" Betreibers habe das Gericht ebenfalls die Ansicht vertreten, dass die vom beklagten Finanzamt durchgeführten Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers verwiesen.

    Der Kläger beantragt,

    1.

    festzustellen, dass die in den Geschäftsräumen des Klägers am 25. Januar 2017 vom Beklagten durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau rechtswidrig war.

    2.

    festzustellen, dass die am 25. Januar 2017 vom Beklagten angeordnete Überleitung der Umsatzsteuer-Nachschau in eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechtswidrig war.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die vom Kläger erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei hinsichtlich des zweiten Klageantrags gem. § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig. Statthafte Klageart sei allein die Anfechtungsklage gewesen, denn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei bei Klageerhebung noch nicht erledigt bzw. abgeschlossen gewesen. Der Abschluss der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei erst durch den Erlass des geänderten Umsatzsteuerbescheides 2014 vom 13. März 2018 bzw. der Bekanntgabe des Berichts an die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 22. Februar 2018 erfolgt. Ein gesonderter Abschlussbericht durch ihn, den Beklagten, werde nicht mehr erlassen werden. Der Kläger habe auch zunächst Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Eine Anfechtungsklage sei deshalb möglich gewesen.

    Die unzulässige Klage könne auch nicht ein Jahr nach ihrer Erhebung in die Zulässigkeit hineingewachsen sein. Das Klagebegehren des Klägers sei eindeutig gewesen. Der Kläger habe die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehrt. Auch gehe der Kläger immer noch davon aus, dass sich die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits mit dem Auslesen der Daten beim Kläger am 25. Januar 2017 erledigt habe.

    Die Klage sei auch unbegründet. Insbesondere sei die durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau rechtmäßig gewesen. Sie habe nicht allein dazu gedient, sich Zugang zu den Geschäftsräumen des Klägers zu verschaffen, sondern habe die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und der Sensibilisierung des Klägers für die von ihm zu beachtenden Neuregelungen durch die geänderte Kassenrichtlinie bezweckt. Anlass für die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau sei das Vorliegen der Jahressteuererklärung für 2014 gewesen, welche zur Veranlagung angestanden habe, sowie vorliegendes Kontrollmaterial aus anderen Bundesländern. Durch das Kontrollmaterial sei dem Beklagten bekannt geworden, dass das Kassensystem "XXX" manipulationsanfällig sei, was erhebliche Auswirkungen im Rahmen der Umsatzbesteuerung haben könne. Das Kontrollmaterial habe auch den Kläger betroffen, sodass insoweit Klärungsbedarf bestanden habe, ob der Kläger tatsächlich das manipulationsanfällige Kassensystem verwende. Ein Generalverdacht gegenüber allen "A" Franchisenehmern habe nicht bestanden, so dass auch kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorgelegen habe. Aus diesem Grunde habe der Kläger auch nicht gem. §§ 393, 397 AO belehrt werden müssen.

    Es sei in das Ermessen des Beklagten gestellt, ob er den Steuerpflichtigen anschreibe, befrage oder eine Umsatzsteuer-Nachschau durchführe, um sich die für die Umsatzbesteuerung erforderlichen Kenntnisse über das verwendete Kassensystem und über die tatsächliche Kassenführung zu verschaffen. Ein Auskunftsersuchen gem. § 88ff AO sei gerade nicht vorrangig bzw. zwingend. Die Umsatzsteuer-Nachschau sei ein probates und mildes Mittel um Erkenntnisse über das vom Kläger verwendete Kassensystem zu erhalten. Dem Kläger und seiner vor Ort anwesenden Steuerberaterin seien durch die beiden Betriebsprüfer das Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung ausgehändigt und der Inhalt dieses Merkblatts ausführlich mit beiden besprochen worden. Dabei sei der Kläger im Besonderen auch auf den Wegfall der Übergangszeit für die Vorgaben der neuen Kassenrichtlinie hingewiesen worden und es sei gemeinsam eine Checkliste abgearbeitet worden. Im Rahmen dieser Checkliste sei der Kläger auch danach befragt worden, welches Kassensystem er verwende. Nach Abarbeitung der Checkliste sei die Umsatzsteuer-Nachschau beendet worden. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau habe sich herausgestellt, dass der Kläger das als manipulationsanfällig bekannte Kassensystem bereits seit 2011 verwende, sodass sich die Notwendigkeit ergeben habe, das vorhandene Kontrollmaterial zu verproben. Erst daraufhin sei die Umsatzsteuer-Nachschau beendet und zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen worden.

    Die Umsatzsteuer-Nachschau habe der Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer gedient. Durch die Umsatzsteuer-Nachschau dürfe sich das Finanzamt ein Bild von den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen eines Unternehmens verschaffen, wenn der Anlass für eine Nachschau ein aufklärungsbedürftiger umsatzsteuerlicher Sachverhalt sei. Die beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau habe dem Beklagten die Möglichkeit verschafft, sich vor Ort beim Kläger ein Bild von dem tatsächlich genutzten Kassensystem und dessen Handhabung zu machen. Der Kläger erhalte nach eigenem Bekunden überwiegend zwei Drittel Barzahlung von seinen Kunden, welche das Kassensystems "XXX" täglich erfasse. Auch sei von den Prüfern ermittelt worden, seit wann der Kläger sein System nutze und wer im Betrieb Zugang zu dem System gehabt habe. Daneben sei besprochen worden, wie Stornobuchung erfasst würden und ob hieran noch nachträgliche Änderung möglich seien.

    Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei einzubeziehen, dass lediglich frei zugängliche Geschäftsräume betreten worden seien und die Prüfer abgewartet hätten, bis der Kläger in Begleitung seiner steuerlichen Beraterin in den Geschäftsräumen anwesend gewesen seien.

    Auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei rechtmäßig gewesen. Da sich im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau herausgestellt habe, dass der Kläger seit 2011 ein dem Beklagten als manipulationsanfällig bekanntes Kassensystem verwendet habe und sich nunmehr die Notwendigkeit ergeben habe, das vorhandene Kontrollmaterial zu verproben, sei es den beiden Prüfern sinnvoll erschienen, die begonnene Nachschau zu beenden und unmittelbar zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen. Darüber hinaus hielten die Prüfer die sofortige Sicherung der Daten für 2014 für geboten, um den Abgleich des Kontrollmaterials mit möglicherweise manipulierten Daten des Klägers nicht zu gefährden, die bei einer späteren Prüfung dieses Zeitraums gegebenenfalls nicht mehr hätten vorhanden sein können. Der Kläger könne sich auch nicht gegen die Nichteinhaltung einer 2-Wochenfrist wenden, denn eine solche Frist diene nicht der Manipulationsmöglichkeit sondern einer notwendigen Vorbereitung des Steuerpflichtigen. Eine solche Vorbereitung sei aber nicht erforderlich gewesen, da nur bereits vorhandene Daten übertragen werden mussten.

    Dieser Übergang zur Außenprüfung habe dem Kläger bekannt gegeben werden müssen. Dass die Betriebsprüfer die Übergangsmitteilung bereits bei sich führten, lasse nicht den Schluss zu, dass eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung von Anfang an beabsichtigt war. Das Mitführen habe einzig dazu gedient, das Schriftformerfordernis bzw. die Voraussetzungen der §§ 119 ff. AO zu wahren.

    Das Jahr 2014 sei gewählt worden, weil es das letzte erklärte Jahr des Klägers gewesen sei. Ein Gesamtplan habe nicht bestanden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, vorliegendes Kontrollmaterial auszuwerten. Wie er, der Beklagte, dies tue, obliege seinem Ermessen. Richtig sei, dass eine Absprache zwischen den jeweiligen Betriebsprüfungsstellen bestanden habe, damit zeitgleich am 25. Januar 2017 die Prüfung habe beginnen können, so dass der Ermittlungszweck nicht gefährdet werden würde.

    Nach der beim Beklagten durchgeführten Verprobung sei das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg um strafrechtliche Würdigung gebeten worden. Diese Einschaltung sei auch dann erforderlich, wenn lediglich die Möglichkeit bestehe, ein Strafverfahren durchzuführen. Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg habe nicht nur das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung fortgesetzt. Die Befugnis hierzu ergebe sich aus § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten verwiesen.

    Das Gericht hat zwei Zeugenvernehmungen durchgeführt. Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 28. September 2017 und der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2018 wird verwiesen. Dem Gericht hat die Rechtsbehelfsakte I und ein Ordner mit Vorgängen zur Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist bezüglich des ersten Klageantrags zulässig, aber unbegründet und soweit sie den zweiten Klageantrag betrifft unzulässig und unbegründet.

    1. Der erste Klageantrag ist zulässig.

    Die Klage ist insoweit gemäß § 41 FGO als Feststellungsklage als Feststellungsklage zulässig. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage) und die Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.

    Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis kann sich auch aus einem schlichten Verwaltungshandeln (Realakt) der Finanzbehörde ergeben, wenn sie sich dabei auf eine Berechtigung stützt, die gesetzliche Duldungspflichten des Steuerpflichtigen auslöst - hier die zur Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b Abs. 1 UStG - und dessen Rechtmäßigkeit bestritten wird.

    a) Richtige Klageart ist im Streitfall die Feststellungsklage gem. § 41 FGO und nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Zwar wird im Schrifttum zum Teil vertreten, dass die Umsatzsteuer-Nachschau einen Verwaltungsakt darstellt, der sich mit Abschluss der Nachschau bzw. mit dem Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung erledige (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher UStG-Kommentar Stand (April 2017) § 27b Rn. 74; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange UStG-Kommentar (Stand Januar 2013) § 27b Rn. 50; Kemper in Schwarz/Widmann/Radeisen UStG-Kommentar (Stand November 2015) § 27b Rn.120; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, § 27b UStG-Kommentar (Stand April 2016) Rz. 15.) Dieser Ansicht folgt das Gericht indes für den vorliegenden Fall nicht (vgl. auch Leonard, in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 27b UStG Rn. 9; UStAE § 27b Abs. 8).

    Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 AO). Vorliegend fehlt es an der Regelungswirkung.

    Das Betreten der betrieblichen Räumlichkeiten und die "Schau" durch die Betriebsprüfer sind lediglich Realakte, die sich auf die Befugnis aus § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG stützen. Etwas anders folgt auch nicht aus der Übergabe der Mitteilung über die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau und des Merkblatts zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung. Beides sollte den Kläger nur über die Tatsache der Nachschau bzw. die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung informieren. Von ihm wurde damit kein Tun, Dulden oder Unterlassen gefordert. Zudem enthielt die schriftliche Mitteilung der Umsatzsteuer-Nachschau auch keine Rechtsmittelbelehrung, die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes hätte sprechen können. Anders ist ggf. die Aufforderung der Betriebsprüfer zu verstehen, besondere Maßnahmen im Sinne des § 27b Abs. 2 UStG auszuführen oder zu dulden. Doch gegen diese Maßnahmen wendet sich der Kläger nicht. Ihm ging es ausschließlich darum, ob überhaupt eine Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt werden durfte.

    b) Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

    "Berechtigtes Interesse" ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621). Dieses kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 43/06, BStBl II 2008, 134).

    Der Kläger hat ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO daran, die Rechtswidrigkeit der Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau feststellen zu lassen, weil aus dieser Feststellung ein strafrechtliches Verwertungsverbot im gegen ihn eingeleiteten Steuerstrafverfahren folgen kann (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 74; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn.50; Kemper in Schwarz/Widmann/Radeisen § 27b Rn.120; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 15). Dabei ist es Sache des Finanzgerichts, über die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu entscheiden, während es Sache des für das Strafverfahren zuständigen Gerichtes ist, über ein etwaiges Verwertungsverbot zu befinden. Ein besonderes Feststellungsinteresse, kann sich auch erst nach der Beendigung der Umsatzsteuer-Nachschau ergeben, insbesondere durch die Überleitung ins Strafverfahren und einem daraus entstehenden Interesse an einem strafrechtlichen Verwertungsverbot.

    c) Die Einhaltung einer Klagefrist war nicht erforderlich. Bei einer Feststellungsklage gilt § 47 FGO nicht.

    d) Sofern man in der Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau in dem vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung des Senats - einen Verwaltungsakt sehen würde, wäre der Klageantrag zu 1) als Fortsetzungsfeststellungklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) zulässig. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen (keine Klagefrist und Feststellungsinteresse) sind identisch.

    2. Der zweite Klageantrag ist unzulässig.

    Es liegen weder die Voraussetzungen des § 41 FGO vor, noch ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig.

    a) Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 2 FGO liegen nicht vor, denn der Kläger hätte seine Rechte bei Klageerhebung durch eine vorrangige Anfechtungsklage verfolgen können und müssen.

    aa) Die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist ein Verwaltungsakt (vgl. z. B. Leonard in Bunjes UStG-Kommentar, 15. Aufl. 2016 Rn. 22; Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rn. 28), denn sie stellt eine besondere Form der Prüfungsanordnung dar.

    bb) Dieser Verwaltungsakt hatte sich bei Erhebung der Klage am 16. März 2017 jedoch noch nicht erledigt. Erledigt hat sich die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung erst, wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung formal abgeschlossen worden ist (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 10. April 1990 VIII R 415/83, BStBl II 1990, 721). Bei Klageerhebung war weder ein geänderter Umsatzsteuerbescheid ergangen, noch ein Abschlussbericht erstellt worden. Zwar vertritt der Kläger die Ansicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits am 25. Januar 2017 beendet worden sei bzw. die Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sich deswegen erledigt habe, weil der Beklagte die Sache am 6. Februar 2017 an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg abgegeben und keine weiteren Maßnahmen mehr ergriffen habe. Diese Argumente können indes nicht überzeugen. Der Beklagte hat am 13. März 2018 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2014 erlassen. Erst hierdurch ist die Erledigung eingetreten.

    Hiergegen spricht weder, dass das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg den Bericht vom 15. Februar 2018 über die steuerlichen Feststellungen erstellt hat, noch dass der Änderungsbescheid für die Umsatzsteuer 2014 nicht von den Betriebsprüfern sondern vom Innendienst des Beklagten erlassen wurde. Beide Betriebsprüfer haben bei ihrer Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgesagt, dass sie ihre Prüfung nur unterbrochen hatten und die Prüfung erst mit einem Bericht und anschließender Änderung der Bescheide bzw. der Mitteilung, dass nichts festgestellt worden sei, hätte beendet werden können.

    Aus einer internen Mitteilung des Beklagten an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg kann keine Erledigung der Anordnung abgeleitet werden, auch dann nicht, wenn es sich hierbei um eine Mitteilung handelte, die zur Einleitung eines Strafverfahrens führte.

    Denn dieses Schreiben wurde dem Kläger nicht bekanntgegeben und stellte auch aus der Sicht der handelnden Betriebsprüfer keine formelle Beendigung dar, denn die Betriebsprüfer hatten nach ihrer glaubhaften Aussage ihre Beauftragung nicht in der Weise verstanden, dass sie im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ausschließlich die Daten für 2014 besorgen sollten. Sie seien vielmehr davon ausgegangen, nach Abgabe des Schreibens an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, wie auch sonst, später noch einmal mit der Sache befasst zu werden.

    b) Eine Umdeutung der Feststellungsklage in eine Anfechtungsklage ist nicht möglich, denn der in der Klageschrift angekündigte Klageantrag ist eindeutig. Auch hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass er wegen der bereits eingetreten Erledigung der Anordnung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung eine Feststellungsklage erheben wollte. Auch im letzten Schriftsatz vom 6. April 2018 vertritt der Kläger immer noch die Ansicht, dass der Verwaltungsakt bereits bei Klageerhebung erledigt gewesen sei. Der anwaltlich vertretene Kläger hätte zudem die Möglichkeit gehabt, zumindest hilfsweise zusätzlich eine Anfechtungsklage bzw. Feststellungsklage zu erheben, um Zulässigkeitsprobleme zu verhindern. Diese Möglichkeit hat er indes nicht genutzt.

    c) Auch eine Klageänderung ist nicht zulässig. Nach § 67 Abs. 1 FGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Bei fristgebundenen Klagen wie der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage ist eine Klageänderung, unabhängig von den im Wortlaut des § 67 Abs. 1 FGO genannten Voraussetzungen, nur statthaft, wenn für jeden Klageantrag, also sowohl für das ursprüngliche als auch für das geänderte Klagebegehren, die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2014 VII B 180/13, BFH/NV 2014, 1723). Hierzu zählt insbesondere die Einhaltung der Klagefrist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2009 X R 51/06, BStBl II 2009, 892). Diese ist bereits im April 2017 abgelaufen. Der Kläger hat bis einschließlich April 2017 keine Absicht geäußert, seine Feststellungsklage gem. § 67 FGO in eine Anfechtungsklage ändern zu wollen.

    d) Die unzulässige Feststellungsklage ist nicht durch den Eintritt der Erledigung, welche mit der Bekanntgabe des geänderten Umsatzsteuerbescheides 2014 erfolgte, in eine zulässige Fortsetzungsfeststellungklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO hineingewachsen.

    Zwar ist maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auch war zu diesem Zeitpunkt die Erledigung eingetreten und eine Anfechtungsklage wäre dann nicht mehr möglich gewesen. Zudem ist die Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage, die Unmöglichkeit, die Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen, auch eine Sachurteilsvoraussetzung, die erst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegen muss.

    Aber es spricht gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage, dass eine solche auch dann unzulässig ist, wenn eine Anfechtungsklage möglich gewesen wäre, diese aber nicht erhoben worden ist, wie es hier der Fall ist.

    Eine nachträgliche Fortsetzungsfeststellungsklage ist ein Unterfall der Anfechtungsklage. Deshalb müssen sämtliche für die Klageart gesetzlich vorgeschriebenen Sachentscheidungsvoraussetzungen bis zum Eintritt des die Hauptsache erledigenden Ereignisses gegeben sein, also insbesondere muss die Klagefrist eingehalten worden sein (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 41 FGO Rn. 97 (Stand September/2012)). Das Subsidiaritätserfordernis des § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO dient auch der Verhinderung einer Umgehung besonderer Sachentscheidungsvoraussetzungen, wie insbesondere der Klagefrist (§ 47 FGO). Diese Umgehungsgefahr wird nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger zunächst Einspruch gegen die Anordnung über den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung eingelegt hat. Denn er hat anschließend gegen diese Einspruchsentscheidung, durch die sein Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, nicht die mögliche Anfechtungsklage erhoben. Die Subsidiarität der Feststellungsklage soll gerade eine Umgehung der Sachentscheidungsvoraussetzungen der vorrangig zu erhebenden verwaltungsaktbezogenen Gestaltungsklagen unterbinden (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 2017 III B 144/16, BStBl II 2017, 1165). Eine Klage, die ein Jahr unzulässig war, kann nicht (durch eine bewusste Entscheidung des Beklagten, den Änderungsbescheid jetzt zu erlassen) zulässig werden, anderenfalls würde über die Hintertür die nicht rechtzeitige erhobene Anfechtungsklage wieder möglich werden.

    e) Es liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der nicht eingehaltenen Klagefrist gem. § 56 FGO vor. Zwar hat der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung ebenfalls eine "Beendigung der Umsatzsteuer-Nachschau" erwähnt, allerdings meinte er damit nur die Prüfung vor Ort und nicht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung insgesamt. Auch hatte der Beklagte im gerichtlichen Verfahren der Behauptung des Klägers, dass auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits vor Klageerhebung beendet worden sei, zunächst nicht widersprochen. Hierdurch wurde jedoch nicht die Klagefrist versäumt, denn diese war bereits bei der ersten Stellungnahme des Beklagten im finanzgerichtlichen Verfahren abgelaufen. Auch ein diesbezüglicher relevanter Rechtsirrtum des vertretenen Klägers liegt nicht vor, denn bei einer unsicheren verfahrensrechtlichen Situation muss ggf. zweigleisig über Hilfsanträge agiert werden.

    II.

    Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Auch der unzulässige zweite Klageantrag ist unbegründet. Sowohl die Umsatzsteuer-Nachschau als auch der angeordnete Überleitung zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sind rechtmäßig gewesen und verletzten den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.

    1. Die Umsatzsteuer-Nachschau war rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 27b UStG lagen vor.

    a) Die Umsatzsteuer-Nachschau ist in § 27b UStG geregelt und gilt seit dem 1. Januar 2002. Nach § 27b Abs. 1 UStG können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können, wenn dies zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer dient.
    Weitere Voraussetzungen werden in § 27b UStG nicht normiert. Die Umsatzsteuer-Nachschau bedarf weder der vorherigen Ankündigung noch der Angabe von Gründen. Ihre Durchführung steht im Ermessen der Finanzverwaltung. Die Sachverhaltsfeststellungen können sich dabei auf die Einhaltung sämtlicher umsatzsteuerlicher Pflichten beziehen. Die Umsatzsteuer-Nachschau ist zwar primär nicht vergangenheitsbezogen, jedoch besteht ihr Zweck auch in der repressiven Aufdeckung von Umsatzsteuerverkürzungen (vgl. Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 21 Rz. 259). Es bedarf zudem keines besonderen Anlasses für eine Umsatzsteuer-Nachschau, soweit es um die Aufklärung umsatzsteuerlich erheblicher Sachverhalte geht. Ein konkreter Aufklärungsbedarf in diesem Sinne ist schon dann begründet, wenn nach allgemeinen Erfahrungen der Finanzverwaltung Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein umsatzsteuerlich relevanter Sachverhalt vorliegen könnte (vgl. Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 10; Leipold, in: Sölch/Ringleb § 27b Rz. 9; a. A. Stadie in Stadie UStG-Kommentar § 27b Rn. 2; Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 20, nach deren Ansicht ist ein konkreter Verdacht eines Umsatzsteuerbetruges erforderlich). Der Sinn und Zweck der Umsatzsteuer-Nachschau, Umsatzsteuerbetrügereien sinnvoll einzudämmen, darf indes nicht dazu führen, eine schrankenlose Überwachungstätigkeit der Finanzverwaltung zu ermöglichen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel in Art. 20 GG, insbesondere das Übermaßverbot, stellt eine Schranke für die Rechtmäßigkeit dar (vgl. Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn. 47).

    b) Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass die Voraussetzungen für eine Umsatzsteuer-Nachschau vorgelegen haben.

    aa) Die beiden handelnden Betriebsprüfer waren die betrauten Amtsträger der Finanzbehörde. Der Kläger übt eine gewerbliche Tätigkeit aus. Die Umsatzsteuer-Nachschau wurde während der Geschäftszeiten des Klägers ausschließlich in den betrieblichen Räumen des Klägers durchgeführt. Insoweit kommt es nicht auf die Frage an, ob § 27b UStG im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG gegebenenfalls in Teilen verfassungswidrig sein könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Mai 2016 V B 107/15, BFH/NV 2016, 1310), weil im Gesetz eine Einschränkung des Art. 13 GG nicht erwähnt wird. Die Betriebsprüfer haben die Wohnung des Klägers nicht betreten. Sie haben auch erst mit der Umsatzsteuer-Nachschau begonnen, nachdem der Kläger und seine Steuerberaterin sich in den betrieblichen Räumen aufgehalten haben. Zu dieser Zeit waren Angestellte des Klägers bereits mit der Vorbereitung der Speisen befasst und die Räumlichkeiten waren für den Publikumsverkehr geöffnet. Betretens- und Besichtigungsrechte aufgrund von Aufsichtsrechten der Verwaltung haben sich im Ergebnis nur an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen, für den das Zitiergebot des Art. 13 GG nicht greift (vgl. Leonard in Bunjes, UStG, 15. Aufl. 2016, § 27b UStG Rn. 7 m. w. N.).

    bb) Die Umsatzsteuer-Nachprüfung diente vorliegend der Aufklärung umsatzsteuerlich erheblicher Sachverhalte. Es sollten Feststellungen hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung, insbesondere zum verwendeten Kassensystem getroffen werden. Hierbei handelt es sich um umsatzsteuerlich erhebliche Sachverhalte, denn nur eine ordnungsgemäße Kassenführung mit einem ordnungsgemäßen Kassensystem kann Grundlage für eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer sein. Dass das Kassensystem auch Auswirkungen auf die Ertragsteuer haben kann, ist nicht schädlich, denn entscheidend ist nur, dass auch die Umsatzsteuer betroffen sein kann. Dies folgt bereits aus der Regelung in § 27b Abs. 4 UStG.

    cc) Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die beiden handelnden Betriebsprüfer nicht mit Sicherheit wussten, welches Kassensystem der Kläger nutzte. Sie kannten weder die Franchiseverträge, noch hatten sie besondere Erkenntnisse über diese oder andere "A"-Filialen. Zwar haben sie eine starke Vermutung gehabt, dass auch der Kläger "XXX" benutzt, denn diese Vermutung war Thema bei der Vorbesprechung in der Hamburger Finanzbehörde; gesicherte Erkenntnisse dazu lagen aber nicht vor, um solche zu gewinnen, sollte die Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt werden.

    Der Zeuge C hat ausgesagt, dass sie nach den Vorgaben der Finanzbehörde feststellen sollten, ob in dem zu prüfenden Betrieb das PC-Kassensystem "XXX" verwendet werde. Dies sei nach den Ausführungen der Finanzbehörde besonders manipulationsanfällig und mit ihm habe das Kontrollmaterial verprobt werden können. Er habe vorher noch nie eine "A"-Filiale geprüft gehabt. Auch der Franchise-Vertrag sei ihm nicht bekannt gewesen. Bei dem Treffen in der Finanzbehörde sei es von der Finanzbehörde so dargestellt worden, dass in der Regel das PC-Kassensystem "XXX" von den "A"-Betreibern verwendet werde. Nach der Feststellung, dass das Kassensystem "XXX" verwendet werde, habe die Möglichkeit bestanden, das Kontrollmaterial zu verproben. Bei Feststellung einer offenen Ladenkasse, sei eine Verprobung nicht möglich gewesen.

    Der Zeuge D hat bekundet, es sei schon bekannt gewesen, dass generell von "A"-Filialen das PC-Kassensystem "XXX" benutzt werde, allerdings hätten sie nicht gewusst, ob dies auf alle und die einzelnen Filialen zutreffe. Dies habe überprüft werden sollen. Speziell für Hamburg habe es dazu keine genauen Erkenntnisse gegeben. Es habe dazu eine Besprechung in der Finanzbehörde stattgefunden. Sie seien für die hier streitgegenständliche Filiale zuständig gewesen. Den Franchise-Vertrag von "A" hätten sie vorher nicht gekannt.

    Beide Zeugenaussagen sind glaubhaft. Sie sind jeweils in sich stimmig und widerspruchsfrei, zudem sind sie inhaltlich übereinstimmend.

    Dagegen spricht nicht, dass die Zeugen die Anordnung zum Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits vorbereitet hatten. Die Übergabe einer schriftlichen Anordnung war wegen § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG erforderlich. Insofern war es sinnvoll, eine solche Anordnung vorzubereiten, weil die Prüfer anderenfalls zusätzlich einen Drucker hätten mitnehmen müssen. Da die Umsatzsteuer-Nachschau eine koordinierte Aktion bei mehreren "A"-Filialen war und nach den übereinstimmenden und auch insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen bei Feststellung des Kassensystems "XXX" vor Ort zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen werden sollte, lag es nahe, gut vorbereitet und damit mit einer (vorsorglich) vorbereiteten Übergangs-Anordnung vor Ort zu erscheinen.

    Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen C spricht auch nicht, dass er in seinem Schreiben an das Finanzamt für Prüfungsdienst und Strafsachen in Hamburg vom 6. Februar 2017 (...) nicht erwähnt hat, dass die Umsatzsteuer-Nachschau auch der Feststellung der Nutzung des PC-Kassensystem "XXX" dienen sollte. In dem Schreiben kommt zum Ausdruck, dass erst dann zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen worden sei, nachdem der Kläger angegeben gehabt habe, dass er zur Erfassung der Einnahmen ein PC-Kassensystem verwendet habe, bei dem die Kassenjournaldaten erfasst und gespeichert worden seien. Eingangs ist in dem Schreiben davon die Rede, dass eine Verprobung des Kontrollmaterials lediglich anhand der Kassenjournaldaten möglich gewesen sei, weshalb sie zunächst mit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau beauftragt worden seien. Auch ohne die ausdrückliche Nennung des vorgefundenen PC-Kassensystems verdeutlicht das Schreiben, dass die Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt wurde, um das benutzte Kassensystem festzustellen und dieses demnach nicht bekannt war. Das Schreiben stützt somit die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage.

    Die Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auffälligkeiten, die auf die Unwahrheit von Aussagen hindeuten könnten, sind nicht aufgetreten. Es ist auch kein Eigeninteresse der Zeugen am Ausgang des Verfahrens erkennbar.

    dd) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang seine Vermutung geäußert hat, dass beim Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg weitergehende Erkenntnisse bestanden haben, hat er diese Vermutung nicht ausreichend substantiiert. Auch der diesbezügliche schriftsätzlich gestellte vorsorgliche Beweisantrag wurde weder nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung förmlich wiederholt, noch ergeben sich Anhaltspunkte für eine solche Beweiserhebung aus der Akte. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen sog. Ausforschungsbeweis, denn auch der Kläger weiß nichts über den Kenntnisstand des Steuerfahnders B. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte aus der Akte, die dafür sprechen könnten, dass ein Steuerfahnder oder ein Referent der Finanzbehörde mit Sicherheit wusste, dass alle "A"-Filialen "XXX" nutzen, denn dann wäre der Weg über die Umsatzsteuer-Nachschau überflüssig gewesen. Darüber hinaus ist die Kenntnis anderer Dienststellen auch nicht zugleich die Kenntnis der handelnden Betriebsprüfer. Dies gilt insbesondere, weil auch unterschiedliche Finanzämter beteiligt waren. Eine andere Beurteilung ist nur dann vorzunehmen, wenn ein Missbrauch vorliegt, insbesondere wenn ein ahnungsloser Betriebsprüfer eingesetzt wird, dem bewusst Informationen vorenthalten werden. Für eine solche Annahme fehlt es im Streitfall an Anhaltspunkten.

    c) Der Beklagte hat sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, als er entschieden hat, am 25. Januar 2017 eine Umsatzsteuer-Nachschau durchzuführen.

    Die Entscheidung, ob eine Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt wird, liegt im Ermessen des Finanzamts. Diese von dem Finanzamt zu treffende Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar. Nach § 102 Satz 1 FGO ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das Finanzamt den für die Ermessensausübung maßgeblichen Sachverhalt vollständig ermittelt hat, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind (sog. Ermessensüberschreitung), ob das Finanzamt von seinem Ermessen in einer dem Zweck der (Ermessens-)Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (sog. Ermessensfehlgebrauch), ein ihm zustehendes Ermessen nicht ausgeübt hat (sog. Ermessensunterschreitung), oder ob die Behörde die verfassungsrechtlichen Schranken der Ermessensbetätigung, insbesondere also den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, missachtet hat. Für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 26. Juni 2014 IV R 17/14, BFH/NV 2014, 1507).

    Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere war die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau verhältnismäßig. Sie war geeignet und auch erforderlich, um Feststellungen hinsichtlich der Kassenführung und des Kassensystems zu treffen.

    aa) Entgegen der Ansicht des Klägers ist ein schriftliches Auskunftsersuchen nicht in gleicher Weise geeignet, denn ein solches hätte zur Folge, dass der Steuerpflichtige gegebenenfalls über die laufenden Maßnahmen der Finanzverwaltung informiert worden wäre und dadurch den Erfolg etwaiger Maßnahmen hätte gefährden oder gar verhindern können. Gerade um dem entgegenzuwirken und aufgrund der Missbrauchsanfälligkeit der Umsatzsteuer, wurde die Möglichkeit der ankündigungslosen Umsatzsteuer-Nachschau eingeführt.

    bb) Die Ansicht des Klägers, dass selbst nach Einführung der Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO als milderes Mittel eine Selbstauskunft i. S. v. § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO hinsichtlich des verwendeten Kassensystems vorrangig sei und deshalb auch im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau vorrangig vom Steuerpflichtigen Auskunft zu verlangen sei, geht fehl. Mit Einführung des § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO ist der Steuerpflichtige verpflichtet, der Finanzverwaltung unaufgefordert -innerhalb eines Monats nach Anschaffung - mitzuteilen, welches Kassensystem verwendet wird. Zur Überprüfung der mitgeteilten Angaben, d. h. insbesondere, ob das angegebene Kassensystem auch tatsächlich verwendet wird, ist gleichwohl die Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO vorgesehen. So heißt es in § 146b Abs. 1 S. 2 AO "Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Abs. 1.". Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fällt hierunter nicht nur die Überprüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems, sondern gleichwohl in einem grundlegenden ersten Schritt die Überprüfung, ob das von dem Steuerpflichtigen mitgeteilte Kassensystem auch tatsächlich verwendet wird. Die Kassen-Nachschau kann ebenfalls jederzeit ohne vorherige Ankündigung durchgeführt werden. Es ist daher nicht ersichtlich, warum außerhalb des Gültigkeitsbereiches der Kassen-Nachschau hinsichtlich der Angaben nach § 146a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AO im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau der Steuerpflichtige um Auskunft gebeten werden soll und ihm dadurch der Hinweis auf bevorstehende Maßnahmen durch die Finanzverwaltung gegeben wird. Ein vorrangiges Auskunftsersuchen würde den Prüfungserfolg gefährden und stellt somit kein ebenso geeignetes milderes Mittel dar.

    cc) Auch aus der Koordinierung der Finanzbehörde, der Absprache mit anderen Finanzämtern und der Art und Weise der Durchführung, insbesondere, dass alle Prüfungen zeitgleich durchgeführt wurden, folgt kein Ermessensfehler. Nur durch diese Absprache und das parallele Vorgehen von allen Beteiligten konnte sichergestellt werden, dass die Steuerpflichtigen nicht gewarnt werden und die Daten verfälschen konnten.

    Solche geplanten Aktionen sind üblich und vor dem Hintergrund der Zielrichtung des § 27b UStG nicht ermessensfehlerhaft.

    dd) Der Kläger kann auch nicht mit dem Argument überzeugen, dass ihm bei diesem Vorgehen des Beklagten seine Schutzrechte, die ihm im Strafverfahren zugestanden hätten, umgangen worden seien. Voraussetzung für die Anordnung einer strafrechtlichen Maßnahme ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Eine Durchsuchung darf somit nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind. Der Erheblichkeit des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht des Weiteren ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hieran fehlt es, wenn nahe liegende grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen ohne greifbare Gründe unterbleiben oder zurückgestellt werden und die vorgenommene Maßnahme außer Verhältnis zur Stärke des in diesem Verfahrensabschnitt vorliegenden Tatverdachts steht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. Januar 2018 2 BvR 2993/14, juris).

    Selbst wenn bereits eine starke Vermutung des Beklagten bestanden hat, dass der Kläger das Programm "XXX" nutzt, war es zunächst erforderlich, diese Vermutung zu überprüfen. Eine Durchsuchung durch die Steuerfahndung wäre ein größerer Einschnitt in die Rechte des Klägers gewesen und setzte diese Überprüfung durch den Beklagten voraus. Die Vermutung des Beklagten, dass der Kläger das entsprechende Programm nutzt, stellt zudem den vom Schrifttum geforderten konkreten Verdacht dar, so dass auch nach dieser im Schrifttum zum Teil geäußerten Ansicht (vgl. Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher § 27b Rn. 20, Stadie in Stadie § 27b Rn. 2) der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten ist. Denn wenn man die Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Verdachts noch höher stellen würde, würde immer auch bereits ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegen und dementsprechend niemals ein Raum für eine Umsatzsteuer-Nachschau gegeben sein.

    2. a) Auch die angeordnete Überleitung zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten.

    Nach § 27b Abs. 3 UStG kann im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau nahtlos - ohne vorheriger Ankündigung - zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (§ 193 AO) übergangen werden, wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben.

    Zweck dieser Regelung ist die Sicherung der Erkenntnisse aus der Umsatzsteuer-Nachschau, da diese andernfalls gefährdet sein könnten.

    b) Die Voraussetzungen liegen hier vor.

    Die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen gaben Anlass, zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen.

    Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau wurde durch den Beklagten festgestellt, dass der Kläger das der Finanzverwaltung als manipulationsanfällig bekanntes Kassensystem "XXX" bereits seit 2011 verwendet. Aufgrund dieser - im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau getätigten - Feststellung wurde zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergegangen. Das Gericht ist ausweislich der obigen Darlegungen davon überzeugt, dass der Beklagte zwar vermutet hatte, dass der Kläger Kassensystem "XXX" verwendet, es aber nicht mit absoluter Sicherheit wusste. Erst Recht wusste der Beklagte nicht, seit wann der Kläger dieses Kassensystem nutzt. Die Verpflichtung, das Kassensystem "XXX" zu verwenden, geht - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht aus dem dem Gericht vorliegenden Franchise-Vertrag hervor. Hier heißt es unter Ziffer 15. Lediglich: "Der FN verpflichtet sich, seinen Betrieb mit Hard- und Software nach den Vorgaben des FG zum Zwecke der Harmonisierung des EDV-Systems zu bestücken."

    Auch hatte der Beklagte durch seine Ermittlungen weitere Erkenntnisse erzielt. Insbesondere hatten die Betriebsprüfer des Beklagten erfragt, wer im Betrieb des Klägers Eingaben und Stornierungen im Kassensystem vornehmen durfte bzw. konnte und dass der Kläger überwiegend Bareinnahmen erzielte. Dies ergibt sich aus den Inhalten der ausgefüllten Checkliste und betrifft auch den Zeitraum 2014.

    c) Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt.

    Dies gilt sowohl für das Entschließungsermessen, die Entscheidung für den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung - als auch dem Auswahlermessen, die Kassendaten für 2014 vom Kläger überspielen zulassen.

    § 27b Abs. 3 UStG eröffnet ein Ermessen der Finanzverwaltung. Die Ausübung des Ermessens kann nur im Rahmen des § 102 FGO durch das Gericht überprüft werden (s. o.).

    aa) Die Ausübung des Entschließungsermessens begegnet keinen Bedenken. Ein Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist regelmäßig dann geboten, wenn die sofortige Aufklärung des steuerlich relevanten Sachverhalts möglich und sinnvoll erscheint (vgl. Tormöhlen in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger § 27b Rz. 27.1) bzw., wenn die sofortige und abschließende Sachverhaltsaufklärung nach der durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschau erforderlich erscheint und nach dem Übergang die folgende Außenprüfung für die Steuerfestsetzung eintreten sollen (Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange § 27b Rn. 32). Die Ausübung des Entschließungsermessens war ordnungsgemäß, denn eine sofortige Aufklärung, ob die tatsächlichen Umsätze vom Kläger erfasst werden, wurde hierdurch ermöglicht.

    Auch aus der Weisung der Finanzbehörde, die Umsatzsteuer-Sonderprüfung umgehend anzuordnen, wenn der Steuerpflichtige "XXX" benutzt, ergibt sich kein Ermessensfehler. Denn die Frage, wie das Ermessen auszuüben ist, kann auch von übergeordneten Behörden grundsätzlich bereits ausgeübt werden. Hierbei handelt es sich dann um ermessenskonkretisierende Anweisungen, die dazu dienen sollen, dass das Ermessen gleichmäßig ausgeübt wird. Darüber hinaus haben die Prüfer glaubhaft ausgesagt, dass für den Fall, dass "XXX" nicht verwendet worden wäre, sie ein eigenständiges Prüfungsrecht gehabt hätten, so dass ihr Entschließungsermessen nur teilweise vorgeprägt war.

    bb) Die Ausübung des Auswahlermessens begegnet ebenfalls keinen Bedenken. In ermessenfehlerfreier Ausübung hat der Beklagte hier Daten für das Jahr 2014 von dem Kläger gefordert, d. h. es wurden nur Daten für das Jahr zur Verprobung mitgenommen, für welches auch entsprechendes Kontrollmaterial vorhanden war. Denn nur diese Daten ermöglichten die konkrete Feststellung, ob die Besteuerungsgrundlagen korrekt ermittelt wurden. Im Hinblick auf das Vorhandensein von Kontrollmaterial war es in diesem Fall gerade möglich und auch zweckmäßig, den steuerlich relevanten Sachverhalt im Rahmen von Verprobungen aufzuklären und dadurch die Feststellung zu ermöglichen, ob die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß ermittelt wurden.

    cc) Der sofortige Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung war auch verhältnismäßig, denn wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung lediglich angekündigt worden wäre, hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die Daten nachträglich zu manipulieren. Dies gilt insbesondere, wenn der Kläger vom Vorhandensein des Kontrollmaterials von Kollegen erfahren hätte. Zudem hätte auch bei einer "normalen" Betriebsprüfung die Möglichkeit bestanden, sofort mit der Prüfung zu beginnen, wenn anderenfalls der Prüfungszweck gefährdet worden wäre. Dies ergibt sich aus § 197 Abs. 1 Satz 1 AO.

    dd) Es begegnet keinen Bedenken hinsichtlich der Ermessensausübung, dass der Beklagte zunächst die Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt und nicht sofort strafrechtliche Maßnahmen veranlasst hat. Zwar wendet der Kläger ein, dass ihm hierdurch Rechte beschnitten wurden bzw. er nicht auf seine Rechte hingewiesen wurde. Die Prüfer haben jedoch zu Recht ihre Prüfung zunächst fortgesetzt, denn die Grenze zum strafrechtlichen Anfangsverdacht war noch nicht überschritten. Wegen der Erheblichkeit einer strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahme, insbesondere einer Durchsuchung, gebot es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst über den Abgleich der Daten des Klägers mit dem vorliegenden Kontrollmaterial zu überprüfen, ob der Kläger tatsächlich das Kassensystem "XXX" zur Manipulation genutzt hat. Es kann nicht vermutet werden, dass jeder der die Möglichkeit hat zu manipulieren, auch tatsächlich manipuliert.

    III.

    1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    2. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.