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  • 07.09.2018 · IWW-Abrufnummer 204277

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 09.02.2018 – 13 K 3586/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urt. v. 09.02.2018

    Az.: 13 K 3586/16

    In dem Finanzrechtsstreit
    1. Klin
    2. Kl
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Hinterziehungszinsen zu den Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2004, 1. und 2. Quartal 2005, 4. Quartal 2006, 1. Quartal 2007, 2. Quartal 2008, 1. und 2. Quartal 2010 und 1. und 2. Quartal 2012

    hat der 13. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09. Februar 2018 durch
    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    Richter am Finanzgericht
    Ehrenamtliche Richter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das 1. - 4. Quartal 2004 werden aufgehoben.
    2. Die Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag werden aufgehoben.
    3. Die Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer werden wie folgt geändert:
          Quartal    Zinsen
      I    2005    216,00 €
      II    2005    189,00 €
      IV    2006    114,00 €
      I    2007    48,00 €
      II    2008    71,00 €
      I    2010    66,00 €
      I    2012    38,00 €
      II    2012    31,00 €
    4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    5. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 68% der Beklagte und zu 32% die Kläger.
    6. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
    7. Die Revision wird zugelassen.
    8. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

    Tatbestand

    Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Einkommensteuervorauszahlungen.

    Die Kläger erstatteten mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 und 30. Januar 2015 Selbstanzeige, mit der sie bisher nicht versteuerte Kapitalerträge aus einer Geldanlage bei der ___ Bank Liechtenstein für die Jahre 2003 - 2013 nacherklärten. Der Beklagte änderte daraufhin die Steuerbescheide für diese Veranlagungszeiträume und setzte mit Bescheid vom 8. August 2016 für die hinterzogenen Steuern Hinterziehungszinsen nach § 235 Abgabenordnung (AO) fest.

    Sowohl die Festsetzung der Steuer in den geänderten Steuerbescheiden als auch die Festsetzung der Hinterziehungszinsen auf die (Jahres-) Steuer erfolgte - zwischen den Beteiligten unstreitig - entsprechend der nacherklärten Einkünfte.

    Daneben setzte der Beklagte im Bescheid vom 8. August 2016 auch Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen zur Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag für die Jahre 2004-2008, 2010 und 2012 fest, wobei er die Höhe der hinterzogenen Vorauszahlungen in der Weise ermittelte, dass er aus der aufgrund der Selbstanzeige festzusetzenden Jahressteuer des jeweiligen Veranlagungszeitraums fiktiv festzusetzende Vorauszahlungen für diesen Veranlagungszeitraum ermittelte. Die sich ergebende Differenz zu den bisher festgesetzten Vorauszahlungen betrachtete er als "hinterzogene Vorauszahlungen" und setzte hierauf Hinterziehungszinsen fest. Im Einzelnen setzte er - soweit nun noch streitgegenständlich - Zinsen in folgender Höhe fest:
     

    Quartal

    Hinterzogene VZ

    Beginn

    Ende

    Monate

    Zins %

    Zins

    Zins bisher

    Änderung Zinsfestsetzung

    I

    2004

    1.800,00 €

    10.03.04

    08.06.06

    25

    12,5

    225,00 €

    294,00 €

    -69,00 €

    II

    2004

    1.800,00 €

    10.06.04

    08.06.06

    22

    11

    198,00 €

    257,25 €

    -59,25 €

    III

    2004

    1.800,00 €

    10.09.04

    08.06.06

    19

    9,5

    171,00 €

    220,50 €

    -49,50 €

    IV

    2004

    1.800,00 €

    10.12.04

    08.06.06

    16

    8

    144,00 €

    183,75 €

    -39,75 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2005

    1.800,00 €

    10.03.05

    10.04.07

    25

    12,5

    225,00 €

    294,00 €

    -69,00 €

    II

    2005

    1.800,00 €

    10.06.05

    10.04.07

    22

    11

    198,00 €

    269,50 €

    -71,50 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    IV

    2006

    2.550,00 €

    14.06.07

    25.04.08

    10

    5

    117,50 €

    161,00 €

    -43,50 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2007

    400,00 €

    10.03.07

    14.04.09

    25

    12,5

    50,00 €

    258,00 €

    -208,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    II

    2008

    750,00 €

    10.06.08

    15.01.10

    19

    8

    60,00 €

    156,75 €

    -96,75 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2010

    550,00 €

    10.03.10

    01.04.12

    22

    11

    60,50 €

    181,50 €

    -121,00 €

    II

    2010

    550,00 €

    10.06.10

    01.04.12

    19

    9,5

    52,25 €

    26,25 €

    26,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2012

    450,00 €

    10.03.12

    20.08.13

    17

    8,5

    38,25 €

    68,00 €

    -29,75 €

    II

    2012

    450,00 €

    10.06.12

    20.08.13

    14

    7

    31,50 €

    42,00 €

    -10,50 €


    Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 22. August 2016 Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, nach AEAO zu § 235 Nr. 2.4 dürften Zinsen nicht festgesetzt werden, wenn die Hinterziehung zu keiner Nachforderung führe. Bisher seien jedoch keine Vorauszahlungen festgesetzt worden. Da zwischenzeitlich die Jahressteuerbescheide ergangen seien und die Vorauszahlungsschuld auflösend bedingt durch die Festsetzung der Einkommensteuer sei, mithin keine Vorauszahlungsbescheide mehr ergehen könnten, dürften auch keine Hinterziehungszinsen mehr festgesetzt werden. Eine nachträgliche Festsetzung von Vorauszahlungen sei abgesehen von § 37 Abs. 3 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) grundsätzlich nicht möglich. Wenn aber keine nachträgliche Anpassung mehr vorgenommen werden könne, könne nach Bekanntgabe des Steuerbescheides für den betreffenden Veranlagungszeitraum auch kein verkürzter Betrag mehr bestimmt werden. Daher könnten auch kein Hinterziehungszinsen mehr festgesetzt werden. Ferner sei auch die Höhe der festgesetzten Hinterziehungszinsen nicht nachvollziehbar und außerdem bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Letztlich sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Es seien aus den letzten 60 Jahren der Kanzleitätigkeit keinerlei Fälle bekannt, in denen Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen festgesetzt worden seien.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 14. November 2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf die Urteile des BFH vom 15. April 1997 VII R 74/96, BFHE 182, 499, BStBl II 1997,600 und des niedersächsischen Finanzgerichts vom 18. Dezember 2006 10 K 316/00, EFG 2007, 1840 führte er aus, auch Steuervorauszahlungen seien Steuern im Sinne des § 3 Abs. 1 AO, die hinterzogen werden könnten. Sie unterlägen daher zwingend der Verzinsung nach § 235 AO. Die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestands der Steuerhinterziehung sei unstreitig. Es sei unerheblich, dass die nachträgliche Festsetzung von Vorauszahlungen nicht mehr möglich sei. Daher sei auch die Festsetzungsverjährung bedeutungslos.

    Mit ihrer hiergegen am 5. Dezember 2016 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Interesse weiter. Ergänzend hat der Prozessbevollmächtigte vorgetragen, er habe in den vergangenen Jahren in allen Bundesländern unzählige Nachmeldungen von Kapitaleinkünften vorgenommen, ohne dass jemals Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen festgesetzt worden seien. Lediglich in Nordrhein-Westfalen und neuerdings in Baden-Württemberg seien in wenigen Einzelfällen Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen festgesetzt worden, soweit bekannt erstmals im Juli 2014. Wäre die Auffassung des Beklagten zutreffend, hätte sich die Finanzverwaltung in den letzten 65 Jahren rechtswidrig verhalten und Hinterziehungszinsen in Milliardenhöhe nicht festgesetzt. Insoweit sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

    Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. April 2016 7 K 2354/13 E, EFG 2016, 965 könne nicht zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen herangezogen werden, da in diesem Urteil die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen worden sei.

    Die Kläger machten ferner geltend, nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids könnten keine Vorauszahlungen mehr festgesetzt oder angepasst werden. Wenn aber nachträglich keine Anpassungen mehr vorgenommen werden könnten, könne für den betreffenden Veranlagungszeitraum hinsichtlich der Vorauszahlungen kein verkürzter Betrag mehr bestimmt und somit auch keine Hinterziehungszinsen nach § 235 AO festgesetzt werden. Im Übrigen gehe der Vorauszahlungsbescheid in dem sich anschließenden Einkommensteuerbescheid auf. Letztlich seien die Bescheide auch deswegen fehlerhaft, weil Vorauszahlungen (zumindest teilweise) nicht festgesetzt worden seien. Es könne daher nicht beurteilt werden, ob es bei ordnungsgemäßer Erklärung der Kapitaleinkünfte zum damaligen Zeitpunkt überhaupt zu Vorauszahlungen gekommen wäre. Zur rechtlichen Begründung im Einzelnen verweist der Prozessbevollmächtigte im Übrigen auf einen Aufsatz eines Kanzleikollegen (Bürger in: Praxis Steuerstrafrecht 2015, 327).

    Im Übrigen sei - sofern die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen überhaupt zulässig sein sollte - auch die Festsetzung der Höhe nach unzutreffend vorgenommen worden.

    Mit Schriftsatz vom 27. März 2017 ist der Beklagte den Ausführungen der Kläger entgegengetreten. Entgegen dem Vortrag der Kläger seien Vorauszahlungen festgesetzt worden. Er hat hierzu Kopien der entsprechenden Bescheide als Anlage beigefügt. Die Vorschriften zur Verjährung seien nicht einschlägig, da keine nachträglichen Vorauszahlungen, sondern lediglich Hinterziehungszinsen auf nicht festgesetzte Vorauszahlungen festgesetzt wurden. Die Frage der Verjährung sei daher irrelevant. Der Gleichbehandlungsgrundsatz komme nicht zum Tragen. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass die Finanzverwaltung an einer etwaigen unzutreffenden Rechtsauffassung festhalte.

    Im Rahmen des parallel geführten Verfahrens wegen Aussetzung der Vollziehung hat der Berichterstatter die Streitsache mit den Beteiligten telefonisch erörtert. Der Berichterstatter hat hierbei darauf hingewiesen, dass - die grundsätzliche Zulässigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen unterstellt - bei vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage jedenfalls die Berechnungsmethode des Beklagten unzutreffend sein dürfte. Die Frage, ob Vorauszahlungen hinterzogen worden sind, bestimme sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der Tathandlung; d.h. nach dem Zeitpunkt, zu dem unrichtige oder unvollständige Angaben im Sinne des § 370 AO gegenüber der Finanzbehörde getätigt wurden, welche letztlich dazu geführt haben, dass keine oder zu niedrige Vorauszahlungen festgesetzt wurden. Dies sei in der Regel der Zeitpunkt, zu dem die Jahreserklärung für ein Vorjahr abgegeben wurde. Denn die Festsetzung von Vorauszahlungen richte sich gem. § 37 EStG grundsätzlich nach der festgesetzten Steuer für frühere Veranlagungszeiträume und werde zusammen mit der Steuerfestsetzung eines Vorjahres festgesetzt oder angepasst. Die hinterzogenen Vorauszahlungen seien somit in der Weise zu ermitteln, dass die ursprünglich den Vorauszahlungen zu Grunde liegenden Besteuerungsgrundlagen um jene ergänzt werden müssen, die zum Festsetzungszeitpunkt der Finanzverwaltung bereits hätten offenbart werden müssen.

    Die Beteiligten haben sich dieser rechtlichen Würdigung durch den Berichterstatter angeschlossen. Der Beklagte hat daraufhin die Höhe der hinterzogenen Vorauszahlungen neu ermittelt und mitgeteilt. Aufgrund der sich hiernach ergebenden Erhöhung der Hinterziehungszinsen für das 3. Quartal 2005, dass 1.-3. Quartal 2006, das 2. und 3. Quartal 2007 und das 4. Quartal 2008 haben die Kläger die Klage für diese Zeiträume zurückgenommen.

    Der Prozessbevollmächtigte erklärte sodann, dass die Zulässigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen nicht mehr grundsätzlich infrage gestellt werde. Er gehe jedoch davon aus, dass die Verjährung mit Ergehen des erstmaligen Jahressteuerbescheides beginne und nach 4 bzw. unter zu Anwendung der strafrechtlichen Verjährungsfristen 5 Jahren Festsetzungsverjährung eintrete.

    Die Beteiligten haben in der Folge unstreitig gestellt, dass - soweit nun noch streitgegenständlich - bei stets wahrheitsgemäßen Angaben in den Einkommensteuererklärungen Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer wie folgt höher festgesetzt worden wären (=hinterzogene Vorauszahlungen):
     
    I    2004    1.800,00 €      
    II    2004    1.800,00 €      
    III    2004    1.800,00 €      
    IV    2004    1.800,00 €      
                  
    I    2005    1.800,00 €      
    II    2005    1.800,00 s€      
                  
    IV    2006    2.550,00 €      
                  
    I    2007    400,00 €      
                  
    II    2008    750,00 €      
                  
    I    2010    550,00 €      
    II    2010    550,00 €      
                  
    I    2012    450,00 €      
    II    2012    450,00 €     

    Die Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer seien demnach wie folgt zu berechnen:
     

    Quartal

    Hinterzogene VZ

    Beginn

    Ende

    Monate

    Zins %

    Zins

    Zins bisher

    Änderung Zinsfestsetzung

    I

    2004

    1.800,00 €

    10.03.04

    08.06.06

    25

    12,5

    225,00 €

    294,00 €

    -69,00 €

    II

    2004

    1.800,00 €

    10.06.04

    08.06.06

    22

    11

    198,00 €

    257,25 €

    -59,25 €

    III

    2004

    1.800,00 €

    10.09.04

    08.06.06

    19

    9,5

    171,00 €

    220,50 €

    -49,50 €

    IV

    2004

    1.800,00 €

    10.12.04

    08.06.06

    16

    8

    144,00 €

    183,75 €

    -39,75 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2005

    1.800,00 €

    10.03.05

    10.04.07

    25

    12,5

    225,00 €

    294,00 €

    -69,00 €

    II

    2005

    1.800,00 €

    10.06.05

    10.04.07

    22

    11

    198,00 €

    269,50 €

    -71,50 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    IV

    2006

    2.550,00 €

    14.06.07

    25.04.08

    10

    5

    117,50 €

    161,00 €

    -43,50 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2007

    400,00 €

    10.03.07

    14.04.09

    25

    12,5

    50,00 €

    258,00 €

    -208,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    II

    2008

    750,00 €

    10.06.08

    15.01.10

    19

    8

    60,00 €

    156,75 €

    -96,75 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2010

    550,00 €

    10.03.10

    01.04.12

    22

    11

    60,50 €

    181,50 €

    -121,00 €

    II

    2010

    550,00 €

    10.06.10

    01.04.12

    19

    9,5

    52,25 €

    26,25 €

    26,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2012

    450,00 €

    10.03.12

    20.08.13

    17

    8,5

    38,25 €

    68,00 €

    -29,75 €

    II

    2012

    450,00 €

    10.06.12

    20.08.13

    14

    7

    31,50 €

    42,00 €

    -10,50 €


    Die Kläger haben zuletzt vorgetragen, die Zinsbescheide würden nunmehr ausschließlich noch aufgrund folgender Erwägungen für rechtswidrig gehalten:

    1. Es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Nach Ergehen der Einkommensteuerbescheide könnten keine geänderten Vorauszahlungsbescheide mehr ergehen. Die Vorauszahlungsschuld sei auflösend bedingt durch die Festsetzung der Einkommensteuer. Nach AEAO zu § 235 Nr. 2.4 erfolge keine Zinsfestsetzung, wenn die Steuerhinterziehung zu keiner Nachforderung führe.

    2. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei verletzt. In den letzten 60 Jahren seien niemals Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen festgesetzt worden. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen sei erst durch Schreiben vom 5. August 2015 - S 046.2/17/1-St 313 - der OFD Karlsruhe an die Finanzämter angeordnet worden. Ferner werde der Gleichheitsgrundsatz dadurch verletzt, dass lediglich die Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen Hinterziehungszinsen festsetzen würden. Aus anderen Bundesländern sei dies nicht bekannt. Eine weitere Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes entstünde dadurch, dass die Finanzverwaltung personell überhaupt nicht in der Lage sei, Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen in jedem Fall festzusetzen. Dies zeige sich insbesondere am Fall der nicht fristgemäßen Abgabe von Steuererklärungen. Diese stellten regelmäßig eine Selbstanzeige dar. Strafverfahren wegen der nicht fristgemäßen Abgabe der Steuererklärung würden indes überwiegend nicht eingeleitet werden; folglich würden in diesen Fällen auch keine Zinsen festgesetzt werden. Zu einer solchen wäre die Finanzverwaltung aufgrund der großen Masse der Fälle und des hohen Verwaltungsaufwandes aufgrund der Komplexität der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen - der sich nicht zuletzt auch an diesem Verfahren zeige - personell nicht in der Lage.

    3. § 233a AO widerspreche einer Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen. Da § 233a AO ausdrücklich regle, dass Vorauszahlungen nicht zu verzinsen seien, würde die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen dem Vereinfachungscharakter des § 233a AO widersprechen.

    4. Ein Zinssatz von 6 % p.a. sei angesichts der derzeitigen Marktzinsen nicht zu rechtfertigen. Die Finanzverwaltung sei daher gehalten, auf die Festsetzung von Zinsen zu verzichten.

    Die Kläger beantragen sinngemäß,

    die Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. - 4. Quartal 2004, das 1. und 2. Quartal 2005, das 4. Quartal 2006, das 1. Quartal 2007, das 2. Quartal 2008, das 1. und 2. Quartal 2010 sowie das 1. und 2. Quartal 2012 einschließlich der Bescheide über Zinsen auf Vorauszahlungen auf Solidaritätszuschlag für das 1. und 2. Quartal 2004, das 1. und 2. Quartal 2005, das 1. Quartal 2007 und das 1. Quartal 2010 aufzuheben,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt unter Wiederholung seiner Rechtsauffassung,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Akten (2 Bände Akte Selbstanzeige, 1 Band Rechtsbehelfsakte, 1 Faszikel Zinsen) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise begründet.

    Sie ist insoweit begründet, als die Kläger die Aufhebung der Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das 1. - 4. Quartal 2004 und der Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag beantragen sowie hinsichtlich der Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das 1. und 2. Quartal 2005, das 4. Quartal 2006, das 1. Quartal 2007, das 2. Quartal 2008, das 1. Quartal 2010 sowie das 1. und 2. Quartal 2012 in dem im Tenor genannten Umfang.

    Sie ist unbegründet, soweit die Kläger die Aufhebung des Bescheids über Hinterziehungszinsen auf die Vorauszahlungen für das 2. Quartal 2010 beantragen.

    I.

    1. Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind Steuern i.S.d. § 3 Abs. 1 AO, die als solche Gegenstand einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO sein können. Der Begriff der Steuern in § 370 Abs. 1 AO umfasst auch die als Steuerschulden zu qualifizierenden Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung ist in Bezug auf verkürzte Vorauszahlungen daher erfüllt, wenn der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - in der Jahressteuererklärung Einkünfte aus Kapitalvermögen verschweigt. Der Steuerpflichtige bewirkt dadurch, dass die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für einen nachfolgenden Veranlagungszeitraum von der Finanzbehörde zu niedrig festgesetzt werden. Weiterer eigenständiger auf die Vorauszahlungen bezogener Tathandlungen bedarf es zur Verwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht (BFH, Urteil vom 15. April 1997 VII R 74/96, BFHE 182, 499, BStBl II 1997,600).

    2. Der subjektive Tatbestand wurde von den Klägern erfüllt. Die Kläger handelten unstreitig vorsätzlich.

    3. Hinterzogene Steuern sind gemäß § 235 AO zu verzinsen. Auf Zinsen sind nach § 239 Abs. 1 S. 1 AO die für Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt insoweit ein Jahr; sie beginnt in den Fällen des § 235 AO (Verzinsung von hinterzogenen Steuern) gemäß § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist.

    4. Es ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt und durch die Finanzgerichte noch nicht geklärt, wann die Festsetzungsfrist für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Steuervorauszahlungen beginnt (siehe dazu unter II.). Es ist ferner noch nicht geklärt, nach welchen Maßstäben der Zinslauf zu berechnen ist (dazu unter III.; vgl. auch FG Münster, Urteil vom 20. April 2016 7 K 2354/13 E, EFG 2016, 965, mit Anmerkung Kister).

    II.

    1. Die Festsetzungsfrist für die Festsetzung von Zinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen beginnt bei system- und verfassungskonformer Auslegung der maßgebenden Vorschriften mit Ablauf des Tages, an dem gemäß §§ 170 Abs. 1, 169 Abs. 2 S. 2 AO letztmals geänderte Vorauszahlungsbescheide hätten erlassen werden können. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG bleibt insoweit außer Betracht. Diese Auslegung gewährleistet, dass für die gesetzlich vorgeschriebene Festsetzung von Zinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen einerseits ein effektiver Anwendungsbereich besteht (kein "Leerlaufen" der Regelung) und andererseits die Zinsansprüche wegen hinterzogener Vorauszahlungen auch nicht zeitlich unbegrenzt festgesetzt werden können, sondern nach bestimmter Zeit Festsetzungsverjährung eintritt.

    a) Nach der gesetzlichen Regelung des § 239 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO beginnt die Festsetzungsfrist für die Verzinsung von hinterzogenen Steuern mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist oder ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Durch diese Vorschrift soll eine Verjährung der Zinsen verhindert werden, bevor die Steuerfestsetzung oder das Steuerstrafverfahren abgeschlossen ist.

    In den Fällen der Hinterziehung von Vorauszahlungen ist indes eine Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aufgedeckten weiteren Einkünfte im Regelfall nicht mehr möglich. Denn die Steuerhinterziehung durch Verschweigen von Kapitaleinkünften wird - wie der Streitfall zeigt - gewöhnlich erst nach Jahren und zu einem Zeitpunkt aufgedeckt, zu dem eine Festsetzung der rechtmäßigen Vorauszahlungen regelmäßig nicht mehr erfolgen kann. Denn nach § 37 Abs. 3 S. 3 EStG ist eine Anpassung der Vorauszahlungen nach Ablauf des 15. Monats nach Ablauf des entsprechenden Veranlagungszeitraums nicht mehr zulässig. Das Gleiche gilt für eine erstmalige Festsetzung von Vorauszahlungen nach diesem Zeitpunkt (vgl. A. Schmidt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 282. Lieferung 10.2017, § 37 EStG Rn. 34, 52). Außerdem ist nach Erlass des Jahressteuerbescheides weder eine Anpassung noch eine erstmalige Festsetzung mehr möglich (BFH, Urteil vom 31. Mai 1978 I R 105/77, BFHE 125, 336, BStBl II 1978, 596; Schiffers in: Korn, Einkommensteuergesetz, § 37 Rn. 27).

    Da eine Festsetzung der (höheren) Vorauszahlungen bei der Hinterziehung von Vorauszahlungen danach regelmäßig nicht mehr erfolgen und entsprechend auch nicht unanfechtbar werden kann, würde die Festsetzungsfrist gemäß § 239 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO in diesen Fällen überhaupt nicht beginnen, mit der Folge, dass auch keine Festsetzungsverjährung eintreten würde (so offenbar Loose in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 239 AO, Rn. 7, wonach die Festsetzungsfrist nicht ablaufen könne, wenn die Steuerfestsetzung unterbleibt und kein Strafverfahren eröffnet wird). Eine derartige Rechtslage wäre mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip aber kaum vereinbar. Das Rechtsstaatsprinzip - in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Klarheit und der Vorhersehbarkeit der Belastung - verlangt Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt festgesetzt werden können. Es ist ein Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem gleichmäßigen Abgabenaufkommen einerseits und dem Interesse des Abgabenschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu Abgaben herangezogen werden kann (Beschluss des BVerfG vom 5. März 2013 1 BvR 2457/08, BVerfGE 133, 143).

    b) Die vorzunehmende system- und verfassungskonforme Auslegung berücksichtigt die Eigenständigkeit der (Einkommensteuer-)Vorauszahlung und die Funktion der Einkommensteuervorauszahlung im System der Steuerveranlagung. Die festgesetzte Einkommensteuervorauszahlung ist ein gegenüber der Jahressteuer grundsätzlich eigenständiger Steueranspruch, der in Bezug auf Festsetzung und Verjährung selbständig zu beurteilen ist. Der Senat folgt daher nicht der (offenbar) vom Beklagten vertretenen Auffassung, dass die Verjährung der Hinterziehungszinsen auf die Vorauszahlungen zusammen mit der Verjährung der Hinterziehungszinsen auf die Jahressteuer eintrete (so wohl FG Münster, Urteil vom 20. April 2016 7 K 2354/13 E, EFG 2016, 965).

    Ein Vorauszahlungsbescheid verliert durch den Jahressteuerbescheid zwar seine Wirksamkeit, da der Jahressteuerbescheid den Vorauszahlungsbescheid in seinen Regelungsgehalt aufnimmt, so dass sich der Vorauszahlungsbescheid nach § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt und der Einkommensteuerbescheid sodann die alleinige Grundlage für die Verwirklichung der Steuerschulden wird (BFH, Urteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607; BFH, Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 3/93, BFHE 178, 11, BStBl II 1995, 730).

    Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur handelt es sich bei der Vorauszahlungsschuld und der Jahressteuer gleichwohl um unterschiedliche, eigenständige materiell-rechtliche Ansprüche, die eigenen Regelungen unterfallen (BFH, Urteile vom 13. März 1979 III R 79/77, BFHE 127, 550, BStBl II 1979, 461; vom 15. April 1997 VI R 74/96, BFHE 182, 499, BStBl II 1997, 600 [BFH 15.04.1997 - VII R 74/96]; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 245. Lieferung 11.2017, § 164 AO Rn. 16; A. Schmidt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 283. Lieferung 12.2017, § 37 EStG Rn. 28). Der BFH hat insoweit offengelassen, ob es sich bei dem Vorauszahlungsanspruch nicht nur um einen eigenständigen Steueranspruch, sondern sogar eine eigenständige Steuer handelt (vgl. BFH, Urteil vom 15. April 1997 VI R 74/96, BFHE 182, 499, BStBl II 1997, 600 [BFH 15.04.1997 - VII R 74/96] Rn. 14).

    Die Hinterziehung von Vorauszahlungen und die Hinterziehung der Jahressteuer beruhen auf unterschiedlichen Tathandlungen. Während die Tathandlung bei der Hinterziehung von Vorauszahlungen entweder in falschen Angaben im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in einer Steuererklärung für einen früheren Veranlagungszeitraum oder in falschen Angaben in einem Anpassungsantrag liegt, besteht die Tathandlung bei der Hinterziehung der Jahressteuer entweder in falschen Angaben in der Jahressteuererklärung des nämlichen Veranlagungszeitraums oder auf dem pflichtwidrigen Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Hinterziehung von Vorauszahlungen beruht somit auf einer zeitlich früheren Tathandlung. Dem entspricht, dass auch Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen aufgrund ihrer Akzessorietät zu einem eigenständigen Steueranspruch gesondert festgesetzt werden und einer eigenen Verjährung unterliegen müssen. Es ist daher folgerichtig, dass die Festsetzungsverjährung von Hinterziehungszinsen für zeitlich früher hinterzogene Steuern grundsätzlich auch früher beginnt.

    c) Die Regelungslücke in Bezug auf die Bestimmung des Beginns der Festsetzungsfrist für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen ist zu Gunsten des Steuerpflichtigen im Wege einer Analogie zum spätesten Beginn der Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen auf die hinterzogene Jahressteuer zu schließen. Die Übertragung der für die Bestimmung des Beginns der Festsetzungsfrist für die Zinsen auf die hinterzogene Jahressteuer geltenden Regeln ist sachgerecht, da der Sach- und Normbereich vergleichbar ist. Maßgebend für den Beginn der Festsetzungsfrist ist danach der Zeitpunkt, zu dem nach §§ 170 Abs. 1, 169 Abs. 2 S. 2 AO unter Außerachtlassung von § 37 Abs. 3 S. 3 EStG letztmals geänderte Vorauszahlungsbescheide hätten erlassen werden können.

    § 235 AO dient dem Zweck, dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den durch die Tat erlangten Vorteil, dass er die gesetzlich entstandene Steuer erst zu einem späteren Zeitpunkt zahlen muss, wieder zu entziehen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen (vgl. Kögel in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 136. Lieferung, § 235 AO 1977, Rn. 7). Diese Vorteile verschafft sich der Steuerhinterzieher bei zu niedrig festgesetzten Vorauszahlungen in gleicher Weise wie bei der zu niedrig festgesetzten Jahressteuer. Die Fälle der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen und auf die hinterzogene Jahressteuer sind daher gleich zu behandeln.

    aa) Für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf die hinterzogene Jahressteuer gilt, dass Hinterziehungszinsen - wegen der Akzessorietät von Nebenleistungen - grundsätzlich nicht mehr erhoben werden können, wenn innerhalb der für die Jahressteuer geltenden Festsetzungsfrist die hinterzogene Steuer nicht mehr festgesetzt wurde und die Jahressteuer mithin verjährt ist.

    Daneben ist zu berücksichtigen, dass Hinterziehungszinsen auf die Jahressteuer - innerhalb der Festsetzungsfrist - unabhängig von der Festsetzung der hinterzogenen Steuern festgesetzt werden können. Denn es ist nicht erforderlich, dass die hinterzogene Steuer als solche (in zutreffender Höhe) festgesetzt wurde. Für Zwecke der Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist die materiell zutreffende hinterzogene Steuer vielmehr gegebenenfalls eigenständig zu ermitteln. Die Festsetzung der (hinterzogenen) Steuer ist kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen (vgl. BFH, Urteil vom 28. März 2012 II R 39/10, BFHE 238, 208, BStBl II 2012, 712, Rn. 21; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2017 13 K 1967/15, EFG 2018, 85; Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 243. Lieferung 07.2017, § 235 AO, Rn. 28; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 148. Lieferung 04.2017, § 235 AO, Rn. 9).

    bb) Entsprechend ist auch für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen nicht erforderlich, dass die hinterzogene Steuer (hier: Vorauszahlung) zuvor (zutreffend) festgesetzt wurde. Der Umstand, dass eine Festsetzung der hinterzogenen Vorauszahlungen gemäß § 37 Abs. 3 S. 3 EStG 15 Monate nach Ende des Veranlagungszeitraums formell nicht mehr möglich ist, kann daher für die Frage des Zeitpunkts des Beginns der Verjährung außer Betracht bleiben. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG ist keine Spezialvorschrift zur Regelung der Festsetzungsverjährungsfristen für Vorauszahlungen, die § 169 Abs. 2 S. 2 AO vorgeht (so aber Wollweber/Talaska, Stbg 2016, 354, allerdings ohne nähere Begründung). Die Norm regelt vielmehr lediglich ein Festsetzungs- bzw. Anpassungsverbot für die Vorauszahlung als solche (vgl. BFH, Urteil vom 10. Juli 2002 X R 65/96, BFH/NV 2002, 1567 Rn. 20f; A. Schmidt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 282. Lieferung 10.2017, § 37 EStG Rn. 47).

    (1) Der Gesetzgeber regelt, wie beispielsweise §§ 175 Abs. 1 S. 2, 175a S. 2, 174 Abs. 1 S. 2, 174 Abs. 3 S. 2 AO und § 10 d Abs. 1 S. 4, Abs. 4 S. 6 EStG zeigen, Abweichungen von den Vorschriften über die Festsetzungsverjährung ausdrücklich und unter Verwendung des Begriffs "Festsetzungsverjährung". Soweit dies nicht geschieht, sind grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der AO über die Festsetzungsverjährung anzuwenden (BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 I R 68/86, BFH/NV 1990, 128). Eine solche Bezugnahme auf die Vorschriften zur Festsetzungsverjährung findet sich in § 37 Abs. 3 EStG jedoch nicht. Vielmehr verwendet § 37 Abs. 3 S. 3 EStG den Begriff "anpassen". Die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung sprechen indes in § 169 Abs. 1 S. 1 AO - ebenso wie die Änderungsvorschriften der §§ 164, 172 ff. AO - von "ändern". Daraus folgt, dass § 37 Abs. 3 S. 3 EStG gerade keine besondere Festsetzungsverjährung regelt, sondern nur dem Umstand Rechnung trägt, dass der Zweck der Vorauszahlungen nach dem 15. Monat bereits erfüllt ist. Der Zweck der Vorauszahlungen besteht darin, ein stetes Steueraufkommen sicherzustellen und eine Gleichstellung mit Steuerpflichtigen zu gewährleisten, die einem Steuerabzug (insbesondere der Lohnsteuer) unterliegen (vgl. A. Schmidt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 283. Lieferung 12.2017, § 37 EStG, Rn. 1, 4 mwN).

    Dieser Zweck kann 15 Monate nach Ende des Veranlagungszeitraums indes durch Erlass eines (Schätzungs-) Bescheides erfüllt werden.

    Außerdem beginnt zu diesem Zeitpunkt die Vollverzinsung nach § 233a AO, so dass etwaige Liquiditäts- und Zinsvorteile abgeschöpft werden und eine Ungleichbehandlung gegenüber Steuerpflichtigen, die dem Steuerabzug unterliegen, vermieden wird.

    (2) Selbst wenn § 37 Abs. 3 S. 3 EStG eine Sondervorschrift zur Regelung der Festsetzungsverjährung gegenüber § 169 AO enthielte, könnte diese Regelung allenfalls die reguläre Festsetzungsverjährungsfrist und nicht die besondere Festsetzungsverjährungsfrist für Fälle der Steuerhinterziehung betreffen. § 169 Abs. 2 S. 2 AO ist insoweit lex specialis sowohl gegenüber § 169 Abs. 2 S. 1 AO als auch gegenüber § 37 Abs. 3 S. 3 EStG. Der Gesetzgeber wollte die Steuerhinterziehung umfassend sanktionieren und insbesondere verhindern, dass der Steuerhinterzieher durch seine Tat im Ergebnis wirtschaftlich besser gestellt bleiben könnte als der steuerehrliche Bürger. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese umfassenden Ahndungsmöglichkeiten durch § 37 Abs. 3 S. 3 EStG einschränken und eine Privilegierung für Straftäter schaffen wollte. Derartig kurze Verjährungsfristen wären mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch kaum vereinbar.

    (3) Die Annahme, bei § 37 Abs. 3 S. 3 EStG handle es sich um eine gegenüber § 169 Abs. 2 S. 2 AO vorrangige Sondervorschrift, würde außerdem zu dem sachwidrigen Ergebnis führen, dass für Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen im Ergebnis drei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums Festsetzungsverjährung eintreten würde (so Wollweber/Talaska, Stbg 2016, 354). Dies würde den Zweck von Hinterziehungszinsen weitgehend leerlaufen lassen, da innerhalb dieser Frist nur in den wenigsten Fällen Steuerhinterziehungen aufgedeckt und der Sachverhalt soweit ermittelt werden kann, dass die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ermöglicht würde. Auch aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für Fälle der Steuerhinterziehung mit § 169 Abs. 2 S. 2 AO bewusst lange Verjährungsfristen bestimmt, die über die speziellen Ablaufhemmungen des § 171 Abs. 5, 7 AO noch erheblich ausgeweitet werden.

    Vorgenannte Grundsätze verhindern mithin in verfassungskonformer Weise ein strukturelles Regelungs- bzw. Vollzugsdefizit. Anderenfalls wäre die Abschöpfung der durch Steuerhinterziehung erlangten Vorteile auf wenige seltene Ausnahmefälle aufgrund von dem Gesetzgeber zuzurechnender Verfahrensvorschriften begrenzt (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. März 2008 2 BvR 2077/05, HFR 2008, 852). Überdies wird eine Beeinträchtigung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vermieden, welcher durch die Erhebung von Zinsen gewährleistet werden soll (Kögel in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 136. Lieferung, § 235 AO 1977, Rn. 7).

    d) Diesem Ergebnis steht die Verwaltungsvorschrift AEAO zu § 235 Nr. 2.4 nicht entgegen. Danach soll eine Zinsfestsetzung nicht erfolgen, wenn die Steuerhinterziehung zu keiner Nachforderung führt. AEAO zu § 235 Nr. 2.4 befasst sich ausschließlich mit den Auswirkungen des so genannten Kompensationsverbots auf die Festsetzung von Zinsen. Die Verwaltungsvorschrift führt insoweit zutreffend aus, dass im Hinblick auf den Zweck der Hinterziehungszinsen eine Zinsfestsetzung unterbleibt, wenn es aufgrund anderer Steuerminderungsgründe trotz Vorliegens einer strafrechtlichen Steuerhinterziehung im Ergebnis zu keinen Mehrsteuern kommt. Der Fall, dass aufgrund § 37 Abs. 3 S. 3 EStG eine Festsetzung der hinterzogenen Steuern unterbleibt, soll durch diese Vorschrift ersichtlich nicht geregelt werden. Vielmehr bestimmt AEAO zu § 235 Nr. 2.1 ausdrücklich, dass auch Steuervorauszahlungen gemäß § 235 AO zu verzinsen seien.

    2. Gemessen an vorstehenden Grundsätzen ist die Klage wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung insoweit begründet, als der Beklagte Hinterziehungszinsen für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2004 festgesetzt hat.

    Der Bescheid vom 8. August 2016 erging erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist. Diese beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entsteht. Vorauszahlungen entstehen gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 EStG mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind. Die - aufgrund der Steuerhinterziehung - 10-jährige Festsetzungsverjährungsfrist für Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2004 begann danach mit Ablauf des 31. Dezember 2004 und endete gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2014. Folglich begann die einjährige Festsetzungsfrist für Zinsen auf die hinterzogenen Vorauszahlungen des Veranlagungszeitraums 2004 mit Ablauf des Jahres 2014 und endete gemäß § 239 Abs. 1 Nr. 3 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2015, mithin mit Ablauf des 11. Jahres nach Entstehung der Vorauszahlung.

    III.

    Die Klage für die streitbefangenen Voranmeldungszeiträume ab 2005 ist teilweise begründet.

    1. Die Festsetzungsfrist war bei Erlass des Bescheids vom 8. August 2016 noch nicht abgelaufen. Denn die Festsetzungsfrist für Vorauszahlungen zur Einkommensteuer 2005 begann gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2005 und endete gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO mit Ablauf des Jahres 2015. Dementsprechend endete die Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen auf die Vorauszahlungen für 2005 erst mit Ablauf des Jahres 2016 sowie - für die nachfolgenden Jahre - jeweils entsprechend später.

    2. Gemäß § 370 Abs. 1 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Die hinterzogene Steuer im Sinne des § 235 AO berechnet sich daher aus der Differenz zwischen den tatsächlich festgesetzten Vorauszahlungen und den Vorauszahlungen, die gemäß § 37 Abs. 3 EStG bei stets pflichtgemäßen und wahrheitsgemäßen Angaben festgesetzt worden wären (vgl. FG Münster, Urteil vom 20. April 2016 7 K 235413 E, EFG 2016, 965).

    Die Beteiligten haben insoweit während des Klageverfahrens unstreitig gestellt, dass bei stets wahrheitsgemäßen Angaben in den Steuererklärungen Vorauszahlungen in folgender Höhe höher festgesetzt worden wären und insoweit die hinterzogene Steuer zutreffend ermittelt:
     
    I    2004    1.800,00 €      
    II    2004    1.800,00 €      
    III    2004    1.800,00 €      
    IV    2004    1.800,00 €      
                  
    I    2005    1.800,00 €      
    II    2005    1.800,00 €      
                  
    IV    2006    2.550,00 €      
                  
    I    2007    400,00 €      
                  
    II    2008    750,00 €      
                  
    I    2010    550,00 €      
    II    2010    550,00 €      
                  
    I    2012    450,00 €      
    II    2012    450,00 €     

    3. Der Zinsberechnung lag jedoch teilweise ein unzutreffender Zinslauf zu Grunde.

    a) Gemäß § 235 Abs. 2 AO beginnt der Zinslauf mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils, es sei denn, dass die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden wären. In diesem Fall ist der spätere Zeitpunkt maßgebend. Der Beklagte hat insoweit zutreffend angenommen, dass der Zinslauf zum Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 37 Abs. 1 S. 1 EStG bzw. in Fällen, in denen eine nachträgliche Festsetzung/Anpassung von Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 3 S. 3 EStG erfolgte, zum Zeitpunkt der Festsetzung, beginnt.

    b) Der Zinslauf endet nach § 235 Abs. 3 S. 1 AO grundsätzlich mit der Zahlung der hinterzogenen Steuern. Abweichend hiervon endet der Zinslauf im Falle der Verzinsung hinterzogener Vorauszahlungen mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides. Denn mit Erlass des Jahressteuerbescheides verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirksamkeit, da der Jahressteuerbescheid den Vorauszahlungsbescheid in seinen Regelungsgehalt aufnimmt. Der Einkommensteuerbescheid bildet einen neuen Rechtsgrund für die Steuerzahlung, so dass sich der Vorauszahlungsbescheid nach § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Der Einkommensteuerbescheid ist die alleinige Grundlage für die Verwirklichung der Steuerschulden (BFH, Urteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl. II 2011,607; Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 3/93, BFHE 178, 11, BStBl. II 1995, 730). Daraus folgt, dass der Jahressteuerbescheid ab Bekanntgabe auch der alleinige Gegenstand der Verzinsung sein muss. Anderenfalls käme es zu einer doppelten Verzinsung der wirtschaftlich betrachtet selben Steuerschuld, da ab Bekanntgabe des Jahressteuerbescheides Hinterziehungszinsen auf die Jahressteuerschuld anfallen (so i.E. wohl auch Schwarz in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO § 235 AO Rn. 10 und Koenig/Koenig, 3. Aufl. 2014, AO § 235 Rn. 25, die von einem Erlöschen der Vorauszahlungsschuld nach § 47 AO ausgehen; a. A. wohl Heuermann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 245. Lieferung 11.2017, § 235 AO, Rn. 38).

    Auch insoweit hat der Beklagte seiner Zinsberechnung eine zutreffende Rechtsauffassung zugrunde gelegt.

    c) Der Zinslauf ist jedoch zusätzlich im Wege einer teleologischen Reduktion auf den Zeitraum bis zum Beginn der Vollverzinsung nach § 233a AO zu begrenzen.

    Gemäß § 233a Abs. 1 S. 1 AO ist ein Unterschiedsbetrag nach Abs. 3 der Vorschrift zu verzinsen; dies gilt gemäß § 233a Abs. 1 S. 2 AO jedoch nicht für Vorauszahlungen. Nach § 233a Abs. 2 AO beginnt der Zinslauf grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, und endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. § 235 Abs. 4 AO bestimmt, dass Zinsen nach § 233a AO, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, anzurechnen sind. Hieraus ergibt sich zum einen, dass Zinsen nach § 233a AO und Hinterziehungszinsen grundsätzlich nicht nebeneinander festgesetzt werden sollen; der erzielte Vorteil soll vielmehr nur einmal abgeschöpft werden. Zum anderen folgt daraus, dass nur solche Zinsen i.S.d. § 233a AO, die für dieselbe Steuerschuld und denselben Zeitraum festgesetzt wurden, angerechnet werden können. Da es sich bei der Vorauszahlungsschuld und der Jahressteuer jedoch um unterschiedliche materiell-rechtliche Ansprüche handelt (siehe oben unter II. 1.), können etwaige Zinsen nach § 233a AO auf die Jahressteuer nicht nach § 235 Abs. 4 AO auf Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen angerechnet werden. Soweit diese Zinsen im Sinne des § 233a AO auf den Zeitraum zwischen dem 31. März des zweiten auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres und einer erst danach erfolgenden erstmaligen Steuerfestsetzung entfallen, scheidet eine Anrechnung dieser Zinsen nach § 235 Abs. 4 AO auf die Jahressteuer ebenfalls aus, da diese Zinsen nicht für denselben Zeitraum festgesetzt werden. Diese Regelungslücke ist zur Vermeidung einer doppelten Verzinsung dieser zwar nicht rechtlich, aber wirtschaftlich betrachtet, selben Steuerschuld, dadurch zu schließen, dass der Zinslauf auf den Zeitraum bis zum Beginn der Vollverzinsung nach § 233a AO begrenzt wird.

    d) Die Zinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen für Vorauszahlungen zur Einkommensteuer ab 2005 sind nach vorgenannten Grundsätzen entsprechend nachstehender Übersicht geändert festzusetzen.

    Die Bescheide über Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag sind insgesamt aufzuheben. Zinsen sind gemäß § 239 Abs. 2 S. 2 AO nur dann festzusetzen, wenn sie mindestens 10 EUR betragen. Diese Grenze wurde bei den Zinsen auf den Solidaritätszugschlag in keinem Vorauszahlungszeitraum erreicht (vgl. nachstehende Übersicht).

    Hinsichtlich der festgesetzten Hinterziehungszinsen für das 2. Quartal 2010 ist die Klage unbegründet. Insoweit hatte der Beklagte die Zinsen zu niedrig festgesetzt, wodurch die Kläger nicht beschwert sind.
     

    Quartal

    Festgesetzte Zinsen ESt

    Festgesetze Zinsen SolZ

    Unstreitig hinterzogene VZ auf ESt

    Beginn Zinslauf

    Ende Zinslauf

    Zinslauf Monate

    Zinsen auf VZ zur ESt

    Abrundung § 239 Abs. 2 S. 1 AO

    Unstreitig hinterzogene VZ auf SolZ

    Abrundung § 238 Abs. 2 AO

    Zinsen auf SolZ lt. Senat

    I

    2004

    294,00 €

    13,00 €

    1.800,00 €

    10.03.04

    31.03.06

    24

    216,00 €

    216,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    6,00 €

    II

    2004

    257,25 €

    10,50 €

    1.800,00 €

    10.06.04

    31.03.06

    21

    189,00 €

    189,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    5,25 €

    III

    2004

    220,50 €

     

    1.800,00 €

    10.09.04

    31.03.06

    18

    162,00 €

    162,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    4,50 €

    IV

    2004

    183,75 €

     

    1.800,00 €

    10.12.04

    31.03.06

    15

    135,00 €

    135,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    3,75 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2005

    294,00 €

    12,50 €

    1.800,00 €

    10.03.05

    31.03.07

    24

    216,00 €

    216,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    6,00 €

    II

    2005

    269,50 €

    11,00 €

    1.800,00 €

    10.06.05

    31.03.07

    21

    189,00 €

    189,00 €

    99,00 €

    50,00 €

    5,25 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    IV

    2006

    161,00 €

     

    2.550,00 €

    14.06.07

    31.03.08

    9

    114,75 €

    114,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2007

    258,00 €

    12,50 €

    400,00 €

    10.03.07

    31.03.09

    24

    48,00 €

    48,00 €

    22,00 €

    0,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    II

    2008

    156,75 €

     

    750,00 €

    10.06.08

    15.01.10

    19

    71,25 €

    71,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2010

    174,00 €

    7,00 €

    550,00 €

    10.03.10

    31.03.12

    24

    66,00 €

    66,00 €

    30,25 €

    0,00 €

     

    II

    2010

    26,25 €

     

    550,00 €

    10.06.10

    31.03.12

    21

    57,75 €

    57,00 €

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    I

    2012

    68,00 €

     

    450,00 €

    10.03.12

    20.08.13

    17

    38,25 €

    38,00 €

     

     

     

    II

    2012

    42,00 €

     

    450,00 €

    10.06.12

    20.08.13

    14

    31,50 €

    31,00 €

     

     

     


    IV.

    Der Beklagte hat zu Recht gemäß § 238 Abs. 1 S. 1 AO einen Zinssatz von einhalb Prozent für jeden Monat angewandt. Gegen die Höhe des gesetzlich festgelegten Zinssatzes bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen einer Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG liegen daher nicht vor.

    Der BFH hat mit Urteilen vom 14. April 2015 IX R 5/14 (BFHE 250, 483, BStBl II 2015, 986) und vom 1. Juli 2014 IX R 31/13 (BFHE 246, 193, BStBl II 2014, 925) zur Höhe der Aussetzungszinsen entschieden, dass für Zinsläufe bis zum 5. Dezember 2011 der Zinssatz von einhalb Prozent für jeden Monat nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Übermaßverbot verstößt. Zwar lag der Effektivzinssatz sowohl in den vom BFH entschiedenen Fällen als auch im vorliegenden Fall in Prozent p.a. für Einlagen privater Haushalte im gesamten Verzinsungszeitraum unstreitig unter dem Zinssatz des § 238 Abs. 1 S. 1 AO. Da die Verwendung des noch nicht zu Steuerzahlungen benötigten Kapitals jedoch von individuellen Finanzierungsentscheidungen des Steuerpflichtigen abhängig ist, sind bei der Betrachtung sowohl der Anlagezinssatz (Verwendung von Kapital) als auch der Darlehenszinssatz (Finanzierung von Steuernachzahlungen) für einen Vergleich mit dem Zinssatz des § 238 Abs. 1 S. 1 AO einzubeziehen (BFH, Urteil vom 1. Juli 2014 IX R 31/13, BFHE 246, 193, BStBl II 2014, 925).

    Für die vom BFH bereits entschiedenen Verzinsungszeiträume 2004 bis Dezember 2011 (vgl. BFH, Urteil vom 14. April 2015 IX R 5/14, BFHE 250, 483, BStBl II 2015, 986) lagen die Zinssätze jedoch über bzw. jedenfalls nicht wesentlich unter dem in § 238 Abs. 1 S. 1 AO genannten Zinssatz von einhalb Prozent für jeden Monat. So betrugen die Effektivzinssätze für Konsumentenkredite an private Haushalte mit anfänglicher Zinsbindung zwischen 7,14 v.H. p.a. und 5,32 v.H. p.a. [Quelle: Deutsche Bundesbank, Zinssätze und Volumina für das Neugeschäft der deutschen Banken (MFIs) - Konsumentenkredite an private Haushalte]. Diese Zinssätze haben sich auch im vorliegenden Verzinsungszeitraum bis 20. August 2013 nicht nennenswert geändert [Quelle: Deutsche Bundesbank Zinsstatistik, Zinssätze für das Neugeschäft der deutschen Banken (MFIs) Kredite an private Haushalte]. Der durchschnittliche Zinssatz für Konsumentenkredite an private Haushalte mit anfänglicher Zinsbindung lag im August 2013 noch bei 6,79 v.H.; auf gängigen Vergleichsportalen lassen sich auch zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Girokonten mit so genannten Dispozinsen unter 6,99 v.H. finden. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass sog. Dispo- oder Überziehungszinsen am ehesten als Vergleichsgrundlage für Hinterziehungszinsen heranzuziehen sind. Denn ebenso wie bei Dispo-/Überziehungszinsen auf einen Kontokorrentkredit verschafft sich der Steuerhinterzieher zu Lasten des Fiskus ein völlig ungesichertes Darlehen ohne Bonitätsprüfung mit praktisch jederzeitiger Tilgungsmöglichkeit. Für einen Verstoß gegen das Übermaßverbot oder eine sonstige zur Verfassungswidrigkeit der Regelung führende wesentliche Änderung der Verhältnisse, welche den Gesetzgeber zu einem Handeln zwingen könnte, ist daher jedenfalls im Streitzeitraum nichts ersichtlich.

    V.

    Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen verletzt auch nicht den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gemäß Art. 3 GG.

    Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet. Wirkt sich eine Erhebungsregelung gegenüber einem Besteuerungstatbestand in der Weise strukturell gegenläufig aus, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann, und liegen die Voraussetzungen dafür vor, dass dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen ist, so führt die dadurch bewirkte Gleichheitswidrigkeit zur Verfassungswidrigkeit auch der materiellen Steuernorm (BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239).

    Nach diesen Grundsätzen bestehen gegenüber der Regelung des § 235 AO und deren konkrete Anwendung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es gibt keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass Steuerpflichtige rechtlich oder tatsächlich in gleichheitswidriger Weise mit Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen belastet werden würden.

    1. Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung der Kläger, die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sei so komplex und arbeitsaufwändig, dass die Finanzverwaltung personell nicht in der Lage sei, in allen Fällen Hinterziehungszinsen festzusetzen. Die Berechnung der festzusetzenden Hinterziehungszinsen ist - nach den in dieser Entscheidung dargelegten Maßstäben - mit vertretbarem Aufwand möglich.

    2. Der Einwand der Kläger, die Finanzverwaltung verhalte sich seit über 60 Jahren aufgrund der Nichtfestsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen rechtswidrig, trifft rechtlich nicht zu. Gemäß § 4a Abs. 1 S. 2 Steuersäumnisgesetz in Form des Steueränderungsgesetzes 1965 (Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Bewertungsgesetzes, des Steuersäumnisgesetzes, der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze, BGBl. I 1965, 377 [384]) waren in der Vergangenheit verkürzte Vorauszahlungen oder Abschlagszahlungen nicht zu verzinsen. Diese Rechtslage änderte sich erst mit Einführung der AO 1977 (vgl. dazu Brandis, DStR 1990, 510, unter Fußnote 12).

    3. Mit BFH, Urteil vom 15. April 1997 VII R 74/96 wurde klargestellt, dass mit Einführung der AO 1977 auch hinterzogene Vorauszahlungen zu verzinsen sind. Das Urteil wurde in BStBl II 1997, 600 veröffentlicht und somit auch von der Finanzverwaltung angewendet. Dementsprechend regelt auch AEAO zu § 235 Nr. 2.1 zumindest seit 2003 ausdrücklich, dass auch Steuervorauszahlungen gemäß § 235 AO grundsätzlich zu verzinsen sind. Spätestens seit dem 5. August 2015 erfolgt - auch nach dem Klägervortrag - aufgrund der Verfügung der OFD Karlsruhe - S 046.2/17/1-St 313 - jedenfalls in Baden-Württemberg eine konsequente und gleichmäßige Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen. Entsprechende Dienstanweisungen ergingen auch in anderen Bundesländern (vgl. Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz, Schreiben vom 11. Januar 2017, S 0462 A-St 35 6, AO-Kartei RP § 235 AO Karte 1; Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Schreiben vom 29. August 2016, S 0462, AO-Kartei NW § 235 AO Karte 801). Es kann daher dahinstehen, ob, wie die Kläger vortragen, in der Vergangenheit die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft nicht konsequent angewendet worden ist. Die Kläger haben jedenfalls keinen Anspruch dahingehend, dass eine etwaige unzutreffende Verwaltungsauffassung oder rechtswidrige Verwaltungspraxis für die Zukunft beibehalten wird.

    4. Der weitere Vortrag der Kläger, Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen würden nur in wenigen Einzelfällen in Baden-Württemberg und neuerdings in Nordrhein-Westfalen festgesetzt, steht in Widerspruch zu der Tatsache, dass die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen schon in zahlreichen Urteilen des BFH und mehrerer Finanzgerichte behandelt wurde (vgl. BFH, Urteil vom 15. April 1997 - VII R 74/96 -, BFHE 182, 499, BStBl II 1997, 600, vorgehend FG Münster, Urteil vom 28. Juni 1996 11 K 4571/15, EFG 1996, 1135 [FG Münster 28.06.1996 - 11 K 4571/95]; FG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 1989 4 K 397/83 AO, EFG 1989, 491; FG Nürnberg, Urteil vom 24. März 1993 V 168/90, EFG 1993, 698; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Dezember 2006 10 K 316/00, EFG 2007, 1840; FG Münster, Urteil vom 20. April 2016 7 K 2354/13 E, EFG 2016, 965). Außerdem trägt der Prozessbevollmächtigten der Kläger selbst vor, er führe eine Vielzahl von Einspruchs- und Klageverfahren wegen der Festsetzung von Hinterziehungszinsen sowohl in Baden-Württemberg als auch in Nordrhein-Westfalen, welche derzeit teilweise ruhend gestellt seien und für die das vorliegende Klageverfahren als "Musterverfahren" diene.

    5. Eine Überlastung der Finanzverwaltung wegen festzusetzender Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen folgt auch nicht aus dem von den Klägern geltend gemachten Umstand, eine verspätet abgegebene Steuererklärung stelle regelmäßig eine Selbstanzeige zu einer zuvor begangenen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO dar.

    a) Der Senat bezweifelt insoweit bereits die These der Kläger, dass es diese "unzähligen Fälle" verspäteter Abgaben von Steuererklärungen überhaupt gibt, da die Finanzverwaltung in der Vergangenheit in der Regel auf Antrag Fristverlängerung bis 28. Februar des Folgejahres oder im Falle steuerlich beratener Steuerpflichtiger sogar großzügige Dauerfristverlängerung gewährte. Die Fälle der Steuerhinterziehung durch verspätete Abgabe von Steuererklärungen betreffen daher von vornherein nur diejenigen Fälle, in denen die Steuererklärung erst nach Ablauf der verlängerten Frist abgegeben wird.

    b) Für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen nach § 235 AO ist erforderlich, dass der objektive und subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt ist. Dies dürfte für die überwiegende Mehrzahl der Fälle einer schlicht verspätet abgegebenen Steuererklärung jedenfalls hinsichtlich einer Verkürzung von Vorauszahlungen nicht erweislich sein.

    In vielen Fällen wird bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt sein. Für die Annahme einer Steuerhinterziehung hinsichtlich der Vorauszahlungen durch verspätete Abgabe einer Steuererklärung ist es erforderlich, dass durch die verspätete Abgabe einer Jahreserklärung eine (frühere) Heraufsetzung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen unterbleibt bzw. eine erstmalige Festsetzung von Vorauszahlungen nicht oder verspätet durchgeführt wird. Wie der Streitfall zeigt, ist dies nicht zwingend der Fall. Vielmehr kann durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung auch eine Anpassung zu Gunsten des Steuerpflichtigen unterblieben sein, nämlich in den Fällen, in denen sich die Einkommenssituation rückläufig entwickelt hatte, oder in denen eine Anpassung unterbleibt, weil die Grenzen des § 37 Abs. 5 EStG nicht überschritten werden. Es dürfte daher ebenso viele Fälle geben, in den eine Herabsetzung von Vorauszahlungen unterblieben bzw. gemäß § 37 Abs. 5 EStG nicht erforderlich ist, wie solche, in den eine Anhebung der Vorauszahlung unterblieben ist.

    c) In den Fällen einer nur geringfügigen Fristüberschreitung wird der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung hinsichtlich der Vorauszahlungen deshalb nicht verwirklicht, weil die Vorauszahlungen trotz der Fristüberschreitung noch rechtzeitig angepasst werden können.

    So ist die Einkommensteuererklärung ohne Fristverlängerung bis zum 31. Mai des Folgejahres abzugeben. Theoretisch könnten zu diesem Zeitpunkt zwar bereits die Vorauszahlungen ab dem zweiten Quartal des laufenden Jahres angepasst werden. Aufgrund der normalen Bearbeitungszeiten und des maschinellen Ablaufs ist dies in der Regel jedoch unmöglich. Aus tatsächlichen Gründen können daher frühestens die Vorauszahlungen ab dem dritten Quartal zum 10. September angepasst werden, so dass sich geringfügige Verspätungen kaum auf eine verspätete Festsetzung bzw. Anpassung von Vorauszahlungen auswirken dürften. Für Fälle, in denen Fristverlängerung gewährt wurde, gilt entsprechendes.

    d) Auch in den Fällen, in denen der objektive Tatbestand verwirklicht wird, wird sich häufig der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung hinsichtlich der Vorauszahlungen nicht mit der für eine Festsetzung von Hinterziehungszinsen erforderlichen Sicherheit feststellen lassen. Denn ob durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung eine Anhebung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen unterbleibt, wird in vielen Fällen der Steuerpflichtige erst dann wissen, wenn die Steuererklärung erstellt ist.

    Es dürfte daher in der Regel nicht zu beanstanden sein, wenn die Finanzverwaltung im Falle der schlicht verspäteten Abgabe einer Steuererklärung mangels Beweisbarkeit einer vollendeten Steuerhinterziehung in Hinblick auf Vorauszahlungen von der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen absieht.

    VI.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Maßstäbe zur Bestimmung der Festsetzungsfrist für Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen zur Einkommensteuer sowie zur Ermittlung des Zinslaufs sind bislang noch nicht geklärt. Die Entscheidung weicht insoweit teilweise ab von FG Münster, Urteil vom 20. April 2016 7 K 2354/13 E, EFG 2016, 965.