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  • 13.04.2006 · IWW-Abrufnummer 061103

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 21.02.2006 – IX R 78/99

    Das FA ist nicht verpflichtet, eine aufgrund der gleich lautenden Ländererlasse über Steuererklärungsfristen (hier vom 2. Januar 1998, BStBl I 1998, 97) im vereinfachten Verfahren beantragte Fristverlängerung bis zum 28. Februar des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres (ohne eigenes Ermessen) in jedem Falle auszusprechen.


    Gründe:

    I.

    Der Prozessbevollmächtigte der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe, beantragte mit Schreiben vom 30. September 1998 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) wegen der in seiner Praxis bestehenden Arbeitsüberlastung die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen 1997 (Streitjahr) bis zum 28. Februar 1999 zu verlängern. Für die Steuerpflichtigen, auf die sich der Antrag beziehen sollte, waren als Anlage Einzelanträge beigefügt, die --so auch der die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung 1997 der Kläger betreffende-- jeweils ohne Angabe von Gründen die Bitte um stillschweigende Fristverlängerung bis zum genannten Termin enthielten. Das FA lehnte den die Kläger betreffenden Antrag durch ein Formularschreiben vom 2. Oktober 1998 ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass für diese die Steuererklärungen für das Jahr 1996 noch nicht eingereicht seien.

    Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1058 veröffentlicht.

    Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (insbesondere des § 5 der Abgabenordnung --AO 1977--).

    Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz, des Ablehnungsbescheides vom 2. Oktober 1998 und der Einspruchsentscheidung vom 31. März 1999 die beantragte Fristverlängerung zu gewähren, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

    Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

    II.

    Die zulässige Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend die Ablehnung der beantragten Fristverlängerung durch das FA als rechtmäßig angesehen.

    1. Die Revision ist zulässig.

    a) Die Kläger können zwar mit ihrem Verpflichtungsantrag keinen Erfolg haben, weil dieser (nunmehr) unzulässig ist. Nach den die Zulässigkeit der Revision betreffenden und damit vom Revisionsgericht (im sog. Freibeweis) zu treffenden Feststellungen (s. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rz. 44) haben sich die streitbefangenen Verwaltungsakte zwischenzeitlich dadurch erledigt, dass die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 1997 im Jahre 2000 beim (für die Veranlagung der Kläger zuständigen) FA eingereicht worden sind; hierdurch erübrigt sich die von den Klägern angestrebte positive Sachentscheidung (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514, unter II. 1. a; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz. 57). Für die Kläger besteht jedoch --auch im Revisionsverfahren-- die Möglichkeit, von ihrer ursprünglichen Verpflichtungsklage zu einer sog. Fortsetzungsfeststellungsklage i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO überzugehen (z.B. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2000 VII R 18/00, BFHE 193, 234, BStBl II 2001, 263; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 100 FGO Rz. 162 f.), um so die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Fristverlängerung feststellen zu lassen (z.B. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 XI R 82/00, BFHE 201, 399, BStBl II 2003, 550).

    b) Da der Senat an die Fassung des Antrags der Kläger nicht gebunden ist (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) und das Fortsetzungsfeststellungsbegehren sachlich eine --angesichts der Prozesslage gebotene-- Einschränkung des ursprünglichen Begehrens bedeutet (s. dazu Lange in HHSp, § 100, Rz. 156 f., m.w.N.), legt er den als Verpflichtung formulierten Antrag der Kläger dahin aus, dass dieser als Fortsetzungsfeststellungsantrag nunmehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Fristverlängerung gerichtet ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Januar 1987 IX R 90/83, BFH/NV 1987, 445; vom 6. März 1986 I R 299/82, BFH/NV 1987, 626; vom 29. Juni 1988 X R 27/87, BFH/NV 1989, 233; vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797, jeweils zur Auslegung eines Anfechtungsantrages; a.A. Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz. 60). Die Kläger haben auch das nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung. Aus dem Urteil des FG ergibt sich, dass es ein gegen die Festsetzung und Androhung von Zwangsgeldern gerichtetes Klageverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt hat.

    2. Die Revision ist jedoch unbegründet.

    a) Die Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur daraufhin überprüft werden darf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 102 FGO i.V.m. § 109 AO 1977). Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 kann die in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 festgelegte Frist, nach der Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr beziehen, spätestens fünf Monate nach dessen Ablauf abzugeben sind, verlängert werden. Die danach für den Veranlagungszeitraum 1997 geltende Abgabefrist bis zum 31. Mai 1998 haben die obersten Finanzbehörden der Länder in gleich lautenden Erlassen vom 2. Januar 1998 (BStBl I 1998, 97) für Steuerpflichtige, deren Steuererklärungen durch Angehörige der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, allgemein bis zum 30. September 1998 verlängert (II. Abs. 1 Satz 1 der Erlasse). Diese Abgabefrist können die Finanzämter in einem vereinfachten Verfahren bis spätestens zum 28. Februar 1999 verlängern (II. Abs. 1 Satz 2 der Ländererlasse).

    b) Zu Unrecht machen die Kläger geltend, nach den in diesen Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage des § 109 AO 1977 festgelegten Grundsätzen (zur Zulässigkeit und dem Umfang einer Ermessensbindung vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514) ergebe sich für sie in jedem Fall ein Anspruch auf Fristverlängerung bis zum 28. Februar 1999. Nach dem Wortlaut der Ländererlasse ("können ... verlängern") ist die Verlängerung auch im vereinfachten Verfahren in das Ermessen des FA gestellt. Dieses mag zwar regelmäßig sachgerecht dahin auszuüben sein, dass die Frist gewährt wird. Andererseits enthalten die Ländererlasse (unter II. Abs. 2 Satz 2) auch den Hinweis, im Übrigen werde sowohl für den Zeitraum der allgemeinen Fristverlängerung als auch für den Zeitraum einer weiteren Verlängerung der Abgabefrist in einem vereinfachten Verfahren davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, das FA habe ohne Ermessensfehler den Antrag der Kläger auf Fristverlängerung mit dem Hinweis auf die noch ausstehende Erklärung des Vorjahres und die verspätete Abgabe von Steuererklärungen in früheren Jahren mangels ausreichender Begründung abgelehnt (vgl. auch FG des Saarlandes, Urteil vom 17. März 2004 1 K 46/03, EFG 2004, 1018).

    c) Im Rahmen der revisionsrechtlichen Überprüfung ergeben sich auch keine Bedenken gegen die Auffassung des FG, das FA habe in der insoweit maßgeblichen schriftlichen Entscheidungsbegründung (§ 121 Abs. 1 AO 1977) ohne Ermessensverstoß unberücksichtigt gelassen, dass die Kläger die Fristverlängerung für die Abgabe der Umsatz- und Einkommensteuererklärung 1997 (in dem auch ihren Antrag betreffenden (Sammel-)Schreiben vom 30. September 1998) mit einer zur Zeit in der Praxis ihres Prozessbevollmächtigten bestehenden Arbeitsüberlastung begründet hatten. Zum einen sind solche allgemeinen Arbeitsüberlastungen mit der (nach den Ländererlassen) generellen Fristverlängerung bis zum 30. September des dem Veranlagungszeitraum folgenden Jahres "abgegolten" und nicht geeignet, weitere Fristverlängerungen, auch nicht im "vereinfachten Verfahren", zu rechtfertigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514, unter II. 2. b bb). Zum anderen ergibt sich aus dem pauschalen Hinweis auf eine zum Zeitpunkt des Fristverlängerungsantrages (30. September 1998) die Abgabe der Steuererklärungen für 1997 hindernde zeitweilige Arbeitsüberlastung nicht, aus welchen Gründen auch die Steuererklärungen für das Vorjahr 1996 noch nicht und in früheren Jahren die Steuererklärungen jeweils verspätet abgegeben worden sind.

    RechtsgebieteAO 1977, FGOVorschriftenAO 1977 § 5 AO 1977 § 109 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 § 149 Abs. 2 Satz 1 FGO § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO § 102