09.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208200
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 30.08.2018 – 9 K 9099/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urt. v. 30.08.2018
Az.: 9 K 9099/16
In dem Rechtsstreit
des Herrn A...,
Kläger,Bevollmächtigte:
vertreten durch:
gegen
das Finanzamt,
Beklagter,
wegen Auskunftsersuchen gemäß § 93 AO in den steuerlichen Angelegenheiten der Fa. C...
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 9. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. August 2018 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,den Richter am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht ...
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von 21 an Dritte gerichtete Auskunftsersuchen des Beklagten im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung.
Der Kläger betreibt in B... unter der Firma "C..." einzelunternehmerisch einen Handel mit Kraftfahrzeugen, vor allem mit Gebrauchtwagen. Er erzielte laut den eingereichten Jahressteuererklärungen und Bilanzen in den Jahren 2008 bis 2011 positive Betriebsergebnisse in Höhe von mindestens 113 671 EUR (2008) bis zu 267 288 EUR (2009).
Mit Bescheid vom 4. November 2015 ordnete der Beklagte die Durchführung einer Außenprüfung beim Kläger betr. Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer für die Jahre 2009 bis 2011 an.
Im Rahmen der Außenprüfung führte die Prüferin mehrere Anfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt (künftig: KBA) hinsichtlich der vom Kläger in den Jahren 2009 bis 2011 angekauften Fahrzeuge durch. Dabei stellte sich heraus, dass in einer Reihe von Fällen diejenigen Personen, die die Fahrzeuge an den Kläger verkauft hatten, nicht mit dem jeweils letzten Halter der Fahrzeuge identisch waren. Anhand der übergebenen Geschäftsunterlagen konnte die Prüferin die Bewegungen der vorgenannten Fahrzeuge in der Kette zwischen dem letzten Fahrzeughalter laut Auskunft des KBA und dem Kläger nicht nachvollziehen. Die Fahrzeugbriefe hatte der Kläger beim Weiterverkauf der Fahrzeuge ausgehändigt.
In einem am 8. Februar 2016 begonnenen und nach Eingang weiterer Auskünfte des KBA am 9. bzw. 10. Februar 2016 ergänzten Aktenvermerk hielten die Außenprüferin, Frau D..., und die zuständige Sachgebietsleiterin für Betriebsprüfung, Frau E..., bestimmte Umsätze des Klägers mit Gebrauchtfahrzeugen als auffällig fest und stellten Erwägungen über durchzuführende Auskunftsersuchen an. In diesem Vermerk (Bl. 000039 ff. BP-Handakten), der nachstehend hinsichtlich der streitgegenständlichen 21 Auskunftsersuchen wiedergegeben wird, heißt es:
"Nach interner Rücksprache im Haus am 08.02.2016 (s. separate Gesprächsnotizen) sind die Auskunftsersuchen an die letzten Halter der Fahrzeuge durch die BP zu fertigen.Ermessensentscheidungen:
Allgemeine Vorbemerkungen: Nach - durch die Vorprüfgruppe - durchgeführten KBA-Anfragen wurde erkennbar, dass die Personen, die die Fahrzeuge an [den Kläger] verkauft haben, nicht die letzten Halter der Fahrzeuge waren.
Verkäufer (nicht letzter Halter) G...
Einkauf am 03.09.08 [Kläger]
Nach Auffassung der BP kann eine Anfrage an [den Kläger] unterbleiben, da diese(r) vom Käufer das Fahrzeug erworben hat (= Belege in Fibu vorhanden und gebucht) und nicht vom letzten Halter. Es ist davon auszugehen, dass der letzte Halter [dem Kläger] unbekannt sei.
Die Sachverhaltsaufklärung durch den Beteiligten [Kläger] verspricht keinen Erfolg (§ 93 Abs. 1 S. 3 AO). Satz 3 eröffnet die Möglichkeit, Auskunftsersuchen direkt an Dritte zu richten, wenn die SV erklärung durch den Beteiligten keinen Erfolg verspricht. Die Aufklärung des SV durch den Beteiligten verspricht dann keinen Erfolg, wenn sie nach den Umständen nicht zu erwarten ist (s. Hinweis Abweichungen Käufer - letzter Halter bzw. letzter Halter mit abweichenden Daten in LUNA). (AEAO zu § 93, Rz. 12).
Um aber die Fahrzeugbewegung in der Kette aufzuklären, sind die letzten Halter anzuschreiben und danach nachfolgend die jeweiligen Käufer bis [zum Kläger] hin.
Es erfolgen keine rasterfahndungsähnlichen flächendeckenden Prüfungen ohne konkreten Anlass ("ins Blaue hinein"). Die BP konzentriert sich auf die handgeschriebenen AE, da der Regelfall der Ankauf der Fahrzeuge über PC-Ankaufscheine darstellt. In Bezug auf PC-Ankaufscheine wurden diejenigen herausgesucht, die auffällig (nicht die Norm) waren; Bsp. abweichender Kilometerstand und Verkäufe durch H... (Ehefrau des Autohändlers G.../I... mit anderer Kundennummer usw.).
(...)
Fazit. Auskunftsersuchen an Dritte sind dann geboten, wenn die Beteiligten vermutlich keine eigenen Kenntnisse über den relevanten SV besitzen und eine Auskunft daher ohne Hinzuziehung der Dritten nicht erteilt werden könnten. In diesem Fall ist das Auskunftsersuchen unmittelbar an denjenigen zu richten, der über die entsprechenden Kenntnisse verfügt (AEAO zu § 93, Rz. 1.2.3).
Nachfolgende Auskunftsersuchen werden vorerst erstellt (Stand 08.02.- 10.02.2018):
Letzter Halter Verkäufer an [den Kläger] Anmerkung, warum
J..., KBA II G... Sonst PC-Ankaufscheine, hier wie gebastelter Ankaufschein (Schriftarten und -größe)
FA. F... GmbH, KBA IV G... Sonst PC-Ankaufscheine, hier wie gebastelter Ankaufschein (Schriftarten und -größe)
K..., KBA IV G... Sonst PC-Ankaufscheine, hier wie gebastelter Ankaufschein (Schriftarten und -größe)
L..., KBA I O... (unleserlich) Handschriftlicher Ankaufschein, handelt es sich um die gleiche Person/ abw. Adressen? Lt. Internetrecherche gibt es zwar die P...-allee, aber diese Straße hat keine Gebäude und Straßennummern, außerbetriebgesetzt 02.04.09, am 13.04.09 erst Ankauf durch [den Kläger] eines aktiven Fahrzeuges!!
M...-str. P...-allee
N... N...
Q..., KBA II R... Handgeschriebener Ankaufschein, betrieb mal einen Kfz-Handel, Signal aber gelöscht
S..., KBA I T... Handschriftliche Ankaufscheine; T... ist in LUNA; § 139b AO, Internet, Tel.buch nicht auffindbar, EMA erfolgt, noch keine Antwort
U..., KBA I T... Handschriftliche Ankaufscheine; T... ist in LUNA; § 139b AO, Internet, Tel.buch nicht auffindbar, EMA erfolgt, noch keine Antwort
V..., KBA II W... Handschriftliche Ankaufscheine (3 Stück alle im März 2009), betrieb Autowaschanlage bis 11/2008, dann wieder ab 11/2011, zwischendurch privat - 3 Autos verkauft
X..., KBA I W... Handschriftliche Ankaufscheine (3 Stück alle im März 2009), betrieb Autowaschanlage bis 11/2008, dann wieder ab 11/2011, zwischendurch privat - 3 Autos verkauft
Fa. Y... AG, KBA I W... Handschriftliche Ankaufscheine (3 Stück alle im März 2009), betrieb Autowaschanlage bis 11/2008, dann wieder ab 11/2011, zwischendurch privat - 3 Autos verkauft
(keine Außerbetriebsetzung durch die Firma, wie dann W... involviert?)
Z..., KBA II AA... PC Ankaufschein, aber AA... Autohändler - Ähnlichkeiten mit AA... (Verweis auf Treffer in zauber für AB...)
AC..., KBA II AD... (Verkauf am 11.02.2009) Handschriftlicher Ankaufschein, Ankauf durch [den Kläger] von AD..., obwohl AC... bis 12.02.09 Halterin war
AE..., KBA IV AF... Handschriftlicher Ankaufschein, nicht auffindbar in LUNA, § 139b AO auch nicht
AG..., KBA IV AH... Handschriftlicher Ankaufschein, nicht auffindbar in LUNA, § 139b AO auch nicht
AI..., KBA IV AJ... (AK...) Handschriftlicher Ankaufschein, nicht auffindbar in LUNA, § 139b AO auch nicht
AL..., KBA IV AM... lt. Ankaufschein, AN... lt. LUNA Handschriftlicher Ankaufschein, abweichender Name - gleiche Person?, alle handschriftlichen Ankaufscheine sehen gleich aus
AO..., KBA V AP... ER mit 65.000 km, AR mit 22.000 km - anfragen, ungewöhnlich hoher Gewinnaufschlag und nachträglich KP-minderung
AQ..., KBA III H... PC Ankaufschein, aber Autohändler ist G... = I..., hier Verkauf durch H... (= Ef)
AR..., KBA III AS... PC Ankaufschein, aber Autohändler ist G... = I..., hier Verkauf durch AS... mit anderem geb.datum
AT..., KBA III H... PC Ankaufschein, aber Autohändler ist G... = I..., hier Verkauf durch H... (= Ef)
AU..., KBA III H... PC Ankaufschein, aber Autohändler ist G... = I..., hier Verkauf durch H... (= Ef)
AV..., KBA III H... PC Ankaufschein, aber Autohändler ist G... = I..., hier Verkauf durch H... (= Ef)
- 25 Auskunftsersuchen sind zu fertigen, Auswahlermessen getroffen, Kfz-Abmeldungen und somit die jeweiligen Auskunftsersuchen betreffen die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 (Summe 25 AE/4 Jahre)
- Lt. BP kein Übermaß an Auskunftsersuchen (.....)"
Die Abkürzung LUNA im vorgenannten Aktenvermerk steht für "Länderumfassende Namensauskunft". Hierüber kann die Finanzverwaltung persönliche Daten, Steuernummern und Einzelheiten über die steuerliche Führung von natürlichen oder juristischen Personen abfragen.
Mit Schreiben vom 9. bzw. vom 10. Februar 2016 richtete die Prüferin unter Berufung auf § 93 der Abgabenordnung (AO) Auskunftsersuchen an die 21 im Aktenvermerk als vom BKA benannten letzten Fahrzeughalter.
Die versandten Auskunftsersuchen hatten jeweils folgenden Wortlaut:
"Auskunftsersuchen für 2008 gemäß § 93 Abgabenordnung (AO) in den steuerlichen Angelegenheiten der Firma C..., AW...-str., B...
Anlage 1: RechtsbehelfsbelehrungAnlage 2: Auskunftsverweigerungsrechte gemäß der AO
Sehr geehrte Damen und Herren,
andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten (hier: Firma C...) nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.Bezüglich der steuerlichen Angelegenheiten der Firma C..., Inhaber A..., wird um folgende Auskünfte gebeten:
Ihre Firma war Fahrzeughalter eines .......... mit dem amtlichen Kennzeichen ....... Die Ausserbetriebsetzung erfolgte am ...... Es wird um Auskunft gebeten, wann und an wen Sie das Fahrzeug verkauft haben und zu welchem Preis. Ebenso wird - wenn noch vorhanden - um Vorlage Ihres Verkaufsbeleges gebeten.Es wird um Erledigung bis zum 25.02.2016 gebeten. Für Rückfragen stehe ich ihnen gern zur Verfügung. Danke für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen ....."
Das an Herrn Q... gerichtete Ersuchen kam als postalisch "unzustellbar" zurück und wurde daraufhin vom Beklagten nicht erneut versendet. Auf die übrigen Auskunftsersuchen erhielt der Beklagte zwischen dem 12. Februar und dem 14. März 2016 insgesamt 16 Antworten; die übrigen Ersuchen blieben unbeantwortet.
Neben den vorgenannten 21 Auskunftsersuchen hatte der Beklagte in seinem Aktenvermerk vom 8.-10. Februar 2016 weitere vier Sachverhalte identifiziert, von denen drei (betreffend die Fahrzeughalter AX..., AY... und AZ...) zu Auskunftsersuchen führten, während in einem Fall (BA...) die Übersendung eines Auskunftsersuchens mit dem Hinweis unterblieb: "ACHTUNG: AE nicht versenden, da ein Herr BA... im Unternehmen der Bfa. arbeitet!!!"
Der Kläger erhob gegen die Auskunftsersuchen fristgerecht Einspruch. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens hob der Beklagte die an die Herren AX..., AY... und AZ... gerichteten Auskunftsersuchen unter Berufung auf § 130 AO mit der Begründung auf, dass er, der Beklagte, die notwendigen Auskünfte auch auf andere Weise erlangen könne.
Streitgegenständlich sind damit die verbleibenden 21 Auskunftsersuchen gemäß dem vorstehend wiedergegebenen Aktenvermerk.
Zur Begründung seiner Einsprüche führte der Kläger aus, die Aussage des Beklagten, dass die Sachverhaltsaufklärung durch ihn (den Kläger) "nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht", sei nicht nachvollziehbar, da derzeit keine unbeantworteten Anfragen der Prüferin vorlägen.
Seit dem Ergehen der Prüfungsanordnung sei alles Mögliche getan worden, um den Verlauf der Außenprüfung so reibungslos wie möglich zu gestalten. Gestellte Fragen seien sofort beantwortet, angeforderte Belege und Unterlagen umgehend zur Verfügung gestellt worden.
Der Kläger bat um Übersendung einer Aufstellung der Auskunftsersuchen und der Ergebnisse dieser Anfragen. Am 6. April 2016 übergab der Beklagte dem Kläger Aufstellungen, aus denen hervorging, an wen die 21 Auskunftsersuchen gerichtet worden waren, um welche Fahrzeuge es sich dabei handelte, wann der Ankauf durch den Kläger erfolgt war und von wem er zu welchem Preis das betreffende Fahrzeug angekauft hatte. Der Kläger wurde um Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung, insbesondere um Erklärung, ob und wie die Geschäfte tatsächlich gelaufen seien, gebeten.
Der Kläger teilte hierzu mit, dass die Auskunftsersuchen für seine Besteuerung bedeutungslos seien. Denn die Empfänger der Auskunftsersuchen könnten im Hinblick auf den Erwerb des jeweiligen Fahrzeugs durch ihn, den Kläger, keine Auskunft geben.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. April 2016 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die 21 Auskunftsersuchen rechtmäßig gewesen seien. Nach § 93 Abs. 1 AO hätten Beteiligte und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Im Rahmen ihrer Verpflichtung, den maßgebenden Sachverhalt zur Durchsetzung materiell-rechtlich begründeter Steueransprüche aufzuklären (§§ 85, 88 AO), dürfe sich die Finanzbehörde derjenigen Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich halte (§ 92 Satz 1 AO). Zu diesen Beweismitteln zählten auch Auskünfte anderer Personen als der Beteiligten im Besteuerungsverfahren (§ 92 Satz 2 Nr. 1 AO). Rechtsgrundlage hierfür sei § 93 Abs. 1 Satz 1 AO.
Voraussetzung für ein Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO sei, dass die Heranziehung eines Auskunftspflichtigen im Einzelfall aufgrund hinreichend konkreter Umstände oder allgemeiner Erfahrungen geboten sei. Unter dieser Voraussetzung seien grundsätzlich auch Sammelauskunftsersuchen zulässig. Unzulässig seien hingegen Auskunftsersuchen, wenn jedwede Anhaltspunkte für steuererhebliche Umstände fehlen würden, etwa im Rahmen sog. Rasterfahndungen oder ähnlicher Ermittlungen "ins Blaue hinein". Die Erforderlichkeit der Sachverhaltsaufklärung durch ein Auskunftsverlangen habe die Behörde durch eine Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung zu prüfen. Würden konkrete Anhaltspunkte oder allgemeine Erfahrungen dafür sprechen, die Auskünfte könnten zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen, sei das Auskunftsverlangen gerechtfertigt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2007, 227).
Das auf § 93 Abs. 1 Satz 1 AO beruhende Auskunftsersuchen sei ein Ermessensverwaltungsakt. Die Finanzbehörde könne eine Auskunft nach § 93 AO nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2013, 431). Die gesetzliche Regelung in § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sei eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wonach andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden sollen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche (sog. Subsidiaritätsprinzip). Für die zu treffende Ermessensentscheidung seien die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung maßgeblich.
Die Auffassung des Klägers, die Auskunftsersuchen vom 9. und vom 10. Februar 2016 seien für die Besteuerung bedeutungslos, sei unzutreffend.
Vielmehr dienten sie der Ermittlung steuerlich erheblicher Tatsachen. Der Kläger habe in den Jahren 2008 bis 2011 in erheblichem Umfang gebrauchte Kraftfahrzeuge angekauft und weiterveräußert. Die hieraus erzielte Gewinnmarge unterliege der Einkommen- und Umsatzsteuer. Da der Kläger die Differenzbesteuerung nach § 25 a Umsatzsteuergesetz - UStG - anwende, unterliege die Marge auch der Umsatzsteuer.
Im Rahmen der Außenprüfung müsse er, der Beklagte, überprüfen, ob die in den vorgelegten Ankaufscheinen und -rechnungen ausgewiesenen Einkaufspreise den tatsächlichen Einkaufspreisen entsprächen und der Kläger somit die zutreffende Marge versteuert habe. Deshalb wolle er, der Beklagte, die Fahrzeugbewegung in der Kette zwischen dem letzten Fahrzeughalter und dem Kläger vollständig aufklären, um feststellen zu können, ob der in den Ankaufscheinen ausgewiesene Preis dem wirklichen Kaufpreis entspreche oder der Kaufpreis tatsächlich niedriger gewesen sei.
Die mit den Auskunftsersuchen angeforderten Auskünfte seien zur Aufklärung des Sachverhalts geeignet. Denn er, der Beklagte, habe mit dem Auskunftsersuchen ehemalige Fahrzeughalter - als erstes Glied der Kette - aufgefordert, Auskünfte zum Verkauf ihrer Fahrzeuge zu erteilen. Im nächsten Schritt würden dann die von den ehemaligen Fahrzeughaltern benannten Käufer um Auskunft gebeten werden, wann und an wen sie das Fahrzeug weiterverkauft hätten und zu welchem Preis. Diese Anfragen würden fortgesetzt, bis die Verkaufskette für die betreffenden Fahrzeuge vollständig nachvollzogen worden sei.
Er, der Beklagte, benötige die geforderten Auskünfte zur Sachverhaltsaufklärung. Denn diese Informationen seien weder offenkundig noch seien sie ihm bereits bekannt. Auch sei die Festsetzungsfrist für die von der Außenprüfung umfassten Steuern noch nicht abgelaufen.
Die Erteilung der gewünschten Auskünfte sei den 21 Empfängern der Auskunftsersuchen möglich. Die Inanspruchnahme der früheren Halter der betreffenden Fahrzeuge sei auch erforderlich. Denn er, der Beklagte, könne sich die von den Auskunftspersonen geforderten Angaben nicht etwa auf amtlichem Wege oder sonst wie leichter, d. h. einfacher, beschaffen. Die Verkaufskette können auch nicht anhand der Fahrzeugbriefe aufgeklärt werden. Denn aufgrund der Stilllegung der Fahrzeuge seien die Zwischenhändler nicht als Halter in die Fahrzeugpapiere eingetragen worden. Ihm, dem Beklagten, stehe nur die Auskunftseinholung als Aufklärungsmittel zur Verfügung.
Die Auskunftsersuchen seien auch mit Blick auf die Vorschrift des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO verhältnismäßig. Nach dem darin zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsprinzip sollten andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Durch diese Vorschrift solle Dritten eine Auskunft, die auch beim Beteiligten eingeholt werden könne, erspart bleiben, weil die Auskunftserteilung mit nicht unerheblicher Mühe sowie mit Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein könne und weil Dritten aufgrund der Auskunftserteilung Unannehmlichkeiten, Nachteile oder sonstige unerwünschte Folgen erwachsen können. Die vorgenannte Vorschrift diene aber auch dem Interesse der Beteiligten daran, dass andere Personen über die "steuerlichen Verhältnisse" der Beteiligten nichts erfahren würden. Zu diesen "steuerlichen Verhältnissen" des Beteiligten gehöre auch das Verwaltungsverfahren an sich, die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maßnahmen, die der Betroffene vorgenommen habe.
Außerdem gehörten hierzu die Tatsachen, ob und bei welcher Finanzbehörde ein Steuerpflichtiger geführt werde und ob eine Außenprüfung bei ihm stattgefunden habe.
Die Sachverhaltsaufklärung durch den Beteiligten verspreche keinen Erfolg, wenn die Wahrheitsfindung mit Hilfe des Beteiligten aus persönlichen und sachlichen Gründen voraussichtlich scheitern werde, zum Beispiel, weil der Beteiligte nicht mitwirken könne, nicht mitwirken müsse oder wolle oder unglaubwürdig, unzuverlässig oder querulatorisch ("schwierig") sei. Eine bloße zeitliche Verzögerung bei der Sachverhaltsermittlung bei Nichtinanspruchnahme eines Dritten reiche hingegen als Tatbestandsvoraussetzung nicht aus. § 93 Abs. 1 Satz 3 AO setze aber weder voraus, dass eine Sachverhaltsaufklärung mit Hilfe des Beteiligten bereits in früheren Jahren erfolglos gewesen sei noch irgendeine vorherige Mitwirkung des Beteiligten. Führe eine Sachverhaltsaufklärung mit Hilfe des Beteiligten voraussichtlich nicht zum Ziel, sei eine unmittelbare Inanspruchnahme Dritter zulässig, selbst wenn die Finanzbehörde nicht einmal versucht habe, den Beteiligten zur Mitwirkung anzuhalten.
Ob eine Aufklärung des Sachverhalts mit Hilfe des Beteiligten tatsächlich unmöglich sei oder voraussichtlich scheitern werde, entscheide die Finanzbehörde, nicht der Beteiligte oder der auskunftspflichtige Dritte. Die Entscheidung, ob die Sachaufklärung durch den Beteiligten Erfolg verspreche oder nicht, treffe die Finanzbehörde im Wege einer Prognose und vorweggenommenen Beweiswürdigung (Hinweis auf Schuster, in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO-FGO, § 93 AO Rz. 87 ff.).
Im Streitfall habe er, der Beklagte, das Auskunftsersuchen - ohne den Kläger vorher zur Sachverhaltsaufklärung aufzufordern - an die anderen Personen gerichtet, weil er davon ausgegangen sei und noch immer davon ausgehe, dass die Sachverhaltsaufklärung durch den Kläger keinen Erfolg verspreche, da er aller Wahrscheinlichkeit nach keine Kenntnisse über den relevanten Sachverhalt besitze und daher die gewünschten Auskünfte nicht erteilen könne. Da die Fahrzeugverkäufe, auf die sich die Auskunftsersuchen bezögen, nicht an den Kläger, sondern an andere Personen erfolgt seien, sei nicht zu erwarten, dass der Kläger zu diesen Verkaufsgeschäften Auskünfte (Zeitpunkt des Verkaufs, Name des Erwerbers und vereinbarter Kaufpreis) erteilen könne.
Seine, des Beklagten, Annahme, dass der Kläger zu den betreffenden Verkäufen keine Auskünfte erteilen könne, habe sich im Laufe des Einspruchsverfahrens bestätigt. Denn mit Schreiben vom 6. April 2016 habe er dem Kläger mitgeteilt, an wen er die Auskunftsersuchen gerichtet habe und auf welche Fahrzeuge sich die Anfragen bezogen hätten. Gleichzeitig sei der Kläger um Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung gebeten worden, insbesondere um Erklärung, ob und wie die Geschäfte tatsächlich abgelaufen seien. Der Kläger habe jedoch bislang zu den Fahrzeugverkäufen zwischen dem letzten Halter lauf Angaben des KBA und den Personen, die ihm die Fahrzeuge verkauft hätten, keine Angaben gemacht.
Schließlich seien die Auskunftsverlangen auch zumutbar. Denn die Betroffenen seien lediglich zu einer einmaligen Auskunftserteilung aufgefordert worden. Zudem würden die Auskunftsersuchen nur wenige Fragen umfassen, sodass ihre Beantwortung durch die Dritten nur mit relativ geringem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sei.
Die Auskunftsersuchen seien auch nicht ohne begründeten Anlass ("ins Blaue hinein") ergangen. Er, der Beklagte, habe vielmehr aufgrund der Ergebnisse der Anfragen beim KBA und der festgestellten Auffälligkeiten bei den Ankaufsbelegen für bestimmte Fahrzeugerwerbe weitere Ermittlungsmaßnahmen für erforderlich gehalten.
Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die Voraussetzungen einer sog. Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung von § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - im vorliegenden Fall erfüllt seien.
Als "berechtigtes Interesse" an einer solchen Feststellungsklage genüge jedes konkrete, durch die Sachlage gerechtfertigte Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (z. B. Wiederholungsgefahr). Im vorliegenden Fall bestehe eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr. Der Beklagte habe trotz des anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens zu erkennen gegeben, dass er acht weitere Auskunftsersuchen plane (Hinweis auf Schreiben der Betriebsprüfungsstelle vom 22. April 2016 und den Inhalt der angefochtenen Einspruchsentscheidung vom 28. April 2016).
Die Auskunftsersuchen hätten ihm, dem Kläger, gegenüber eine diskriminierende Wirkung. Der Beklagte habe gegenüber Dritten den Eindruck erweckt, dass in seinem, des Klägers, Geschäftsverkehr bei Fahrzeugankäufen Unstimmigkeiten und Unregelmäßigkeiten bestehen würden. Er habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Finanzverwaltung das Steuergeheimnis gegenüber Dritten wahre und Dritte über eine laufende Betriebsprüfung in seinem Unternehmen und über vorläufige Prüfungsfeststellungen nichts erführen. Er habe ein Anrecht darauf, dass seine Reputation nicht beschädigt werde und seine Geschäftspartner nicht den Eindruck bekämen, er vernachlässige seine steuerlichen Pflichten. Dies sei Ausdruck des Rechts auf das Steuergeheimnis und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
Im Übrigen seien die streitgegenständlichen Auskunftsersuchen auch nicht durch § 93 Abs. 1 Satz 3 AO gedeckt. Insbesondere seien sie ermessensfehlerhaft ergangen.
Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sollen Dritte erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen selbst nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Von diesem Grundsatz dürfe die Finanzbehörde nur in atypischen Fällen abweichen. Ein solcher liege vor, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Steuerpflichtigen feststehe, dass er nicht mitwirken werde und damit die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, BStBl II 2016, 135). Dadurch solle vermieden werden, dass Nichtbeteiligte Einblick in steuerrelevante Verhältnisse der Beteiligten erhielten.
Er, der Kläger, habe im Rahmen der Außenprüfung der Vorjahre sowie im laufenden Veranlagungsverfahren seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten in vollem Umfang genügt. Dies gelte auch für die anhängige Außenprüfung. Es habe somit im Zeitpunkt des Ergehens der Auskunftsersuchen kein Anlass zu der Annahme bestanden, dass er an einer Sachverhaltsaufklärung nicht mitwirken werde. Ebenso sei zu diesem Zeitpunkt eine Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung nicht offenkundig gewesen. Bei sachgerechter Ermessensausübung hätte der Beklagte daher zunächst ihn, den Kläger, zu angeblichen Unstimmigkeiten in Auswertung von Kontrollmaterial befragen müssen.
Die Betriebsprüfung habe ohne sachlichen Grund den Ort der Prüfung an Amtsstelle verlegt und durch den so gewählten Prüfungsverlauf seine, des Klägers, Mitwirkungsrechte im Rahmen der Prüfung eingeschränkt. Er habe - auch durch Absage der avisierten Zwischenbesprechung - keine Gelegenheit gehabt, zum Vorwurf angeblicher Unstimmigkeiten der Buchführung und zum sachlichen Gehalt des Kontrollmaterials Stellung zu nehmen. Es sei ihm insoweit rechtliches Gehör versagt worden.
Außerdem bestünden Zweifel an der inhaltlichen Relevanz der Auskunftsersuchen. Aus seinen, des Klägers, Geschäftsunterlagen ergäben sich keine Unstimmigkeiten bei den ausgewiesenen Einkaufspreisen und der daraus abzuleitenden Marge. Die bisherigen Prüfungsfeststellungen ergäben auch keinen Anlass für Zweifel an der formellen Ordnungsmäßigkeit der von ihm erstellten Buchführung. Gleiches gelte für eine Verprobung der wirtschaftlichen Kennzahlen seines Betriebs mit der Richtsatzsammlung für den Kfz-Einzelhandel.
Die an die letzten Kfz-Halter gerichteten Auskunftsersuchen seien im Hinblick auf die Einschaltung mehrerer Zwischenhändler auch nicht geeignet, seine, des Klägers, Einkaufspreise in Erfahrung zu bringen. Gleiches gelte für die Verprobung seiner Marge.
Zum einen begründe der Beklagte die Auskunftsersuchen mit dem Vorhandensein deutlich mehr handschriftlich erstellter Ankaufsscheine für das Prüfungsjahr 2009. Dies beruhe auf folgendem Vorgang: Das Angebot an gebrauchten Fahrzeugen sei im Jahr 2009 wegen der sog. Abwrackprämie deutlich geringer als in den Vorjahren gewesen. Deshalb habe er, der Kläger, vermehrt Automärkte aufgesucht und vor Ort die Verträge abgewickelt.
Zum anderen begründe der Beklagte die Auskunftsersuchen mit Auffälligkeiten der im Jahr 2009 erstellten Ankaufsscheine. Die von ihm behauptete Unleserlichkeit dürfte hierbei nicht von Bedeutung sein, da ansonsten Halteranfragen beim KBA und Auskunftsersuchen an Dritte nicht durchführbar gewesen wären. Soweit der Beklagte die Person des Verkäufers nicht habe ausfindig machen können bzw. eine Anschrift nicht habe nachvollzogen werden können, sei festzustellen, dass er, der Kläger, bislang nicht zur Empfängerbenennung nach § 160 AO aufgefordert worden sei. Der Umstand einer möglicherweise fehlenden Gewerbeanmeldung des Verkäufers dürfte nach seiner, des Klägers, Auffassung nicht von steuerlicher Relevanz für die Beurteilung seiner, des Klägers, Fahrzeugankäufe sein. Gleiches gelte für eine angebliche Namensähnlichkeit von Verkäufern zu Autohändlern.
Die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten habe auf der Basis eines Aktenvermerks vom 10. Februar 2016 (der nur von der Außenprüferin, aber nicht von der Sachgebietsleiterin abgezeichnet worden sei) 26 schriftliche Auskunftsersuchen an Dritte vorbereitet und davon letztlich 25 im Februar 2016 versendet (ein vorbereitetes Auskunftsersuchen an einen Herrn BA... sei nicht versendet worden, weil es sich dabei um einen Mitarbeiter in seinem, des Klägers, Unternehmen gehandelt habe). Aufgrund seines, des Klägers, Einspruchs gegen die schriftlichen Auskunftsersuchen habe der Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2018 drei Auskunftsersuchen unter Berufung auf § 130 Abs. 1 AO aufgehoben. Die Kosten des Rechtsbehelfsverfahrens habe der Beklagte im Wege der Amtshaftung getragen.
Gemäß einem Vermerk vom 6. April 2016 habe der Beklagte weitere neun Auskunftsersuchen sowie weitere zahlenmäßig nicht benannte Auskunftsersuchen betreffend das Geschäftsjahr 2011 angekündigt. Aus einem handschriftlichen Vermerk gehe hervor, dass weitere Auskunftsersuchen im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung gestellt werden sollen.
Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass im weiteren Verfahren unter Berufung auf § 404 AO insgesamt acht Zeugenvernehmungen durchgeführt worden seien.
Die schriftlichen Auskunftsersuchen würden sich bis auf einen Fall an unbeteiligte Dritte richten, die in keiner geschäftlichen Beziehung zu ihm, dem Kläger, stünden. Es handele sich dabei nicht um seine, des Klägers, Lieferanten, sondern um vorhergehende Personen in der Lieferkette.
Die Betriebsprüfungsstelle habe die einschlägigen Bestimmungen des AO-Anwendungserlasses missachtet. Danach hätte die Betriebsprüfungsstelle ihn, den Kläger, über bevorstehende Auskunftsersuchen an Dritte informieren müssen. Er hätte dann Gelegenheit gehabt, ein Auskunftsersuchen an Dritte durch eigene Auskunftserteilung bzw. durch Einleitung eines diesbezüglichen Rechtsbehelfsverfahrens abzuwenden und damit zu verhindern, dass seine steuerlichen Verhältnisse Dritten bekannt werden.
Der Aktenvermerk vom 10. Februar 2016 enthalte keine nachvollziehbaren Ausführungen zur Frage der Erforderlichkeit und Geeignetheit der Auskunftsersuchen an Dritte. Nach seiner (des Klägers) Auffassung sei es nicht erforderlich gewesen, die in der Buchführung belegten Einkaufspreise zu überprüfen. Die Auskunftsersuchen seien zu deren Überprüfung auch nicht geeignet gewesen, sondern hätten allenfalls die Marge seiner Lieferanten aufgedeckt. Die dortigen Ausführungen hätten sich außerdem nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip sowie nicht mit der Frage, ob ein atypischer Fall vorliege, befasst. Nach der Systematik des AO-Anwendungserlasses habe kein atypischer Fall vorgelegen, denn er, der Kläger, sei als Beteiligter des Besteuerungsverfahrens dem Beklagten bekannt gewesen. Er sei auch zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung bereit gewesen und eine Sachverhaltsaufklärung durch Befragung des Klägers zu dessen Einkaufspreisen sei auch nicht von vorneherein als nicht erfolgversprechend anzusehen gewesen.
Insbesondere das an Herrn AO... gerichtete Auskunftsersuchen sei nicht erforderlich gewesen. Der hierzu im Aktenvermerk vom 8. bis 10. Februar 2016 angeführte Anlass "Abweichungen in den Kilometerständen bzw. Tacho-Ständen" sei unzureichend gewesen, weil die Betriebsprüferin diese von ihr als aufklärungsbedürftig angesehene Frage auf andere Weise habe klären können. Ursache für die vorgenannten Abweichungen sei der zwischenzeitliche Austausch des Tachometers in diesem Pkw gewesen.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die im Rahmen der Betriebsprüfung gemäß Prüfungsanordnung vom 4. November 2015 gestellten Auskunftsersuchen vom 9. und vom 10. Februar 2016 an insgesamt 21 Personen nach § 93 AO rechtswidrig gewesen sind,
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft zunächst seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass § 93 Abs. 1 AO eine vorherige Information des Beteiligten über ein bevorstehendes Auskunftsersuchen an einen Dritten nicht ausdrücklich vorschreibe. Zwar solle die Finanzbehörde den Beteiligten vor der Befragung eines Dritten über die Möglichkeit eines Auskunftsersuchens gegenüber Dritten informieren. Dies gelte jedoch nicht, wenn dadurch der Ermittlungszweck gefährdet werde.
Die Notwendigkeit, die Bewegung bestimmter Fahrzeuge in der Lieferkette zwischen dem letzten erfassten Fahrzeughalter und dem Kläger vollständig aufzuklären, habe sich nach Überprüfung der Ankaufscheine ergeben. Weitere Ermittlungen seien nur in den Fällen angestellt worden, in denen die Verkäufer gemäß Ankaufschein mit dem letzten Halter laut Abfrage beim KBA nicht übereingestimmt hätten.
Er (der Beklagte) habe die um Auskunft ersuchten Personen nicht darüber informiert, dass beim Kläger derzeit eine Betriebsprüfung stattfinde; aus den erlassenen Auskunftsersuchen habe sich auch kein Rückschluss auf eine laufende Betriebsprüfung ziehen lassen.
Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung sieben Bände BP-Akten sowie zwei Bände BP-Handakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: ...) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig. Die Auskunftsersuchen sind anfechtbare Verwaltungsakte i. S. des § 118 Satz 1 AO. Diese Verwaltungsakte haben sich vor der Klageerhebung entweder durch Auskunftserteilung seitens der Dritten oder durch Verweigerung der erbetenen Auskunft durch die Dritten erledigt. Der Kläger hat aber ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer eventuellen Rechtswidrigkeit der Auskunftsersuchen des Beklagten. Dieses berechtigte Interesse des Klägers besteht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, da der Beklagte angekündigt hat, in künftigen Besteuerungsverfahren betr. den Kläger ggf. erneut schriftliche Auskunftsersuchen an Dritte zu richten (vgl. dazu allgemein: BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, BStBl II 2016, 135 m. w. N.).
II. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen 21 Auskunftsersuchen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Im Rahmen ihrer Verpflichtung, den maßgebenden Sachverhalt zur Durchsetzung materiell-rechtlich begründeter Steueransprüche aufzuklären (§§ 85, 88 AO), darf sich die Finanzbehörde derjenigen Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 92 Satz 1 AO). Zu diesen Beweismitteln zählen auch Auskünfte anderer Personen als der Beteiligten im Besteuerungsverfahren (§ 92 Satz 2 Nr. 1 AO). Die rechtliche Befugnis zu solchen Auskunftsverlangen ergibt sich aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AO. Die gerichtliche Überprüfung der Ermittlungsmaßnahmen ist in diesem Fall gemäß § 102 FGO darauf gerichtet, ob die Behörde von ihrem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dem gegenüber hat das Gericht nicht darüber zu befinden, ob andere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts aus seiner Sicht besser, zweckmäßiger oder sachgerechter gewesen wären (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.).
2. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben Beteiligte und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
a) Die Inanspruchnahme dieser Befugnisse verstößt nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze (BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.). Allerdings bedarf die Behörde für ihr Tätigwerden eines hinreichenden Anlasses; Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig. Ein hinreichender Anlass liegt nicht erst vor, wenn ein begründeter Verdacht dafür besteht, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten gegeben sind. Vielmehr genügt es, wenn aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung ein Auskunftsersuchen angezeigt ist. Danach dürfen Auskünfte von anderen Personen schon dann eingeholt werden, wenn die Finanzbehörde im Rahmen ihrer Tätigkeit - sei es aufgrund konkreter Momente, sei es aufgrund allgemeiner Erfahrung - zu dem Ergebnis gelangt ist, die Auskünfte könnten zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen. Zu den steuerlich erheblichen Tatsachen zählt alles, was die finanzbehördlichen Entscheidungen in einem steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren beeinflussen kann (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.).
Die in diesem Sinne erheblichen, mitzuteilenden "Tatsachen" müssen lediglich im Rahmen einer Prognoseentscheidung möglich sein. Die Finanzbehörde hat hierüber im Wege einer vorweggenommenen Beweiswürdigung zu befinden. Im Interesse der gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung und zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Verifikationsprinzips sind die Anforderungen an diese Prognoseentscheidung nach Ansicht des BFH, der der erkennende Senat folgt, nicht zu hoch anzusetzen. Insbesondere darf noch unklar sein, ob der Vorgang steuerbar ist und ob er im Ergebnis zu einer Steuerpflicht führt. § 93 Abs. 1 AO ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass möglicherweise eine Steuerschuld entstanden oder die Steuer verkürzt worden ist.
Nur dann, wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt für die Steuererheblichkeit fehlt, ist das Auskunftsverlangen rechtswidrig (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.).
b) Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sollen andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Durch die Ausgestaltung der Norm als Sollvorschrift kommt zum Ausdruck, dass die Behörde in der Regel nach ihr verfahren muss. Dieses Subsidiaritätsprinzip ist nach Ansicht des BFH, der der erkennende Senat folgt, eine spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Danach soll zum einen vermieden werden, dass Nichtbeteiligte Einblick in die steuerlich relevanten Verhältnisse der Beteiligten erhalten; zum anderen sollen dem Dritten die mit der Auskunft verbundenen Mühen erspart werden (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.).
Ein atypischer Fall, der eine Ausnahme vom Subsidiaritätsprinzip zulässt, liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn der Beteiligte selbst unbekannt ist oder nicht mitwirkt. Darüber hinaus erwägt der BFH, das Subsidiaritätsprinzip auch dann zu suspendieren, wenn von vornherein feststeht, dass der Beteiligte entweder nicht mitwirken wird, oder wenn die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig ist. Auf letztes kann eine Finanzbehörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beteiligten bei konkret nachweisbaren Fakten im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung schließen. Nicht ausreichend ist es, eine solche Beweiswürdigung schon dann als vertretbar zu werten, wenn sie (nur) nicht willkürlich erfolgte (ebenso BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O.; a. A. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93 AO [Februar 2018], Rz. 20).
c) Ermächtigt eine Norm wie § 93 Abs. 1 AO zu einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, so muss dieser Eingriff - auch im engeren Sinne - verhältnismäßig sein. Dies bedeutet, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf. Dabei muss nach Auffassung des BFH, der der erkennende Senat folgt, beachtet werden, welche Möglichkeiten der Grundrechtsträger hat, eine eventuelle Grundrechtsbeeinträchtigung oder jedenfalls weitere Folgen des Eingriffs abwehren zu können. Wird eine Maßnahme heimlich durchgeführt, so ist es dem Betroffenen faktisch verwehrt, sich gegen sie im Voraus zur Wehr zu setzen. Folglich muss die Finanzbehörde es im Rahmen der vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund konkreter Tatsachen als zwingend ansehen, dass die Mitwirkung des Beteiligten erfolglos bleiben wird (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14, a.a.O., Rz. 52, m.w.N.).
3. Der Senat vermag nach den vorstehenden Grundsätzen bei der Beurteilung der streitigen 21 Auskunftsersuchen des Beklagten keine Ermessensfehler festzustellen.
a) Der Beklagte hat die Auskunftsersuchen mit dem Ziel erlassen, Informationen über die "Lieferkette" von Fahrzeugen zu erlangen, die der Kläger im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit angekauft hat. Dabei hat sich der Beklagte von vornherein auf solche Fälle beschränkt, in denen der Ankauf durch den Kläger - nach den Angaben in dessen Buchführung - nicht vom letzten Halter des Fahrzeugs, sondern von nicht als Fahrzeughalter registrierten Zwischenhändlern erfolgt war. Die Ermittlung der "Lieferketten" sollte in diesen Fällen dazu dienen, die vom Kläger angegebenen Ankaufspreise - und damit letztlich seine Gewinnmarge und mithin einen Teil der Besteuerungsgrundlagen für die Einkommen- und Gewerbesteuer des Klägers - entweder zu verifizieren oder gegebenenfalls zu widerlegen.
Dass Steuerpflichtige durch das Einschalten von vermeintlichen Zwischenhändlern versuchen, die eigenen Gestehungskosten für verkaufte Waren künstlich zu erhöhen, um so ihren Gewinn zu minimieren, ist ein verbreitet auftretendes Konstrukt. Es ist nach der Überzeugung des Senats deshalb nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Streitfall - ohne dass damit bereits ein konkreter Verdacht gegen den Kläger hätte verbunden sein müssen - die beim Kläger mehr als nur vereinzelte auftretenden Fälle, in denen es nach seinen Angaben zur Einschaltung eines Zwischenhändlers gekommen sein musste, weil der letzte Verkäufer nicht mit dem Fahrzeughalter identisch war, aufgrund seiner allgemeinen Erfahrung zum Anlass für eine nähere Überprüfung nahm. Hinzu kam, dass in einigen dieser Fälle - wie in dem ausführlichen Aktenvermerk des Beklagten vom 8./10. Februar 2016 detailliert niedergelegt - Ungereimtheiten wie z.B. Namensabweichungen, Ähnlichkeiten von Verkäufernamen mit den Namen von anderen Händlern, falsche Adressenangaben o.ä., festgestellt worden waren, so dass der Beklagte im Streitfall sowohl aufgrund konkreter Momente als auch aufgrund allgemeiner Erfahrung zu dem Ergebnis gelangen konnte, die Auskünfte bei den letzten Fahrzeughaltern könnten zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen - nämlich der tatsächlichen Einkaufspreise des Klägers - führen.
Der Senat sieht es dabei auch als unschädlich an, dass die Adressaten der Auskunftsersuchen möglicherweise zu den Einkaufspreisen des Klägers keine unmittelbare Auskunft geben konnten, weil sie ihr Fahrzeug tatsächlich an einen Zwischenhändler veräußert und mit dem Kläger keinen geschäftlichen Kontakt gehabt hatten. Einer Finanzbehörde kann es nach der Überzeugung des Senats nicht verwehrt sein, mit den zu Gebote stehenden Mitteln (zunächst) auch lediglich solche Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die ihrerseits Basis für die weitere Sachverhaltsaufdeckung sind oder sein können, wie im Streitfall z.B. die Namen derjenigen Händler, an welche die letzten Fahrzeughalter ihr Fahrzeug verkauft hatten, den Beklagten zu weiteren Auskunftsersuchen an eben jene Händler hätten führen können und sollen.
b) Der Beklagte hat sein Ermessen auch in einer dem Zweck des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO entsprechenden Weise ausgeübt. Im vorliegenden Fall konnte der Beklagte im Rahmen der notwendigen vorweggenommenen Beweiswürdigung zu Recht davon ausgehen, dass die Mitwirkung des Klägers an der Aufklärung der Lieferkette vom letzten Halter des Fahrzeugs laut den Angaben des Kraftfahrtbundesamtes bis zum Kläger als vorläufig letztem Erwerber erfolglos bleiben werde. Denn wenn die Angaben des Klägers zutrafen, dass er die betreffenden Fahrzeuge von den benannten Zwischenhändlern erworben hatte, konnte der Kläger zu der Frage, von wem und zu welchen Konditionen diese Zwischenhändler ihrerseits das Fahrzeug erworben hatten bzw. an wen und zu welchen Konditionen die letzten Halter ihr Fahrzeug am Beginn der Lieferkette veräußert hatten, von vornherein keine Angaben machen, weil er in diese Transaktionen nicht involviert war. Hätte der Kläger hingegen die angegebenen "Zwischenhändler" tatsächlich nur vorgeschoben, um hohe Ankaufspreise zu generieren, hätte ein Auskunftsersuchen an den Kläger deshalb keinen Erfolg versprochen, weil die Behörde lebensnah nicht erwarten konnte, der Kläger würde diese Manipulationen auf bloße Nachfrage des Betriebsprüfers freimütig zugeben.
Ein Ermessensfehler im Zusammenhang mit der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips lässt sich auch im Hinblick auf den Aufwand, der für die einzelnen Auskunftsadressaten mit der Beantwortung verbunden war, nicht feststellen. Der Aufwand für die einzelnen Adressaten war überschaubar, da nur wenige Daten zu einem einzelnen wirtschaftlichen Vorgang abgefragt wurden.
c) Schließlich erweisen sich die Aufklärungsmaßnahmen des Beklagten nach der Überzeugung des Senats auch als verhältnismäßig. Die Auskunftsersuchen waren geeignet, die für erforderlich gehaltenen Informationen über den Beginn der Lieferkette zu erlangen, und sie waren auch erforderlich, da andere, gleich geeignet erscheinende Mittel der Sachverhaltsklärung dem Beklagten nicht zur Verfügung standen. Die Maßnahmen waren auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Angesichts der zahlreichen aufklärungsbedürftigen Fragen zum Sachverhalt hinsichtlich der 21 streitgegenständlichen Lieferketten (siehe Aktenvermerk des Beklagten vom 8. bis 10. Februar 2016) der mit den Auskunftsersuchen verbundene Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung nicht außer Verhältnis zu dem vom Beklagten verfolgten Zweck. Das grundsätzlich schützenswerte Interesse des Klägers, dass Dritte keine Informationen über seine steuerlichen Belange erhalten mögen, war im Streitfall zwar dadurch betroffen, dass sein Name, die Firma seines Betriebes ("C...") und seine Firmenschrift in dem Auskunftsersuchen genannt wurde; außerdem wurden den Adressaten mitgeteilt, dass es um die "steuerlichen Angelegenheiten der Firma" des Klägers gehe. Von diesen Informationen abgesehen ging aus den einzelnen Auskunftsersuchen jedoch keine Detailinformation wie etwa über die durchgeführte Betriebsprüfung oder über das Auftreten von Ungereimtheiten oder Zweifelsfragen hervor. Damit beschränkte sich der Beklagte im Streitfall auf ein Minimum an für die erbetene Auskunft notwendigen Angaben. Hinzu kommt, dass die Auskunftsersuchen im Streitfall nicht an solche Personen gerichtet waren, mit denen der Kläger mutmaßlich in engem oder in ständigem Geschäftskontakt stand; vielmehr hatte in der Vergangenheit - wenn man die Angaben des Klägers zugrunde legte - zwischen ihm und den angeschriebenen Personen überhaupt kein geschäftlicher Kontakt bestanden, so dass besondere negative Folgen für die betrieblichen Belange des Klägers (kritische Nachfragen, Einschränkung oder Abbruch der Geschäftsbeziehung o.ä.) nicht zu besorgen waren.
Der Senat verkennt nicht, dass der Eingriff in die geschützten Interessen des Klägers im Streitfall auch deshalb von einigem Gewicht war, weil der Beklagte den Kläger nicht vorab über die beabsichtigten Auskunftsersuchen informiert, sondern ihn insoweit vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Der Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass eine solche vorherige Information gesetzlich nicht zwingend vorgesehen ist und insbesondere dann unterbleiben kann, wenn hierdurch der Ermittlungszweck gefährdet würde. Von dieser Gefährdungslage ist der Beklagte im Streitfall ausgegangen, was sich zweifelsfrei daraus ergibt, dass das Auskunftsersuchen Nr. 26 an Herrn BA... explizit mit dem Hinweis darauf, dass dieser möglicherweise im Betrieb des Klägers arbeite, zurückgehalten wurde. Der Senat vermag auch in dieser Einschätzung des Beklagten keinen Beurteilungsfehler zu erkennen. Hätte der Kläger vorab von den beabsichtigten Auskunftsersuchen Kenntnis erlangt, so hätte er (unterstellt, dass bei den Ermittlungsmaßnahmen Hinweise auf manipulierte Einkaufspreise hätten zutage treten können) über eine Kontaktaufnahme zu seinen "Zwischenhändlern" oder direkt zu den letzten Fahrzeughaltern versuchen können, der Auskunftserteilung an den Beklagten vorzugreifen.
d) Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird zur Entlastung des Senats gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Einspruchsentscheidung vom 28. April 2016 verwiesen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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