15.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225177
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 05.07.2021 – 16 K 11072/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
In dem Rechtsstreit
A...,
Kläger,
bevollmächtigt:
gegen
Finanzamt,
Beklagter,
Tenor:
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.1.
Über das Vermögen des Klägers wurde am ......2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem lag ein Eigenantrag des Klägers vom 13.10.2014 zugrunde, der mit einem Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung verbunden war. Prüfungstermin wurde auf den 13.10.2015 anberaumt.
Mit Schreiben vom 19.08.2015(1) meldete das FA insgesamt 116.642,65 € Abgabenforderungen an, die es nach Steuerart, Zeitraum, Fälligkeit und Betrag sowie Nebenforderungen (Zinsen, Säumniszuschläge) im Einzelnen spezifizierte. Ein Hinweis auf einen Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung enthält die Anmeldung nicht. Die Forderung wurde in der Insolvenztabelle unter lfd. Nr. 4 eingetragen. Der Insolvenzverwalter widersprach den hälftigen Säumniszuschlägen, die das FA daraufhin erließ und für welche das FA die Anmeldung (in Höhe von 4.856,25 €) zurücknahm. Der Insolvenzverwalter bestritt ferner die Forderung bezüglich ESt 2004 mit dem Hinweis auf Verjährung. Dieses Bedenken konnte das FA jedoch durch nachfolgenden Schriftwechsel mit dem Insolvenzverwalter ausräumen. Im Ergebnis wurde die Forderung, ohne dass es bis dahin zu einem Widerspruch des Klägers als Schuldner gekommen wäre, am 05.11.2015, teilweise nachträglich, festgestellt(2) in Höhe von 111.786,40 €.
2.
Mit Strafbefehl vom 06.04.2016(3), rechtskräftig seit dem 06.05.2016, wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.
3.
Mit Schreiben an den Insolvenzverwalter vom 24.08.2016 mit dem Betreff "Berichtigung der Tabelle" bat das FA, die Insolvenztabelle zur lfd. Nr. 4 insoweit zu ergänzen, "dass es sich bei den dortigen Insolvenzforderungen um von der Restschuldbefreiung gemäß § 302 Abs. 1 InsO ausgeschlossene Abgabenforderungen handelt."
Mit Schreiben vom 29.08.2016 wies der Insolvenzverwalter darauf hin, dass sich die angemeldeten Abgabenrückstände und die Verurteilung nicht vollständig deckten, und forderte zur Konkretisierung auf.
Mit Schreiben vom 06.09.2016(4) berichtigte das FA seinen "Antrag vom 24.08.2016 auf Berichtigung der Tabelle" dahingehend, dass die Insolvenztabelle insoweit ergänzt werden sollte, als es sich in Höhe eines Teilbetrages von 68.472,95 € um Forderungen aus einer Steuerstraftat nach § 370 AO handeln würde, für die gemäß § 302 Abs. 1 InsO die Restschuldbefreiung ausgeschlossen sei. Eine konkretisierende Einzelaufstellung war beigefügt.
In die Tabelle wurde am 13.09.2016 eingetragen(5): "In dem festgestellten Betrag ist ein Betrag in Höhe von 68.472,95 € aus Steuerstraftat gem. §§ 370 ff. AO enthalten."
Am 26.09.2018 beschloss das Insolvenzgericht - Rechtspflegerin -(6), dass die Prüfung der bis 26.09.2018 nachträglich angemeldeten gewöhnlichen Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) im schriftlichen Verfahren erfolgt.
Am 28.09.2018(7) übersandte das Insolvenzgericht dem Kläger eine Abschrift des Beschlusses. Es wies dabei darauf hin, dass die entsprechend gekennzeichneten Forderungen (Nr. 4 und 6(8) der Tabelle) mit dem Forderungsgrund unerlaubte Handlung, vorsätzliche Unterhaltspflichtverletzung oder Steuerstraftat angemeldet worden und daher grundsätzlich von der Restschuldbefreiung ausgenommen seien, wenn sie zur Tabelle festgestellt worden seien. Kopien der Forderungsanmeldung fügte es bei. Es wies weiter darauf hin, dass gemäß §§ 175 Abs. 2, 302 InsO der Kläger widersprechen könne und der Widerspruch darauf beschränkt werden könne, dass die Forderung auf einer unerlaubten Handlung, Unterhaltspflichtverletzung oder Steuerstraftat beruhe. Hinsichtlich Nr. 4 der Tabelle sei lediglich ein Widerspruch gegen den Forderungsgrund zulässig, da die Forderungshöhe bereits im Prüfungstermin am 13.10.2015 geprüft worden sei.
Mit Schreiben vom 09.10.2018(9) an das Insolvenzgericht führte der Kläger aus: "... hiermit lege ich gegen den Antrag des Finanzamts B... vom 06.09.2016 Widerspruch ein (lfd. Nr. 4)." Der Widerspruch wurde mit Schreiben des Klägervertreters vom 31.10.2018(10) gegenüber dem Insolvenzgericht begründet, im Kern dahingehend, dass eine Anmeldung des Attributs nur bei der ursprünglichen Anmeldung der Forderung möglich sei und die rechtskräftige Verurteilung daher schon bei der ursprünglichen Anmeldung vorgelegen haben müsse.
Die Rechtspflegerin des Insolvenzgerichts hielt in einem Aktenvermerk vom 29.11.2018(11) über "den bes. Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren" u. a. fest, dass die nachträglich angemeldeten Forderungen "(Tabelle Nr. 4 (nur Forderungsgrund), 6 - 9)" ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft worden seien. Der Schuldner habe bestritten, dass den Forderungen Tabelle Nr. 4 und 6 ein Forderungsgrund nach § 175 Abs. 2 InsO zugrunde liege und habe die titulierten Forderungen Tabelle Nr. 4 und 6 dem Grund nach bestritten. Das Prüfungsergebnis sowie der Widerspruch des Schuldners würden in die Tabelle eingetragen.
Am 06.12.2018 ging beim FA ein Tabellenauszug ein(12), in dem es zu lfd. Nr. 4 nunmehr hieß:
"Der Gläubiger macht hinsichtlich der bereits geprüften Forderung mit Schreiben vom 06.09.20 von der Forderung einen Betrag i.H.V. 68.472,95 € aus Delikt bzw. einem Steuerschuldverhältnis geltend und der Schuldner ist deswegen gem. §§ 370, 373, 374 AO strafrechtlich rechtskräftig verurteilt.
Der Schuldner hat dem Forderungsgrund nach § 175 Abs. 2 InsO widerspruch erhoben."
4.
Am 11.06.2019 fand der Schlusstermin im schriftlichen Verfahren statt(13), mit Beschluss vom 08.07.2019(14) wurde das Insolvenzverfahren gemäß § 200 InsO aufgehoben.
II.
Im Anschluss an den Erhalt des Tabellenauszugs am 06.12.2018 vermerkte ein Bearbeiter des FA: "F-Bescheid gegen Schuldner erlassen".
1.
Am 10.01.2019 erließ das FA gegen den Kläger einen Bescheid(15) mit der Überschrift "Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO)". Wegen dessen genauen Wortlauts wird auf die Kopie in der Akte Bezug genommen. Zusammengefasst heißt es dort, der Kläger habe gegen den Rechtsgrund im Einzelnen aufgeführter Abgabenforderungen im Prüfungstermin Widerspruch erhoben und gemäß § 251 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 179 Abs. 1 InsO würden hiermit die Forderungen in der im Einzelnen spezifizierten Höhe als von der Restschuldbefreiung ausgenommene Insolvenzforderungen festgestellt.
2.
Am 06.02.2019 legte der Kläger Einspruch ein. Die strafrechtliche Verurteilung sei erst nach der Anmeldung der Forderungen zur Tabelle rechtskräftig geworden. Daraus ergebe sich, dass die Berichtigung bzw. Bemerkung, dass das Attribut gegeben ist, zu unterlassen sei. Das Attribut müsse, wie sich aus der Gesetzesfassung ergebe, bereits bei Anmeldung der Forderung mit angemeldet werden. Liege die Verurteilung bei der Anmeldung noch nicht vor, sei deswegen ein Nachtrag des Attributs nicht mehr möglich. Dies folge auch aus den Gesetzesmaterialien (Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, Drucksache 17/11268).
Außerdem hätte das FA nur feststellen dürfen, dass das Attribut vorlag, dass also die in Rede stehenden Steuerforderungen auf einem Steuerschuldverhältnis beruhten, wegen dem der Schuldner im Zusammenhang mit einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden sei. Stattdessen sei im Feststellungsbescheid rechtswidriger Weise festgestellt worden, dass der Schuldner mit einer Insolvenzforderung in bestimmter Höhe von der Restschuldbefreiung ausgenommen sei. Damit überdehne das FA seine Feststellungsbefugnis. Die Restschuldbefreiung sei zivilrechtlicher Natur.
3.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat müsse noch nicht bei der Anmeldung der Forderung vorliegen. Die Anmeldung eines Attributs sei nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung auch nachträglich zulässig. Äußerste zeitliche Grenze sei lediglich die Erteilung der Restschuldbefreiung. Die Formulierung "Ausnahme von der Restschuldbefreiung" ergebe sich aus dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO -.
III.1.
Am 20.03.2019 erhob der Kläger Klage, mit der er sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zwar möge die Begründung des angegriffenen Bescheids zutreffend formuliert sein, der Tenor des Bescheids sei gleichwohl überschießend, und auf diesen komme es für die Beurteilung an.
2.
Am 27.06.2019 erließt das FA einen weiteren Feststellungsbescheid(16), der ausweislich seiner Begründung an die Stelle des angefochtenen Bescheids vom 10.01.2019 treten sollte. Wegen dessen genauen Wortlauts wird auf die Kopie in der Akte Bezug genommen. Es heißt dort nunmehr, es würden die Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis, wegen dem der Kläger gemäß § 370 AO wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden sei, in der spezifizierten Höhe festgestellt.
3.
Auf Hinweise des Gerichts ergänzt der Kläger:
Mit Schreiben vom 09.10.2018 habe er dem Forderungsgrund und dem Attribut widersprochen. Dies folge auch aus dem Vermerk des Insolvenzgerichts vom 29.11.2018.
Auch der Ausspruch im Änderungsbescheid vom 27.06.2019 sei zu weitgehend, denn das FA sei nicht berechtigt, die Eigenschaft einer Forderung als Insolvenzforderung festzustellen. Die Klage richte sich daher sowohl gegen das Attribut als auch gegen die Feststellung der Forderungen als Insolvenzforderungen. Da der Bescheid, auch in seiner geänderten Version, überschießende, unter keinem Gesichtspunkt von der Ermächtigungsgrundlage gedeckte Feststellungen enthalte, sei er nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig.
Der Änderungsbescheid vom 27.06.2019 sei im Übrigen nach dem Schlusstermin im Insolvenzverfahren am 11.06.2019 erfolgt, in dem das FA keinen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt habe, und daher verspätet im Sinne von § 290 Abs. 2 InsO.
Selbst wenn man nicht der Ansicht folgten wollte, dass die rechtskräftige Verurteilung schon bei der ursprünglichen Anmeldung vorgelegen haben müsse, so setze eine wirksame Forderungsanmeldung zumindest voraus, dass der (Steuer-)Gläubiger mindestens die Tatsachen vortrage, aus denen sich nach seiner Einschätzung das Vorliegen des Attributs ergebe. Die frühere Rechtsprechung der Zivilgerichte zur nachträglichen Anmeldung eines Attributs lege eine zuvor erfolgte, wirksame Anmeldung der Forderung zugrunde. An einer solchen fehle es hier aber gerade.
Zinsen und Säumniszuschläge seien nicht Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung gewesen und daher auch nicht mit dem Attribut zu belegen.
Der Finanzrechtsweg werde nicht in Abrede gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerseitigen Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
4.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO vom 10.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 und weiter geändert mit Bescheid vom 27.06.2019 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
5.
Das FA bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und ergänzt:
Der Feststellungsbescheid sei einem Feststellungsurteil vergleichbar und müsse daher insolvenzrechtlichen Anforderungen genügen. Die gewählte Formulierung im ursprünglichen Bescheid sei an den Gesetzeswortlaut von § 302 Satz 1 InsO angelehnt. In den Gründen sei auf die maßgeblichen Rechtsnormen Bezug genommen und das Attribut als Teil des Feststellungsgegenstandes erläutert worden. Dies sei ordnungsgemäß.
Aufgrund der Klagebegründung sei jedoch der Änderungsbescheid erlassen worden. Der Rechtsauffassung des Klägers, es habe nicht die Rechtsfolge - die Ausnahme von der Restschuldbefreiung -, sondern nur der Rechtsgrund - das Attribut - festgestellt werden dürfen, habe sich das FA angeschlossen und daher den Fehler des ersten Bescheids durch den zweiten Bescheid korrigiert. Es liege kein doppelter Bescheid vor, da der zweite ein Änderungsbescheid zum ersten sei.
IV.1.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.(17)
2.
Die Vollstreckungsakte(18) lag vor.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Insbesondere ist der Finanzrechtsweg (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -) gegeben, so dass keine Verweisung an das Landgericht C... gemäß § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - zu erfolgen hat.
Der Streit um das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" ist in diesem Sinne eine Abgabenangelegenheit und damit öffentlich-rechtlich.
a)
Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Hingegen ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, dass der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO stellt lediglich eine Sonderzuweisung zu den Finanzgerichten als besonderen Verwaltungsgerichten dar und setzt mithin das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit voraus.
Zur Abgrenzung wird auf BGH, Beschluss vom 09.02.2021 VIII ZB 20/20, NVwZ 2021, 660, Juris Rn. 17, und BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6, Bezug genommen. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es - wie hier - an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr.; etwa Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 04.06.1974 GmS-OGB 2/73, BSGE 37, 292; vom 10.04.1986 GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f.; vom 29.10.1987 GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283; vom 10.07.1989 GmS-OGB 1/88, BGHZ 108, 284, 286 m. w. N.; BGH, Urteil vom 10.01.1984 VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, 251; Beschlüsse vom 24.07.2001 VI ZB 12/01, BGHZ 148, 307, 308; vom 29.04.2008 VIII ZB 61/07, BGHZ 176, 222 Rn. 8; vom 14.04.2015 VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12; BSG, NZS 2014, 918 [BSG 21.07.2014 - B 14 SF 1/14 R] Rn. 8; BSG, Beschluss vom 25.10.2017 B 7 SF 1/16 R, Juris Rn. 6). Dabei kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der von Rechtsätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BGH, Urteile vom 23.02.1988 VI ZR 212/87, BGHZ 103, 255, 257; vom 01.12.1988 IX ZR 61/88, BGHZ 106, 134, 135; vom 28.02.1991 III ZR 53/90, BGHZ 114, 1, 5; Beschlüsse vom 30.01.1997 III ZB 110/96, NJW 1997, 1636 unter II.1.; vom 30.05.2000 VI ZB 34/99, VersR 2000, 1390 unter 1.; vom 29.04.2008 VIII ZB 61/07, BGHZ 176, 222 Rn. 8; vom 17.12.2009 III ZB 47/09, VersR 2011, 90 Rn. 7; vom 14.04.2015 VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12). Entscheidend ist demnach die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs (BGH, Beschluss vom 27.10.2009 VIII ZB 42/08, BGHZ 183, 49 Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 19.05.1994 5 C 33/91, BVerwGE 96, 71, 74).
Es kommt darauf an, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 10.04.1986 GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 314; vom 29.10.1987 GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283; BVerwG, Beschluss vom 30.05.2006 3 B 78/02, NJW 2006, 2568, Juris). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BGH, Urteile vom 10.01.1984 VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, 252, und vom 23.02.1988 VI ZR 212/87, BGHZ 103, 255, 257).
b)
Es kommt daher - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht darauf an, ob das FA einen Verwaltungsakt erlassen wollte oder erlassen hat, denn entscheidend ist die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs. Wäre die Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" zivilrechtlicher Natur, könnte das FA den Finanzrechtsweg nicht dadurch im Wege der Rechtswegmanipulation herbeiführen, dass es, statt vor dem Zivilgericht auf Feststellung zu klagen, einen Feststellungsbescheid erlässt. Es besteht für einen Anspruchsteller (hier: das FA als Insolvenzgläubiger) grundsätzlich keine freie Wahl des Rechtswegs (BGH, Beschluss vom 09.02.2021 VIII ZB 20/20, NVwZ 2021, 660, Juris Rn. 17).
Vielmehr gilt umgekehrt, dass das FA die Feststellung nur dann durch Verwaltungsakt selbst vornehmen darf, wenn für die Feststellung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben ist (BFH, Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16).
c)
Bezüglich der Feststellung des Attributs "aus Delikt" ist der Zivilrechtsweg gegeben (BGH, Beschluss vom 02.12.2010 IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44, Juris Rn. 4), auch wenn es um die deliktische Natur eines Steueranspruchs handelt (BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6, für Gewerbesteuerhaftung).
Bezüglich der Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung" ist der Rechtsweg umstritten (für die Zuständigkeit der Zivilgerichte: OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 27-28; für die Zuständigkeit der Finanzgerichte: BFH, Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16-17).
aa)
Zunächst ist festzuhalten, dass wegen der Bindung der höheren Instanzen gemäß § 17a Abs. 5 GVG alle Erwägungen von Gerichten zweiter oder dritter Instanz in Hauptsacheverfahren, nicht in Beschwerdeverfahren gemäß § 17a Abs. 2 bis 4 GVG, nur obiter dicta sind, damit auch die Erwägungen in den beiden vorgenannten Entscheidungen des OLG Hamm und des BFH (vgl. in wünschenswerter Deutlichkeit BGH, Urteil vom 01.10.2020 IX ZR 199/19, ZInsO 2020, 2711, Juris Rn. 6).
bb)
Die Erwägungen des BFH (Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16-17) sind wenig überzeugend.
aaa)
Es trifft zwar zu, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung nur eine Vorfrage ist, die vom Gericht des zulässigen Rechtswegs mit zu prüfen ist. Vorfragen beeinflussen den Rechtsweg nicht und sind von den zuständigen Gerichten selbständig zu beantworten (BGH, Beschluss vom 02.12.2010 IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44, Juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6).
Damit ist aber nichts für die Entscheidung gewonnen, welches Gericht für die (eigentliche) Frage zuständig ist.
bbb)
Bei der Frage, ob ein Zusammenhang mit einer strafgerichtlichen Verurteilung besteht, handelt es sich um eine andere Frage als die, ob der zur Tabelle angemeldete Steueranspruch überhaupt besteht. Der Hinweis des BFH, dass für Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis die ordentlichen Gerichte nicht zuständig sind, ist daher zwar an und für sich richtig, aber hier nicht aussagekräftig, weil die Frage, ob die Restschuldbefreiung entfällt, eine insolvenzrechtliche ist.
ccc)
Im Übrigen hat das BVerwG (Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6) in dem Fall, dass Gewerbesteuerhaftungsansprüche durch Bescheid festgestellt worden waren und während des dagegen gerichteten verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, bei Aufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gemeinde mit dem Ziel der Feststellung, dass das Attribut "aus Delikt" vorliegt, die Verweisung dieser Feststellungsklage an das Zivilgericht bestätigt, obwohl der Anspruch selbst (Gewerbesteuerhaftung) unzweifelhaft vor die Verwaltungsgerichte gehört. Damit lässt sich die Argumentation des BFH, für die Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" seien die Finanzgerichte zuständig, weil der zugrunde liegende Anspruch, auf den sich das Attribut bezieht, ein solcher aus einem Steuerschuldverhältnis sei, kaum vereinbaren.
cc)
Hingegen hat das OLG Hamm (Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 27-28) für seine Ansicht beachtliche Gründe angeführt. Es hat ausgeführt, was das Prüfprogramm im Rahmen der Feststellung des Attributs sei (Prüfungskanon), welche Rechtsfragen also dabei zu beantworten seien, nämlich insbesondere, ob überhaupt eine wirksame Anmeldung zur Tabelle vorliegt, ob also die in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen eingehalten sind, und dann weiter, ob die Streitgegenstände der Anmeldung zur Tabelle und der strafrechtlichen Verurteilung identisch sind, und kam dabei zu dem Schluss, dass alle zu prüfenden Fragen insolvenzrechtlicher Natur seien und damit der Zivilgerichtsbarkeit näher stünden als der Festsetzung gemäß § 251 Abs. 3 AO.
d)
Das erkennende Gericht hält den Finanzrechtsweg trotz dieser nicht von der Hand zu weisenden Erwägungen des OLG Hamm für gegeben unter dem Gesichtspunkt der Rechtswegkonzentration (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG). Meldet ein FA seine Steuerforderung sogleich unter Hinweis auf das Attribut an, könnte ein Schuldner sowohl die Forderung an und für sich als auch deren Zusammenhang mit einer rechtskräftig abgeurteilten Steuerstraftat bestreiten (oder der Insolvenzverwalter bestreitet die Forderung und der Schuldner das Attribut). Dann müsste der Streit um die Forderung als solche vor den Finanzgerichten, die um das Attribut vor den Zivilgerichten ausgetragen werden, was dem Grundsatz der Rechtswegkonzentration nicht entsprechen würde. Es könnte dann sogar dazu kommen, dass die ordentlichen Gerichte den Zusammenhang mit einer Steuerstraftat auf Feststellungsklage hin bejahen, aber die - bisweilen langsamen - Finanzgerichte, die auch erst nach Erlass des Feststellungsbescheids und der Einspruchsentscheidung durch die - ebenfalls bisweilen langsamen - Finanzämter angerufen werden können, die Existenz des Steueranspruchs verneinen. Eine solche Aufspaltung erschiene künstlich und wäre wenig zielführend.
2.
Da die Beteiligten übereinstimmend den Finanzrechtsweg für gegeben halten, sieht das Gericht von einer Vorabfeststellung durch Beschluss (§ 17a Abs. 3 GVG) ab. Aufgrund der mit der Auffassung des Gerichts übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten wäre mit einer Beschwerde auch bei deren Zulassung und daher mit einer allgemeinen Klärung - die allerdings weiterhin notwendig erscheint, aber auf einen dafür geeigneten Fall warten muss - hier nicht zu rechnen.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid, und zwar gemäß § 68 Satz 1 FGO in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27.06.2019, ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1.
Der angefochtene Bescheid ist nicht wegen Feststellungen außerhalb jeder Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig oder nichtig. Denn seine Auslegung ergibt, dass nur das Attribut festgestellt wurde.
a)
Ist ein Verwaltungsakt objektiv mehrdeutig, ist er auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Die Auslegung ist anhand des objektiven Empfängerhorizonts vorzunehmen entsprechend §§ 133, 157 BGB. Es kommt darauf an, wie der Empfänger des Bescheids das Erklärte nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte. Es ist nicht allein auf den Tenor abzustellen, sondern auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der Begründung. Auch außerhalb des Bescheids liegende Umstände können bei dessen Auslegung berücksichtigt werden (zum Ganzen Ratschow in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 119 Rn. 9 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
b)
Der Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung vom 10.01.2019 ist nicht eindeutig. Denn in seinem Einleitungssatz wird darauf Bezug genommen, dass der Kläger im Insolvenzverfahren "gegen den Rechtsgrund" Widerspruch erhoben habe. Direkt im Anschluss wird aber nicht der Rechtsgrund (das Attribut) festgestellt, sondern dass die Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind. Dies passt nicht zusammen, sondern widerspricht sich.
Der Bescheid in seiner neuen Fassung vom 27.06.2019 ist ebenfalls nicht eindeutig. Im Tenor werden Forderungen als Insolvenzforderungen festgestellt, die Begründung bezieht sich aber nur auf das Attribut.
Der Bescheid ist mithin bezüglich seines Regelungsgehalts auszulegen.
c)
Dem Bescheidadressaten, also dem Kläger, war die Vorgeschichte bekannt. Insbesondere war ihm vom Insolvenzgericht das Schreiben des FA vom 06.09.2016 mit der Nachmeldung des Attributs weitergeleitet worden, und er kannte seinen eigenen Widerspruch dagegen sowie die Begründung seines Widerspruchs. Auf seinen Widerspruch wurde einleitend im Bescheid ausdrücklich Bezug genommen.
Aufgrund § 179 Abs. 1 InsO i. V. m. § 184 Abs. 1 InsO geht es im Anschluss an einen Widerspruch gegen eine Anmeldung zur Tabelle darum, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Daraus ergibt sich auch der Umfang der Feststellung. Aus dem gesamten Verfahrensablauf und auch aus dem Feststellungsbescheid nebst Begründung (in beiden Fassungen) ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt, dass das FA etwas anderes feststellen wollte als das, was zur Beseitigung des Widerspruchs erforderlich war.
Nach Auffassung des Gerichts hätte die erfolgte Feststellung daher präzise dahingehend formuliert werden können, dass festgestellt wird, dass die zu lfd. Nr. 4 der Tabelle in Höhe von 111.786,40 € bereits festgestellte Forderung "in Höhe eines Teilbetrages von 68.472,95 € eine Verbindlichkeit aus einem Steuerschuldverhältnis ist, im Zusammenhang mit welchem Sie wegen einer Steuerstraftat nach § 370 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden sind". Die vom FA in der ursprünglichen und in der geänderten Fassung des Bescheids gebrauchten Formulierungen mögen vielleicht auf eine gewisse Ungeschicklichkeit des Sachbearbeiters des FA beim Formulieren hindeuten. Ein anderer Regelungsgehalt des Bescheids ergibt sich daraus im Rahmen der Auslegung aber nicht.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch, dass das OLG Hamm bei einer im Zusammenhang mit dem Attribut "Zusammenhang mit Steuerstraftat" erhobenen zivilprozessualen Feststellungsklage dahingehend, dass festgestellt werden sollte, dass es sich "nicht um eine Forderung handelt, die gem. § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist", im Gegensatz zum Kläger keine Bedenken gegen die Formulierung des Gegenstands der Feststellung hat (OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 10, 16 und passim).
d)
Mithin wurde der Bescheid vom 10.01.2019 durch den Bescheid vom 27.06.2019 auch gar nicht geändert, weil der - jeweils durch Auslegung zu ermittelnde - Regelungsgehalt gleich geblieben ist. Der Bescheid vom 27.06.2019 stellt lediglich eine (klarstellende) wiederholende Verfügung dar, mithin eine semantische Erläuterung. Es handelt sich nicht um eine neue Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einer neuen Entscheidung und daher einem anderen Regelungsgehalt.
e)
Ob der Bescheid rechtswidrig oder gar nichtig wäre, wenn er den Regelungsgehalt hätte, den der Kläger seiner diesbezüglichen Argumentation zugrunde legt, wenn also der Tenor wörtlich und ohne Mitberücksichtigung der Begründung und der dem Adressaten bekannten, dem Bescheid vorausgegangenen Verfahrensgeschichte zu verstehen wäre, bedarf hiernach keiner Entscheidung. Der Bescheid ist jedenfalls nicht wegen Unbestimmtheit nichtig (§ 125 Abs. 1 AO), denn sein Regelungsinhalt ist durch Auslegung eindeutig zu ermitteln.
2.
Das Attribut wurde auch zutreffend festgestellt.
a)
Die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat muss entgegen der Auffassung des Klägers noch nicht zum Zeitpunkt der Anmeldung der Forderung vorgelegen haben. Die Verurteilung oder der Eintritt von deren Rechtskraft kann später erfolgt sein.
Dies entspricht der herrschenden Meinung im insolvenzrechtlichen Schrifttum und der Rechtsprechung der Insolvenzgerichte. Das Gericht nimmt insoweit zur Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des OLG Hamm (Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 51-54: "unbegrenztes Nachforderungsrecht des Fiskus").
Ob die rechtskräftige Verurteilung (schon) bis zum Schlusstermin oder (nur) bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung erfolgt sein muss (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn.71-88), kann offen bleiben, denn die Verurteilung erfolgte hier vor beiden Zeitpunkten.
b)
Das Gericht ist ferner entgegen der Meinung des Klägers der Auffassung, dass auch keine Umstände (Tatsachen), aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers der Zusammenhang mit der Steuerstraftat ergibt, bereits bei der ursprünglichen Anmeldung der Forderung vorgetragen werden müssen.
Dies ergibt sich aus folgendem Zusammenhang:
Das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" wurde erst mit Wirkung vom 01.07.2014 eingeführt. Zuvor existierte nur das Attribut "aus Delikt". Bezüglich dieses Attributs war in § 174 Abs. 2 InsO bestimmt (eingeführt mit Wirkung ab 01.12.2001), dass der Insolvenzgläubiger bei der Anmeldung die Tatsachen anzugeben hat, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung ein Delikt zugrunde liegt.
Gleichwohl wurde in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung nie bezweifelt, dass das Attribut "aus Delikt" auch noch nachträglich angemeldet werden kann (zur grundsätzlichen Möglichkeit der nachträglichen Anmeldung eines Attributs zur Tabelle BGH, Urteil vom 17.01.2008 IX ZR 220/06, ZInsO 2008, 325, Juris Rn. 12; zuvor bereits AG Münster, Beschluss vom 01.03.2004 77 IK 35/01, Juris Rn. 35 sowie AG Hamburg, Beschluss vom 29.12.2004 68b IK 31/02, ZInsO 2005, 107, ZVI 2005, 41, Juris). Die grundsätzliche Nachholbarkeit ist also gefestigte insolvenzrechtliche Rechtsprechung. Eine zeitliche Grenze besteht nur insoweit, als die Anmeldung des Attributs zur Tabelle spätestens bis zum Ablauf der (bis 30.09.2020) sechsjährigen (inzwischen allerdings nur noch dreijährigen) Abtretungsfrist (ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) erfolgt sein muss (BGH, Urteil vom 07.05.2013 IX ZR 151/12, ZInsO 2013, 1589, Juris).
Wenn aber beim Attribut "aus Delikt" trotz der Formulierung in § 174 Abs. 2 InsO, dass die Tatsachen, aus denen sich das Attribut ergibt, bei der Anmeldung anzugeben sind, eine Nachmeldung des Attributs möglich ist, ist nicht einzusehen, warum dies beim Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" nicht möglich sein sollte. Eine solche Einschränkung würde voraussetzen, dass § 174 Abs. 2 InsO bei verschiedenen Attributen verschieden auszulegen wäre. Hierfür besteht aber kein Anhaltspunkt im Gesetz.
Im Übrigen war dem Gesetzgeber bei Einführung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 die insolvenzrechtliche Rechtsprechung zur Möglichkeit der Nachmeldung des Attributs "aus Delikt" bekannt. Hätte er für das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" eine Angabe der für das Attribut sprechenden Tatsachen schon bei der ursprünglichen Anmeldung zur Voraussetzung für das Entfallen der Restschuldbefreiung machen wollen, hätte er dies bei der Gesetzesänderung im Wortlaut berücksichtigt.
c)
Das Attribut erfasst schließlich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch steuerliche Nebenleistungen (insbesondere Zinsen und Säumniszuschläge), auf die sich die strafrechtliche Verurteilung nicht erstreckt (BFH, Urteil vom 07.08.0218 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 01.10.2020 IX ZR 199/19, ZInsO 2020, 2711, Juris Rn. 30-33). Durch den Gesetzeswortlaut "im Zusammenhang mit" ergibt sich, dass gerade keine Beschränkung auf die hinterzogenen Steuern vom Gesetzgeber gewollt war, sondern eine Erstreckung auf die Nebenleistungen. Die Gegenansicht (OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 68-70), die primär auf praktische Probleme verweist, vermag damit nicht zu überzeugen.
III.1.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Es erscheint aufgrund der großen Breitenwirkung klärungswürdig und klärungsbedürftig, ob die insolvenzrechtliche Restschuldbefreiung wegen eines Zusammenhangs mit einer Steuerstraftat nur entfällt, wenn die strafrechtliche Verurteilung oder gar deren Rechtskraft bereits bei der Anmeldung der Forderung zur Tabelle vorgelegen hat, und falls nicht, ob es zumindest erforderlich ist, dass die Umstände, aus denen sich die Steuerstraftat ergibt, bei der Anmeldung der Forderung zur Tabelle angegeben werden, und schließlich, ob und ggf. welche Formulierungen des nach einem Widerspruch des Schuldners gegen das Attribut ergehenden Feststellungsbescheids diesen rechtswidrig oder gar nichtig machen können.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3.
Der Berichterstatter entscheidet gemäß § 79a Abs. 3, Abs. 4 FGO aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten.
Urteil vom 05.07.2021
16 K 11072/19
In dem Rechtsstreit
A...,
Kläger,
bevollmächtigt:
gegen
Finanzamt,
Beklagter,
wegen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 16. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Juli 2021 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Eigenschaft (im Folgenden kurz "Attribut" genannt) "aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat ... rechtskräftig verurteilt worden ist" (§ 302 Nr. 1 Alt. 3 Insolvenzordnung - InsO -) für eine Insolvenzforderung des beklagten Finanzamts - FA - durch einen Bescheid gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung - AO -.
I.1.
Über das Vermögen des Klägers wurde am ......2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem lag ein Eigenantrag des Klägers vom 13.10.2014 zugrunde, der mit einem Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung verbunden war. Prüfungstermin wurde auf den 13.10.2015 anberaumt.
Mit Schreiben vom 19.08.2015(1) meldete das FA insgesamt 116.642,65 € Abgabenforderungen an, die es nach Steuerart, Zeitraum, Fälligkeit und Betrag sowie Nebenforderungen (Zinsen, Säumniszuschläge) im Einzelnen spezifizierte. Ein Hinweis auf einen Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung enthält die Anmeldung nicht. Die Forderung wurde in der Insolvenztabelle unter lfd. Nr. 4 eingetragen. Der Insolvenzverwalter widersprach den hälftigen Säumniszuschlägen, die das FA daraufhin erließ und für welche das FA die Anmeldung (in Höhe von 4.856,25 €) zurücknahm. Der Insolvenzverwalter bestritt ferner die Forderung bezüglich ESt 2004 mit dem Hinweis auf Verjährung. Dieses Bedenken konnte das FA jedoch durch nachfolgenden Schriftwechsel mit dem Insolvenzverwalter ausräumen. Im Ergebnis wurde die Forderung, ohne dass es bis dahin zu einem Widerspruch des Klägers als Schuldner gekommen wäre, am 05.11.2015, teilweise nachträglich, festgestellt(2) in Höhe von 111.786,40 €.
2.
Mit Strafbefehl vom 06.04.2016(3), rechtskräftig seit dem 06.05.2016, wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.
3.
Mit Schreiben an den Insolvenzverwalter vom 24.08.2016 mit dem Betreff "Berichtigung der Tabelle" bat das FA, die Insolvenztabelle zur lfd. Nr. 4 insoweit zu ergänzen, "dass es sich bei den dortigen Insolvenzforderungen um von der Restschuldbefreiung gemäß § 302 Abs. 1 InsO ausgeschlossene Abgabenforderungen handelt."
Mit Schreiben vom 29.08.2016 wies der Insolvenzverwalter darauf hin, dass sich die angemeldeten Abgabenrückstände und die Verurteilung nicht vollständig deckten, und forderte zur Konkretisierung auf.
Mit Schreiben vom 06.09.2016(4) berichtigte das FA seinen "Antrag vom 24.08.2016 auf Berichtigung der Tabelle" dahingehend, dass die Insolvenztabelle insoweit ergänzt werden sollte, als es sich in Höhe eines Teilbetrages von 68.472,95 € um Forderungen aus einer Steuerstraftat nach § 370 AO handeln würde, für die gemäß § 302 Abs. 1 InsO die Restschuldbefreiung ausgeschlossen sei. Eine konkretisierende Einzelaufstellung war beigefügt.
In die Tabelle wurde am 13.09.2016 eingetragen(5): "In dem festgestellten Betrag ist ein Betrag in Höhe von 68.472,95 € aus Steuerstraftat gem. §§ 370 ff. AO enthalten."
Am 26.09.2018 beschloss das Insolvenzgericht - Rechtspflegerin -(6), dass die Prüfung der bis 26.09.2018 nachträglich angemeldeten gewöhnlichen Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) im schriftlichen Verfahren erfolgt.
Am 28.09.2018(7) übersandte das Insolvenzgericht dem Kläger eine Abschrift des Beschlusses. Es wies dabei darauf hin, dass die entsprechend gekennzeichneten Forderungen (Nr. 4 und 6(8) der Tabelle) mit dem Forderungsgrund unerlaubte Handlung, vorsätzliche Unterhaltspflichtverletzung oder Steuerstraftat angemeldet worden und daher grundsätzlich von der Restschuldbefreiung ausgenommen seien, wenn sie zur Tabelle festgestellt worden seien. Kopien der Forderungsanmeldung fügte es bei. Es wies weiter darauf hin, dass gemäß §§ 175 Abs. 2, 302 InsO der Kläger widersprechen könne und der Widerspruch darauf beschränkt werden könne, dass die Forderung auf einer unerlaubten Handlung, Unterhaltspflichtverletzung oder Steuerstraftat beruhe. Hinsichtlich Nr. 4 der Tabelle sei lediglich ein Widerspruch gegen den Forderungsgrund zulässig, da die Forderungshöhe bereits im Prüfungstermin am 13.10.2015 geprüft worden sei.
Mit Schreiben vom 09.10.2018(9) an das Insolvenzgericht führte der Kläger aus: "... hiermit lege ich gegen den Antrag des Finanzamts B... vom 06.09.2016 Widerspruch ein (lfd. Nr. 4)." Der Widerspruch wurde mit Schreiben des Klägervertreters vom 31.10.2018(10) gegenüber dem Insolvenzgericht begründet, im Kern dahingehend, dass eine Anmeldung des Attributs nur bei der ursprünglichen Anmeldung der Forderung möglich sei und die rechtskräftige Verurteilung daher schon bei der ursprünglichen Anmeldung vorgelegen haben müsse.
Die Rechtspflegerin des Insolvenzgerichts hielt in einem Aktenvermerk vom 29.11.2018(11) über "den bes. Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren" u. a. fest, dass die nachträglich angemeldeten Forderungen "(Tabelle Nr. 4 (nur Forderungsgrund), 6 - 9)" ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft worden seien. Der Schuldner habe bestritten, dass den Forderungen Tabelle Nr. 4 und 6 ein Forderungsgrund nach § 175 Abs. 2 InsO zugrunde liege und habe die titulierten Forderungen Tabelle Nr. 4 und 6 dem Grund nach bestritten. Das Prüfungsergebnis sowie der Widerspruch des Schuldners würden in die Tabelle eingetragen.
Am 06.12.2018 ging beim FA ein Tabellenauszug ein(12), in dem es zu lfd. Nr. 4 nunmehr hieß:
"Der Gläubiger macht hinsichtlich der bereits geprüften Forderung mit Schreiben vom 06.09.20 von der Forderung einen Betrag i.H.V. 68.472,95 € aus Delikt bzw. einem Steuerschuldverhältnis geltend und der Schuldner ist deswegen gem. §§ 370, 373, 374 AO strafrechtlich rechtskräftig verurteilt.
Der Schuldner hat dem Forderungsgrund nach § 175 Abs. 2 InsO widerspruch erhoben."
4.
Am 11.06.2019 fand der Schlusstermin im schriftlichen Verfahren statt(13), mit Beschluss vom 08.07.2019(14) wurde das Insolvenzverfahren gemäß § 200 InsO aufgehoben.
II.
Im Anschluss an den Erhalt des Tabellenauszugs am 06.12.2018 vermerkte ein Bearbeiter des FA: "F-Bescheid gegen Schuldner erlassen".
1.
Am 10.01.2019 erließ das FA gegen den Kläger einen Bescheid(15) mit der Überschrift "Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO)". Wegen dessen genauen Wortlauts wird auf die Kopie in der Akte Bezug genommen. Zusammengefasst heißt es dort, der Kläger habe gegen den Rechtsgrund im Einzelnen aufgeführter Abgabenforderungen im Prüfungstermin Widerspruch erhoben und gemäß § 251 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 179 Abs. 1 InsO würden hiermit die Forderungen in der im Einzelnen spezifizierten Höhe als von der Restschuldbefreiung ausgenommene Insolvenzforderungen festgestellt.
2.
Am 06.02.2019 legte der Kläger Einspruch ein. Die strafrechtliche Verurteilung sei erst nach der Anmeldung der Forderungen zur Tabelle rechtskräftig geworden. Daraus ergebe sich, dass die Berichtigung bzw. Bemerkung, dass das Attribut gegeben ist, zu unterlassen sei. Das Attribut müsse, wie sich aus der Gesetzesfassung ergebe, bereits bei Anmeldung der Forderung mit angemeldet werden. Liege die Verurteilung bei der Anmeldung noch nicht vor, sei deswegen ein Nachtrag des Attributs nicht mehr möglich. Dies folge auch aus den Gesetzesmaterialien (Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, Drucksache 17/11268).
Außerdem hätte das FA nur feststellen dürfen, dass das Attribut vorlag, dass also die in Rede stehenden Steuerforderungen auf einem Steuerschuldverhältnis beruhten, wegen dem der Schuldner im Zusammenhang mit einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden sei. Stattdessen sei im Feststellungsbescheid rechtswidriger Weise festgestellt worden, dass der Schuldner mit einer Insolvenzforderung in bestimmter Höhe von der Restschuldbefreiung ausgenommen sei. Damit überdehne das FA seine Feststellungsbefugnis. Die Restschuldbefreiung sei zivilrechtlicher Natur.
3.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat müsse noch nicht bei der Anmeldung der Forderung vorliegen. Die Anmeldung eines Attributs sei nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung auch nachträglich zulässig. Äußerste zeitliche Grenze sei lediglich die Erteilung der Restschuldbefreiung. Die Formulierung "Ausnahme von der Restschuldbefreiung" ergebe sich aus dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO -.
III.1.
Am 20.03.2019 erhob der Kläger Klage, mit der er sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zwar möge die Begründung des angegriffenen Bescheids zutreffend formuliert sein, der Tenor des Bescheids sei gleichwohl überschießend, und auf diesen komme es für die Beurteilung an.
2.
Am 27.06.2019 erließt das FA einen weiteren Feststellungsbescheid(16), der ausweislich seiner Begründung an die Stelle des angefochtenen Bescheids vom 10.01.2019 treten sollte. Wegen dessen genauen Wortlauts wird auf die Kopie in der Akte Bezug genommen. Es heißt dort nunmehr, es würden die Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis, wegen dem der Kläger gemäß § 370 AO wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden sei, in der spezifizierten Höhe festgestellt.
3.
Auf Hinweise des Gerichts ergänzt der Kläger:
Mit Schreiben vom 09.10.2018 habe er dem Forderungsgrund und dem Attribut widersprochen. Dies folge auch aus dem Vermerk des Insolvenzgerichts vom 29.11.2018.
Auch der Ausspruch im Änderungsbescheid vom 27.06.2019 sei zu weitgehend, denn das FA sei nicht berechtigt, die Eigenschaft einer Forderung als Insolvenzforderung festzustellen. Die Klage richte sich daher sowohl gegen das Attribut als auch gegen die Feststellung der Forderungen als Insolvenzforderungen. Da der Bescheid, auch in seiner geänderten Version, überschießende, unter keinem Gesichtspunkt von der Ermächtigungsgrundlage gedeckte Feststellungen enthalte, sei er nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig.
Der Änderungsbescheid vom 27.06.2019 sei im Übrigen nach dem Schlusstermin im Insolvenzverfahren am 11.06.2019 erfolgt, in dem das FA keinen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt habe, und daher verspätet im Sinne von § 290 Abs. 2 InsO.
Selbst wenn man nicht der Ansicht folgten wollte, dass die rechtskräftige Verurteilung schon bei der ursprünglichen Anmeldung vorgelegen haben müsse, so setze eine wirksame Forderungsanmeldung zumindest voraus, dass der (Steuer-)Gläubiger mindestens die Tatsachen vortrage, aus denen sich nach seiner Einschätzung das Vorliegen des Attributs ergebe. Die frühere Rechtsprechung der Zivilgerichte zur nachträglichen Anmeldung eines Attributs lege eine zuvor erfolgte, wirksame Anmeldung der Forderung zugrunde. An einer solchen fehle es hier aber gerade.
Zinsen und Säumniszuschläge seien nicht Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung gewesen und daher auch nicht mit dem Attribut zu belegen.
Der Finanzrechtsweg werde nicht in Abrede gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerseitigen Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
4.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO vom 10.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2019 und weiter geändert mit Bescheid vom 27.06.2019 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
5.
Das FA bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und ergänzt:
Der Feststellungsbescheid sei einem Feststellungsurteil vergleichbar und müsse daher insolvenzrechtlichen Anforderungen genügen. Die gewählte Formulierung im ursprünglichen Bescheid sei an den Gesetzeswortlaut von § 302 Satz 1 InsO angelehnt. In den Gründen sei auf die maßgeblichen Rechtsnormen Bezug genommen und das Attribut als Teil des Feststellungsgegenstandes erläutert worden. Dies sei ordnungsgemäß.
Aufgrund der Klagebegründung sei jedoch der Änderungsbescheid erlassen worden. Der Rechtsauffassung des Klägers, es habe nicht die Rechtsfolge - die Ausnahme von der Restschuldbefreiung -, sondern nur der Rechtsgrund - das Attribut - festgestellt werden dürfen, habe sich das FA angeschlossen und daher den Fehler des ersten Bescheids durch den zweiten Bescheid korrigiert. Es liege kein doppelter Bescheid vor, da der zweite ein Änderungsbescheid zum ersten sei.
IV.1.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.(17)
2.
Die Vollstreckungsakte(18) lag vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
1.
Insbesondere ist der Finanzrechtsweg (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -) gegeben, so dass keine Verweisung an das Landgericht C... gemäß § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - zu erfolgen hat.
Der Streit um das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" ist in diesem Sinne eine Abgabenangelegenheit und damit öffentlich-rechtlich.
a)
Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Hingegen ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, dass der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO stellt lediglich eine Sonderzuweisung zu den Finanzgerichten als besonderen Verwaltungsgerichten dar und setzt mithin das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit voraus.
Zur Abgrenzung wird auf BGH, Beschluss vom 09.02.2021 VIII ZB 20/20, NVwZ 2021, 660, Juris Rn. 17, und BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6, Bezug genommen. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es - wie hier - an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr.; etwa Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 04.06.1974 GmS-OGB 2/73, BSGE 37, 292; vom 10.04.1986 GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f.; vom 29.10.1987 GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283; vom 10.07.1989 GmS-OGB 1/88, BGHZ 108, 284, 286 m. w. N.; BGH, Urteil vom 10.01.1984 VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, 251; Beschlüsse vom 24.07.2001 VI ZB 12/01, BGHZ 148, 307, 308; vom 29.04.2008 VIII ZB 61/07, BGHZ 176, 222 Rn. 8; vom 14.04.2015 VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12; BSG, NZS 2014, 918 [BSG 21.07.2014 - B 14 SF 1/14 R] Rn. 8; BSG, Beschluss vom 25.10.2017 B 7 SF 1/16 R, Juris Rn. 6). Dabei kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der von Rechtsätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BGH, Urteile vom 23.02.1988 VI ZR 212/87, BGHZ 103, 255, 257; vom 01.12.1988 IX ZR 61/88, BGHZ 106, 134, 135; vom 28.02.1991 III ZR 53/90, BGHZ 114, 1, 5; Beschlüsse vom 30.01.1997 III ZB 110/96, NJW 1997, 1636 unter II.1.; vom 30.05.2000 VI ZB 34/99, VersR 2000, 1390 unter 1.; vom 29.04.2008 VIII ZB 61/07, BGHZ 176, 222 Rn. 8; vom 17.12.2009 III ZB 47/09, VersR 2011, 90 Rn. 7; vom 14.04.2015 VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12). Entscheidend ist demnach die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs (BGH, Beschluss vom 27.10.2009 VIII ZB 42/08, BGHZ 183, 49 Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 19.05.1994 5 C 33/91, BVerwGE 96, 71, 74).
Es kommt darauf an, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 10.04.1986 GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 314; vom 29.10.1987 GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283; BVerwG, Beschluss vom 30.05.2006 3 B 78/02, NJW 2006, 2568, Juris). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BGH, Urteile vom 10.01.1984 VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, 252, und vom 23.02.1988 VI ZR 212/87, BGHZ 103, 255, 257).
b)
Es kommt daher - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht darauf an, ob das FA einen Verwaltungsakt erlassen wollte oder erlassen hat, denn entscheidend ist die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs. Wäre die Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" zivilrechtlicher Natur, könnte das FA den Finanzrechtsweg nicht dadurch im Wege der Rechtswegmanipulation herbeiführen, dass es, statt vor dem Zivilgericht auf Feststellung zu klagen, einen Feststellungsbescheid erlässt. Es besteht für einen Anspruchsteller (hier: das FA als Insolvenzgläubiger) grundsätzlich keine freie Wahl des Rechtswegs (BGH, Beschluss vom 09.02.2021 VIII ZB 20/20, NVwZ 2021, 660, Juris Rn. 17).
Vielmehr gilt umgekehrt, dass das FA die Feststellung nur dann durch Verwaltungsakt selbst vornehmen darf, wenn für die Feststellung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben ist (BFH, Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16).
c)
Bezüglich der Feststellung des Attributs "aus Delikt" ist der Zivilrechtsweg gegeben (BGH, Beschluss vom 02.12.2010 IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44, Juris Rn. 4), auch wenn es um die deliktische Natur eines Steueranspruchs handelt (BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6, für Gewerbesteuerhaftung).
Bezüglich der Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung" ist der Rechtsweg umstritten (für die Zuständigkeit der Zivilgerichte: OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 27-28; für die Zuständigkeit der Finanzgerichte: BFH, Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16-17).
aa)
Zunächst ist festzuhalten, dass wegen der Bindung der höheren Instanzen gemäß § 17a Abs. 5 GVG alle Erwägungen von Gerichten zweiter oder dritter Instanz in Hauptsacheverfahren, nicht in Beschwerdeverfahren gemäß § 17a Abs. 2 bis 4 GVG, nur obiter dicta sind, damit auch die Erwägungen in den beiden vorgenannten Entscheidungen des OLG Hamm und des BFH (vgl. in wünschenswerter Deutlichkeit BGH, Urteil vom 01.10.2020 IX ZR 199/19, ZInsO 2020, 2711, Juris Rn. 6).
bb)
Die Erwägungen des BFH (Urteil vom 07.08.2018 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 16-17) sind wenig überzeugend.
aaa)
Es trifft zwar zu, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung nur eine Vorfrage ist, die vom Gericht des zulässigen Rechtswegs mit zu prüfen ist. Vorfragen beeinflussen den Rechtsweg nicht und sind von den zuständigen Gerichten selbständig zu beantworten (BGH, Beschluss vom 02.12.2010 IX ZB 271/09, ZInsO 2011, 44, Juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6).
Damit ist aber nichts für die Entscheidung gewonnen, welches Gericht für die (eigentliche) Frage zuständig ist.
bbb)
Bei der Frage, ob ein Zusammenhang mit einer strafgerichtlichen Verurteilung besteht, handelt es sich um eine andere Frage als die, ob der zur Tabelle angemeldete Steueranspruch überhaupt besteht. Der Hinweis des BFH, dass für Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis die ordentlichen Gerichte nicht zuständig sind, ist daher zwar an und für sich richtig, aber hier nicht aussagekräftig, weil die Frage, ob die Restschuldbefreiung entfällt, eine insolvenzrechtliche ist.
ccc)
Im Übrigen hat das BVerwG (Beschluss vom 12.04.2013 9 B 37/12, ZInsO 2013, 1043, Juris Rn. 6) in dem Fall, dass Gewerbesteuerhaftungsansprüche durch Bescheid festgestellt worden waren und während des dagegen gerichteten verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, bei Aufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gemeinde mit dem Ziel der Feststellung, dass das Attribut "aus Delikt" vorliegt, die Verweisung dieser Feststellungsklage an das Zivilgericht bestätigt, obwohl der Anspruch selbst (Gewerbesteuerhaftung) unzweifelhaft vor die Verwaltungsgerichte gehört. Damit lässt sich die Argumentation des BFH, für die Feststellung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" seien die Finanzgerichte zuständig, weil der zugrunde liegende Anspruch, auf den sich das Attribut bezieht, ein solcher aus einem Steuerschuldverhältnis sei, kaum vereinbaren.
cc)
Hingegen hat das OLG Hamm (Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 27-28) für seine Ansicht beachtliche Gründe angeführt. Es hat ausgeführt, was das Prüfprogramm im Rahmen der Feststellung des Attributs sei (Prüfungskanon), welche Rechtsfragen also dabei zu beantworten seien, nämlich insbesondere, ob überhaupt eine wirksame Anmeldung zur Tabelle vorliegt, ob also die in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen eingehalten sind, und dann weiter, ob die Streitgegenstände der Anmeldung zur Tabelle und der strafrechtlichen Verurteilung identisch sind, und kam dabei zu dem Schluss, dass alle zu prüfenden Fragen insolvenzrechtlicher Natur seien und damit der Zivilgerichtsbarkeit näher stünden als der Festsetzung gemäß § 251 Abs. 3 AO.
d)
Das erkennende Gericht hält den Finanzrechtsweg trotz dieser nicht von der Hand zu weisenden Erwägungen des OLG Hamm für gegeben unter dem Gesichtspunkt der Rechtswegkonzentration (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG). Meldet ein FA seine Steuerforderung sogleich unter Hinweis auf das Attribut an, könnte ein Schuldner sowohl die Forderung an und für sich als auch deren Zusammenhang mit einer rechtskräftig abgeurteilten Steuerstraftat bestreiten (oder der Insolvenzverwalter bestreitet die Forderung und der Schuldner das Attribut). Dann müsste der Streit um die Forderung als solche vor den Finanzgerichten, die um das Attribut vor den Zivilgerichten ausgetragen werden, was dem Grundsatz der Rechtswegkonzentration nicht entsprechen würde. Es könnte dann sogar dazu kommen, dass die ordentlichen Gerichte den Zusammenhang mit einer Steuerstraftat auf Feststellungsklage hin bejahen, aber die - bisweilen langsamen - Finanzgerichte, die auch erst nach Erlass des Feststellungsbescheids und der Einspruchsentscheidung durch die - ebenfalls bisweilen langsamen - Finanzämter angerufen werden können, die Existenz des Steueranspruchs verneinen. Eine solche Aufspaltung erschiene künstlich und wäre wenig zielführend.
2.
Da die Beteiligten übereinstimmend den Finanzrechtsweg für gegeben halten, sieht das Gericht von einer Vorabfeststellung durch Beschluss (§ 17a Abs. 3 GVG) ab. Aufgrund der mit der Auffassung des Gerichts übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten wäre mit einer Beschwerde auch bei deren Zulassung und daher mit einer allgemeinen Klärung - die allerdings weiterhin notwendig erscheint, aber auf einen dafür geeigneten Fall warten muss - hier nicht zu rechnen.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid, und zwar gemäß § 68 Satz 1 FGO in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27.06.2019, ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1.
Der angefochtene Bescheid ist nicht wegen Feststellungen außerhalb jeder Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig oder nichtig. Denn seine Auslegung ergibt, dass nur das Attribut festgestellt wurde.
a)
Ist ein Verwaltungsakt objektiv mehrdeutig, ist er auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Die Auslegung ist anhand des objektiven Empfängerhorizonts vorzunehmen entsprechend §§ 133, 157 BGB. Es kommt darauf an, wie der Empfänger des Bescheids das Erklärte nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte. Es ist nicht allein auf den Tenor abzustellen, sondern auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der Begründung. Auch außerhalb des Bescheids liegende Umstände können bei dessen Auslegung berücksichtigt werden (zum Ganzen Ratschow in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 119 Rn. 9 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
b)
Der Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung vom 10.01.2019 ist nicht eindeutig. Denn in seinem Einleitungssatz wird darauf Bezug genommen, dass der Kläger im Insolvenzverfahren "gegen den Rechtsgrund" Widerspruch erhoben habe. Direkt im Anschluss wird aber nicht der Rechtsgrund (das Attribut) festgestellt, sondern dass die Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind. Dies passt nicht zusammen, sondern widerspricht sich.
Der Bescheid in seiner neuen Fassung vom 27.06.2019 ist ebenfalls nicht eindeutig. Im Tenor werden Forderungen als Insolvenzforderungen festgestellt, die Begründung bezieht sich aber nur auf das Attribut.
Der Bescheid ist mithin bezüglich seines Regelungsgehalts auszulegen.
c)
Dem Bescheidadressaten, also dem Kläger, war die Vorgeschichte bekannt. Insbesondere war ihm vom Insolvenzgericht das Schreiben des FA vom 06.09.2016 mit der Nachmeldung des Attributs weitergeleitet worden, und er kannte seinen eigenen Widerspruch dagegen sowie die Begründung seines Widerspruchs. Auf seinen Widerspruch wurde einleitend im Bescheid ausdrücklich Bezug genommen.
Aufgrund § 179 Abs. 1 InsO i. V. m. § 184 Abs. 1 InsO geht es im Anschluss an einen Widerspruch gegen eine Anmeldung zur Tabelle darum, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Daraus ergibt sich auch der Umfang der Feststellung. Aus dem gesamten Verfahrensablauf und auch aus dem Feststellungsbescheid nebst Begründung (in beiden Fassungen) ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt, dass das FA etwas anderes feststellen wollte als das, was zur Beseitigung des Widerspruchs erforderlich war.
Nach Auffassung des Gerichts hätte die erfolgte Feststellung daher präzise dahingehend formuliert werden können, dass festgestellt wird, dass die zu lfd. Nr. 4 der Tabelle in Höhe von 111.786,40 € bereits festgestellte Forderung "in Höhe eines Teilbetrages von 68.472,95 € eine Verbindlichkeit aus einem Steuerschuldverhältnis ist, im Zusammenhang mit welchem Sie wegen einer Steuerstraftat nach § 370 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden sind". Die vom FA in der ursprünglichen und in der geänderten Fassung des Bescheids gebrauchten Formulierungen mögen vielleicht auf eine gewisse Ungeschicklichkeit des Sachbearbeiters des FA beim Formulieren hindeuten. Ein anderer Regelungsgehalt des Bescheids ergibt sich daraus im Rahmen der Auslegung aber nicht.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch, dass das OLG Hamm bei einer im Zusammenhang mit dem Attribut "Zusammenhang mit Steuerstraftat" erhobenen zivilprozessualen Feststellungsklage dahingehend, dass festgestellt werden sollte, dass es sich "nicht um eine Forderung handelt, die gem. § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist", im Gegensatz zum Kläger keine Bedenken gegen die Formulierung des Gegenstands der Feststellung hat (OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 10, 16 und passim).
d)
Mithin wurde der Bescheid vom 10.01.2019 durch den Bescheid vom 27.06.2019 auch gar nicht geändert, weil der - jeweils durch Auslegung zu ermittelnde - Regelungsgehalt gleich geblieben ist. Der Bescheid vom 27.06.2019 stellt lediglich eine (klarstellende) wiederholende Verfügung dar, mithin eine semantische Erläuterung. Es handelt sich nicht um eine neue Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einer neuen Entscheidung und daher einem anderen Regelungsgehalt.
e)
Ob der Bescheid rechtswidrig oder gar nichtig wäre, wenn er den Regelungsgehalt hätte, den der Kläger seiner diesbezüglichen Argumentation zugrunde legt, wenn also der Tenor wörtlich und ohne Mitberücksichtigung der Begründung und der dem Adressaten bekannten, dem Bescheid vorausgegangenen Verfahrensgeschichte zu verstehen wäre, bedarf hiernach keiner Entscheidung. Der Bescheid ist jedenfalls nicht wegen Unbestimmtheit nichtig (§ 125 Abs. 1 AO), denn sein Regelungsinhalt ist durch Auslegung eindeutig zu ermitteln.
2.
Das Attribut wurde auch zutreffend festgestellt.
a)
Die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat muss entgegen der Auffassung des Klägers noch nicht zum Zeitpunkt der Anmeldung der Forderung vorgelegen haben. Die Verurteilung oder der Eintritt von deren Rechtskraft kann später erfolgt sein.
Dies entspricht der herrschenden Meinung im insolvenzrechtlichen Schrifttum und der Rechtsprechung der Insolvenzgerichte. Das Gericht nimmt insoweit zur Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des OLG Hamm (Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 51-54: "unbegrenztes Nachforderungsrecht des Fiskus").
Ob die rechtskräftige Verurteilung (schon) bis zum Schlusstermin oder (nur) bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung erfolgt sein muss (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn.71-88), kann offen bleiben, denn die Verurteilung erfolgte hier vor beiden Zeitpunkten.
b)
Das Gericht ist ferner entgegen der Meinung des Klägers der Auffassung, dass auch keine Umstände (Tatsachen), aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers der Zusammenhang mit der Steuerstraftat ergibt, bereits bei der ursprünglichen Anmeldung der Forderung vorgetragen werden müssen.
Dies ergibt sich aus folgendem Zusammenhang:
Das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" wurde erst mit Wirkung vom 01.07.2014 eingeführt. Zuvor existierte nur das Attribut "aus Delikt". Bezüglich dieses Attributs war in § 174 Abs. 2 InsO bestimmt (eingeführt mit Wirkung ab 01.12.2001), dass der Insolvenzgläubiger bei der Anmeldung die Tatsachen anzugeben hat, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung ein Delikt zugrunde liegt.
Gleichwohl wurde in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung nie bezweifelt, dass das Attribut "aus Delikt" auch noch nachträglich angemeldet werden kann (zur grundsätzlichen Möglichkeit der nachträglichen Anmeldung eines Attributs zur Tabelle BGH, Urteil vom 17.01.2008 IX ZR 220/06, ZInsO 2008, 325, Juris Rn. 12; zuvor bereits AG Münster, Beschluss vom 01.03.2004 77 IK 35/01, Juris Rn. 35 sowie AG Hamburg, Beschluss vom 29.12.2004 68b IK 31/02, ZInsO 2005, 107, ZVI 2005, 41, Juris). Die grundsätzliche Nachholbarkeit ist also gefestigte insolvenzrechtliche Rechtsprechung. Eine zeitliche Grenze besteht nur insoweit, als die Anmeldung des Attributs zur Tabelle spätestens bis zum Ablauf der (bis 30.09.2020) sechsjährigen (inzwischen allerdings nur noch dreijährigen) Abtretungsfrist (ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) erfolgt sein muss (BGH, Urteil vom 07.05.2013 IX ZR 151/12, ZInsO 2013, 1589, Juris).
Wenn aber beim Attribut "aus Delikt" trotz der Formulierung in § 174 Abs. 2 InsO, dass die Tatsachen, aus denen sich das Attribut ergibt, bei der Anmeldung anzugeben sind, eine Nachmeldung des Attributs möglich ist, ist nicht einzusehen, warum dies beim Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" nicht möglich sein sollte. Eine solche Einschränkung würde voraussetzen, dass § 174 Abs. 2 InsO bei verschiedenen Attributen verschieden auszulegen wäre. Hierfür besteht aber kein Anhaltspunkt im Gesetz.
Im Übrigen war dem Gesetzgeber bei Einführung des Attributs "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 die insolvenzrechtliche Rechtsprechung zur Möglichkeit der Nachmeldung des Attributs "aus Delikt" bekannt. Hätte er für das Attribut "Zusammenhang mit einer Steuerstraftat" eine Angabe der für das Attribut sprechenden Tatsachen schon bei der ursprünglichen Anmeldung zur Voraussetzung für das Entfallen der Restschuldbefreiung machen wollen, hätte er dies bei der Gesetzesänderung im Wortlaut berücksichtigt.
c)
Das Attribut erfasst schließlich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch steuerliche Nebenleistungen (insbesondere Zinsen und Säumniszuschläge), auf die sich die strafrechtliche Verurteilung nicht erstreckt (BFH, Urteil vom 07.08.0218 VII R 24/17, ZInsO 2018, 2674, Juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 01.10.2020 IX ZR 199/19, ZInsO 2020, 2711, Juris Rn. 30-33). Durch den Gesetzeswortlaut "im Zusammenhang mit" ergibt sich, dass gerade keine Beschränkung auf die hinterzogenen Steuern vom Gesetzgeber gewollt war, sondern eine Erstreckung auf die Nebenleistungen. Die Gegenansicht (OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2018 7 U 58/17, ZInsO 2019, 797, Juris Rn. 68-70), die primär auf praktische Probleme verweist, vermag damit nicht zu überzeugen.
III.1.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Es erscheint aufgrund der großen Breitenwirkung klärungswürdig und klärungsbedürftig, ob die insolvenzrechtliche Restschuldbefreiung wegen eines Zusammenhangs mit einer Steuerstraftat nur entfällt, wenn die strafrechtliche Verurteilung oder gar deren Rechtskraft bereits bei der Anmeldung der Forderung zur Tabelle vorgelegen hat, und falls nicht, ob es zumindest erforderlich ist, dass die Umstände, aus denen sich die Steuerstraftat ergibt, bei der Anmeldung der Forderung zur Tabelle angegeben werden, und schließlich, ob und ggf. welche Formulierungen des nach einem Widerspruch des Schuldners gegen das Attribut ergehenden Feststellungsbescheids diesen rechtswidrig oder gar nichtig machen können.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3.
Der Berichterstatter entscheidet gemäß § 79a Abs. 3, Abs. 4 FGO aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten.
RechtsgebieteInsO, AOVorschriften§ 302 Nr. 1 Alt. 3 InsO, § 251 Abs. 3 AO