18.04.2024 · IWW-Abrufnummer 241031
Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 12.12.2023 – 12 U 216/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil vom 12.12.2023
12 U 216/22
In dem Rechtsstreit
wegen Auskunft und Herausgabe
hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 12. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Landgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2023 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15.11.2022, Az. 31 O 125/21 KfH, abgeändert. Im Tenor des Urteils des Landgerichts werden jeweils durch folgende letzte Sätze Einschränkungen angefügt:
Tenor Ziffer
I.1.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, die später nicht herauszugeben sind, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen, Notizen über Gespräche mit den Mandanten, Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt.
I.2.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, die später nicht herauszugeben sind, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen, Notizen über Gespräche mit den Mandanten, Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt.
I.3.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
I.4.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
II.1.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, die später nicht herauszugeben sind, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen, Notizen über Gespräche mit den Mandanten, Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt.
II.2.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, die später nicht herauszugeben sind, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen, Notizen über Gespräche mit den Mandanten, Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt.
II.3.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
II.4.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
III.8.
Soweit sich das Auskunftsverlangen und der Fragenkatalog unter III. auf Unterlagen aus Handakten beziehen, über die nicht Auskunft gegeben werden müsste, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, muss keine Auskunft gegeben und müssen die Fragen nicht beantwortet werden.
IV.1.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, die später nicht herauszugeben sind, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen, Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen, Notizen über Gespräche mit den Mandanten, Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt.
IV.2.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
IV.3.
Hiervon ausgenommen sind Inhalte der Handakte, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vornherein nicht in Betracht kommt, interne Arbeitspapiere (enge Auslegung, vgl. Urteilsgründe; liegen nicht vor, wenn sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt wurden), Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters, Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen.
2.
Im Übrigen wird die Klage in der Auskunftsstufe abgewiesen.
3.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
4.
Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Im Übrigen kann der Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 € abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Weitergehende Vollstreckungsschutzanträge werden zurückgewiesen.
5.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der W. AG und der W. T. GmbH im Rahmen der Stufenklage (Auskunftsstufe) im Wesentlichen zunächst Ansprüche auf Auskunft über den Inhalt von und Einsicht in Handakten aus Mandaten geltend, die die Prüfung von Jahresabschlüssen, Konzernabschlüssen sowie einen gesonderten Untersuchungsauftrag "Projekt R." betreffen.
1. Die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war seit 2009 Abschlussprüferin für die Jahres- und Konzernabschlüsse der W. AG und von 2014 bis 2019 auch Abschlussprüferin der W. T. GmbH. Die W. AG war ein überwiegend im Bereich von IT-gestützten elektronischen Zahlungsdienstleistungen tätiges Unternehmen und stand an der Spitze einer global tätigen Unternehmensgruppe, zu der auch die W. T. GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, gehörte. 2006 übernahm die Unternehmensgruppe eine Bank und war fortan im Besitz einer Vollbanklizenz. Durch eine gesonderte Mandatsvereinbarung hatte die Beklagte im September 2016 von der W. AG auch den Auftrag erhalten, eine forensische Sonderuntersuchung unter dem Namen "Projekt R." durchzuführen. Diese Sonderuntersuchung hatte die Aufklärung von Vorwürfen im Zusammenhang mit einer von der W.-Gruppe durchgeführten Unternehmensakquisition dreier indischer Gesellschaften der "G. Group" zu angeblich oder tatsächlich überhöhten Preisen zum Gegenstand. Nachdem die Beklagte der W. AG für die Abschlüsse 2014-2018 die Testate ausstellte und auch für die W. T. GmbH bis zum Geschäftsjahr 2018 uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt hatte, wurden diese für das Geschäftsjahr 2019 verweigert. Nach Versagung der Testate scheiterten Verhandlungen über eine Kreditfazilität, so dass die Finanzierung zur Fortführung der Geschäftstätigkeit nicht mehr gewährleistet war und die W. AG wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung am 25.06.2020 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen musste. Am 01.07.2020 stellte auch die W. T. GmbH einen Insolvenzantrag. Der Kläger wurde zunächst zum vorläufigen und dann zum endgültigen Insolvenzverwalter über das Vermögen beider Gesellschaften bestellt. Der "W."-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages stellte unter Berücksichtigung der sog. "Wa."-Berichte und der ausgewerteten Dokumente im Abschlussbericht fest, er könne nicht nachvollziehen, wie die Beklagte auf dieser Grundlage den Jahresabschluss 2016 habe uneingeschränkt testieren können. Der Kläger hat zur Vorbereitung etwaiger Schadensersatzansprüche im Rahmen der Stufenklage (Auskunftsstufe) im Wesentlichen Ansprüche auf Auskunft über den Inhalt von und Einsicht in Handakten aus Mandaten geltend gemacht, die die Prüfung von Jahresabschlüssen, Konzernabschlüssen sowie einen gesonderten Untersuchungsauftrag "Projekt R." betreffen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die ehemaligen Mandantinnen hätten einen Großteil der maßgeblichen Unterlagen bereits in Besitz und betrieben unzulässige Ausforschung. Der Abschlussprüfer werde im Übrigen auch primär im öffentlichen Interesse tätig und schulde daher im Rahmen dieser Aufträge seiner Mandantin keine Auskunft. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
2. Das Landgericht hat den in der Auskunftsstufe geltend gemachten Anträgen stattgegeben. Der Kläger betreibe keine unzulässige Ausforschung. Die Ansprüche ergäben sich aus den seinerzeit geschlossenen Verträgen gemäß den §§ 675 Abs. 1, 666, 667 BGB. Der Wirtschaftsprüfer könne sich nicht darauf berufen, er schulde lediglich den Aufsichtsbehörden Auskunft. Die für Wirtschaftsprüfer geltenden Normen, insbesondere § 51b Abs. 4 WPO, schränkten den Anspruchsinhalt nicht über den Tenor hinaus ein, zumal nicht dargelegt sei, dass Schriftstücke, die zurückgehalten werden dürften, sich überhaupt in den Handakten befänden. Die Ansprüche seien auch noch nicht erfüllt. Ebenso könne sich die Beklagte nicht auf Verjährung berufen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.12.2022 zugestellte Urteil am 15.12.2022 Berufung eingelegt und die Berufungsbegründung - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.03.2023 - am letzten Tag der offenen Frist eingereicht.
3. Die Beklagte ist der Auffassung,
das Landgericht habe die Ansprüche rechtsfehlerhaft zuerkannt und dabei in unzulässiger Weise sogar noch mehr zugesprochen, als beantragt gewesen sei. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre Argumente aus erster Instanz. Der Auskunftsanspruch sei aufgrund der primär im öffentlichen Interesse erfolgenden Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers weitgehend eingeschränkt. Der Kläger könne die Herausgabe interner Arbeitspapiere, zumal in dem geltend gemachten Umfang, nicht verlangen. Das Landgericht hätte Einschränkungen des Auskunfts- und Einsichtsrechts in den Tenor aufnehmen müssen. Eine Pflicht zur Beantwortung konkreter Fragen bestehe nicht. Das Fragerecht sei allenfalls auf Unterlagen und Sachverhalte beschränkt, die auch dem Auskunfts- bzw. Herausgabeanspruch unterliegen. Der Anspruch auf Auskunft und Einsicht in Bezug auf Handakten zum "Projekt R." sei rechtsfehlerhaft zuerkannt worden. Ein Anspruch auf Unterlassung der Vernichtung von Handakten bestehe nicht. Im Übrigen sei die Verjährung unzutreffend verneint worden. Das Urteil sei in sich widersprüchlich.
Die Beklagte beantragt:
1.
das Teil- und Endurteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. November 2022, Az. 31 O 125/21 KfH, aufzuheben und die Klage abzuweisen;
2.
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen;
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung,
ihm sei nur das zugesprochen worden, was er auch beantragt habe. Es bestehe eine umfassende Auskunfts- und Einsichtsgewährungspflicht. Den Abschlussprüfer treffe eine umfassende Rechnungspflicht, die nicht durch § 51b Abs. 4 WPO oder durch Treu und Glauben eingeschränkt sei. Jedenfalls fehlten substantiierte Einwendungen der Beklagten, die sie berechtigen würden, Auskünfte nicht zu erteilen oder die Einsicht zu verweigern. Auch die Beantwortung einzelner Fragen im Zusammenhang mit dem Auftrag "Projekt R." sei aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis geschuldet. Die verlangten Auskünfte seien auch nicht unzumutbar. Verjährung sei nicht eingetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 21.11.2023 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist insoweit begründet, als den durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen der Auskunfts-, Rechenschafts- und Einsichtspflicht im Urteil, namentlich auch im Urteilstenor, Geltung zu verschaffen ist.
A. Urteilstenor I. (Ansprüche IV W. AG i.L.)
Die Beklagte rügt zu Unrecht, das Urteil verstoße gegen den Grundsatz "ne ultra petita". Das Landgericht hat letztlich das zugesprochen, was bereits nach dem Wortlaut der Anträge ausdrücklich beansprucht wurde. Der Kläger bestätigt dies auch in der Berufungsbegründung. Es besteht kein Anlass für eine einschränkende Auslegung der Anträge.
1. Urteilstenor Ziff. I.1. Auskunft über den Inhalt der Handakten der Beklagten
Der Kläger kann als Insolvenzverwalter der W. AG von der Beklagten im tenorierten Umfang grundsätzlich Auskunft über den Inhalt der Handakten gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB i.V.m. § 80 InsO verlangen (Abschlussprüfungen Geschäftsjahre 2016 bis 2019). Es sind allerdings die durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen im Tenor aufzunehmen.
a) Rechte des Insolvenzverwalters
Ansprüche der Insolvenzschuldnerin aus dem jeweiligen Mandatsverhältnis fallen in die Insolvenzmasse und können gemäß § 80 Abs. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Der Insolvenzverwalter kann unter den gleichen Voraussetzungen und im selben Umfang Herausgabe oder Einsichtsgewährung bezüglich der Handakte verlangen, wie es die jeweilige Insolvenzschuldnerin ohne die Insolvenz bei anderweitiger Mandatsbeendigung selbst gekonnt hätte (BGH, Urteil vom 17.05.2018 - IX ZR 243/17; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.10.2019 - 12 U 19/19; S. 14, 15; das den Parteien bekannte Urteil wurde vorgelegt als Anlage K 58).
b) Ansprüche der Insolvenzschuldnerin
aa) Anspruchsgrundlage
Ein Vertrag zwischen einem Wirtschaftsprüfer und einem Mandanten hat in der Regel eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand (§ 675 BGB; vgl. Senat a.a.O. m.w.N.). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt sich der Vertrag über die Abschluss- und Konzernabschlussprüfung gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 HGB in diesem Sinne als Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter dar (§§ 675, 631 BGB; BGH, Urteil vom 28.04.2022 - IX ZR 68/21, NZI 2022, 554 Rn. 10 m.w.N.). Die Beklagte war für beide Insolvenzschuldnerinnen als Wirtschaftsprüferin (Abschlussprüferin) tätig. Selbst wenn man den Vertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter (§§ 675, 611 BGB) sehen würde, würde sich nichts daran ändern, weil auch insoweit über § 675 Abs. 1 BGB auf die §§ 666 ff. BGB verwiesen würde.
bb) Grundsätzlich allgemeiner Auskunfts- und Herausgabeanspruch nach §§ 675, 666, 667 BGB auch für Wirtschaftsprüfer
Der Senat hat bereits in dem von den Parteien zitierten Urteil vom 08.10.2019, 12 U 19/19 (a.a.O.), ausgeführt, der Umfang der Auskunftspflicht bestimme sich nach dem Umfang der Herausgabepflicht, die sich wiederum gemäß §§ 675 Abs. 1, 666, 667 BGB ergibt. Ergänzend sind hierzu berufsrechtliche Vorschriften wie § 51b WPO (dazu später ausführlicher) zu beachten.
Die zu Steuerberatern und Rechtsanwälten ergangene Rechtsprechung betreffend deren Handakte ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch auf Wirtschaftsprüfer übertragbar (vgl. etwa BeckOK BGB/Detlev Fischer, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 666 Rn. 6 m.w.N.).
Die Frage, welche Tätigkeit ein Wirtschaftsprüfer im Einzelfall schuldet, ist in erster Linie aus der Vereinbarung des Wirtschaftsprüfers mit dem Mandanten zu beantworten. Wie bereits ausgeführt worden ist, ist diese Tätigkeit regelmäßig - wie auch vorliegend - jedenfalls als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren, weshalb die §§ 675, 611 ff. BGB anzuwenden sind, die grundsätzlich Auskunfts-, Einsichtnahme- und Herausgabeansprüche vorsehen (vgl. §§ 666, 667 BGB). Dass der Vertrag mit einem Wirtschaftsprüfer Besonderheiten aufweist, vermag hieran nichts zu ändern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung Auskunfts-, Einsichtnahme- und Herausgabeansprüche nicht nur in Bezug auf Verträge mit Rechtsanwälten, sondern auch mit Steuerberatern bejaht werden (z. B. in BGH, Urteil vom 11.03.2004 - IX ZR 178/03 - DStR 2004, 1397). Stellung und Organisation der Steuerberater und der Wirtschaftsprüfer gleichen sich (BVerfG, Beschluss vom 08.04.1998 - 1 BvR 1773/96, BVerfGE 98, 49). Die verbleibenden Unterschiede rechtfertigen keine Ungleichbehandlung (BVerfG a. a. O.). Im Übrigen stellt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch klar, dass Wirtschaftsprüfer - entgegen der Argumentation der Beklagten - nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse, sondern auch im Parteiinteresse tätig werden, wenn darin ausgeführt wird:
"b) Auch Stellung und Organisation der Steuerberater und der Wirtschaftsprüfer gleichen sich. Bei beiden ist ausdrücklich geregelt oder anerkannt, dass sie neben der Interessenvertretung eine unabhängige Organstellung in der Rechtspflege einnehmen."
Im Übrigen geht auch der Bundesgerichtshof von dieser Nähe/Vergleichbarkeit zwischen Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern aus (BGH, Beschluss vom 13.10.1980 - NotZ 13/80 - BGHZ 78, 237). Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte für ihre Argumentation nicht mit Erfolg auf die von ihr angeführten Bestimmungen wie etwa § 43 Abs. 1 S. 2 WPO stützen.
Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen (LGU S. 33), schon aus dem Umstand, dass die Prüfung des Jahresabschlusses Voraussetzung für dessen Feststellung (§ 316 Abs. 1 S. 2 HGB) und dieser wiederum Voraussetzung für einen Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung einer AG sei, ergebe sich, dass die Abschlussprüfung nicht nur im öffentlichen Interesse und im Interesse der Gläubiger der Gesellschaft, sondern auch im Interesse der geprüften Gesellschaft und ihrer Gesellschafter durchgeführt werde.
Darüber hinaus orientieren sich die Regelungen zur Handakte der Wirtschaftsprüfer an denjenigen zur Handakte des Rechtsanwalts (BT-Drucks. 12/5685, Seite 28, Blatt 336). Damit kann auch die zur Handakte eines Rechtsanwalts bei vergleichbaren Umständen ergangene Rechtsprechung jedenfalls ergänzend herangezogen werden.
Das Landgericht ist ausführlich und zutreffend auf weitere Einwände der Beklagten eingegangen, hat diese letztlich aber nicht als durchgreifend angesehen (LGU S. 36, 37). Diese Ausführungen macht sich der Senat zu eigen.
cc) Inhalt und Einschränkung der Ansprüche
Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 08.10.2019 (12 U 19/19) mit dem Inhalt der Auskunfts- und Herausgabeansprüche befasst (a.a.O. S. 14 ff.). Es besteht keine Veranlassung, die dortigen Ausführungen zu korrigieren.
cc1) Gemäß § 666 BGB hat der beauftragte Berufsträger dem Mandanten die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
Des Weiteren hat der beauftragte Berufsträger gem. § 667 BGB dem auftraggebenden Mandanten alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dies sind dem Wortlaut nach zunächst solche Unterlagen, die dem Berufsangehörigen von seinem Mandanten ausgehändigt worden sind (§ 667 Alt. 1 BGB) oder die er von Dritten erhalten hat (§ 667 Alt. 2 BGB).
§ 667 Alt. 1 BGB begründet einen Anspruch auf Herausgabe des vom Mandanten Erhaltenen. Von der in § 667 Alt. 2 BGB normierten Pflicht zur Herausgabe desjenigen, was der Beauftragte aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, ist jeder Vorteil umfasst, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (zum Anspruch gegen einen Steuerberater: BGH, Urteil vom 11.03.2004 - IX ZR 178/03, MDR 2004, 967). Herauszugeben ist auch der gesamte drittgerichtete Schriftverkehr, den der Berater für seinen Auftraggeber geführt hat, also die dem Berater zugegangenen Schriftstücke und die Kopien eigener Schreiben (zum Anspruch gegen einen Rechtsanwalt: BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260; zum Anspruch gegen einen Wirtschaftsprüfer: OLG Hamburg, Urteil vom 29.07.2014 - 9 U 53/14, Stbg 2016, 472).
Zu den herauszugebenden Unterlagen gehören auch Notizen über Besprechungen, die der Berater im Rahmen der Besorgung des Geschäfts mit Dritten geführt hat. Sofern diese Notizen die Wiedergabe von Gesprächen enthalten, ist im Regelfall davon auszugehen, dass sie nicht lediglich dem internen Gebrauch des Beraters, etwa als bloße Arbeitshilfe oder Gedächtnisstütze, sondern auch dem Interesse des Auftraggebers zu dienen bestimmt sind, um den Inhalt der für ihn geführten Verhandlungen zu dokumentieren (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260; OLG Hamburg, Urteil vom 29.07.2014 - 9 U 53/14, Stbg 2016, 472; Fiala/Walter, Die Handakte des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und Rechtsanwalts, Teil I, DStR 1998, 694, 696).
Darüber hinaus sind auch die vom Beauftragten in Wahrnehmung seiner Geschäftsbesorgungspflichten (OLG Stuttgart, Urteil vom 01.12.1981 - 12 U 147/81, ZIP 1982, 80) über die Geschäftsbesorgung selbst angelegten Akten, sonstige Unterlagen und Dateien herauszugeben. Dies umfasst beispielsweise vom Berufsträger auftragsgemäß erstellte Jahresabschlüsse, Bestätigungsvermerke, Prüfungsberichte, Inventar- und Anlageverzeichnisse, Steuererklärungen, Umbuchungslisten, Hauptabschlussübersichten, Sachkonten und DATEV-Datenbestände (Dohle/Peitscher, Das Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht an der Handakte des Rechtsanwalts, Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers, DStR 2000, 1265).
cc2) Ausnahmen von der Auskunfts- und Herausgabepflicht
Bei der Bestimmung der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht bezüglich der Handakte sind berufsspezifische Normen, namentlich insbesondere § 51b WPO, zu beachten.
Die eingehend begründete Auffassung des Landgerichts (LGU S. 38 ff.), dass nach § 51b Abs. 1 WPO die Handakte eine umfangreiche Dokumentation, einschließlich Arbeitspapieren enthalte, wird geteilt. Bereits aus dem Wortlaut der genannten Norm ergibt sich, dass Berufsangehörige durch Anlegung von Handakten ein zutreffendes Bild über die von ihnen entfaltete Tätigkeit geben können müssen. Dies schließt es aus, dass die Handakte eines Abschlussprüfers etwa lediglich den Prüfungsbericht als Arbeitsergebnis enthalten kann, jedoch keinerlei Dokumente, anhand derer sich der Weg zu diesem Arbeitsergebnis nachvollziehen lässt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU S. 42) schränkt § 51b Abs. 4 WPO die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) ein. § 51b Abs. 4 WPO bezieht sich zunächst zwar ausdrücklich nur auf "Handakten im Sinne der Abs. 2 und 3". § 51b Abs. 2 WPO regelt die Aufbewahrungspflicht für Handakten von 10 Jahren, Abs. 3 das Zurückbehaltungsrecht von Handakten bei noch nicht beglichener Vergütung. § 51b Abs. 4 WPO lautet:
Handakten im Sinne der Absätze 2 und 3 sind nur solche Schriftstücke, die Berufsangehörige aus Anlass ihrer beruflichen Tätigkeit von ihren Auftraggebern oder für diese erhalten haben, nicht aber die Briefwechsel zwischen den Berufsangehörigen und ihren Auftraggebern, die Schriftstücke, die die Auftraggeber bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten haben, sowie die zu internen Zwecken gefertigten Arbeitspapiere.
Das Landgericht meint, wegen des fehlenden ausdrücklichen Bezugs zu § 51b Abs. 1 WPO könne eine Einschränkung der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nicht abgeleitet werden (LGU S. 42 ff.). Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich lediglich, dass Abs. 4 eine Definition von "Handakten" enthalte und sich die gesamte Vorschrift an § 50 BRAO in der Fassung 1993 orientiere (LGU S. 43 m.w.N.). Dort fänden sich aber gerade keine Vorschriften zu internen Arbeitspapieren.
Wenn sich aber aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass Abs. 4 den Begriff "Handakten" definiert, ist dies gerade ein Hinweis darauf, dass diese Definition auch für § 51b Abs. 1 WPO nicht ohne Bedeutung sein kann. Im Übrigen zeigt auch der ausdrückliche Verweis des Gesetzgebers auf die Aufbewahrungspflicht von Handakten und deren Inhalt (§ 51b Abs. 2 und 4 WPO), welcher Inhalt für den Mandanten gerade gesichert und ihm auf Dauer auch zugänglich sein soll und welcher nicht. Auch daraus kann der Schluss gezogen werden, auf welchen Inhalt der Mandant überhaupt Zugriff haben soll.
Zwar sind interne Arbeitspapiere grundsätzlich nicht gem. § 667 Alt. 2 BGB herauszugeben. Die vom Auftragnehmer selbst angelegten Akten, Unterlagen und Dateien erfassen nicht solche Arbeitspapiere, die der Auftragnehmer bei seiner Tätigkeit für sich gefertigt hat, um mit ihrer Hilfe seine Vertragspflichten erfüllen zu können (BGH, Urteil vom 17.02.1988 - IVa ZR 262/86, NJW 1988, 2607; Peres/Senft, Sozietätsrecht, 3. Auflage 2015, Teil G Berufsrecht, § 42 Sozietätsspezifische berufsrechtliche Regelungen Rn. 108, beck-online). Diese internen Arbeitspapiere dienen nur dem Interesse des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers. Unter den Wortlaut des § 667 Alt. 2 BGB lassen sie sich nicht fassen. Auch die Branchenüblichkeit und die allgemeine Berufsauffassung sehen keinen Einsichtsanspruch des Mandanten und keine Herausgabepflicht des Wirtschaftsprüfers bezüglich interner Arbeitspapiere vor (Gutman a.a.O.). Dem Landgericht (LGU S. 44 ff.) ist allerdings darin zu folgen, dass der Begriff der internen Arbeitspapiere eng auszulegen ist, der Begriff nicht ohne Weiteres mit der Definition der Arbeitspapiere im IDW-Prüfungsstandard 460 n.F. gleichgesetzt werden kann (LGU Bl. 46) und über § 51b Abs. 4 WPO die Dokumentationspflicht der Handakte im Sinne von § 51b Abs. 1 WPO letztlich nicht ausgehebelt werden darf. Das Landgericht verweist hier zu Recht auf den Bundesgerichtshof, der auf dem Gebiet der Anwaltshaftung zwischen bloßen Arbeitshilfen oder Gedächtnisstützen differenziert, die lediglich dem internen Gebrauch des Anwalts dienen, und solchen Arbeitspapieren, die zur herausgabepflichtigen Handakte gehören, weil sie nicht lediglich dem internen Gebrauch dienen, sondern auch zu Dokumentationszwecken im Interesse des Mandanten angelegt worden sind (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260-274, juris-Rn. 19, 20).
Zu den herauszugebenden Unterlagen gehören hiernach auch etwa Notizen über Besprechungen, die der Anwalt im Rahmen der Besorgung des Geschäfts mit Dritten geführt hat. Sofern diese Notizen die Wiedergabe von Gesprächen enthalten, ist im Regelfall davon auszugehen, dass sie nicht lediglich dem internen Gebrauch des Anwalts, etwa als bloße Arbeitshilfe oder Gedächtnisstütze, sondern auch dem Interesse des Auftraggebers zu dienen bestimmt sind, um den Inhalt der für ihn geführten Verhandlungen zu dokumentieren (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260-274, Rn. 19). Eine Ausnahme gilt insoweit allerdings für solche Unterlagen, die nicht lediglich über das Tun im Rahmen der Vertragserfüllung Aufschluss geben, sondern persönliche Eindrücke des Anwalts wiedergeben, die dieser in den betreffenden Gesprächen gewonnen hat. Aufzeichnungen des Anwalts über derartige persönliche Eindrücke sind oft nützlich; sie sind im Zweifel jedoch nicht für die Einsicht durch den Mandanten bestimmt und eine solche wäre dem Anwalt auch nicht zumutbar. Ein zur Herausgabe von Handakten verpflichteter Anwalt braucht daher nicht auch derartige Aufzeichnungen offenzulegen. Darüber hinaus wird dem Anwalt bei der Ausführung des Mandats ein gewisser Freiraum zuzuerkennen sein, vertrauliche "Hintergrundinformationen" zu sammeln, die er auch und gerade im wohlverstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf. Aufzeichnungen über derartige Vorgänge unterliegen gleichfalls nicht der Herausgabepflicht (BGH, a.a.O. juris-Rn. 20 m.w.N.).
Ausgenommen von der Herausgabepflicht sind somit weiter Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke des Beraters (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260; BGH, Urteil vom 17.05.2018 - IX ZR 243/17, NJW 2018, 2319; Fiala/Walter, Die Handakte des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und Rechtsanwalts, Teil II, DStR 1998, 736). Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke sind im Zweifel nicht für die Einsicht durch den Mandanten bestimmt, und eine solche wäre dem Berater auch nicht zumutbar.
Außerdem sind Sammlungen vertraulicher Hintergrundinformationen von der Herausgabepflicht ausgenommen (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260; BGH, Urteil vom 17.05.2018 - IX ZR 243/17, NJW 2018, 2319; Fiala/Walter, Die Handakte des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und Rechtsanwalts, Teil II, DStR 1998, 736). Dem Berater ist bei der Ausführung des Mandats ein gewisser Freiraum zuzuerkennen, vertrauliche "Hintergrundinformationen" zu sammeln, die er auch und gerade im wohl verstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf (BGH, Urteil vom 17.05.2018 - IX ZR 243/17, NJW 2018, 2319).
Ferner ist der Briefwechsel zwischen der Beklagten und den Insolvenzschuldnerinnen nicht herauszugeben. Gemäß § 66 Abs. 3 StBerG und § 51 b Abs. 4 WPO gehört der Schriftwechsel zwischen Berater und Mandanten nicht zum herausgabepflichtigen Inhalt der Handakte des Beraters (Fiala/Walter, Die Handakte des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und Rechtsanwalts, Teil I, DStR 1998, 694). Die beiden berufsrechtlichen Regelungen konkretisieren die gesetzlichen Regelungen der §§ 666, 667 BGB (OLG Hamburg, Urteil vom 29.07.2014 - 9 U 53/14, Stbg 2016, 472). Der Senat bleibt insoweit bei seiner im Urteil vom 08.10.2019 (12 U 19/19; S. 16, 17) geäußerten Auffassung. Das wirkt sich auch auf den Umfang des Auskunftsanspruchs aus.
Nicht herauszugeben sind des Weiteren auch Notizen über Gespräche mit den Mandanten (so zum Anspruch gegen einen Rechtsanwalt: BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260; Fiala/Walter, Die Handakte des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und Rechtsanwalts, Teil I, DStR 1998, 694).
Schriftstücke, die ein Mandant bereits in Urschrift oder Abschrift besitzt, sind gem. § 667 Alt. 2 BGB i. V. m. § 51 b Abs. 4 WPO ebenfalls von der Pflicht zur Herausgabe ausgenommen.
dd) Einschränkungen bei der Tenorierung
Bei der Tenorierung sind die Einschränkungen nach Gesetz und Rechtsprechung zum Ausdruck zu bringen (vgl etwa auch OLG Hamburg, Urteil vom 29.07.2014 - 9 U 53/14, BeckRS 2014, 126012) oder das Landgericht Stuttgart im Ausgangsverfahren zum Verfahren 12 U 19/19 (27 O 272/18; juris).
Der Auskunftsanspruch ist begründet mit Ausnahme der Dokumente, die nach den oben genannten Grundsätzen nicht herausgegeben werden müssen. Ob solche vorhanden sind, kann mangels näherer Informationen im Einzelnen nicht festgestellt werden.
Die Beklagte ist allerdings nicht verpflichtet, dem Kläger nähere Informationen über nach obigen Ausführungen nicht herauszugebende Inhalte der Handakte zu geben.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Anwaltshaftung ist es dem Anwalt zwar nicht gestattet, ohne Begründung etwa die Herausgabe der Handakte zu verweigern. Ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich verpflichtet, seinem Mandanten auf Verlangen die gesamte Handakte herauszugeben. Soweit der Anwalt die Herausgabe mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen sonstiger Mandanten verweigert, hat er dies unter Angabe näherer Tatsachen nachvollziehbar darzulegen. Soweit der Anwalt unter Berufung auf Verschwiegenheitspflichten die Herausgabe der Handakte verweigert, hat er den Darlegungspflichten eines Zeugen zu genügen, der ein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nimmt (vgl. §§ 386 Abs. 1, 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO). Ist der Grund der Herausgabeverweigerung nicht ohne Weiteres erkennbar, ist die Angabe näherer Tatsachen unerlässlich. Das Gericht muss sich auf der Grundlage der Sachverhaltsangaben, ohne dass das Geheimnis aufzudecken ist, ein Bild davon machen können, um was es geht (BGH, Urteil vom 17.05.2018 - IX ZR 243/17, NJW 2018, 2319 Rn. 19 m.w.N.).
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt für den vorliegenden Fall aber nicht zu neuen Erkenntnissen. Im dortigen Fall stand fest, dass Handakten vorhanden sind, die aber aus Gründen der Geheimhaltung nicht herausgegeben wurden. Im hiesigen Fall ist aber streitig, ob bestimmte Inhalte überhaupt Handakten im Sinne des Gesetzes darstellen, über die Auskunft zu geben ist. Sofern die Beklagte inhaltlich richtig und unter Beachtung der dargelegten Regeln Auskunft über den Inhalt der Handakte im Sinne des Gesetzes gibt, erfüllt sie ihre Pflichten. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, mag gegebenenfalls in einem nächsten Schritt verlangt werden, die Richtigkeit eidesstattlich zu versichern. Das Gesetz sieht kein weitergehendes Recht des Mandanten vor.
c. Der Auskunftsanspruch ist nicht gemäß § 362 BGB durch Erfüllung erloschen.
Nachdem die im Urteilstenor I.1. bezeichneten Inhalte unstreitig jedenfalls nicht vollständig und im Zusammenhang an die Beklagte gelangt sind, kann eine Erfüllung des Anspruchs nicht festgestellt werden. Es wird auf die ausführliche Begründung des Urteils des Landgerichts (LGU Bl. 49, 50) verwiesen.
d. Ebenso ist mit dem Landgericht nicht davon auszugehen, dass der Auskunftsanspruch von einer vorrangigen Durchsicht eigener Akten des Klägers abhängig ist oder der Beklagten nicht zumutbar wäre. Die Auskunftsansprüche nach § 666 BGB sehen nicht vor, dass vor deren Geltendmachung belegt werden müsste, dass man nicht selbst schon bestimmte Informationen besitzt. Das Landgericht weist zu Recht darauf hin, dass nach dem Gesetz eben gerade "auf Verlangen" Auskunft zu geben ist.
Es ist auch nicht schikanös, sondern aufgrund des klägerischen Vortrags nachvollziehbar, dass der Kläger vor dem Hintergrund der Medienberichterstattung und des Untersuchungsausschusses im Bundestag Hintergrundinformationen über den Weg bis zur Erteilung der Testate erlangen möchte.
Angesichts des Umfangs der Aufträge und der etwaigen vermögensrechtlichen Bedeutung der im Raum stehenden Fragen für einen etwaigen Schadensersatzanspruch ist es auch nicht unzumutbar, die gesetzlich geschuldeten Auskünfte zu erteilen.
e) Der Auskunftsanspruch ist nicht verjährt (§ 214 BGB).
Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass der Auskunftsanspruch aus § 666 BGB innerhalb der Regelverjährung des § 195 BGB von drei Jahren verjährt. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zudem erst mit Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Umständen.
Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung nach § 666 BGB ist ein sogenannter verhaltener Anspruch, der erst mit dem Verlangen des Berechtigten (hier im September 2020) entsteht. Dies steht im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wie das Landgericht zutreffend belegt hat (LGU S. 52-54). Insbesondere kann sich diese Auffassung auch auf die höchstrichterliche Rechtsprechung stützen.
Der Auskunftsanspruch gemäß § 666 Variante 2 BGB setzt ein Verlangen des Geschäftsherrn voraus. Es handelt sich damit um einen sogenannten verhaltenen Anspruch. Diese Forderungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner die Leistung nicht von sich aus erbringen muss beziehungsweise nicht leisten darf, bevor sie der Gläubiger verlangt (BGH, Urteil vom 01.12.2011 - III ZR 71/11, BGHZ 192, 1-8, Rn. 11 m.w.N.). Daher beginnt die Verjährung des Auskunftsanspruchs nach § 666 Variante 2 BGB nicht vor Beendigung des Auftragsverhältnisses (BGH, Urteil vom 01.12.2011 - III ZR 71/11, BGHZ 192, 1-8, Rn. 15 m.w.N.; vgl. auch für den Rechnungslegungsanspruch: BGH, Urteil vom 03.11.2011 - III ZR 105/11, NJW 2012, 58 Rn. 28 m.w.N.). Bei einem verhaltenen Anspruch beginnt die Verjährung entsprechend § 695 S. 2 und § 696 S. 3 BGB erst mit seiner Geltendmachung (BGH, Urteil vom 03.11.2011 - III ZR 105/11, NJW 2012, 58 Rn. 28 m.w.N.).
Soweit die Beklagte darauf hinweist, in einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofes sei ausgeführt worden, dass die Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe der Handakten unabhängig von einem Herausgabeverlangen des Mandanten beginne und § 695 S. 2 BGB nicht entsprechend anwendbar sei (BGH, Urteil vom 15.10.2020 - IX ZR 243/19, NJW 2020, 3725 Rn. 17), ist diese Entscheidung nicht einschlägig. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Herausgabeanspruch nicht um einen sogenannten verhaltenen Anspruch handele und die Besonderheiten für verhaltene Ansprüche hier gerade nicht gelten (BGH, a.a.O. Rn. 17 und 20).
Im Ergebnis ist der Anspruch daher nicht verjährt. Das Verlangen auf Erteilung der streitgegenständlichen Auskunft erfolgte erstmals im September 2020. Im Dezember 2020 wurde die Klage dann beim Landgericht Stuttgart eingereicht und demnächst zugestellt.
2. Urteilstenor/Klageantrag Ziff. I.2. Auskunftsverlangen über Handakten betreffend Prüfung und den Konzernabschluss W. AG für die Geschäftsjahre 2014 und 2015
Der Kläger kann als Insolvenzverwalter der W. AG von der Beklagten im tenorierten Umfang grundsätzlich Auskunft über den Inhalt der Handakten gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB i.V.m. § 80 InsO verlangen (Prüfung und Konzernabschluss 2014, 2015). Es sind allerdings die durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen im Tenor aufzunehmen.
Es gelten die Ausführungen unter II.A.1. in vollem Umfang entsprechend.
3. Urteilstenor/Klageantrag Ziff. I.3. Einsicht in vollständige Handakten der Beklagten als Abschlussprüferin zu den Abschlussprüfungen der Geschäftsjahre 2014-2019 der W. AG betreffend Prüfung Konzernabschluss der W. AG für die Geschäftsjahre 2014 und 2015
Der Kläger kann als Insolvenzverwalter der W. AG von der Beklagten im tenorierten Umfang grundsätzlich Einsicht in die Handakten gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB i.V.m. § 80 InsO verlangen (Prüfung und Konzernabschluss 2014, 2015). Es sind allerdings die durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen im Tenor aufzunehmen.
Der Anspruch auf Einsicht in die Akten ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (zur Anwaltshaftung, die vorliegend entsprechend zu beachten ist) gemäß § 666 BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechenschaftspflicht gegeben.
Der Begriff "Rechenschaft" ist hier in einem weiteren Sinne gemeint als in § 259 BGB; er bezieht sich insbesondere nicht lediglich auf eine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung, sondern umfasst allgemein die Pflicht des Beauftragten, in verkehrsüblicher Weise die wesentlichen Einzelheiten seines Handelns zur Auftragsausführung darzulegen und dem Auftraggeber die notwendige Übersicht über das besorgte Geschäft zu verschaffen. Dabei sind dem Auftraggeber auch Belege vorzulegen, soweit dies üblich ist und die Belege vorhanden sind; diese Vorlagepflicht des Rechtsanwalts ist die Grundlage für den Anspruch des Auftraggebers auf Einsicht in die Handakten. Dies gilt nicht nur für solche Unterlagen, die dem Auftraggeber zu belassen sind, also bereits unter die Herausgabepflicht nach § 667 BGB fallen; vielmehr kann sich die Vorlagepflicht auch auf diejenigen Bestandteile der Handakten des Rechtsanwalts beziehen, die nicht herausgegeben werden müssen, sondern beim Anwalt verbleiben können, mit Ausnahme der Unterlagen, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vorneherein nicht in Betracht kommt (Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke; vertrauliche "Hintergrundinformationen", die er auch und gerade im wohlverstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf; BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260-274, juris-Rn. 22 -24 und 20 m.w.N.). Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Rechtsanwalts kann dementsprechend auch dann bestehen, wenn der Herausgabeanspruch des Auftraggebers gemäß § 667 BGB i.V.m. § 50 Abs. 3 Satz 2 BRAO bereits durch Erfüllung erloschen ist (BGH, a.a.O. juris-Rn. 24 m.w.N.).
Im Übrigen kann auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden (LGU Bl. 55-58). Die Geltendmachung des Anspruchs ist weder treuwidrig, noch ist der Anspruch verjährt. Es geht um die Geltendmachung eines sog. verhaltenen Anspruchs (vgl. oben III.A.1.e)).
Nachdem der Bundesgerichtshof wie ausgeführt klargestellt hat, dass beim Anspruch auf Einsicht in die Handakte eine Ausnahme für Unterlagen besteht, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vorneherein nicht in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260-274, juris-Rn. 23 und 20: ausdrücklich genannt: Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke; vertrauliche "Hintergrundinformationen", die er auch und gerade im wohlverstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf; dem ist auch der Senat im Urteil vom 08.10.2019, 12 U 19/19, S. 21, gefolgt), ist die Pflicht zur Vorlage im Urteilstenor einzuschränken.
4. Urteilstenor/Klageantrag Ziff. I.4. und 5. Unterlassung der Vernichtung der Handakten zu den Prüfungen der Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse der Geschäftsjahre 2014-2019 der W. AG
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Vernichtung der Handakten aus § 241 S. 2 BGB als nachvertragliche Nebenpflicht zu.
Der Senat hat im mehrfach zitierten Urteil vom 08.10.2019 (12 U 19/19, S. 22 und 23) bereits dargelegt, dass eine Pflicht bestehen kann, Akten nicht zu vernichten.
Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Kläger gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch bezüglich der Vernichtung der Handakte haben. Nach Auffassung des Senats obliegt der Beklagten insofern eine nachvertragliche Nebenpflicht entsprechend § 241 Abs. 2 BGB.
Auch nach der eigentlichen Vertragsabwicklung können im Rahmen des Zumutbaren unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gewisse "nachvertragliche" Handlungs- oder Unterlassungspflichten bestehen, damit dem Vertragspartner nicht unverhältnismäßige, mit der vorhergegangenen Vertragserfüllung zusammenhängende Schäden entstehen (BGH, Urteil vom 24.10.1989 - XI ZR 8/89, WM 1989, 1940).
Hier ist es der Beklagten zumutbar, die Vernichtung der Akten zu unterlassen. Eine Abwägung der jeweiligen Interessen spricht für die Annahme einer solchen Pflicht. Für die Beklagte streitet zwar, dass sie kein Interesse hat, dem Kläger Material für die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzforderungen zur Verfügung zu stellen. Der Kläger kann aber für sich ins Feld führen, dass die Schwierigkeiten der Kläger als Insolvenzverwalter der ehemaligen Mandantinnen für die Beklagte erkennbar sind und die Beklagte unschwer diese Schwierigkeiten beseitigen oder verringern kann. Überdies lässt sich aus den Verträgen nichts entnehmen, was einer entsprechenden nachvertraglichen Pflicht entgegenstünde.
Die Pflicht kann sich allerdings nicht auf solche Aktenbestandteile beziehen, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst sind.
Die Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft im Urteil des Landgerichts (Tenor I.5.) beruht auf § 890 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und ist nicht zu beanstanden.
B. Urteilstenor II. 1.-5. (Ansprüche IV W. T. GmbH i.L.)
Die Ansprüche betreffen die durch den Kläger als Insolvenzverwalter geltend gemachten Anträge der W. T. GmbH in Liquidation. Für sie gilt rechtlich und tatsächlich das gleiche wie oben unter II. A. 1.-4. dargelegt.
C. Urteilstenor III. (Fragenkatalog W. AG, warum Bestätigungsvermerk erteilt wurde u.a.)
Die Klageanträge Ziff. III. betreffen die Erteilung einer schriftlichen Auskunft zur Frage, weshalb die Beklagte als Ergebnis der Prüfung des Konzernabschlusses zum Abschlussstichtag 31.12.2016 der W. AG einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilte, obwohl zuvor das Fehlen angemessenen Nachweises bezüglich gebuchter Umsätze gerügt worden war und obwohl die Beklagte zuvor auf die Möglichkeit einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks hingewiesen hatte. Der Klageantrag umfasst neben dieser generellen Frage weitere Detailfragen. Hintergrund ist, dass die Beklagte sowohl am 16.03.2017 als auch am 29.03.2017 noch mit einer Einschränkung des Testats gedroht hatte, dann aber am 05.04.2017 für den Konzernabschluss einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilte.
1. Anspruchsgrundlage
Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Beantwortung der gestellten Fragen unter dem Gesichtspunkt der Auskunfts- und Rechenschaftsberichte gemäß §§ 675, 666 BGB zu.
Die Beklagte war als Abschlussprüferin der W. AG aufgrund des mit dieser abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages tätig. Wie bereits dargelegt worden ist, stellt sich der Vertrag über die Abschluss- und Konzernabschlussprüfung gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 HGB als Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter dar (§§ 675, 631 BGB; BGH, Urteil vom 28.04.2022 - IX ZR 68/21, NZI 2022, 554 Rn. 10 m.w.N.). Selbst wenn man den Vertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter (§§ 675, 611 BGB) sehen würde, würde sich nichts daran ändern, dass auch insoweit § 675 BGB auf das Auftragsrecht, namentlich auf die §§ 666 ff. BGB, verweisen würde.
a) Entgegen der Ansicht der Beklagten scheidet ein Anspruch auf Auskunft gegen den Abschlussprüfer nicht aus, weil er nach dem Gesetz unabhängig und unparteilich sei und nur von staatlichen Institutionen geprüft werden dürfe.
Wie oben (II. A.1. b) bb)) bereits ausgeführt, richtet sich die Frage, welche Tätigkeit ein Wirtschaftsprüfer im Einzelfall schuldet, in erster Linie nach der Vereinbarung des Wirtschaftsprüfers mit dem Mandanten. Diese Tätigkeit ist regelmäßig - wie auch vorliegend - jedenfalls als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren, weshalb die §§ 675, 611 ff. BGB anzuwenden sind, die grundsätzlich Auskunfts-, Einsichtnahme- und Herausgabeansprüche vorsehen (vgl. §§ 666, 667 BGB). Der Umstand, dass der Vertrag mit einem Wirtschaftsprüfer Besonderheiten aufweist, vermag hieran nichts zu ändern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung Auskunfts-, Einsichtnahme- und Herausgabeansprüche nicht nur in Bezug auf Verträge mit Rechtsanwälten, sondern auch mit Steuerberatern bejaht werden (z. B. in BGH, Urteil vom 11.03.2004 - IX ZR 178/03, DStR 2004, 1397). Stellung und Organisation der Steuerberater und der Wirtschaftsprüfer gleichen sich (BVerfG, Beschluss vom 08.04.1998 - 1 BvR 1773/96, BVerfGE 98, 49). Die verbleibenden Unterschiede rechtfertigen eine Ungleichbehandlung nicht (BVerfG a. a. O.). Es wird auf die näheren Darlegungen unter II. A. 1 b) bb) verwiesen.
b. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den §§ 321, 321a Abs. 2 S. 2 HGB
Nach § 321 Abs. 1 HGB hat der Abschlussprüfer über Art und Umfang sowie über das Ergebnis der Prüfung zu berichten; auf den Bericht sind die Sätze 2 und 3 sowie die Absätze 2 bis 4a anzuwenden. Gemäß § 321a Abs. 2 S. 2 HGB ist dem Abschlussprüfer die Erläuterung des Prüfungsberichts gegenüber den in Absatz 1 Satz 1 aufgeführten Personen gestattet. In § 321a Abs. 1 HGB ist bestimmt:
Wird über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet oder wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen, so hat ein Gläubiger oder Gesellschafter die Wahl, selbst oder durch einen von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder im Fall des § 319 Abs. 1 Satz 2 durch einen vereidigten Buchprüfer Einsicht in die Prüfungsberichte des Abschlussprüfers über die aufgrund gesetzlicher Vorschriften durchzuführende Prüfung des Jahresabschlusses der letzten drei Geschäftsjahre zu nehmen, soweit sich diese auf die nach § 321 geforderte Berichterstattung beziehen. Der Anspruch richtet sich gegen denjenigen, der die Prüfungsberichte in seinem Besitz hat.
Die genannten Normen regeln den Inhalt des schriftlichen Prüfungsberichts (§ 321 Abs. 1 HGB) und die Befugnis des Gläubigers und der Gesellschafter, im Fall der Insolvenz der geprüften Gesellschaft Einsicht in die Prüfungsberichte des Abschlussprüfers zu nehmen (§ 321a Abs. 1 HGB). In den Vorschriften ist nicht bestimmt, welche Rechte der Auftraggeber gegenüber dem Abschlussprüfer über das Entstehen des Prüfungsberichtes hat. Die vom Landgericht eingehend begründete (LGU S. 61-63) Auffassung wird geteilt, dass die Normen über ihren Regelungsbereich hinaus nicht abschließend sind, insbesondere nicht weitere Fragerechte nach § 666 BGB ausschließen.
c. Kein Widerspruch zur zivilprozessualen Beweislastverteilung
Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, die zivilprozessuale Beweislastverteilung stehe der Beantwortung der Fragen entgegen.
Die objektive Beweislast ist eine besondere Form der gesetzlichen Risikoverteilung. Sie muss also in abstrakt-genereller Form und normativ festgelegt sein (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl., ZPO § 286 Rn. 103). Soweit gesetzliche oder vertragliche Beweislastregeln nicht eingreifen, muss nach dem ungeschriebenen Grundprinzip der Beweislastverteilung jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm beweisen. Der Antragsteller muss daher die (ggf. negativen) rechtsbegründenden und -erhaltenden Tatsachen, der Gegner die Voraussetzungen der rechtshindernden, -vernichtenden u -hemmenden Einwendungen und sonstiger Gegenrechte beweisen (Saenger, Zivilprozessordnung, 9. Auflage 2021, § 286 ZPO Rn. 58 m.w.N.).
Hiernach trägt der Kläger zwar die Beweislast für die etwaige spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Dies besagt aber nicht, dass er nicht im Vorfeld, sofern ihm das Gesetz das Recht einräumt, Auskunft und Rechenschaft nach § 666 BGB verlangen kann. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt das Verlangen nach Auskunft nicht einmal voraus, dass der Geschäftsführer die Information zur Vorbereitung weiterer Ansprüche benötigt.
So hat der Bundesgerichtshof etwa bei einem Anspruch gegen den Mittelverwendungskontrolleur ausgeführt, nach Ausführung der Mittelverwendungskontrolle beziehungsweise nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sei er auf Verlangen zur Rechenschaftslegung verpflichtet (§ 666 Var. 3 i.V.m. § 259 BGB). Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht setze dabei nicht voraus, dass der Geschäftsherr die begehrte Information zur Vorbereitung weiterer Ansprüche benötige. Vielmehr genüge sein allgemeines Interesse, die Tätigkeit des Geschäftsbesorgers zu kontrollieren (BGH, Urteil vom 09.11.2017 - III ZR 610/16, BeckRS 2017, 132370 Rn. 21; vgl. so auch BGH, Urteil vom 16.06.2016 - III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 Rn. 29 m.w.N.).
d. Die Beklagte rügt zu Unrecht, der Kläger betreibe eine Ausforschung "ins Blaue hinein" oder eine "fishing expedition" ohne Rechtsgrundlage. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es vorliegend um materiellrechtliche Ansprüche nach § 666 BGB gehe. Allen Fragen weisen einen Bezug zu Gesichtspunkten auf, die mit etwaigen späteren Ersatzansprüchen in Zusammenhang stehen könnten.
aa. Maßstäbe der Üblichkeit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Begründetheit des Anspruchs nicht davon abhängig, ob es verkehrsüblich ist, solche Ansprüche geltend zu machen.
Der Anspruch aus § 666 BGB ist grundsätzlich abhängig von dem Auftrag beziehungsweise dem Geschäftsbesorgungsvertrag, dessen Absicherung er dient. Inhalt und Grenzen der Auskunftspflichten sind anhand des konkreten Rechtsverhältnisses zu bestimmen, wobei auf dieser Grundlage nach Treu und Glauben der Maßstab der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit gilt (BGH, Urteil vom 16.06.2016 - III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 Rn. 29 m.w.N.).
Das Landgericht hat zutreffend dargelegt (LGU S. 65 ff.), angesichts der noch im März 2017 angedrohten Einschränkung des Bestätigungsvermerks und der wenig später erfolgten Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks sowie der auch im W.-Untersuchungsausschuss aufgeworfenen Fragen erscheinen die im vorliegenden Prozess erfolgten Nachfragen zumutbar.
Es wird auch die Auffassung des Landgerichts geteilt, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, der Aufwand für die Beantwortung der Fragen sei zu hoch und in erster Linie müsse bereits der prüfungsverantwortliche Partner, der das Testat unterzeichnet habe, in der Lage sein, die Frage danach zu beantworten, ob es sachliche Gründe gebe, weshalb trotz der negativen Einschätzung vom 16.03.2017 wenig später der eingeschränkte Bestätigungsvermerk erteilt worden sei.
bb. Soweit in Betracht kommt, dass Fragen jedenfalls teilweise beantwortet worden sein könnten (LGU S. 67, 68), wird es mit dem Landgericht als zumutbar angesehen, die Fragen vollständig zu beantworten. Im Übrigen kann für den Fall, dass eine Frage bereits beantwortet sein sollte, im Rahmen der Auskunft hierauf kurz Bezug genommen werden.
Soweit sich der Fragenkatalog auf Unterlagen bezieht oder beziehen könnte, über die nicht Auskunft gegeben werden muss, ist dies auch im Tenor zum Ausdruck gebracht worden.
D. Urteilstenor IV.
1. Auskunft über Projekt R.
Der Kläger kann als Insolvenzverwalter der W. AG von der Beklagten im tenorierten Umfang gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB i.V.m. § 80 InsO grundsätzlich Auskunft über den Inhalt der Handakten des "Projektes R." verlangen. Es sind allerdings die durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen im Tenor aufzunehmen. Die Normen des Wirtschaftsprüferrechts über Handakten gelten auch im Rahmen des vorliegenden Auftrags. § 51b Abs. 1 WPO legt die Pflicht zur Führung von Handakten ohne Unterscheidung des Auftrags den "Berufsangehörigen" auf, zu denen auch die Beklagte zählt. Es gelten die obigen Ausführungen (II. A. 1.) entsprechend.
Der mit der Beklagten von der Insolvenzschuldnerin geschlossene Prüfvertrag zum Projekt R. stellt, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, jedenfalls einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag dar, auf den gemäß § 675 Abs. 1 BGB das Auskunftsrecht nach § 666 BGB anwendbar ist. Dass dieses vorliegend ausgeschlossen sein sollte, kann mit dem Landgericht nicht festgestellt werden (LGU S. 70).
Der erstmals im August 2021 geltend gemachte Anspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung des verhaltenen Anspruchs (vgl. hierzu oben II. A. 1.e.) begann jedenfalls nicht vor Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter.
2. Urteilstenor IV.2. Einsicht Handakte Projekt R.
Der Kläger kann als Insolvenzverwalter der W. AG von der Beklagten im tenorierten Umfang gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB i.V.m. § 80 InsO grundsätzlich Einsicht in die Handakten verlangen. Es sind allerdings die durch Gesetz und Rechtsprechung erforderlichen Einschränkungen im Tenor aufzunehmen.
Der Anspruch auf Einsicht in die Akten ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (zur Anwaltshaftung, die vorliegend entsprechend zu beachten ist) nach § 666 BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechenschaftspflicht gegeben. Es wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (II. A. 3.).
Nachdem der Bundesgerichtshof allerdings auch klargestellt hat, dass vom Anspruch auf Einsicht in die Handakte Unterlagen ausgenommen sind, bei denen eine Pflicht zur Einsichtgewährung von vorneherein nicht in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260-274, juris-Rn. 23 und 20: ausdrücklich genannt: Aufzeichnungen über persönliche Eindrücke; vertrauliche "Hintergrundinformationen", die er auch und gerade im wohlverstandenen Interesse seines Mandanten sowie im Interesse der Rechtspflege diesem gegenüber verschweigen darf; dem ist auch der Senat im Urteil vom 08.10.2019, 12 U 19/19, S. 21, gefolgt), ist die Pflicht zur Vorlage im Urteilstenor einzuschränken.
3. Urteilstenor IV.3. und 4. Verbot Vernichtung Handakten über Projekt R. und Androhung Ordnungsgeld und Zwangshaft
Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Unterlassung der Vernichtung der einschlägigen Handakten aus § 241 S. 2 BGB jedenfalls als nachvertragliche Nebenpflicht zu.
Der Senat hat im mehrfach zitierten Urteil vom 08.10.2019 (12 U 19/19, S. 22, 23) bereits dargelegt, dass eine Pflicht bestehen kann, Akten nicht zu vernichten.
Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Kläger gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch bezüglich der Vernichtung der Handakte haben. Auch nach der eigentlichen Vertragsabwicklung können im Rahmen des Zumutbaren unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gewisse "nachvertragliche" Handlungs- oder Unterlassungspflichten bestehen, damit dem Vertragspartner nicht unverhältnismäßige, mit der vorhergegangenen Vertragserfüllung zusammenhängende Schäden entstehen (BGH, Urteil vom 24.10.1989 - XI ZR 8/89, WM 1989, 1940).
Hier ist es der Beklagten zumutbar, die Vernichtung der Akten zu unterlassen. Eine Abwägung der jeweiligen Interessen spricht für die Annahme einer solchen Pflicht. Für die Beklagte hat zwar kein Interesse daran, dem Kläger Material für eine etwaige Schadensersatzforderung zur Verfügung zu stellen. Der Kläger kann aber für sich ins Feld führen, dass die Schwierigkeiten der Kläger als Insolvenzverwalter der ehemaligen Mandantinnen für die Beklagte erkennbar sind und die Beklagte unschwer diese Schwierigkeiten beseitigen oder verringern kann. Überdies lässt sich aus den Verträgen nichts entnehmen, was einer nachvertraglichen Pflicht entgegenstünde.
Die Pflicht kann sich allerdings wiederum nicht auf solche Aktenbestandteile beziehen, die dem Recht auf Akteneinsicht nicht unterliegen.
Die Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft im Urteil des Landgerichts (Tenor VI. 5.) beruht auf § 890 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und ist nicht zu beanstanden.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.
Im Grundurteil ist zwar über die Kosten des Rechtsstreits in der Regel nicht zu entscheiden, weil bei seinem Erlass noch nicht feststeht, in welchem Umfang der Kläger obsiegt; vielmehr ist die Kostenentscheidung dem Endurteil vorzubehalten. Bleibt aber ein Rechtsmittel gegen das Grundurteil ohne Erfolg, dann steht nach der zwingenden Vorschrift des § 97 Abs. 1 ZPO endgültig fest, dass der unterlegene Rechtsmittelkläger die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen hat. Deshalb ist in diesem Urteil und nicht erst im Endurteil über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu befinden. Diese Kostenlast ist unabhängig davon, wie das Betragsverfahren ausgeht, so dass der erfolglose Rechtsmittelkläger auch dann die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen muss, wenn die Klage im Betragsverfahren ganz oder teilweise abgewiesen wird (MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl., ZPO § 304 Rn. 43 m.w.N.).
Das Teilunterliegen war allenfalls geringfügig, nachdem das Landgericht bereits dargelegt hat, es sei von einer engen Auslegung des § 51b Abs. 4 WPO auszugehen, sich aber zu einer Beschränkung der Auskunft im Urteilstenor nicht entschließen konnte. Es ging davon aus, dass sich die Einschränkungen möglicherweise gar nicht auswirken würde.
2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Höhe der Sicherheit ist bei einer Verurteilung zur Auskunft nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten der Auskunftsverurteilung zu bemessen (BGH, Beschluss vom 01.03.2018 - I ZB 97/17, juris-Rn. 18 und Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 709 ZPO Rn. 6 m.w.N.). Das Landgericht hat die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf 20.000 € festgesetzt. Die Beklagten meinen, dieser Betrag reiche nicht aus, um etwaige immaterielle Schäden abzudecken (dazu sogleich). Dass der Aufwand allein für die Auskunftserteilung, Einsicht etc. 20.000 € übersteigen wird, ist nicht ersichtlich. Auf die Absicherung des immateriellen Schadens kommt es vorliegend nicht an.
3. Der weitergehende Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten ist unbegründet.
Die Beklagte beantragt hilfsweise für den Fall des Unterliegens, der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden und der Beklagten nachzulassen, die Sicherheitsleistung durch eine Bürgschaft einer Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Union zu erbringen.
§ 712 ZPO bestimmt:
Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken. Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
Die Beklagte meint, es entstünde ihr dadurch ein "nicht zu ersetzender Nachteil" im Sinne von § 712 ZPO, dass durch die Vollstreckung der titulierten Ansprüche der Kläger endgültig und unwiderruflich (vor Rechtskraft der Entscheidung) Kenntnis von den Unterlagen erhalte und diese unbeschränkt für eigene Zwecke nutzen könne. Sie befürchtet, der Kläger werde die Unterlagen "zur extensiven Aufblähung des Verfahrens, zur Stimmungsmache gegen die Beklagte und zur willkürlichen Konstruktion von abwegigen Vorwürfen heranziehen". Er könne die erhaltenen Informationen "ins Blaue hinein" in einem Schadensersatzprozess heranziehen, so dass bereits die Erteilung der Auskunft "weitreichende Folgen für die Beklagte" habe. Dabei handele es sich um einen dauerhaften Nachteil für die Beklagte i.S.d. § 712 Abs. 1 ZPO.
Das Landgericht hat dem Antrag nicht zum Erfolg verholfen, weil die Voraussetzungen des § 712 ZPO nicht vorlägen. Es handele sich nur um die allgemeinen Folgen der Vollstreckbarkeit. Das ist zutreffend.
Der Umstand allein, dass die Vollstreckung das Prozessergebnis vorwegnimmt, entspricht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Sinn und Zweck der vorläufigen Vollstreckbarkeit und stellt für sich allein keinen unersetzlichen Nachteil dar (BGH, Beschluss vom 04.09.2012 - II ZR 207/12 juris-Rn. 5 m.w.N.).
Die Fälle, in denen festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen des § 712 ZPO vorliegen, sind selten. Es genügt etwa nicht ein vom Schuldner befürchteter Imageschaden oder ein bloß wahrscheinlicher Nachteil; vielmehr muss das Gericht von dessen Eintritt überzeugt sein. So kann es etwa liegen, wenn der Schuldner seinen Betrieb einstellen müsste oder er in seiner gewerblichen Tätigkeit existenzgefährdend zurückgeworfen würde (z.B. bei Offenbarung des Kundenkreises). Wird ein nicht zu ersetzender Nachteil bejaht, muss das Gericht von Amts wegen in eine Interessenprüfung eintreten, weil ein überwiegendes Vollstreckungsinteresse des Gläubigers vorrangig ist (Abs. 2 S.1). Hierbei sind unter § 710 ZPO fallende Umstände zu berücksichtigen. Erheblich ist auch der bisherige Verlauf des Verfahrens. Nach der Wertung der § 708 Nr. 10, § 717 Abs. 3 ZPO kommt den Gläubigerinteressen bei obergerichtlichen Urteilen ein größeres Gewicht zu. Wird das erstinstanzliche Urteil in der Berufungsinstanz bestätigt, spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sachlich richtig entschieden worden ist, weshalb der Anwendungsbereich des § 712 Abs. 1 ZPO noch enger zu ziehen ist (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage, § 712 ZPO Rn. 1, 2 m.w.N.).
Angesichts der gesetzlichen Verpflichtung zur Auskunftserteilung kann darin kein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung erblickt werden. Ebenso ist nicht erkennbar, welche schwerwiegenden Berufsgeheimnisse in unzulässiger Weise aufgedeckt werden müssten. Derzeit kann die Gefahr eines so gravierenden Nachteils jedenfalls nicht festgestellt werden, ebenso wenig, dass dieser Nachteil das Interesse des Insolvenzverwalters als Vertreter der Gläubiger überwiegen würde.
4. Die Revision wird zugelassen, nachdem die Fragen der Auskunftspflicht des Wirtschaftsprüfers gegenüber dem Auftraggeber und des Unterlassens der Vernichtung von Akten über die Aufbewahrungspflicht hinaus bislang höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt sind.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt. Maßgebend für den Streitwert eines Rechtsmittels des Auskunftspflichtigen ist der zu erwartende Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des Auskunftsanspruchs erfordert, sowie ein etwaiges besonderes Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten, nicht hingegen das Interesse, den von der Erteilung der Auskunft abhängigen Anspruch abzuwehren. Unerheblich für die Beschwer ist, ob der Auskunftsanspruch isoliert oder als Teil einer Stufenklage geltend gemacht wird (MüKoZPO/Wöstmann, 6. Aufl., ZPO § 3 Rn. 40 m.w.N.; vgl. etwa auch BGH, Beschluss vom 24.11.994 - GSZ 1/94, NJW 1995, 664 [BGH 24.11.1994 - GSZ - 1/94]). Nachdem die Beklagte dargelegt hat, dass es ihr neben dem hohen Kostenaufwand auch um Geheimhaltungsinteressen gehe, wird der Streitwert mit 50.000 € festgesetzt.
RechtsgebieteBGB, InsOVorschriften§ 666 BGB, § 675 Abs. 1 BGB, § 80 InsO