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  • 20.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246669

    Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg: Urteil vom 10.10.2024 – 2 S 1297/24

    1.

    Grundsätzlich setzt die Haftung nach §§ 34, 69 AO voraus, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Schaden eine adäquate Kausalität besteht. Dieser Kausalzusammenhang ist dann nicht gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (im Anschluss an BFH, Urteil vom 26.01.2016 - VII R 3/15 - juris Rn. 13).
    2.

    Ein Geschäftsführer einer GmbH ist bereits vor Fälligkeit der Steuern - hier

    Gewerbesteuern - allgemein verpflichtet, die Mittel der GmbH als Steuerschuldnerin so zu verwalten, dass diese zur pünktlichen Tilgung auch der erst künftig fällig werdenden Steuerschulden in der Lage ist (Mittelvorsorgepflicht). Er verletzt deshalb seine ihm gegenüber dem Fiskus obliegenden Pflichten dann, wenn er die GmbH durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise schuldhaft außer Stande setzt, künftig fällig werdende Steuerschulden, mit denen er rechnen muss, zu tilgen. Behauptet der Geschäftsführer trotz ausreichender Erträge im jeweiligen Steuerjahr, er habe die ihm obliegende Mittelvorsorgepflicht nicht verletzt, hat er detailliert und substantiiert vorzutragen (und gegebenenfalls zu belegen), aus welchen Gründen die Gesellschaft ungeachtet dessen nicht in der Lage gewesen ist, finanzielle Mittel zur Begleichung der bereits absehbaren künftigen Steuerschulden zurückzulegen.
    3.

    Das Verwaltungsgericht kann sich die tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung zu eigen machen, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis gewonnenen Überzeugung diese Feststellungen zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden.


    In der Verwaltungsrechtssache
    - Kläger -
    - Berufungskläger -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Stadt Giengen,
    vertreten durch den Oberbürgermeister,
    Marktstraße 11, 89537 Giengen/Brenz
    - Beklagte -
    - Berufungsbeklagte -
    prozessbevollmächtigt:
    wegen Haftungsbescheid
    hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg d aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2024
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. September 2020 - 10 K 8332/18 - wird zurückgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Tatbestand

    Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für Gewerbesteuerschulden der Y-Stahl GmbH aus den Jahren 2010 bis 2013.

    Der Kläger war Geschäftsführer der Y-Stahl GmbH, die in der Zeit vom 23.03.2009 bis 12.01.2017 einen Gewerbebetrieb in Form einer Eisenbinderei unterhielt. Der Geschäftsgegenstand der Firma bestand in der Erbringung von Bauleistungen (Armierungs-, Stahlbiege- und Stahlflechtarbeiten) und teilweise dem Vertrieb von Eisenarmierungen. Seit Aufnahme des Geschäftsbetriebs arbeitete die Firma im Wesentlichen als Subunternehmerin für die Firma D. in Augsburg. Am 17.01.2017 erfolgte die Auflösung der Y-Stahl GmbH im Handelsregister und die Bestellung des Klägers zum Liquidator.

    Die Beklagte zog die Y-Stahl GmbH zunächst mit Bescheiden vom 05.08.2010 für das Jahr 2009 in Höhe von 2.886,-- EUR, vom 25.07.2012 für das Jahr 2010 in Höhe von 4.051,50 EUR, vom 31.05.2013 für das Jahr 2011 in Höhe von 1.579,90 EUR, vom 19.05.2014 für das Jahr 2012 in Höhe von 9.490,50 EUR und vom 02.12.2015 für das Jahr 2013 in Höhe von 15.125,60 EUR zur Gewerbesteuer heran.

    Das Finanzamt Schwäbisch-Gmünd unterzog die Y-Stahl GmbH in der Zeit vom 30.07.2015 bis zum 26.02.2016 einer Steuerprüfung. Am 30.07.2015 wurde gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 2009 bis 2013 zu Gunsten der Y-Stahl GmbH sowie der Hinterziehung von Einkommensteuer für 2009 bis 2013 in eigener Sache eingeleitet. Laut Aktenvermerk des Finanzamts vom 30.07.2015 wurden nach den Feststellungen der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" Erlöse der Y-Stahl GmbH auf einem privaten Bankkonto der Ehefrau des Klägers in Höhe von 349.221,61 EUR und einem nicht "gebuchten" Bankkonto der Y-Stahl GmbH in Höhe von 136.723,01 EUR gutgeschrieben, ohne dass entsprechende Ertragsbuchungen bei der Gesellschaft erfolgten. Die Geldeingänge wurden kurze Zeit nach erfolgter Bankgutschrift bar abverfügt. Beide Ehegatten waren über die genannten Konten verfügungsberechtigt.

    Im Hinblick auf diesen Sachverhalt verurteilte das Amtsgericht Heidenheim a.d. Brenz den Kläger mit Urteil vom 08.02.2016 - 2 Ls 22 Js 3205/14 - wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, tateinheitlich bezogen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile in 54 Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. In den Gründen des Urteils heißt es auszugsweise wie folgt:

        Der Angeklagte (= der Kläger) wusste, dass er verantwortlicher Arbeitgeber ist und er deshalb die Verpflichtung hatte, hinsichtlich der für seine Firma tätigen Arbeitnehmer der zuständigen Einzugsstelle, nämlich der AOK Nordost, die vollständige Lohnhöhe mitzuteilen und die sich hieraus ergebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Sozialversicherung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten zu bezahlen.

        Tatsächlich beschäftigte der Angeklagte als verantwortlicher Geschäftsführer und Arbeitgeber im Zeitraum von März 2009 bis April 2014 mehrere Personen, welche angeblich als selbständige Eisenbinder tätig waren. Tatsächlich waren diese Personen jedoch für die Firma Y-Stahl GmbH auf verschiedenen Baustellen in derselben Weise wie die gemeldeten eigenen Arbeitnehmer tätig und damit scheinselbständig. (...)

        Darüber hinaus meldete der Angeklagte mehrere tatsächlich bei der Y-Stahl GmbH abhängig beschäftigte Arbeitnehmer überhaupt nicht zur Sozialversicherung an, weshalb diese Arbeitnehmer auch namentlich nicht bekannt sind.

        Des Weiteren teilte er bezüglich der angemeldeten Arbeitnehmer und deren Lohnzahlungen falsche Zahlen an die Sozialversicherung mit.

        In den Jahren 2009 bis 2014 erzielte die Firma Y-Stahl GmbH aus den durchgeführten Bauleistungen folgende Nettoumsätze:
        - im Jahre 2009:    96.616,74 EUR
        - im Jahre 2010:    213.049,11 EUR
        - im Jahre 2011:    211.109,23 EUR
        - im Jahre 2012:    411.295,99 EUR
        - im Jahre 2013:    425.142.37 EUR
        - im Jahre 2014:    22.678,33 EUR.

        Sämtliche Lohnzahlungen sowohl an die gemeldeten als auch an die nicht gemeldeten Arbeitnehmer der Y-Stahl GmbH erfolgten in Form von Barzahlungen. Im Tatzeitraum war dem Steuerberater der Firma nur das Firmenkonto mit der Nr. ... 520 bei der Kreissparkasse H. bekannt, welches dementsprechend auch nur bebucht wurde. Gegenüber den Arbeitgebern (gemeint: Auftraggebern) benannte der Angeklagte neben diesem Konto zwei weitere Konten, welche ebenfalls bei der Kreissparkasse H. geführt wurden, nämlich das Konto mit der Nr. ... 193, welches ebenfalls als Firmenkonto geführt wurde, und das Konto mit der Nr. ... 154, welches auf die Ehefrau des Angeklagten lief. Das für die Lohnzahlungen benötigte Bargeld entnahm der Angeklagte mittels entsprechender Barabhebung von diesen Konten.

    Nach den Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil erfolgten beim Konto ... 193 im Zeitraum von Januar 2013 bis Juni 2014 Zahlungseingänge in Höhe von 148.542,39 EUR und Barabhebungen in Höhe von 146.000,-- EUR. Hinsichtlich des Kontos mit der Nr. ... 154 erfolgten im Zeitraum von März 2009 bis Juni 2013 Zahlungseingänge in Höhe von 354.421,61 EUR und Barabhebungen in Höhe von 357.532,02 EUR. Im Urteil heißt es weiter:

        Im Zeitraum von März 2009 bis April 2014 unterließ es der Angeklagte, in den nachfolgend aufgeführten Fällen jeweils aufgrund eines neuen und rechtlich selbständigen Willensentschlusses, die jeweilige Höhe der geschuldeten Löhne an die AOK Nordost mitzuteilen, weshalb es dieser mit der Folge eines Schadens in Höhe von insgesamt 472.753,37 EUR nicht möglich war, die sich aus den Lohnzahlungen tatsächlich ergebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge geltend zu machen. (...)

    Im Rahmen der rechtlichen Würdigung führte das Amtsgericht u.a. weiter aus:

        Der Angeklagte war verantwortlicher Arbeitgeber. Der Angeklagte hat als Arbeitgeber dem zuständigen Steuerberater nur ein Konto als Firmenkonto genannt. Tatsächlich gab es noch zwei weitere Konten, auf welche Gelder der Auftraggeber überwiesen wurden. Der Angeklagte hat damit von vornherein Lohnzahlungen bzw. Geldeingänge verschleiert. (...)

        Der Angeklagte wusste auch, dass er hier systematisch Lohnzahlungen verschleiert, um weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Dies ergibt sich vor allem schon aufgrund des Umstands, dass er eben, wie bereits ausgeführt, dem zuständigen Steuerberaterbüro nur eines von drei Konten benannt hat.

        Bezüglich der Einstufung als Subunternehmer mag der Angeklagte einem Verbotsirrtum unterlegen sein, dieser wäre jedoch ohne Weiteres vermeidbar gewesen. (...)

        Bei der Strafzumessung war vom regulären Strafrahmen der genannten Vorschriften auszugehen. Zugunsten des Angeklagten ist zu sehen, dass er nicht vorbestraft ist und dass er objektiv zumindest Teile des Sachverhalts eingeräumt hat, insbesondere den Umstand, dass zwei weitere Konten vorhanden waren. (...)

    Auf die Berufung des Klägers änderte das Landgericht Ellwangen (Jagst) mit Urteil vom 11.02.2020 - 3 Ns 22 Js 3205/14 (2) - das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim vom 08.02.2016 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend ab, dass der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wurde.

    Im Rahmen der persönlichen Verhältnisse des Klägers führte das Landgericht u.a. aus:

        Aktuell ist der Angeklagte Geschäftsführer bei der Firma Cxxx-Stahl GmbH. Seine Ehefrau ist Gesellschafterin. Bei der Gesellschaft sind bis zu sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Der Angeklagte erzielt selbst Einkünfte in Höhe von ca. 1.800,- EUR monatlich.

    Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte das Landgericht zugunsten des Klägers, dass er durch die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch in vollem Umfang Verantwortung für das Tatunrecht übernommen habe. Angesichts der schwierigen Beweissituation habe dieses als Geständnis zu wertende Verhalten einen hohen Wert gehabt. Strafmildernd habe sich weiter ausgewirkt, dass der Kläger nicht vorbestraft sei. Zudem lägen die Taten zwischenzeitlich sehr lange zurück und es sei eine erhebliche Verfahrensverzögerung festzustellen. Letztlich sei auch bedacht worden, dass der Kläger aus seinen Fehlern gelernt habe und zwischenzeitlich erfolgreich ein Nachfolgeunternehmen leite.

    Unter dem 13.05.2020 stellte das Finanzamt Schwäbisch Gmünd - nach Abschluss des dargestellten Strafverfahrens - das gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren wegen Hinterziehung von Körperschaftsteuer 2009 bis 2013 zu Gunsten der Y-Stahl GmbH, Hinterziehung von Gewerbesteuer 2010 bis 2013 zu Gunsten der Y-Stahl GmbH sowie Hinterziehung von Einkommensteuer 2009 bis 2013 nach § 154 StPO ein. Das Verfahren hinsichtlich der Hinterziehung von Gewerbesteuer für das Jahr 2009 wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Im abschließenden Vermerk des Finanzamts Schwäbisch Gmünd vom 13.05.2020 heißt es u.a.:

        Nach Auswertung der Berichte vom 04.03.2016 der Steuerfahndung wurden gegen die geänderten Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide (gemeint Gewerbesteuermessbescheide) 2009 bis 2013 Einsprüche gegen alle Steuerbescheide vom steuerlichen Berater eingelegt. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens wurde eine tatsächliche Verständigung am 15.03.2017 beim Finanzamt Heidenheim durchgeführt. Darin wurde sich geeinigt, dass weitere Betriebsausgaben bei der GmbH zu gewähren sind. Der Gewinn wurde bei der Körperschaftsteuer zwar geringer, die verdeckten Gewinnausschüttungen, außer 2013, blieben jedoch in entsprechender Höhe der Feststellungen der Steuerfahndung bestehen. (...)

    Auf Grundlage der dargestellten Steuerprüfung setzte das Finanzamt Heidenheim gegenüber der Y-Stahl GmbH zunächst mit Gewerbesteuermessbescheiden vom 12.05.2016 die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 2009 bis 2013 jeweils herauf. Davon ausgehend erließ die Beklagte unter dem 06.06.2016 Gewerbesteueränderungsbescheide und setzte die Gewerbesteuer für das Jahr 2009 auf 3.973,80 EUR, für das Jahr 2010 auf 14.089,60 EUR, für das Jahr 2011 auf 13.012,90 EUR, für das Jahr 2012 auf 32.141,90 EUR und für das Jahr 2013 auf 32.826,40 EUR fest. Mit weiteren Gewerbesteueränderungsbescheiden vom 25.04.2017 setzte die Beklagte - nach erneuter Änderung der Gewerbesteuermessbeträge durch das Finanzamt - die Gewerbesteuer für die genannten Jahre wieder herab; für das Jahr 2009 wurde die Steuer auf 2.123,80 EUR, für das Jahr 2010 auf 12.354,60 EUR, für das Jahr 2011 auf 11.070,40 EUR, für das Jahr 2012 auf 30.121,70 EUR und für das Jahr 2013 auf 30.044,-- EUR festgesetzt.

    Ausgehend von den dargestellten Änderungen der Gewerbesteuerbescheide ergaben sich zuletzt offene Gewerbesteuerforderungen gegen die Y-Stahl GmbH für die Jahre 2010 bis 2013 in Höhe von 41.546,26 EUR, wobei die einzelnen Gewerbesteuerforderungen im Zeitraum vom 11.07.2016 bis 21.09.2017 fällig wurden.

    Nachdem die Vollstreckung der genannten Gewerbesteuerforderungen gegen die Y-Stahl GmbH erfolglos geblieben war, erließ die Beklagte unter dem 06.11.2017 gegenüber dem Kläger als ehemaligem Geschäftsführer der Y-Stahl GmbH im Hinblick auf die Steuerschulden der GmbH für die Jahre 2010 bis 2013 einen Haftungsbescheid über 41.649,91 EUR.

    Am 05.12.2017 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Mit Schreiben vom 26.04.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Haftungssumme aufgrund eines Zahlungseingangs am 12.03.2018 von ursprünglich 41.649,91 EUR auf 41.546,26 EUR reduziert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

    Am 10.08.2018 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 24.09.2020 abgewiesen und hierzu zusammengefasst ausgeführt: Der Kläger hafte als alleiniger Geschäftsführer der Y-Stahl GmbH gemäß § 69 Satz 1, § 34 Abs. 1 Satz 1 AO für die Gewerbesteuerschulden der Gesellschaft, da er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt habe. Er habe zum einen grobfahrlässig seine Überwachungspflicht u.a. gegenüber seinem Steuerberater verletzt, den er für die Besorgung der steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten in Anspruch genommen habe. Zum anderen habe er auch grobfahrlässig seine Vermögensvorsorgeflicht in Bezug auf die gegenüber der Y-Stahl GmbH im Juni 2016 festgesetzten Gewerbesteuernachzahlungen verletzt. Der Haftung des Klägers stehe insbesondere nicht entgegen, dass es zum Zeitpunkt der erhöhten Steuerfestsetzung im Juni 2016 überhaupt nicht mehr möglich gewesen sei, noch Rücklagen für die Entrichtung der Gewerbesteuer zu bilden.

    Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 31.08.2021 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit Beschluss nach § 130a VwGO vom 08.01.2024 hat der Senat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen (Az. 2 S 2872/21). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 05.08.2024 - 9 B 9.24 - den Beschluss des Senats nach § 130a VwGO aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

    Der Kläger hält an seinem Begehren fest und macht Folgendes geltend: Die Y-Stahl GmbH sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbesteuerbescheide im Juni 2016, mit denen die erhöhte Gewerbesteuer festgesetzt worden sei, nicht mehr in der Lage gewesen, die fälligen (höheren) Steuern zu entrichten. Die GmbH habe bereits im Jahre 2014 einen Verlust in Höhe von 186.531,-- EUR erwirtschaftet und auch danach seien keine Gewinne mehr erzielt worden. Ihm, dem Kläger, könne auch nicht vorgeworfen werden, dass er die ihm obliegende Mittelvorsorgepflicht schuldhaft verletzt habe. Das Verwaltungsgericht habe in diesem Zusammenhang keine Feststellungen dazu getroffen, zu welchem Zeitpunkt er mit welchen Verbindlichkeiten habe rechnen müssen, und es habe auch nicht ermittelt, ob er zu diesem - noch zu ermittelnden - Zeitpunkt überhaupt in der Lage gewesen wäre, noch Rücklagen zu bilden. Zum Zeitpunkt des Erlasses der erhöhten Gewerbesteuerbescheide im Juni 2016 sei er dazu jedenfalls nicht mehr in der Lage gewesen.

    Im Übrigen habe er die Y-Stahl GmbH in den Jahren bis 2013 auf Grundlage der Beratung des damaligen Steuerberaters H. geführt. Die frühere Handhabung bezüglich der kaufmännischen Abwicklung des Unternehmens, d.h. vor März 2014, sei deshalb einer völlig unzureichenden Beratungsleistung des früheren Steuerberaters geschuldet. Bei den Bankkonten sei keine exakte Trennung zwischen Privat- und Geschäftskonten durchgeführt worden. Dies habe daran gelegen, dass bei der Gründung der Y-Stahl GmbH die Hausbank kein Konto auf die GmbH habe eröffnen wollen. Die Umsatzerlöse seien alle auf den Bankkonten eingegangen und die Betriebsausgaben seien zum großen Teil in bar ausgeglichen worden, da insbesondere auch die Arbeitnehmer zu Beginn ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht über eine Bankverbindung verfügt hätten.

    Von Anfang an seien sämtliche Betriebseinnahmen auf den Bankkonten "der Familie Cxxx" eingegangen, d.h. alle Umsätze seien steuerlich vom Finanzamt erfasst worden. Dies habe daran gelegen, dass für die entsprechenden Bauleistungen die Umsatzsteuer von der Firma D. einbehalten und abgeführt worden sei und nicht von der Y-Stahl GmbH. Aus diesem Grund seien auch keine Umsatzsteuerverbindlichkeiten bei der Y-Stahl GmbH entstanden.

    Soweit Zahlungen auf Privatkonten eingegangen seien, handele es sich also nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Zahlungen könnten nicht als private Einnahmen angesehen werden, sondern seien der GmbH zuzurechnen, da aus den oben genannten Gründen kein Konto der GmbH bestanden habe. Bestritten werde schließlich auch, dass er, der Kläger, dem damaligen Steuerberater Gewinne nicht bzw. zu niedrig mitgeteilt habe.

    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.09.2020 - 10 K 8332/18 - zu ändern und den Haftungsbescheid der Beklagten vom 06.11.2017 und deren Widerspruchsbescheid vom 12.07.2018 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie erwidert: Der Kläger habe als Geschäftsführer die ihm obliegende sogenannte Mittelvorsorgepflicht, die darin bestehe, bereits vor Fälligkeit von Steuern dafür Sorge zu tragen, dass die zukünftig entstehenden Steuerschulden beglichen werden könnten, schuldhaft verletzt. Ein Geschäftsführer habe in den Jahren, in denen die GmbH Gewinne verbuche, ausreichende liquide Mittel zurückzulegen, um der Verpflichtung, in Zukunft Steuern abzuführen, nachkommen zu können. Den insoweit maßgeblichen Gewerbesteuermessbescheiden vom 18.04.2017 sei zu entnehmen, dass die GmbH einen Gewinn aus Gewerbebetrieb im Jahre 2009 in Höhe von 16.492,-- EUR, im Jahre 2010 in Höhe von 95.430,-- EUR, im Jahre 2011 in Höhe von 85.592,-- EUR, im Jahre 2012 in Höhe von 232.640,-- EUR und im Jahre 2013 in Höhe von 232.009,-- EUR erzielt habe. Im Hinblick auf diese erheblichen Gewinne aus Gewerbebetrieb hätte der Kläger folglich in diesen Jahren finanzielle Rücklagen bilden können und müssen, um die entsprechenden zukünftigen Steuerforderungen begleichen zu können.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

    Der angefochtene Haftungsbescheid der Beklagten vom 06.11.2017 und der Widerspruchsbescheid vom 12.07.2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage somit zu Recht abgewiesen.

    Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger für die Gewerbesteuerforderungen der Beklagten gegenüber der Y-Stahl GmbH in Höhe von 41.546,26 EUR für die Jahre 2010 bis 2013 haftet.

    1. Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Der Kläger hatte als gesetzlicher Vertreter der Y-Stahl GmbH gemäß § 34 Abs. 1 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere dafür so sorgen, dass die Steuern zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet werden.

    2. Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Kläger als gesetzlicher Vertreter der Y-Stahl GmbH pflichtwidrig und schuldhaft die hier in Rede stehenden Gewerbesteuerforderungen der Beklagten nicht erfüllt.

    a) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger sinngemäß darauf, dass sein Verhalten - hier die Nichterfüllung der fälligen Gewerbesteuerforderungen - nicht adäquat kausal für den Vermögensschaden der Beklagten gewesen sei. Sein Einwand, der GmbH hätten bei Fälligkeit der hier in Rede stehenden, erhöht festgesetzten Gewerbesteuerforderungen im Juni 2016 keine Mittel mehr zur Tilgung dieser Steuerforderungen zur Verfügung gestanden, greift nicht durch.

    Grundsätzlich setzt die Haftung nach §§ 34, 69 AO wegen ihres Schadensersatzcharakters voraus, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Schaden eine adäquate Kausalität besteht; eine Haftung kommt dann in Betracht, wenn zwischen der Pflichtverletzung und dem Steuerausfall als dem auszugleichenden Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Der erforderliche Kausalzusammenhang ist jedoch dann nicht gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (st.Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. etwa BFH, Urteil vom 26.01.2016 - VII 3/15 - juris Rn. 13 mwN).

    Davon ausgehend war die Y-Stahl GmbH zwar Mitte des Jahres 2016 nicht mehr in der Lage, die im Hinblick auf die Ergebnisse der Steuerprüfung zu diesem Zeitpunkt erhöht festgesetzten Gewerbesteuerforderungen für die Jahre 2010 bis 2013 zu entrichten. Denn die GmbH hatte bereits seit dem Jahre 2014 keine Gewinne mehr erwirtschaftet und dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass ab dem Jahr 2014 auch keine Rücklagen für diese Steuerschulden mehr gebildet werden konnten. Der Kläger hat jedoch als Geschäftsführer der GmbH in den hier maßgeblichen Jahren 2010 bis 2013 die ihm obliegende Mittelvorsorgepflicht schuldhaft verletzt.

    b) Die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters einer GmbH beschränken sich nicht nur darauf, die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuern vorhandenen Mittel anteilsmäßig zur Befriedigung des Steuergläubigers und der anderen Gläubiger einzusetzen, sondern er ist bereits vor Fälligkeit der Steuern ganz allgemein verpflichtet, die Mittel des Steuerschuldners so zu verwalten, dass dieser zur pünktlichen Tilgung auch der erst künftig fällig werdenden Steuerschulden in der Lage ist. Welche Anforderungen an die einem Geschäftsführer obliegende Mittelvorsorgepflicht zu stellen sind, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Von ihm ist aber jedenfalls zu verlangen, dass er vorausschauend plant und insbesondere in der Krise finanzielle Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Steuern bereithält; vom Eintritt der Fälligkeit der Steuern ist diese Pflicht unabhängig. Ein Geschäftsführer einer GmbH verletzt seine ihm gegenüber dem Steuergläubiger obliegenden Pflichten deshalb dann, wenn er sich durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise schuldhaft außerstande setzt, künftig fällig werdende Steuerschulden, deren Entstehung ihm bekannt ist, zu tilgen. Dies gilt insbesondere auch für Steuerforderungen, mit denen der Geschäftsführer rechnen muss (st.Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. etwa BFH, Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17 - juris Rn. 45 und 46 mwN; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.08.2017 - 14 A 1009/15 - juris Rn. 35 zu einem Haftungsbescheid für Gewerbesteuer). Behauptet der Geschäftsführer trotz ausreichender Erträge im jeweiligen Steuerjahr, er habe die ihm obliegende Mittelvorsorgepflicht nicht verletzt, hat er detailliert und substantiiert vorzutragen (und ggf. zu belegen), aus welchen Gründen die Gesellschaft ungeachtet dessen nicht in der Lage gewesen ist, finanzielle Mittel zur Begleichung der bereits absehbaren künftigen Steuerschulden zurückzulegen.

    Nach diesen Maßstäben hat es der Kläger in den streitgegenständlichen Steuerjahren 2010 bis 2013 pflichtwidrig unterlassen, die erforderlichen Mittel für die für ihn erkennbar in höherem Umfang entstehenden Gewerbesteuerforderungen der Beklagten bereitzuhalten und hierfür die entsprechenden Rücklagen zu bilden. Im Einzelnen:

    aa) Nach den Feststellungen des insoweit durch die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Heidenheim a.D. Brenz vom 08.02.2016 - 2 Ls 22 Js 3205/14 - flossen im streitgegenständlichen Zeitraum die Zahlungseingänge durch die Auftraggeber der Y-Stahl GmbH - insbesondere durch die Firma D., für die die GmbH im Wesentlichen als Subunternehmerin tätig war - nicht nur auf das Firmenkonto mit der Nr. ... 520 bei der Kreissparkasse H., welches dem damaligen Steuerberater der GmbH bekannt war und von ihm bebucht wurde. Darüber hinaus erfolgten in diesem Zeitraum zusätzliche Zahlungseingänge der Auftraggeber in Höhe von ca. 500.000,-- EUR auf ein weiteres Firmenkonto der GmbH mit der Nr. ... 193 sowie auf ein Konto der Ehefrau des Klägers mit der Nr. ... 154, über das sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Auf Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme gelangte das Amtsgericht zur Überzeugung, dass der Kläger die beiden letztgenannten Konten dem Steuerberater bewusst nicht genannt hatte, so dass dieser die auf diesen beiden Konten eingegangenen Zahlungen der Auftraggeber der Y-Stahl GmbH nicht kannte, nicht buchen konnte und demzufolge diese Zahlungseingänge dem Finanzamt auch nicht mitteilte. Das Amtsgericht stellte in diesem Zusammenhang im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausdrücklich fest, dass der Kläger dem Steuerberater nur ein "offizielles" Firmenkonto benannt und damit von vornherein die weiteren Zahlungseingänge auf den unbenannten Konten verschleiert hat. Das Amtsgericht stellte ferner fest, dass der Kläger diesen beiden Konten mittels Barabhebung Gelder auch in Höhe von ca. 500.000,-- EUR wieder entnahm und damit (teilweise) die Löhne der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in bar auszahlte.

    Im Hinblick auf diesen Sachverhalt gelangte das Amtsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung zur Auffassung, dass der Kläger systematisch - und damit vorsätzlich - Lohnzahlungen verschleierte, um weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen, und verurteilte den Kläger auf dieser Grundlage wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, tateinheitlich bezogen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile, zu einer Freiheitsstrafe.

    Dass der Kläger die Feststellungen und Bewertungen des Amtsgerichts nicht durch seine Berufung angegriffen, sondern diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, spricht für die Richtigkeit des vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalts. Dementsprechend führte das Landgericht in seinem Urteil vom 11.02.2020 - 3 Ns 22 Js 3205/14 (2) - insoweit sinngemäß aus, die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch sei als Geständnis des Klägers und damit strafmildernd zu bewerten.

    Der Senat verwertet die dargestellten tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen im Urteil des Amtsgerichts und macht sie sich zu eigen. Im Verwaltungsprozess können tatsächliche Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung verwertet werden; das Verwaltungsgericht kann sich solche Feststellungen zu eigen machen, wenn sie nach seiner Überzeugung zutreffend sind, es sei denn, dass die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen substantiierte Einwendungen erheben und entsprechende Beweisanträge stellen, die das Verwaltungsgericht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nicht unbeachtet lassen kann (vgl. zur Bindungswirkung von Strafurteilen im Finanzgerichtsprozess BFH, Beschluss vom 30.07.2009 - VIII B 214/07 - juris Rn. 7; Urteile vom 21.12.2007 - VIII B 56/07 - juris Rn. 8 und vom 07.03.2006 - X R 8/05 - juris Rn. 13 jeweils mwN; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.02.2015 - 8 LA 2/14 - juris Rn. 14 zur Berücksichtigung eines rechtskräftigen Strafurteils bei einer Entscheidung über den Entzug einer Approbation). Davon ausgehend hat der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben. Auch nach Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht ist inhaltlich kein weiterer Vortrag erfolgt.

    Auf Grundlage der dargestellten tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts kann danach ohne Weiteres angenommen werden, für den Kläger hat es in den streitgegenständlichen Steuerjahren 2010 bis 2013 offen zu Tage gelegen, dass u.a. auch höhere Gewerbesteuerforderungen der Beklagten entstehen würden. Da er - wie dargestellt - Zahlungseingänge seiner Auftraggeber, insbesondere der Firma D., bewusst auf ein seinem damaligen Steuerberater unbekanntes Konto leitete und diese Zahlungseingänge deshalb von ihm wissentlich nicht als Betriebseinnahmen erfasst wurden, musste ihm konsequenterweise auch die Entstehung weiterer Gewerbesteuerforderungen bekannt sein.

    Daraus folgend hat der Kläger in den Jahren 2010 bis 2013 auch die ihm als Geschäftsführer obliegende Pflicht verletzt, für diese absehbaren Gewerbesteuerforderungen entsprechend Vorsorge zu treffen und die finanziellen Mittel zur Entrichtung der zukünftig fällig werdenden Gewerbesteuernachzahlungen bereit zu halten. Zu Recht führt die Beklagte insoweit aus, dass nach den maßgeblichen Gewerbesteuermessbescheiden des Finanzamts Heidenheim die Y-Stahl GmbH in den Jahren 2010 bis 2013 erhebliche Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt hatte, die dem Kläger die Bildung finanzieller Rücklagen zur Begleichung zukünftiger Steuerforderungen ermöglicht hätten. Auch der Kläger hat weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiiert bestritten, dass ihm die Bildung finanzieller Rücklagen in den genannten Jahren möglich gewesen wäre. Der Vortrag beschränkt sich insoweit auf die zutreffende Behauptung, ab dem Jahre 2014 habe die Y-Stahl GmbH Verluste erwirtschaftet, so dass er die Gewerbesteuer bei Fälligkeit im Jahre 2016 nicht mehr habe bezahlen können. Mit diesem Vortrag wird jedoch - wie dargelegt - die Verletzung der Mittelvorsorgepflicht in den "wirtschaftlich guten" Jahren 2010 bis 2013 nicht in Frage gestellt.

    bb) Aufgrund des dargestellten Sachverhalts kann zudem angenommen werden, dass der Kläger die ihm als Geschäftsführer obliegende Mittelvorsorgepflicht auch schuldhaft verletzt hat.

    Eine objektive Pflichtwidrigkeit indiziert insoweit den gegenüber dem Geschäftsführer - hier dem Kläger - zu erhebenden Schuldvorwurf (st.Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17 - juris Rn. 35 mwN; vgl. auch Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rn. 29). Angesichts des strafgerichtlich festgestellten Sachverhalts kann sich der Kläger von vornherein nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe nicht gewusst, dass sich für die Jahre 2010 bis 2013 für die GmbH weitere und damit höhere als die zunächst festgesetzten Steuerforderungen ergeben würden, für deren Erfüllung er Vorsorge hätte treffen müssen. Da er die für die erhöht festgesetzte Gewerbesteuer maßgeblichen Betriebseinnahmen gegenüber seinem Steuerberater bewusst "verschleierte", musste ihm zumindest nach der Parallelwertung in der Laiensphäre bewusst gewesen sein, dass auch hinsichtlich dieser nicht erfassten Zahlungseingänge eine Gewerbesteuerpflicht bestand. Bei etwaigen Zweifeln hinsichtlich der Steuerpflicht dieser Zahlungseingänge hätte er sich jedenfalls aktiv fachkundigen Rat - etwa bei seinem damaligen Steuerberater - einholen müssen, um sich mit den entsprechenden Pflichten seines Amtes als Geschäftsführer vertraut zu machen.

    cc) Soweit der Kläger einen Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht mit der Begründung in Abrede stellt, er habe die Y-Stahl GmbH in den Jahren bis 2013 nach der Beratung seines damaligen Steuerberaters H. geführt bzw. er habe auf dessen Auskünfte vertraut und auch vertrauen dürfen, handelt es sich ersichtlich um Schutzbehauptungen. Gleiches gilt für seinen pauschalen Vortrag im Berufungsverfahren, es werde bestritten, dass er dem Steuerberater H. Gewinne nicht bzw. zu niedrig mitgeteilt habe.

    Bereits im strafgerichtlichen Verfahren hatte der Kläger behauptet, er habe alle entsprechenden Unterlagen und damit auch sämtliche Zahlungseingänge seiner Auftraggeber bzw. sämtliche Betriebseinnahmen an den Steuerberater weitergeleitet. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass dem Steuerberater die beiden Konten mit der Nr. ... 154 und Nr. ... 193 nicht bekannt gewesen seien, sondern nur das "offizielle" Firmenkonto. Auf Grundlage dieser bereits in sich widersprüchlichen Aussage des Klägers und der Angaben der Mitarbeiter des Steuerberaters H. in der Hauptverhandlung, wonach dem Steuerberaterbüro bzw. dem Steuerberater nur das "offizielle" Firmenkonto bekannt gewesen sei, stellte das Amtsgericht den oben dargestellten Sachverhalt rechtskräftig fest. Danach kann - wie dargelegt - davon ausgegangen werden, dass der Kläger seinem damaligen Steuerberater H. den Anteil der der Y-Stahl GmbH zugeflossenen Erträge, der Grundlage für die erhöht festgesetzte Gewerbesteuer ist, gerade nicht mitgeteilt hatte. Folglich fehlt auch jede Grundlage für die weitere Behauptung des Klägers, er habe die Y-Stahl GmbH entsprechend der Beratung seines damaligen Steuerberaters H. geführt.

    Diesen Vortrag zu einer angeblichen Falschberatung durch den damaligen Steuerberater H. hat der Kläger im Übrigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder näher erläutert noch gar belegt. Die Darstellung des Klägers, er sei von seinem damaligen Steuerberater fehlerhaft beraten worden bzw. er habe diesem sämtliche Erträge der Y-Stahl GmbH mitgeteilt und die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt, entbehren - unabhängig von den bisherigen Ausführungen - auch jeder Plausibilität. Den insoweit nur stichwortartigen Angaben des Klägers lässt sich insbesondere nicht entnehmen, aus welchen Motiven der damalige Steuerberater H. den Kläger im Sinne der Begehung von Straftaten hätte beraten sollen.

    dd) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ist auch der weitere Vortrag des Klägers, bei den Bankkonten sei im Grunde keine exakte Trennung zwischen Privat- und Geschäftskonten durchgeführt worden, rechtlich unerheblich. Der Kläger begründet dies damit, dass bei der Gründung der Y-Stahl GmbH die Hausbank kein Konto auf die GmbH habe eröffnen wollen. Deshalb "seien die Umsatzerlöse alle auf den Bankkonten eingegangen" und die Betriebsausgaben seien zum großen Teil in bar ausgeglichen worden, da auch die Arbeitnehmer zu Beginn ihrer Beschäftigungsverhältnisse über keine Bankverbindungen verfügt hätten. Dass die Hausbank bei der Gründung der Y-Stahl GmbH im Jahre 2009 angeblich kein Konto auf die GmbH habe eröffnen wollen, hat jedenfalls für die hier streitigen Jahre 2010 bis 2013 keine Relevanz; in diesen Jahren unterhielt die Y-Stahl GmbH zwei Firmenkonten. Dass die Erträge der Y-Stahl GmbH in den Jahren 2010 bis 2013 "alle auf den Bankkonten eingegangen seien", führt ebenfalls nicht weiter. Maßgeblich ist hier allein, dass der Kläger diese Erträge gegenüber seinem Steuerberater und damit auch gegenüber dem Finanzamt in einem ersten Schritt zunächst verschleiert und für die aufgrund dieser Erträge entstehenden Gewerbesteuerforderungen in einem zweiten Schritt keine Rücklagen gebildet hat. Dass der Kläger die Löhne der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in bar ausgezahlt hat, da diese angeblich über keine Bankverbindung verfügt haben, spielt für die Frage, ob der Kläger schuldhaft als Geschäftsführer die ihm obliegende Mittelvorsorgepflicht verletzt hat, danach ebenfalls keine Rolle.

    Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt schließlich auch nicht der Vortrag des Klägers, von Anfang an seien sämtliche Betriebseinnahmen auf den Bankkonten "der Familie Cxxx" eingegangen und damit seien alle Umsätze steuerlich vom Finanzamt erfasst worden. Die hier für die Festsetzung der (erhöhten) Gewerbesteuer in den Jahren 2010 bis 2013 maßgeblichen Betriebseinnahmen der Y-Stahl GmbH sind unstreitig auf dem "offiziellen" Firmenkonto der Y-Stahl GmbH, auf dem Konto der Y-Stahl GmbH mit der Nr. ... 193 und dem Konto der Ehefrau des Klägers mit der Nr. ... 154 und damit - wie der Kläger formuliert - auf den Bankkonten "der Familie Cxxx" eingegangen. Daraus lässt sich indes nichts für die Frage herleiten, ob diese Betriebseinnahmen dem Finanzamt auch tatsächlich vom Kläger übermittelt wurden. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Aktenvorgänge erlangte das Finanzamt davon erst im Rahmen der Steuerprüfung im Juli 2015 Kenntnis, wie auch das Amtsgericht in seinem rechtskräftigen Urteil vom 08.02.2016 feststellte.

    3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich darauf, "die von der Beklagten angegebenen Gewinnzahlen würden bestritten", und macht damit sinngemäß geltend, vom Finanzamt seien die Besteuerungsgrundlagen gegenüber der Y-Stahl GmbH unzutreffend ermittelt worden bzw. die Gewinne aus Gewerbetrieb seien in den maßgeblichen Jahren 2010 bis 2013 überhöht festgesetzt worden. Denn der Kläger ist im vorliegenden Haftungsverfahren aus Rechtsgründen gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der gegenüber der Y-Stahl GmbH festgesetzten Gewerbesteuer zu erheben.

    Derjenige, der akzessorisch haften soll, kann zwar grundsätzlich gegenüber seiner Haftungsinanspruchnahme geltend machen, dass die Hauptschuld - hier die Gewerbesteuerforderung der Beklagten gegenüber der Y-Stahl GmbH - nicht bzw. nicht in dieser Höhe besteht und dies grundsätzlich ungeachtet der Frage, ob sie gegenüber dem Hauptschuldner - hier der Y-Stahl GmbH - bereits unanfechtbar festgesetzt ist (vgl. Krumm in Tipke/Kruse, AO, § 166 Rn. 8). Von diesem Grundsatz bestimmt die Regelung in § 166 AO jedoch eine Ausnahme. Ein Gesamtrechtsnachfolger sowie Personen, die in der Lage gewesen wären, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten, müssen eine unanfechtbare Steuerfestsetzung gegen den Steuerpflichtigen nach dieser Vorschrift gegen sich gelten lassen.

    Hier sind die Steuerschulden der Y-Stahl GmbH, für die der Kläger in Haftung genommen wird, bestandskräftig festgesetzt worden, und der Kläger hätte die den Steuerfestsetzungen zugrundeliegenden Steuermessbescheide als gesetzlicher Vertreter der GmbH auch anfechten können. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte der Kläger als Geschäftsführer der GmbH zunächst auch gegen die Erhöhung der Gewerbesteuermessbeträge durch das Finanzamt in den Bescheiden vom Mai 2016 Widerspruch erhoben und im Anschluss daran im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens am 15.03.2017 eine tatsächliche Verständigung mit dem Finanzamt erzielt, worauf das Finanzamt die Gewerbesteuermessbeträge nochmals änderte und (in geringem Umfang) herabsetzte (vgl. dazu den Abschlussvermerk des Finanzamts Schwäbisch Gmünd vom 13.05.2020 hinsichtlich der gegenüber dem Kläger am gleichen Tag erfolgten Einstellung des Steuerstrafverfahrens).

    Dementsprechend beruht die Höhe der von der Beklagten gegenüber der Y-Stahl GmbH zuletzt mit Bescheiden vom 25.04.2017 festgesetzten Gewerbesteuer auf der vorangegangenen tatsächlichen Verständigung des Klägers mit dem Finanzamt im Verfahren zur Ermittlung der Steuermessbeträge. Im Hinblick darauf, dass der Kläger als gesetzlicher Vertreter der Y-Stahl GmbH die auf der Grundlage der tatsächlich erzielten Verständigung mit dem Finanzamt erlassenen Steuermessbescheide nicht mehr angefochten hat, kommt es daher auf die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit dieser Steuermessbescheide sowie der nachfolgenden Gewerbesteuerbescheide der Beklagten hier nicht an. Deshalb kann der Kläger im Haftungsverfahren auch nicht mehr mit Einwendungen gegen die Besteuerungsgrundlagen und damit gegen die Höhe der vom Finanzamt zugrunde gelegten Betriebseinnahmen gehört werden.

    Da der Kläger nach alledem die Möglichkeit hatte, mit seinen Einwendungen gegen seine Haftung vor Gericht gehört zu werden, ist seine Haftung auch verfassungsgemäß (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 29.11.1996 - 2 BvR 1157/93 - juris Rn. 28 mwN).

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht. Obgleich der Kläger in diesem Beschwerdeverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 03.08.2017 - DL 13 S 2084/16 - juris Rn. 78 und vom 17.12.2008 - 3 S 358/08 - juris Rn. 43; vgl. auch Neumann/Korbmacher in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 144 Rn. 48).

    Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
    Streitwertbeschluss:

    Beschluss vom 10. Oktober 2024

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 41.546,26 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

    Der Beschluss ist unanfechtbar.