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  • 05.03.2009

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 18.11.2008 – VII B 119/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe:

    I.

    Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet und die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls vom Kläger nicht widerlegt worden sei. In Anbetracht der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen in Höhe von ca. ... sei nicht damit zu rechnen, dass die Schulden in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden könnten. Des Weiteren habe sich nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Vielmehr sei von einer solchen Gefährdung auszugehen, da sich der Kläger in eigenen Angelegenheiten als unzuverlässig gezeigt und einbehaltene Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter seiner Steuerberatungsgesellschaft nicht abgeführt habe.

    Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

    II.

    Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, weshalb der Senat auf die Mängel bezüglich der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes nicht näher eingehen muss.

    Die von der Beschwerde sinngemäß gestellte Frage, ob die Bestellung des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters auch dann widerrufen werden kann, wenn er seinen Beruf bislang beanstandungsfrei ausgeübt hat und im Insolvenzverfahren keine Forderungen von Mandanten, die der Steuerberater selbst betreut hat, angemeldet sind, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich nach dem Gesetz beantworten und bejahen lässt.

    Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist der Vermögensverfall, bei dessen Vorliegen die Bestellung zu widerrufen ist, zu vermuten, wenn (u.a.) ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet ist. Der Vermögensverfall ist nicht deshalb zu verneinen, weil im Insolvenzverfahren bisherige Mandanten des Steuerberaters keine Forderungen angemeldet haben, denn auf die Art der Insolvenzgläubiger stellt das Gesetz insoweit nicht ab. Der betroffene Steuerberater hat zwar die Möglichkeit, die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, indem er z.B. den Nachweis erbringt, dass er mit seinen Gläubigern Vereinbarungen zur Tilgung der Verbindlichkeiten getroffen hat, die erwarten lassen, dass er seine Schulden in einem überschaubaren Zeitraum wird begleichen können und dass es zu keinen Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommt. Im Streitfall hat das FG indes diesen Nachweis in Anbetracht der Höhe der Verbindlichkeiten des Klägers als nicht erbracht angesehen. Grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen ergeben sich hieraus nicht.

    Auch die im Zusammenhang mit dem sog. Entlastungsbeweis stehenden Rechtsfragen sind geklärt. Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992). Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 741; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Die Beantwortung der Frage, ob dieser Entlastungsbeweis gelungen ist, erfordert eine dem Tatrichter vorbehaltene zusammenfassende Beurteilung der komplexen Verhältnisse des Einzelfalls, bei der eine Reihe gesetzlich nicht abschließend festgelegter Kriterien zu berücksichtigen ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Möglichkeit einer Gefährdung von Auftraggeberinteressen sprechen können; diese Tatsachenwürdigung kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (ständige Rechtsprechung, Senatsurteile in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203, und in HFR 2000, 741; Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90, und in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

    Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hinsichtlich des von einem in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung zu führenden sog. Entlastungsbeweises. Auch der BGH beurteilt die Frage, ob der Entlastungsbeweis geführt ist, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände (vgl. BGH-Beschlüsse vom 18. Oktober 2004 AnwZ (B) 43/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 511; vom 25. Juni 2007 AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924). Wenn daher der BGH in einem zu entscheidenden Einzelfall eines Rechtsanwalts im Rahmen der Gesamtwürdigung bestimmte einzelne Umstände zu dessen Gunsten berücksichtigt, so stellt es keine Abweichung von dieser Entscheidung dar und wirft keine grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf, wenn in einem anderen Fall diesen Umständen bei der Gesamtwürdigung ein geringeres Gewicht beigemessen wird und andere Umstände in den Vordergrund rücken.

    Im Streitfall greift die Beschwerde einzelne Gesichtspunkte aus den vorgenannten BGH-Beschlüssen heraus, welche der BGH zu Gunsten des betroffenen Rechtsanwalts gewürdigt hat, und meint, dass diese auch auf den Kläger zuträfen. Dabei lässt sie unberücksichtigt, dass das FG --in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats-- andere Umstände in die Gesamtwürdigung einbezogen und zu Lasten des Klägers gewürdigt hat, die in dem vom BGH entschiedenen Fall keine Rolle spielten, nämlich die Höhe der Steuerschulden des Klägers, die seinen Handlungsrahmen gegenüber der Finanzverwaltung einschränken, sowie die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Vergangenheit, welche ein Indiz für Unzuverlässigkeit in eigenen Angelegenheiten ist. Außerdem lässt die Beschwerde unberücksichtigt, dass andere Einzelumstände, die der BGH in den genannten Entscheidungen als für den Entlastungsbeweis sprechend angesehen hat, wie z.B. erhebliche arbeitsvertragliche Beschränkungen und Sicherungsvorkehrungen, denen sich der betroffene in einer Sozietät angestellte Rechtsanwalt gegenüber seinem Arbeitgeber unterworfen hatte, um nicht in Berührung mit Fremdgeldern zu kommen, im Fall des Klägers nach den Feststellungen des FG nicht vorliegen.

    RechtsgebieteStBerG, BRAO