05.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131138
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 02.06.2006 – 6 K 430/03
Eine Provisionszahlung ist bereits dann beim Steuerpflichtigen i.S.v. § 11 EStG zugeflossen, wenn die Zahlung in seinem Einverständnis auf das Konto eines Dritten erfolgt.
Finanzgericht Hamburg v. 02.06.2006
6 K 430 / 03
Tatbestand
Streitig ist der Zufluss einer Provisionszahlung.
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer des Zeitschriftenverlages ”... (Z) GmbH & Co KG”. Weitere Gesellschafter waren der Zeuge R und Dr. A. Ferner war der Kläger Geschäftsführer des ”... (Tageblattes B)”. Im Zuge seiner Tätigkeit in B kam er mit einem Herrn K in Kontakt, der in D ein Presse-Grossounternehmen betrieb und hiermit überfordert war. Als professioneller Partner sollte sich eine Firma F & Partner GmbH an dem Unternehmen beteiligen. Auf diese Weise wurde Herr K Anteilseigner an der F & Partner GmbH. Die bisherigen Gesellschafter F und H waren später daran interessiert, seinen 25%igen Anteil zu erwerben. Für diese geplante Anteilsveräußerung sollte eine Provision gezahlt werden. In diesem Zusammenhang schlossen Herr K, der Zeuge R, der Kläger (J) und ein Herr W am 07. 03 .1993 folgende Vereinbarung:
„Präambel: Herr ... (K) ist Inhaber von 25 v.H. der Gesellschaftsanteile der ... (F) & Partner GmbH, ... Die Mitgesellschafter ... (F) und ... (H) haben Herrn ... (K) die Übernahme der Gesellschaftsanteile angeboten zum Nominalpreis von DM 144.000,-, abzüglich eines Darlehens, welches Herr ... (K) bei der Gesellschaft unterhält, in Höhe von DM 70.000,-. Des weiteren wurde ein nicht näher bezifferter Zuschuß zur neuen Existenzgründung in Höhe von rund DM 100.000,- geboten. Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Parteien was folgt: 1. Herr ... (K) überträgt seine Anteile an der ... (F) & Partner GmbH in Höhe von nominal DM 144.000,- auf die ... (X-Weg) Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, vertreten durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer, Herrn ... (W), ... (X-Weg), ... Hamburg. Diese Anteile werden von der ... (X-Weg) Vermögensverwaltungsgesellschaft treuhänderisch für die Herren ... (R) und ... (J) gehalten. Herr ... (K) verpflichtet sich, seine Geschäftsanteile an der ... (F) & Partner GmbH in vorbezeichneter Weise auf die ... (X-Weg) Vermögensverwaltungsgesellschaft zu übertragen. Sollte eine derartige Übertragung wirksam nicht möglich sein, gelten die nachfolgenden Bestimmungen dieses Vertrages unmittelbar zwischen den obigen Parteien. 2. Als Gegenleistung gewährleisten die Parteien zu 2. bis 4. der Partei zu 1. im Rahmen des bisherigen Gebotes der Gesellschafter der ... (F) & Partner GmbH den Aufbau einer neuen Existenz durch finanzielle Zuwendungen oder Darlehen. 3. Es ist beabsichtigt, die Geschäftsanteile entweder zu einem höheren Preis an die bisherigen Gesellschafter zu veräußern oder sie in anderer Weise an dritte Personen weiterzuveräußern oder in sonstiger Weise zu verwerten. Von dem Erlös, nach Abzug der unmittelbaren Veräußerungskosten, steht der Partei zu 1. ein Anteil von 25 v.H. zu. Aus diesem Anteil werden die der Partei zu 1. gewährten Zuschüsse und Darlehen in Anrechnung gebracht und der Restbetrag an sie ausgekehrt. Der verbleibende Restbetrag wird in drei Teile geteilt. Hiervon erhält Herr ... (J) ein Drittel, Herr ... (R) ein Drittel und Herr ... (E) ein weiteres Drittel. ...”
Gem. notariellem Vertrag vom 22.07.1994 übertrug Herr K, vertreten durch den Zeugen Rechtsanwalt S, seinen Anteil an die Mitgesellschafter H und F zu einem Kaufpreis von 800.000 DM.
Im August 1994 fand ein Gespräch in den Kanzleiräumen des Zeugen S statt, in dessen Verlauf über die Verteilung der Provisionszahlung gesprochen wurde. Der Kläger vermerkte diesbezüglich am 15.11.1994 (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 27.09.2000) über ein Gespräch mit dem Zeugen R vom 14.11.1994: ”... 7.Der Anteil ... (J) aus der Abwicklung ... (F) beträgt DM 190.000. Dieser Betrag sollte gemäß Vereinbarung mit ... (R) wie folgt verteilt werden: DM 50.000 Darlehensrückzahlung ... (A) DM 58.000 Restkaufpreis ... (Y-Straße) DM 60.000 Darlehen an den Verlag DM 22.000 Privat ... (J) Der Betrag von DM 60.000 ist nach Auskunft ... (R) über die ... (Z) Multi an den Verlag geflossen. Die notwendigen Unterlagen müssen noch nachgereicht werden. Der Betrag von DM 22.000 ist nicht auf das private Girokonto von ... (J) gegangen, sondern als Darlehen an ... (K) gegeben worden. Hierüber gibt es keine Unterlagen. ...”
Am 05.08.1994 nahm der Zeuge S drei Überweisungen über je 189.120 DM vom Anderkonto K vor, und zwar u.a. auf das Konto des Zeugen R unter dem Verwendungszweck „betr. J”.
Gem. Gesellschafterbeschluss vom 23.09.1994 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Gesellschaft ”... (Z)” abberufen und sein Dienstverhältnis aus wichtigem Grunde gekündigt. Über sein Gespräch mit dem Zeugen R und anderen im Februar 1995 vermerkte der Kläger am 21.01.1995 (Anlage zum Schriftsatz vom 27.09.2005) u.a.:
”... Aus meiner Gesellschafter-Position hat der Verlag noch eine Forderung gegen mich in Höhe von 290.000 DM. (R) ... und er sind bereit, auf diese Forderung zu verzichten, wenn ich mit einer Auflösung meines Dienstvertrages zum 31.12.1994 einverstanden bin. ... Mein Anspruch aus der Restzahlung ... (F)” besteht seiner Meinung nach nicht, da ich mit der Zahlung an Frau ... (K) (DM 20.000) einverstanden gewesen bin. Ich habe das bestritten. ...”
In der Folgezeit kam es zu diversen, auch gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Zeugen R, unter anderem nahm der Kläger ihn auf „Auskehrung seines restlichen Anteils aus dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen” in Anspruch. Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.09.1995 - 310 O 144/95 - wurde der Zeuge R zur Zahlung von 20.000 DM verurteilt. Auf die Vollstreckungsgegenklage, gestützt auf eine Aufrechnung gegenüber dem titulierten Anspruch, ist die Zwangsvollstreckung mit Urteil des Landgerichts vom 19.12.1996 - 310 0 26/96 - für unzulässig erklärt worden.
Für das Streitjahr erging zunächst am 09.04.1996 - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - ein Schätzungsbescheid zur Einkommensteuer, der auf den Einspruch des Klägers nach Einreichung der Steuererklärung für 1994 am 29.04.1996 geändert wurde; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Provisionszahlung von 190.000 DM berücksichtigte der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid 1995 vom 07. 03 .1997, der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 20. 03 .1997, mit dem geltend gemacht wurde, dass der Provisionsanspruch in 1993 entstanden sei und 1994 hieraus 58.800 DM auf seinem anteiligen Kapitalkonto bei der GbR Grundstücksgesellschaft Y-Straße gutgebracht worden seien. Ob der Betrag jemals auf dem Konto der Grundstücksgesellschaft eingetroffen sei, lasse sich nicht nachweisen. 60.000 DM seien auf dem Gesellschafterkonto ”... (Z)” und 50.000 DM als Rückzahlung eines Darlehens an einen Gesellschafter behandelt und 21.200 DM seien nicht disponiert worden. Mit Schreiben vom 22.06.1998 teilte der steuerliche Bevollmächtigte des Klägers auf Anfrage dem Beklagten mit, dass aus der Jahresabrechnung 1994 folgende Zurechnung des Betrages von 190.000 DM hervorgehe:
„DM 50.000,- Rückzahlung eines Darlehens an Dr. ... (A) zur Entlastung des Herrn ... (J) DM 58.000,- Einbehalt durch Herrn ... (R) als Restbaugeld für das Grundstück ... (Y-Straße) Hannover DM 60.000,- Einbehalt des Herrn ... (R) für eine Darlehenshingabe des Herrn ... (J) an den Verlag ... (Z) DM 22.000,-- Direktauszahlung an Herrn ... (J) Seitens des Herrn ... (J) bestehen Zweifel darüber, ob die DM 190.000,- überhaupt dem Herrn ... (R) zugegangen sind. Es wurden bisher weder irgendwelche Zahlungsnachweise noch schriftliche Vereinbarungen über diese Transaktionen vorgelegt. Verhandelt wurde über die Aufteilung der Provision in Anwesenheit des Herrn ... (J) im August 1994 in den Kanzleiräumen des Rechtsanwalts ... (S), Hamburg.”
Im Jahresabschluss zum 31.12.1994 für die GbR Y-Straße ist ein Betrag von 58.800 DM als „Einlage Ablösung Restkaufgeld” zu Gunsten des Klägers erfasst worden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30.09.2003 berücksichtigte der Beklagte im Veranlagungszeitraum 1995 nun noch 22.000 DM aus der Provisionszahlung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ferner änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 29.04.1996 gem. § 174 Abs. 4 AO und berücksichtigte nunmehr in diesem Veranlagungszeitraum die restliche Provisionszahlung in Höhe von 167.120 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 29.10.2003, mit dem abermals der Zufluss der streitigen Provision bestritten wurde. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 05.12.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Klage vom 22.12.2003.
Auch im Klageverfahren bestreitet der Kläger den Zufluss einer Provisionszahlung in Höhe von 190.000 DM. Er habe die Zahlung nicht persönlich entgegengenommen. Zwar habe im August 1994 bei Rechtsanwalt S ein Gespr äch über die Verteilung der Provision stattgefunden, und es sei auch möglich, dass er, der Kläger, damit einverstanden gewesen sei, dass die Auszahlung des Geldes an den Zeugen R erfolge. Dies allerdings nur mit der Maßgabe, dass dieser die Gelder wie besprochen verwende. Tatsächlich habe er, der Kläger, in der Folgezeit nichts mehr von der Sache gehört. Das Verhältnis zwischen ihm, dem Kläger, und dem Zeugen R sei zudem bereits im August 1994 derart zerrüttet gewesen, dass der Zeuge R schon bei der Entgegennahme des Geldes nicht die Absicht gehabt habe, das Geld vereinbarungsgemäß zu verwenden, insoweit fehle es an dem erforderlichen Willen, in fremdem Namen zu handeln. Tatsächlich sei ihm, dem Kläger, nicht der geringste Teil des Geldes zu Gute gekommen. Selbst der an ihn privat auszuzahlende Teilbetrag von rund 20.000 DM sei nie ausgezahlt worden, weil der Zeuge R diesen Betrag gegen den Willen des Klägers angeblich als Darlehen an Herrn K gegeben habe.
Der Kläger beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 05.12.2003 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 20.10.2003 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 12.000 DM herabgesetzt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird, hilfsweise, die auf die Provisionszahlung entfallende Einkommensteuer zu erlassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger den Zeugen R zur Entgegennahme der Provisionszahlung bevollmächtigt habe und ihm daher die Provision durch die Überweisung auf ein Konto des Zeugen im Sinne von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen sei. Dagegen bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Herr S die auf den Kläger entfallende Provision absprachewidrig ausgezahlt habe. Dagegen spreche im Übrigen auch die gerichtliche Geltendmachung eines Teils der Provisionszahlung gegen den Zeugen R.
Das Gericht hat gem. Beweisbeschluss vom 17.2.2006 Beweis erhoben über Fragen der Abwicklung der Provisionszahlung durch Vernehmung der Zeugen R und Rechtsanwalt S.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften über den Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin vom 04.08.2005 und die Senatssitzung vom 2.6.2006 Bezug genommen.
Die den Kläger betreffende Einkommensteuerakte zur Steuernummer ... hat vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig aber unbegründet; im Übrigen ist sie unzulässig.
I. 1.) Der Beklagte war berechtigt, den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1994 gem. § 174 Abs. 4 AO zu ändern, nachdem sich im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 herausgestellt hatte, dass die Provisionszahlung irriger Weise in voller Höhe als in 1995 zugeflossen angesehen worden ist; tatsächlich aber - nach Auffassung des Beklagten - zum überwiegenden Teil bereits in 1994 zugeflossen war. Inwieweit die Provision zutreffender weise in voller Höhe im Jahre 1994 zu erfassen wäre, bedarf keiner Entscheidung, weil das Gericht insoweit an einer Verböserung gehindert ist.
2.) Die streitige Provisionszahlung ist dem Kläger im Streitjahr zugeflossen und führt zu steuerpflichtigen Einkünften. Dahin stehen kann in diesem Verfahren, ob die Provisionszahlung zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG oder zu sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG führt, weil dies für die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer ohne Bedeutung ist.
Gem. § 11 Abs. 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Fließt der Vermögenswert nicht beim Einkunftserzieler zu, so tritt der Zufluss gleichwohl beim Steuerpflichtigen selbst ein, wenn der unmittelbar leistende oder empfangende Dritte als Bevollmächtigter kraft Rechtsgeschäfts oder als Verwalter kraft Gesetzes, behördlicher Anordnung oder letztwilliger Verfügung zur Ausführung oder Entgegennahme der Leistung berechtigt ist und damit die Vermögenswerte für den Steuerpflichtigen vereinnahmt (so bereits BFH-Urteil vom 20.02.1964, IV 4/61 , BStBl. III, BStBl 1961 III S. 1964, BStBl 1961 III S. 329). Da der Zufluss damit bereits abgeschlossen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vermögenswerte dem Steuerpflichtigen anschließend selbst zufließen. Eine Unterschlagung des Bevollmächtigten lässt den Zufluss beim Vollmachtgeber daher unberührt (allg. Ansicht, vgl. z.B. Seiler in Kirchhof Kompaktkommentar, § 11 Rz. 21; Heinicke in Schmidt, EStG, § 11 Rz. 13).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere auch den eigenen Angaben des Klägers und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Zeuge S die vom Kläger verdiente Provision im Einverständnis des Klägers an den Zeugen R überwiesen hat und diese dem Kläger damit zugeflossen ist. Der Kläger hat insoweit selbst eingeräumt, dass er damit einverstanden war, dass dieser Zahlungsweg gewählt wurde. Diese Zahlungsweise entsprach dem Ergebnis des Gespräches in den Kanzleiräumen von Rechtsanwalt S, anlässlich dessen dezidiert die Aufteilung und Verwendung der Provision für verschiedene Zwecke besprochen worden war. Der Zeuge S hat bestätigt, dass er die Zahlung zu Gunsten des Klägers auf das Konto des Zeugen R unter dem Betreff J vorgenommen hat, weil die Beteiligten dies so gewollt hätten. Zwischen den Herren bestand bestes Einvernehmen und der Kläger hat gegenüber dem Zeugen S auch zu keinem Zeitpunkt beanstandet, dass die Zahlung nicht erfolgt sei. Zu Konflikten zwischen dem Kläger und dem Zeugen R ist es erst nach dieser Zeit gekommen. Das Gericht stützt seine Feststellungen insoweit auf die Angaben des Zeugen S, der noch über eine detailgenaue Erinnerung an die seinerzeitigen Verhandlungen im Zusammenhang mit der Veräußerung des Gesellschaftsanteils und die Verteilung der in diesem Zusammenhang verdienten Beträge verfügte.
Dass die Zahlung seinerzeit im Einverständnis des Klägers an den Zeugen R erfolgt ist, ergibt sich zudem aus dem im gerichtlichen Verfahren eingereichten Vermerk des Klägers vom 15.11.1994, in dem er u.a. festhielt, „dass der Betrag gem. Vereinbarung mit ... (R) wie folgt verteilt werden sollte”. Ferner wird dies bestätigt durch die gerichtliche Inanspruchnahme des Zeugen R seitens des Klägers auf Auskehrung des „restlichen Provisionsanteils” vor dem Landgericht. Hätte es sich im Kosteninteresse nur um eine Teilklage handeln sollen, wie der Kläger jetzt offenbar behaupten will, wäre die Klagebegründung des Rechtsanwaltes N vom 11.4.1994 (Anlage zum Schriftsatz vom 5.12.2005) anders formuliert worden. Die in diesem Zusammenhang beantragte Vernehmung von Rechtsanwalt N für das Zustandekommen des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils ist aus Sicht des Senats nicht beweiserheblich. Schließlich hat auch der Zeuge R bestätigt, dass der Kläger die Zahlung an ihn, den Zeugen R, so gewollt habe. Der Zeuge hat insoweit auch nachvollziehbar und in sich stimmig erläutert, dass zu diesem Zeitpunkt der Verteilung des Geldes noch Einvernehmen bestanden habe und es erst danach zum endgültigen Bruch mit dem Kläger in Zusammenhang mit Problemen bei der Geschäftsführung des Verlages Z gekommen sei.
Soweit der Kläger dagegen geltend macht, er habe nach Überweisung der Beträge hierüber nicht verfügen können und die Beträge seien an andere Gesellschaften als vereinbart überwiesen worden, bzw. die Gesellschaften seien zwischenzeitlich aufgelöst worden, ohne dass ihm, dem Kläger, noch irgendetwas zugeflossen sei, steht dies - wie vorstehend dargestellt - dem Zufluss der Mittel i.S.v. § 11 EStG nicht entgegen.
Unter diesen Umständen bedurfte es auch nicht der Erhebung der vom Kläger angetretenen Beweise, und zwar der Vernehmung von Finanzbeamten zu der Frage, inwieweit sich von dem Zeugen R behauptete Zahlungen beweisen lassen bzw. welche Erkundungen im Zusammenhang mit steuerlichen Ermittlungen gegen den Zeugen R eingeholt worden sind.
Soweit der Kläger versucht, seine Bereitschaft, die Zahlung der Provision auf das Konto des Zeugen R erfolgen zu lassen, nachträglich mit dem Vorbehalt zu versehen, dass das Geld auch entsprechend der Vereinbarung verteilt wird, übersieht der Kläger, dass es sich bei der zweckgerichteten Verteilung der Provisionszahlung um eine Verwendung der Mittel handelt, die den Zufluss nicht berührt. Insoweit ist ein „bedingter” Zufluss nicht möglich. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen R bereits im August zerrüttet war und welche Absichten oder geheimen Vorbehalte der Zeuge gehabt haben mag, maßgeblich ist allein, dass der Kläger R als Empfangsberechtigten eingesetzt hat und die Zahlung an ihn erfolgt ist.
3.) Die Veruntreuung von Beträgen durch einen Empfangszuständigen kann allerdings zu Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten führen, wenn ein Veranlassungszusammenhang zu der Einnahmeerzielung, hier der Provisionszahlung, besteht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 06.05.1976, IV R 79/73, BStBl II 1976,560).
Der Senat hat indes nicht feststellen können, dass im Streitjahr tatsächlich Teilbeträge oder der Gesamtbetrag unterschlagen bzw. veruntreut worden wären. Der Kläger selbst hat sich im Erörterungstermin nur vage geäußert, nämlich, dass er nach dem Gespräch bei Rechtsanwalt S nichts mehr von der Sache gehört und nicht gewusst habe, wann das Geld überwiesen worden sei. Tatsächlich ergibt sich aber aus seinen Gesprächsnotizen vom 15.11.1994 und vom 21.02.1995 etwas anderes. Gerade aus dem letztgenannten Vermerk erhellt sich, dass für den Kläger zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Restbetrag von 22.000 DM aus seinem Provisionsanspruch offen war. Dementsprechend hat er auch nur diesen Restbetrag gegen den Zeugen R eingeklagt. Gegen die behauptete Unterschlagung spricht des Weiteren, dass im Jahresabschluss der GBR Y-Straße der Betrag von 58.800 DM abredegemäß zu Gunsten des Klägers verbucht ist. Ausweislich der von dem Zeugen R eingereichten Unterlagen ist eine entsprechende Überweisung mit dem Zweck „Restkauf ... (J)” erfolgt, und zwar auf das Konto der Z Multi Beteiligungsgesellschaft. Ebenfalls hat er die Überweisung von 60.000 DM mit dem Zweck „Darlehen Teilrückzahlung ... (J)” belegt . Schließlich hat er auch einen Überweisungsbeleg für eine Zahlung von 50.000 DM auf ein Konto von Dr. A mit dem Betreff „RueckZ. Darlehen ... (J)” vorgelegt.
Soweit der Kläger behauptet hat, die Überweisungen seien nicht abredegemäß an den Verlag Z GmbH & Co KG erfolgt, sondern an die Z Multi Beteiligungsgesellschaft, deren Geschäftsführer der Zeuge R war, ergeben sich aus den vom Kläger eingereichten Vermerken und sonstigen Angaben keine präzise Angaben, an welche Gesellschaft exakt die Überweisung erfolgen sollte. Vielmehr geht das Gericht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon aus, dass die Beträge Verbindlichkeiten des Klägers zum Erlöschen bzw. Darlehensforderungen zu seinen Gunsten begründet haben.
II. Die mit dem Hilfsantrag verfolgte Klage auf Erlass der auf die streitige Provisionszahlung entfallenden Steuer ist mangels Durchführung eines Vorverfahrens gem. § 44 Abs. 1 FGO unzulässig.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist gem. § 115 FGO nicht zuzulassen.