08.01.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.03.2003 – 5 K 5873/98
Eine Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG ist gegeben, wenn bei einer Kombination von Erbbaurechts-, Leasing- und Ankaufsrechtsvertrag dem Leasingnehmer Befugnisse an dem Leasingobjekt (Gebäude) eingeräumt werden, die über die Befugnisse eines Pächters hinausgehen und ihm hinsichtlich Nutzung und Veräußerung eine einem Eigentümer nahe kommende Stellung geben.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Anteilseigner … sind. Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung von … und ….
Die Klägerin war Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks (Gemarkung B., Flur … Parzelle …, … qm). Mit notariellem Vertrag vom 17.05.1996 (UR.-Nr.: … des Notars Dr. T. in B.) schloss sie mit der Firma Q. GmbH & Co. Vermietungs KG (nachfolgend Q. KG genannt) für das vorbezeichnete Grundstück eine Vereinbarung mit folgenden Vertragsteilen ab:
Teil A Erbbaurechtsvertrag, Teil B Immobilien-Leasingvertrag und Teil C Ankaufsrechtsvertrag.
Nach dem Erbbaurechtsvertrag räumte die Klägerin der Q. KG ein Erbbaurecht an einer noch zu vermessenden Teilfläche von ca. … qm aus dem vorgenannten Grundstück für die Dauer von 60 Jahren ein. Besitz, Nutzungen, Lasten und die Gefahr sollten sofort auf die Q. KG übergehen. Der jährliche Erbbauzinz wurde mit … DM vereinbart. Die Q. KG sollte berechtigt sein, aufgrund des Erbbaurechts auf dem streitigen Grundstück einen Technologie-Park zu erbauen. Ferner wurde der Q. KG ein dinglich gesichertes Vorkaufsrecht an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück eingeräumt. Darüber hinaus vereinbarten die Vertragsbeteiligten, dass die Klägerin die Übertragung des Erbbaurechts (Heimfall) auf sich oder einen von ihr zu benennenden Dritten vor Ablauf der vereinbarten Dauer des Erbbaurechts auf Kosten der Q. KG verlangen könne, wenn a) die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Erbbaurechts angeordnet werde, b) über das Vermögen der Q. KG das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt werde oder c) die Q. KG mit der Zahlung des Erbbauzinses in Höhe zweier Jahresraten in Rückstand sei. Für den Fall, dass die Klägerin von ihrem Heimfallanspruch Gebrauch machen sollte oder das Erbbaurecht durch Zeitablauf erlöschen würde, sollte die Klägerin der Q. KG zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sein. Die Entschädigung sollte dem Verkehrswert, mindestens jedoch dem linearen Restbuchwert der Gebäude und baulichen Anlagen zum Zeitpunkt des Heimfalls bzw. zum Zeitpunkt des Erlöschens des Erbbaurechts entsprechen.
Nach Teil B der notariellen Vereinbarung sollte die Q. KG auf dem streitigen Grundstück einen Technologie-Park nach den betrieblichen Belangen der Klägerin errichten. Wegen der Einzelheiten der zu errichtenden Gebäude nahmen die Vertragsbeteiligten insoweit auf die als Anlage II zu der notariellen Urkunde genommene Baubeschreibung nebst Plänen Bezug. Ferner war in der notariellen Vereinbarung festgehalten, dass die Q. KG der Klägerin den noch zu errichtenden Technologie-Park vermietete entsprechend dem zwischen den Vertragsbeteiligten zustande gekommenen privatschriftlichen Immobilien-Leasingvertrag vom … (Vertrags-Nr.: …). Dieser privatschriftliche Immobilien-Leasingvertrag hatte im Wesentlichen folgende Bedingungen: Die Q. KG vermietete das Erbbaurecht einschließlich der zu errichtenden Gebäude an die Klägerin. Die Mietzeit sollte 22,5 Jahre betragen. Die Übernahme des Leasingobjektes durch die Klägerin sollte nach dessen Fertigstellung erfolgen. Die zu zahlende Miete sollte sich nach den Gesamtinvestitionskosten bemessen, die vorläufig mit … DM angegeben wurden. Nach der Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum Immobilien-Leasingvertrag sollte die Mietkalkulation gewährleisten, dass der Mietwert (Barwert der zu zahlenden Mieten, Verwaltungskostenbeiträge und der kalkulatorische Restwert zum Ende der Mietzeit) 97 v. H. der Gesamtinvestitionskosten zum Mietbeginn entsprechen sollte. Die Jahresmieten sollten sich nach einem genau bestimmten Aufschlag (rund 1 v. H.) auf den Referenzzinssatz ausgehend von den Gesamtinvestitionskosten bemessen. Der vorläufige kalkulatorische Restwert am Ende der Mietzeit sollte bei … DM liegen. Die Kosten sollten nach Fertigstellung konkret abgerechnet werden. Schließlich machten die Vertragsparteien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Q. KG zum Gegenstand ihres Vertrages. Nach den Allgemeinen Bedingungen zum Immobilien-Leasingvertrag verpflichtete sich der Leasinggeber zur Errichtung der Gebäude nach den betrieblichen Erfordernissen des Leasingnehmers, jedoch ohne Betriebsvorrichtungen. Bemessungsbasis für die Mieten sowie den Verwaltungskostenbeitrag sollten die Gesamtinvestitionskosten sein. Diese beinhalteten alle Kosten, die für den Grunderwerb einschließlich Nebenkosten aufgewandt würden, alle Kosten für die vertragsgemäße schlüsselfertige Herstellung des Leasingobjektes, etwaige Sanierungskosten während der Bauzeit sowie die gegebenenfalls anfallende Grunderwerbsteuer für Grund und Boden und Baukosten (Ziffer 5 Punkt 7). Nach Ziffer 6 der Allgemeinen Bedingungen hatte der Leasingnehmer dem Leasinggeber ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses alle aus dem Eigentum und der Vermietung des Leasingobjektes entstehende Nebenkosten zu erstatten. Hierzu zählten insbesondere die Finanzierungskosten des Leasingobjektes, die Grunderwerbsteuer und gegebenenfalls die Gewerbesteuer, aus dem Leasingobjekt resultierende anteilige Vermögensteuer einschließlich Ertragsteuern auf die Vermögensteuer, alle übrigen Steuern, Abgaben, Beiträge und Gebühren, auch dann, wenn sie erst während der Mietzeit neu eingeführt würden sowie schließlich alle laufenden Leistungen aus dem abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag. Nach Ziffer 9 hatte der Leasinggeber die Gefahr des zufälligen ganzen oder teilweisen Untergangs und der ganzen oder teilweisen Zerstörung des Leasingobjektes zu tragen, sofern diese nicht vom Leasingnehmer zu vertreten sei. In den Fällen des ganzen oder teilweisen Untergangs des Leasingobjektes, seiner ganzen oder teilweisen Zerstörung oder des ganzen oder teilweisen längerfristigen Nutzungsausschlusses, soweit jeweils zufällig eingetreten, sollte der Leasinggeber zum Wiederaufbau bzw. zur Beseitigung der Beschädigung bzw. des Nutzungsausschlusses nur insoweit verpflichtet sein, wie ihm hierfür ausreichende Versicherungsleistungen und/oder sonstige Leistungen Dritter zufließen würden. Reichten diese zur Wiederherstellung des Leasingobjektes nicht aus, so sollte der Leasingvertrag spätestens zwei Monate nach Eintritt des Schadensereignisses enden. Nach Ziffer 9 Punkt 8 sollte für das Leasingobjekt eine Grundstückshaftpficht-, Bauherrenhaftpflicht-, Bauleistungs- und Rohbaufeuerversicherung abgeschlossen werden. Ab dem Zeitpunkt der Übernahme sollte für das fertiggestellte Leasingobjekt eine Gebäude-Feuerversicherung und eine all-risks-Versicherung zum gleitenden Neuwert abgeschlossen werden. Die Versicherungen sollten vom Leasinggeber in Abstimmung mit dem Leasingnehmer abgeschlossen werden. Die Kosten der Versicherungen sollte allein der Leasingnehmer tragen (Ziffer 9 Punkt 10). Den Vertragsbeteiligten sollte nach Ziffer 13 Punkt 1 ein Kündigungsrecht nur aus wichtigem Grunde zustehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die allgemeinen Vertragsbedingungen verwiesen.
Weiterhin vereinbarten die Vertragsbeteiligten mit der notariellen Urkunde vom … ein Ankaufsrecht in Form eines aufschiebend bedingten Kaufvertrages. Dieser beinhaltete ein Ankaufsrecht zugunsten der Klägerin an dem Erbbaurecht einschließlich der aufstehenden Gebäude. Die Erklärung über die Ausübung des Ankaufsrechts sollte zum Ende der Mietzeit möglich sein. Der Kaufpreis sollte dem kalkulatorischen Restwert des Leasingobjektes nach dem abgeschlossenen Immobilien-Leasingvertrag Nr. … entsprechen (… DM). Darüber hinaus vereinbarten die Vertragsbeteiligten zu Gunsten der Klägerin ein außerordentliches Ankaufsrecht für den Fall, dass a) über das Vermögen der Q. KG ein Vergleichs- oder Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden sei, b) der Leasingvertrag gemäß Ziffer 9 Punkt 4 der Allgemeinen Bedingungen zum Immobilien-Leasingvertrag endete oder c) der Leasingvertrag von der Klägerin aus wichtigem Grunde wirksam gekündigt würde. Für diesen Fall sollte der Kaufpreis dem Barwert der bis zum Ende der Mietzeit noch zu leistenden Mieten und Verwaltungskostenbeiträge zuzüglich dem Barwert des kalkulatorischen Rechtswertes des Leasingobjektes zum Ende der Mietzeit entsprechen. Zur Sicherung des bedingten Anspruchs auf Übertragung des Erbbaurechts bewilligte und beantragte die Q. KG zugunsten der Klägerin die Eintragung einer Auflassungsvormerkung.
Wegen der weiteren Einzelheiten der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen wird auf die notarielle Urkunde vom … einschließlich der Anlagen zu dieser Urkunde, dem Immobilien-Leasingvertrag vom … einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Q. KG Bezug genommen.
Am 21.04.1997 erließ der Beklagte einen auf § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gestützten vorläufigen Grunderwerbsteuerbescheid. Die Grunderwerbsteuer wurde auf … DM festgesetzt, wobei der Beklagte als Bemessungsgrundlage die nach dem Immobilien-Leasingvertrag vorläufig festgelegten Gesamtinvestitionskosten in Höhe von … DM ansetzte.
Hiergegen wendete sich die Klägerin mit dem Einspruch vom 24.07.1997, mit dem sie geltend machte, der Beklagte sei zu Unrecht vom Vorliegen einer Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG ausgegangen. Selbst wenn man das Vorliegen einer Verwertungsbefugnis bejahte, sei jedenfalls die Bemessungsgrundlage durch den Beklagten zu hoch angesetzt worden. Denn zwischenzeitlich liege eine – wenn auch noch vorläufige – Abrechnung der Gesamtinvestitionskosten vor. Danach beliefen sich die Gesamtinvestitionskosten auf … DM. Der kalkulatorische Restwert am Ende der Mietzeit belaufe sich dementsprechend auf … DM.
Der Beklagte erließ daraufhin am 23.06.1997 einen gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Grunderwerbsteuerbescheid, mit dem er die Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von … DM auf nunmehr … DM reduzierte. Die Steuerfestsetzung blieb weiterhin vorläufig, da die endgültige Bemessungsgrundlage noch nicht feststehen würde.
Mit Einspruchsentscheidung vom 06.07.1998 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Klägerin sei nach dem Gesamtbild der abgeschlossenen Verträge wirtschaftliche Eigentümerin des streitigen Technologie-Parks geworden mit der Folge, dass sie eine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG erlangt habe. Schon bei Errichtung des Technologie-Parks habe sie eine einem Eigentümer bzw. Bauherrn vergleichbare Position innegehabt. Denn sie habe konkrete Baupläne entsprechend ihren betrieblichen Belangen bindend vorgegeben. Der Technologie-Park sei nicht – wie bei einer mietweisen Überlassung üblich – nach dem Interesse des Vermieters, sondern nach dem Interesse der Klägerin errichtet worden. Die Klägerin sei zur uneingeschränkten Nutzung des Leasingobjektes berechtigt und letztlich in der Lage, über den Technologie-Park nach ihren Belieben zu verfügen. So sei sie berechtigt, Grundstück und Gebäude für ihre Zwecke zu nutzen, zu verwalten und unterzuvermieten. Dem Leasinggeber stehe lediglich ein Informationsrecht über die Art der Verwendung bzw. über eine eventuelle Untervermietung zu. Die Klägerin sei als wirtschaftliche Eigentümerin des von der Q. KG errichteten Gebäudes mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten anzusehen. Die Klägerin könne über die gesamte Dauer des Mietvertrages von der Nutzung nicht ausgeschlossen werden. Außerdem habe sie auch die wirtschaftlichen Lasten zu tragen. Sie sei verpflichtet, der Q. KG alle Nebenkosten zu erstatten. Sie halte das Gebäude und bezahle auch das Gebäude. Der gesamte wirtschaftliche Wert fließe ihr zu, der gesamte Aufwand werde von ihr getragen. Dies erfülle die prägenden Bestandteile der Stellung eines Eigentümers. Die Klägerin habe gerade nicht die Stellung eines Mieters, dessen Entgelt sich nach dem Nutzungswert der Sache richte und der demgemäß nur auf Zeit das Recht zum unmittelbaren Besitz erhalte. Vorliegend richte sich das Entgelt, das die Klägerin für das Leasingobjekt zu entrichten habe, nicht nach dem Nutzungswert des Objektes, vielmehr nach den Gesamtinvestitionskosten des Leasinggebers. Dies ergebe sich aus dem Vergleich der Höhe der vereinbarten Leasing-Raten mit den tatsächlich erzielten Mieten. Lege man die zum Ende des Jahres 1997 von der Klägerin erzielten Nettomieten aus der Vermietung des Technologie-Parks zu Grunde, so ergebe sich eine Differenz von ca. … DM, um die die in 1997 gezahlten Netto-Leasingraten höher wären als die erzielten Nettomieten. Der Abstand zu den tatsächlich erzielten Mieten belege, dass es sich bei den Leasingraten um Kaufpreisraten handele, die die Entscheidung über das „Ob” des Erwerbs außer Frage stellten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin das Ankaufsrecht nicht jederzeit ausüben könne. Die sofortige Verfügungsbefugnis in Form der jederzeitigen Veräußerungsbefugnis sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zwingendes Erfordernis einer Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG. In dem Ankaufsrechtsvertrag sei der Restkaufpreis ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Marktwert im Zeitpunkt der Beendigung der Mietzeit festgelegt. Wie jeder andere Eigentümer solle die Klägerin das Gebäude voll bezahlen und voll nutzen und anschließend veräußern können. Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung müsse zurückstehen, dass die Klägerin während der Grundmietzeit nicht das Recht habe, das Gebäude zu erwerben. Insoweit könne sie zwar nicht wie ein bürgerlich-rechtlicher Eigentümer über das Leasingobjekt verfügen. Diese Einschränkung müsse bei der Gewichtung jedoch gegenüber dem Umstand zurückstehen, dass die Gesamtinvestition von der Klägerin gezahlt werde, dieser Wert der Klägerin unentziehbar zufließe und sie die Sache von Anfang an wie ein Eigentümer nutze. Denn auch der bürgerlich-rechtliche Eigentümer könne eine Verpflichtung eingehen, für eine bestimmte Zeit nicht über die Leasingsache zu verfügen. Dementsprechend sei das bürgerlich-rechtliche Eigentum der Q. KG vorliegend so gut wie ohne wirtschaftlichen Wert. Umgekehrt erfülle die Stellung der Klägerin wirtschaftlich alle Merkmale der Stellung eines Eigentümers.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 06.07.1998 hat die Klägerin mit Schreiben vom 04.08.1998 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass das im Streitfall abgeschlossene Vertragsbündel die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG erfülle und sie, die Klägerin, wirtschaftliche Eigentümerin des Technologie-Parks geworden sei. § 1 Abs. 2 GrEStG erfordere zunächst einen Rechtsvorgang, der rechtlich oder wirtschaftlich die Verwertungsmöglichkeit des Grundstücks auf eigene Rechnung begründe. Die Annahme einer rechtlichen Verwertungsmöglichkeit scheide im Streitfall ersichtlich aus. Ebenso komme im Streitfall keine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis in Betracht. Die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis beinhalte die Nutzung der Substanz und die Teilhabe an den Wertveränderungen des Grundstücks. Der BFH stelle insoweit maßgebend darauf ab, dass sich Wertschwankungen, die sich während der Mietzeit ergäben, auf Rechnung des Leasingnehmers vollziehen müssten. Hieran fehle es im Streitfall. Zwar hätten die Vertragsparteien eine Kaufoption vereinbart. Diese versetze sie, die Klägerin, aber nicht in die Lage, während der Mietzeit auftretende Wertschwankungen auf eigene Rechnung zu realisieren. Mithin resultiere aus dem streitigen Leasingvertrag keine Möglichkeit zur Verwertung des Grundstücks. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, ein Grundstück seiner Substanz nach verwerten zu können, lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG auch in solchen Fällen nicht vor, in denen einem Kaufanwärter bis zum Abschluss des eigentlichen Kaufvertrages und zur Übereignung lediglich die Nutzung am Grundstück in einem der Miete vergleichbaren Verhältnis eingeräumt werde. Darüber hinaus genüge es nicht, wenn der Berechtigte nur besitz- und nutzungsberechtigt sei. Vielmehr müsse er auch in der Lage sein, die Substanz angreifen zu können. Dies sei dann nicht der Fall, wenn das Kaufangebot erst – wie im Streitfall – bei Beendigung eines lang andauernden Pachtrechts innerhalb einer kurzen Zeitspanne, also nicht jederzeit, angenommen werden könne. Soweit sich die Finanzrechtsprechung mit Leasingsachverhalten im Grunderwerbsteuerrecht befasst habe, werde in keinem der veröffentlichten Urteile darauf abgestellt, dass – neben der Erbbaurechtsbestellung – ein weiterer steuerbarer Tatbestand im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht sein könnte. Offenbar gingen die Finanzgerichte selbstverständlich davon aus, dass ein mit einer Erbbaurechtsbestellung einhergehender Leasingsachverhalt nicht zur Begründung einer Verwertungsmöglichkeit eines Grundstücks auf eigene Rechnung im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG führe. Ebenso wenig erfülle die langfristige Verpachtung eines Grundstücks die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG, sofern nicht durch zusätzliche Abreden die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis über ein Grundstück übertragen werde. Der Beklagte habe für seine Behauptung, sie, die Klägerin, sei wirtschaftliche Eigentümerin des Technologie-Parks geworden, keine überzeugenden Gründe anführen können. Insbesondere übe sie, die Klägerin, nicht wie ein Eigentümer die wesentlichen Rechte über das von der Q. KG errichtete Gebäude aus. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang anführe, das Bauvorhaben sei nach ihren Belangen realisiert worden und werde auch nur an sie, die Klägerin, vermietet, sei dem entgegen zu halten, dass diese Art der Vertragsgestaltung im gewerblichen Bereich und insbesondere bei Leasingsachverhalten weder außergewöhnlich noch unüblich sei. Eine Verschaffung der Verwertungsbefugnis sei mit diesen Rechten nicht verbunden. Unzutreffend sei insbesondere die Feststellung des Beklagten, sie, die Klägerin, erhalte das Gebäude und würde den gesamten Aufwand tragen. Sie, die Klägerin, übernehme lediglich einen Teil der Kosten des Leasinggebers. Dabei könne es auch keine Rolle spielen, ob sie zur Absicherung des Leasinggebers eine Haftpflichtversicherung unmittelbar selbst abschließe oder ob der Leasinggeber diese Versicherung abschließe und über die Nebenkosten weiter belaste. Schließlich werde von ihr, der Klägerin, auch nicht die Gesamtinvestition bezahlt. Unzutreffend sei auch die Behauptung des Beklagten, sie, die Klägerin, habe nicht allein die Stellung eines Mieters, dem das auf Zeit bestehende Recht zum unmittelbaren Besitz zukomme. Denn tatsächlich stehe ihr, der Klägerin, erst nach Ablauf der Grundmietzeit das Recht zu, die Kaufoption auszuüben. Damit sei eine wie auch immer geartete Verwertungsbefugnis frühestens mit Ausübung des Optionsrechts nach 22,5 Jahren gegeben. Mit dem Optionsrecht werde kein schuldrechtlicher Anspruch auf Abschluss eines Hauptvertrages, sondern ein reines Gestaltungsrecht begründet. Da das Gestaltungsrecht vorliegend erst in vielen Jahren ausgeübt werden könne, sei hierin keine die Grunderwerbsteuerpflicht begründende Verschaffung einer Verwertungsbefugnis zu sehen. Erheblich sei in diesem Zusammenhang auch, dass sie, die Klägerin, an den Eigentümerrisiken nicht beteiligt sei. Insbesondere mindere sich ihre Leistungspflicht, wenn die Nutzung des Leasingobjektes langfristig ausgeschlossen sei. Außerdem sei sie, die Klägerin, nicht zur Ausübung des Ankaufsrechts verpflichtet, sodass auch eine Teilnahme an möglichen Wertminderungen ausgeschlossen werden könne.
Ferner unterscheide sich die vorliegend abgeschlossene Vertragsgestaltung gravierend von derjenigen, die dem BFH im Urteil vom 17.01.1996 II R 47/93, BFH/NV 1996, 579 zugrunde gelegen habe. Dort sei der Leasingvertrag auf 15 Jahre fest geschlossen gewesen. Der Leasingnehmer habe das Objekt lastenfrei nach Ablauf der Mietzeit für 1,00 DM erwerben können. Der Leasingnehmer habe dort auf die Leasingraten mit mindernder Wirkung jederzeit Sondertilgungen erbringen können. Auch habe er während der gesamten Vertragslaufzeit jederzeit die Übertragung des Grundstücks und der Gebäude gegen Zahlung der Investitionskosten verlangen können. Alle diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Ebenso wenig könne im Streitfall vom Vorliegen eines Spezialleasings ausgegangen werden. Bei Gebäuden könne Spezialleasing nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden. Die Ausrichtung eines Gebäudes auf die besonderen Belange des Leasingnehmers sowie die Einfügung des Gebäudes in eine größere betriebliche Einheit rechtfertigten regelmäßig nicht die Annahme von Spezialleasing. Keinesfalls genüge es für die Annahme von Spezialleasing, dass der Leasingnehmer auf die Gestaltung des Leasingobjektes Einfluss nehmen könne. Im Streitfall komme hinzu, dass ein Wechsel des Benutzers und damit verbunden eine wirtschaftlich sinnvolle Weiternutzung des Leasingobjektes (Technologie-Park) problemlos möglich sei. Selbst die Voraussetzungen des so genannten Leasingerlasses des BMF vom 13.12.1991 (BStBl I 1992, 13) seien im Streitfall nicht erfüllt. Denn die vereinbarte Grundmietzeit übersteige nicht 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasingobjektes. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass das wirtschaftliche Eigentum kein für die Grunderwerbsteuer maßgebender Begriff sei. Damit finde § 1 Abs. 2 GrEStG nicht immer dann Anwendung, wenn wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 AO vorliege. Im Übrigen sei es aber durchaus zweifelhaft, ob für die Grunderwerbsteuer die ertragsteuerliche Würdigung von Leasingverträgen ohne weiteres übernommen werden könne.
Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 23.06.1997 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er vollinhaltlich auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass die Klägerin bis auf die bürgerlich-rechtliche Eigentümerstellung über alles verfüge, was das Eigentum kennzeichne. Sie nutze Grundstück und Gebäude wie ein Eigentümer, bezahle einschließlich aller Finanzierungskosten das auf sie zugeschnittene Gebäude und trage wie der Eigentümer die Gefahr des Untergangs. Unerheblich sei, dass sie bei dieser Rechtsposition nicht die Möglichkeit des vorzeitigen Erwerbes habe. Denn keiner könne ihre Nutzung verhindern. Keiner könne nach Vollzahlung innerhalb der Leasingzeit die Übertragung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums an sie, die Klägerin, verhindern und nur sie, die Klägerin, trage – wie für das Eigentum kennzeichnend – die Gefahr des zufälligen Untergangs.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass der Leasingvertrag vom … in Verbindung mit dem notariellen Vertrag vom … ein Rechtsvorgang ist, der der Grunderwerbsteuer unterliegt. Denn im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG vor.
Nach dieser Vorschrift unterliegen der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen als dem Eigentümer rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn es einem Dritten (= Nichtgrundstückseigentümer) rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht wird, über ein bestimmtes Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen. Verfügungsmöglichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass er das Grundstück mit Auswirkung zu seinen Lasten und Gunsten besitzen, verwalten, nutzen, belasten und schließlich veräußern kann, ohne dass jeweils alle für das juristische Eigentum charakteristischen Rechte übertragen werden müssten (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.1996 II R 47/93, BFH/NV 1996, 579). Dem „Erwerber” des Grundstücks müssen diesbezügliche Einwirkungsmöglichkeiten gewährt werden, die über diejenigen eines Pächters hinausgehen, aber andererseits nicht die Stellung eines Eigentümers erreichen, was nur dann gegeben ist, wenn dem „Erwerber” über die bloßen Besitz- und Nutzungsrechte hinaus Einwirkungsmöglichkeiten auf den ganzen Substanzwert des Grundstücks bzw. – wie im Streitfall – des grundstücksgleichen Rechts gewährt werden (vgl. BFH-Urteil vom 29.07.1998 II R 71/96, BStBl II 1999, 796). Dem (unbeschränkten) Eigentümer eines Grundstücks stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Verwertung zur Verfügung, nämlich die Nutzung und die Veräußerung. Dementsprechend kann der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG auch dadurch verwirklicht werden, dass einem Nichteigentümer eine Kombination aus Nutzungs- und Veräußerungsbefugnis an einem Grundstück gewährt wird, die noch nicht dem rechtlichen Eigentum gleicht, diesem aber wirtschaftlich nahe kommt (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.1973 II R 29/69, BStBl II 1974, 251). Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG kann daher durch Umstände begründet werden, die teilweise dem einen, teilweise dem anderen Bereich der Verwertungsbefugnis zuzuordnen sind. Vereinbaren „Veräußerer” und „Erwerber” des Grundstücks (ausdrücklich oder konkludent), dass letztgenannter wirtschaftlicher Eigentümer sein soll, d.h., dass er alle wirtschaftlichen Vor- und Nachteile wie Lasten- und Gefahrtragung sowie alle Instandhaltungskosten zu tragen hat, so kann dies ein Indiz für die Übertragung der Verwertungsbefugnis sein. Kann dem insoweit Berechtigten und Verpflichteten zudem die Nutzung des Grundstücks nicht durch Kündigung entzogen werden und kann er seinerseits jederzeit die Übereignung des von ihm benutzten Grundstücks verlangen, so ist regelmäßig § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllt (vgl. BFH-Urteile vom 17.01.1996 II R 47/93 a.a.O. und vom 30.09.1998 II R 13/96, BFH/NV 1999, 666).
Der erkennende Senat folgt diesen Rechtsgrundsätzen der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung. Übertragen auf die hier vorliegende Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass eine von § 1 Abs. 2 GrEStG erfasste Rechtsposition dann besteht, wenn dem Leasingnehmer (Klägerin) Befugnisse an dem Leasingobjekt (Gebäude) eingeräumt werden, die über die Befugnisse eines Pächters hinausgehen und ihm hinsichtlich Nutzung und Veräußerung eine einem Eigentümer nahe kommende Stellung geben.
Dies berücksichtigend erfüllt der zwischen der Klägerin und der Q. KG im Jahre 1996 zustande gekommene Leasingvertrag zusammen mit dem notariellen Vertrag vom … diese Voraussetzungen.
Die Klägerin hat an dem streitigen Erbbaurecht, das nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG einem Grundstück gleichsteht, nicht nur ein obligatorisches Nutzungsrecht, sondern eine nicht entziehbare Rechtsposition, eine dingliche Anwartschaft, erworben, die es ihr erlaubt, unter Beachtung der übernommenen Verpflichtungen auch über die Substanz des Erbbaurechts zu verfügen. Zwar sollte die Klägerin einerseits das Leasingobjekt zunächst nur nutzen können und mangels eigener finanzieller Mittel nicht direkt die Eigentümerposition erlangen. Andererseits ist der Klägerin ein durch Vormerkung gesichertes Ankaufsrecht eingeräumt worden, das es ihr ermöglicht, das Leasingobjekt nach Ablauf der Grundmietzeit von 22,5 Jahren zu erwerben. Dieses Ankaufsrecht haben die Vertragsbeteiligten in Form eines aufschiebend bedingten Kaufvertrages vereinbart. Um den Kaufvertrag wirksam werden zu lassen, bedarf es damit lediglich noch der entsprechende Erklärung der Klägerin (sog. Gestaltungsrecht). Das Ankaufsrecht haben die Vertragsbeteiligten darüber hinaus zugunsten der Klägerin durch Eintragung einer Vormerkung dinglich sichern lassen. Damit kann der Klägerin das Optionsrecht von Dritten nicht mehr streitig gemacht werden.
Zwar kann die Klägerin bei normalem Verlauf des Leasing-Vertrages das Optionsrecht nicht jederzeit, sondern erst nach Ablauf der Grundmietzeit ausüben. Andererseits steht der Klägerin jedoch ein außerordentliches Ankaufsrecht für den Fall zu, dass über das Vermögen der Q. KG ein Vergleichs- oder Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Darüber hinaus ist ein außerordentliches Ankaufsrecht vereinbart für den Fall, dass der Leasingvertrag gemäß Ziffer 9. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Q. KG (kein Wiederaufbau nach ganzer oder teilweiser Zerstörung des Leasingobjekts) endet oder der Leasingvertrag von der Klägerin aus wichtigem Grunde gekündigt wird. Hierdurch ist der Klägerin ein vorzeitiges Optionsrecht eingeräumt, sollte der Leasing-Vertrag durch Umstände, die der Q. KG zuzurechnen sind, vor Ablauf der Grundmietzeit enden.
Allerdings ist bis zum Ablauf der Grundmietzeit das von der Q. KG eingesetzte Kapital durch die Leasingraten noch nicht voll amortisiert. Denn für den Fall der Ausübung der Kaufoption haben die Vertragsbeteiligten nicht lediglich einen symbolischen Kaufpreis vereinbart, sondern vielmehr einen Kaufpreis in Höhe des kalkulatorischen Restwerts zum Ende der Grundmietzeit, der sich nach den Vereinbarungen der Vertragsbeteiligten auf … DM belaufen soll. Dieser Kaufpreis liegt mit rund 30 v. H. über dem Restbuchwert, jedoch ersichtlich unter dem Verkehrswert des Leasingobjekts zum Ende der Grundmietzeit. Denn der Senat geht davon aus, dass sich bei einem Verkauf des Leasingobjektes nach Ende der Grundmietzeit an einen Dritten aller Wahrscheinlichkeit nach ein erheblich höherer Kaufpreis erzielen ließe. Damit unterscheidet sich die Position der Klägerin deutlich von derjenigen eines Mieters oder Pächters, der sich nach Jahren der Anmietung bzw. Anpachtung zum Kauf des Objekts entschließt (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 26.01.1970 IV R 144/66, BStBl II 1970, 264).
Die Klägerin ist durch den streitigen Leasingvertrag zudem an der Substanz des Leasingobjektes bei einem späteren Erwerb insoweit beteiligt, als sie an dessen Wertsteigerungen teilhaben kann und etwaige Wertminderungen zu tragen hat. Denn die von ihr insgesamt zu erbringenden Zahlungen sind ausschließlich nach den tatsächlichen Investitionskosten bemessen und unabhängig vom Wert des Leasingobjektes im Zeitpunkt eines späteren Erwerbs. Liegt der Wert des Leasingobjekts zum Ende der Grundmietzeit über dem vereinbarten Optionspreis, wirkt sich dies zugunsten der Klägerin aus. Liegt er unterhalb des vereinbarten Optionspreises, so hat die Klägerin diesen Nachteil zu tragen.
Es kommt hinzu, dass sich die Grundmietzeit und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer im Streitfall annähernd decken. Im Streitfall sind die Vertragsbeteiligten von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren ausgegangen. Diese Nutzungsdauer entspricht der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von gewerblichen Objekten im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die im Streitfall vereinbarte Grundmietzeit von 22,5 Jahren beläuft sich damit auf 90 v.H. der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des streitigen Leasingobjektes und entspricht damit annähernd der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen die Gefahrtragung im Ergebnis der Klägerin obliegt. Zwar haben die Vertragsbeteiligten unter Ziffer 9. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, dass der Leasinggeber die Gefahr des zufälligen ganzen oder teilweisen Untergangs oder der ganzen oder teilweisen Zerstörung des Leasingobjektes trägt, die nicht vom Leasingnehmer zu vertreten ist. Andererseits ist der Leasinggeber jedoch in diesen Fällen zum Wiederaufbau bzw. zur Beseitigung der Beschädigung verpflichtet. Damit die erforderlichen Mittel im Schadensfall vorhanden sind, haben die Vertragsbeteiligten den Abschluss einer Gebäude-Feuerversicherung sowie einer all-risks-Versicherung zum gleitenden Neuwert vereinbart (vgl. 9. 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Mit Ausnahme von Zerstörung des Leasingobjekts durch Krieg oder Naturkatastrophen sind somit alle denkbaren Risiken abgesichert. Die Versicherungsprämien hat insoweit allein die Klägerin zu tragen. Damit deckt sie jedoch im Ergebnis das Risiko des zufälligen Untergangs bzw. der Zerstörung des Leasingobjekts.
Nicht unberücksichtigt bleiben kann in diesem Zusammenhang auch, dass die vereinbarten Leasingraten sich nicht an der ortsüblichen Miete orientieren. Vielmehr orientieren sich die Leasingraten ausschließlich an den Gesamtinvestitionskosten der Q. KG. Diese beinhalten zum einen alle Kosten, die für den Grunderwerb einschließlich Nebenkosten, für die vertragsgemäß schlüsselfertige Herstellung des Leasingobjektes aufgewandt worden sind. Zum anderen beinhalten die Leasingraten aber auch die so genannten Mietnebenkosten. Hierunter fallen nicht nur die bei Mietverträgen sonst üblichen Nebenkosten, sondern vielmehr auch Kosten wie die laufenden Leistungen aus dem abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag, die aus dem Leasingobjekt resultierende anteilige Vermögenssteuer einschließlich Ertragsteuern, die Vermögensteuer etc. Damit aber hat die Klägerin alle Kosten zu tragen, die im Zusammenhang mit dem streitigen Leasingobjekt überhaupt entstehen können. Insoweit kann dahinstehen, ob – wie der Beklagte meint – im Streitfall die Netto-Leasingraten die ortsübliche Nettomiete übersteigen. Fest steht jedenfalls, dass nicht die ortsübliche Miete, sondern die Gesamtinvestitionskosten die Grundlage für die vereinbarten Leasingraten bildeten.
Im Streitfall ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin aller Voraussicht nach nach Ablauf der Grundmietzeit das Leasingobjekt erwerben wird. Hierfür spricht nicht nur der bereits bei Abschluss des Leasingvertrages vereinbarte Ankaufspreis, der mit … DM – wie bereits ausgeführt – unterhalb des Verkehrswertes des Leasingobjektes nach Ablauf der Grundmietzeit liegt. Es kommt hinzu, dass das streitige Leasingobjekt exakt nach den Wünschen der Klägerin erstellt worden ist und damit auf die Belange der Klägerin genau zugerichtet ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf oder im Fall des so genannten Heimfalls verpflichtet ist, der Q. KG für das Leasingobjekt eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes zu zahlen hat. Dementsprechend dürfte die Klägerin ein nicht unerhebliches Interesse am vorzeitigen Erwerb des Leasingobjektes zum Ende der Grundmietzeit haben. Ob die Klägerin das Leasingobjekt tatsächlich erwirbt, darauf kommt es nicht an.
Da nach den vorstehenden Überlegungen bereits vom Vorliegen einer Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG auszugehen ist, kann dahinstehen, welche Bedeutung im Streitfall den so genannten Leasing-Erlassen der Finanzverwaltung, insbesondere dem Immobilien-Teilamortisationsleasing-Erlass vom 23.12.1991 (BStBl I 1992, 13) zukommt. Diese Leasing-Erlasse sind ausschließlich zur einkommensteuerrechtlichen Beurteilung von Leasingverträgen ergangen und dürften für die hier vorliegende grunderwerbsteuerliche Beurteilung – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dahingestellt bleiben kann ebenfalls, ob die von der Klägerin erworbene Position bereits das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO begründet. Denn der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums ist nicht deckungsgleich mit dem grunderwerbsteuerlichen Begriff der Verwertungsbefugnis (vgl. Fischer in Boruttau, GrStG, 15. Aufl., Vorb.170).
Handelt es sich im Streitfall bei dem Leasingvertrag um einen Rechtsvorgang, der der Grunderwerbsteuer unterliegt, so sind alle Leistungen, die die Klägerin nach dem Leasingvertrag zu erbringen hat, als Gegenleistung im Sinne des § 9 GrEStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.1996 II R 47/93, BFH/NV 1996, 579). Da bei Erlass des streitigen Grunderwerbsteuerbescheides am 23.06.1997 die von der Klägerin insgesamt zu erbringenden Leistungen noch nicht genau festgestanden haben, ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig erlassen hat und als Bemessungsgrundlage die von den zwischen den Vertragsbeteiligten vereinbarten vorläufigen Gesamtinvestitionskosten in Höhe von … DM berücksichtigt hat. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. – Allerdings dürften die für die Klägerin mit dem Leasingvertrag verbundenen Kosten zwischenzeitlich feststehen. Der Senat hält es deshalb für angebracht, den Beklagten (ohne Rechtsbindung) darauf hinzuweisen, dass es sich empfehlen dürfte, alsbald die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin aus dem streitigen Leasingvertrag zu ermitteln und einen endgültigen Grunderwerbsteuerbescheid zu erlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nicht zuzulassen; denn der Rechtssache im Streitfall kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu. Die Frage, unter welchen Umständen eine Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG verschafft wird, ist höchstrichterlich geklärt. Insoweit handelt es sich vorliegend um die Würdigung eines Einzeltatbestandes unter Berücksichtigung der höchstricherlichen Rechtsprechung (vgl. Fischer in Boruttau, a.a.O., Vorb. 170).