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  • 20.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120163

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 18.11.2011 – 10 V 2432/11

    Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Haftung eines Geschäftsführers einer Promotionsvermittlungs-GmbH für Steuerschulden der GmbH aus § 71 AO, die aus rechtswidrig als Betriebsausgaben abgezogenen „Honoraren” an Hochschullehrer für die Übernahme und den Abschluss von Promotionsverfahren entstanden sind. Für die Annahme einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung besteht insbesondere Anlass, wenn in das Vermittlungs- und Zahlungsverfahren unbeteiligte Zwischenpersonen eingeschaltet worden sind.


    FG Köln v. 18.11.2011

    10 V 2432/11

    Tatbestand

    Gründe
    I.

    Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides mit welchem der Antragsteller für Steuerrückstände der Firma „A GmbH” (GmbH) in Anspruch genommen wird.

    Der Antragsteller war Gesellschafter und Geschäftsführer der vorbezeichneten Gesellschaft. Für die Streitjahre 2000 bis 2006 führte der Antragsgegner bei der GmbH eine Betriebsprüfung durch. Hintergrund war der Umstand, dass der Antragsteller mit Urteil des Landgerichts B vom 14.07.2008 wegen … zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie eine Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 250 EUR verurteilt worden ist. Die dagegen eingelegte Revision wurde vom Bundesgerichtshof am 26.09.2009 verworfen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Urteilstext, welcher in der Sonderakte des Antragsgegners enthalten ist, Bezug genommen.

    Das Geschäftsmodell der GmbH bestand im Wesentlichen darin, zwischen promotionswilligen Personen und potentiellen Doktorvätern gegen Entgelt Kontakt herzustellen. Soweit daraufhin ein Doktorvater einen Promovenden zur Betreuung aufnahm, erhielt der Doktorvater ein Honorar. Bei erfolgreichem Abschluss einer Promotion erhielt der Doktorvater ein weiteres Honorar. Die GmbH arbeitete diesbezüglich mit verschiedenen Professoren sowie Privatdozenten zusammen. Nach Feststellungen des Landgericht B fand in … Fällen eine Zusammenarbeit zwischen der GmbH und Herrn C, seinerzeit Juraprofessor an der Universität in D, statt. Dieser erhielt für die Übernahme von Promotionsbetreuungen regelmäßig Beträge in Höhe von 4.000 DM bzw. 2050 EUR. Nachdem C am ….1996 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor in D ernannt worden war, begann zwischen der GmbH und dem Hochschullehrer die Zusammenarbeit. Da sich der Hochschullehrer aufgrund eines Immobilienprojektes finanziell übernommen hatte, hatte er erhebliche Geldprobleme. Dies war in Universitätskreisen nach den Feststellungen des Landgerichts B bekannt.

    Die Modalitäten der Vermittlung sahen so aus, dass für die erfolgreiche Vermittlung formal die Ehefrau von C bzw. eine ehemalige Angestellte seines Instituts – mit welcher der Hochschullehrer offensichtlich eine Zeitlang eine Beziehung unterhielt – den promotionswilligen Personen Rechnungen über die Vermittlungsgebühr stellten. In den Rechnungen wurde nicht erwähnt, dass die angeforderten Honorare für die erfolgreiche Promotionsvermittlung gezahlt werden sollten. Nach den Feststellungen des Landgerichts B wurde dieses Vorgehen von dem Antragsteller gemeinsam mit C entwickelt, um nach außen hin eine direkte finanzielle Verbindung zwischen den Promotionswilligen und dem Hochschullehrer zu verschleiern.

    Im Jahre 2008 fand für die Streitjahre 2000 bis 2006 eine Betriebsprüfung bei der GmbH statt. In diesem Zusammenhang erging ein Bp-Zwischenbericht am 13.10.2008. Auf diesen wird Bezug genommen. Der Antragsgegner betrachtete danach die von der GmbH als Betriebsausgaben behandelten Honorarzahlungen an die jeweiligen Professoren als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. In Bezug auf Zahlungen an C wurden insgesamt 184.279 EUR hinzugerechnet. Im Hinblick auf die übrigen Hochschullehrer wurde ein Betrag von 233.620 EUR über die einzelnen Jahre verteilt hinzu geschätzt.

    Am 21.11.2008 wurde in Bezug auf die GmbH ein Insolvenzantrag gestellt.

    Mit Haftungsbescheid vom 31.08.2009 nahm der Antragsgegner den Antragsteller wegen Steuerschulden der GmbH zuzüglich Nebenleistungen in einer Gesamthöhe von 113.641,08 EUR sowie Säumniszuschlägen in einer Höhe von 4.072,50 EUR in Anspruch. Den Haftungsbescheid stützte er auf § 69 AO. Der Antragsteller sei seit Gründung bis zum 02.02.2009 Geschäftsführer der GmbH gewesen. In den eingereichten Steuererklärungen seien Aufwendungen enthalten gewesen, die gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen gewesen wären. Dies hätte ihm als Geschäftsführer und Verhandlungspartner der Hochschullehrer bewusst sein müssen. Hochschullehrer hätten als Amtsträger keinen Anspruch auf Vermittlungshonorare, da es zu ihren Aufgaben gehöre, Doktoranten zur Promotion anzunehmen und zu betreuen. Bei der Annahme stehe ihnen lediglich ein Ermessen bzw. Beurteilungsspielraum zu. Die erfolgten Zahlungen hätten ausschließlich dazu gedient, die Hochschullehrer bei der Ausübung des Ermessens zu beeinflussen. Da dem Antragsteller dies bewusst hätte sein müssen, hätte ihm auch bewusst sein müssen, dass die eingereichten Steuererklärungen rechtlich nicht zutreffend gewesen seien. Dadurch habe er eine Pflichtverletzung begangen. In der Folge sei es zu Steuernacherhebungen gekommen, die aufgrund der Insolvenz der GmbH nicht mehr vollständig beglichen werden konnten. Die Pflichtverletzung sei zumindest grob fahrlässig und ursächlich für den Steuerausfall gewesen. Als Haftungszeitraum sei die Zeit zwischen dem 01.06.2002 (dem Tag, an dem bei fristgerechter Abgabe ordnungsgemäßer Steuererklärungen die Körperschaftsteuer 2000 fällig geworden wäre) und dem 21.11.2008 (Tag des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens) anzusehen.

    Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, inwieweit aufgrund vorhandener Mittel eine Begleichung der Steuerschulden durch die GmbH möglich gewesen sei. Da er insofern seinen Mitwirkungspflichten nicht genügt habe, müssten die Unsicherheiten bei Ermittlung des Haftungsumfangs zu seinen Lasten gehen. Darüberhinaus seien die zwei weiteren Gesellschafter/Geschäftsführer ebenfalls zur Haftung herangezogen worden.

    Am 01.10.2009 wandte sich der Antragsteller hiergegen mit einem Einspruch, mit welchem er im Wesentlichen geltend macht, er habe die strafrechtliche Relevanz der erfolgten Zahlungen nicht erkannt. Daher habe auch keine Veranlassung zur Abgabe korrigierter Steuererklärungen bestanden. Der Antragsteller sei insoweit auch anwaltlich beraten gewesen. Erst nach der Hauptverhandlung vom 25.02.2008 habe der Antragsteller die Unrechtmäßigkeit der Zahlungen erkennen können.

    Im Übrigen hätte der Antragsgegner durch frühere Verfolgung der steuerlichen Ansprüche gegenüber der GmbH seine Ansprüche befriedigen können, da noch im März 2008 ausreichende Mittel vorhanden gewesen wären. Erst im November 2008 hätte ein Insolvenzantrag gestellt werden müssen.

    Den Einspruch wies der Antragsgegner mit einer Teileinspruchsentscheidung vom 26.05.2011 als teilweise unbegründet zurück. Er entschied insoweit ausschließlich über die Fälle, in welchen Zahlungen an Herrn C geleistet worden sind. Im Übrigen ist über den Einspruch noch nicht entschieden worden. Aufgrund der Einspruchsentscheidung setzte der Antragsgegner den Haftungsanspruch in einer Gesamthöhe von 28.147,31 EUR fest. Für die darauf entfallenden steuerlichen Nebenleistungen solle jedoch keine Haftung eintreten.

    In der Einspruchsentscheidung vertrat der Antragsgegner die Auffassung, dass der Antragsteller wegen einer begangenen Steuerhinterziehung nach § 71 AO in Haftung zu nehmen sei. Der Antragsteller habe den Finanzbehörden gegenüber unrichtige Angaben über die Höhe der abzugsfähigen Betriebsausgaben gemacht und hierdurch Steuern verkürzt. Der Antragsteller sei sich – wie auch vom LG B festgestellt – der strafrechtlichen Qualität seiner Handlungen im Zusammenhang mit den Zahlungen an C bewusst gewesen. Hieran knüpfe die Vorschrift betreffend den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG an. Deren Beachtung könne von jedem kaufmännischen Leiter eines Gewerbebetriebes verlangt werden. Gleichgültigkeit begründe den Vorwurf eines bedingten Vorsatzes. Außerdem habe die Gesellschafterversammlung bereits im Jahr 2002 eine Kostenfreistellung der Geschäftsführer bezüglich etwaiger Strafverfahren beschlossen. Bereits im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuererklärung 2000 sei also die strafrechtliche Relevanz bedacht worden.

    Die unzutreffenden Steuererklärungen seien auch ursächlich für den Steuerschaden gewesen, da nach den Ausführungen des Antragstellers im Schreiben vom 05.10.2009 die GmbH noch 2008 über ausreichende Mittel verfügt hätte, um die Steuerschulden zu decken.

    Nach der Rechtsprechung des BFH sei darüber hinaus die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nach § 71 AO regelmäßig gerechtfertigt und damit vorgeprägt ermessensgerecht.

    Am 30.06.2011 beantragte der Antragsteller insoweit die Aussetzung der Vollziehung beim Antragsgegner. Dieser lehnte die Aussetzung mit Bescheid vom 22.07.2011 ab.

    In der Hauptsache klagte der Antragsteller am 27.07.2011 gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner (Az. 10 K 2030/11).

    Am 01.08.2011 stellte er den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

    Zur Begründung trägt er vor, dass nicht erkennbar sei, dass der Antragsteller Körperschaftsteuer durch die Behandlung der Honorarzahlungen als abzugsfähige Betriebsausgaben vorsätzlich im Sinne eines Hinterziehungsvorsatzes verkürzt habe. Von der durch das Landgericht B festgestellten Bestechung könne nicht auf einen Steuerverkürzungsvorsatz geschlossen werden. Der Antragsgegner habe insoweit eine unzulässige Parallelwertung vorgenommen, in dem er von dem Vorsatz bezüglich einer Bestechung auf einen Vorsatz bezüglich der Steuerhinterziehung geschlossen habe.

    Darüberhinaus sei die Rechtmäßigkeit der Teileinspruchsentscheidung an sich ernsthaft zweifelhaft, da diesbezüglich nicht erkennbar sei, weshalb eine solche sachdienlich war. Immerhin sei die dem Insolvenzverwalter der GmbH gegenüber bekannt gegebene Steuerberechnung bestandskräftig. Im Haftungsbescheid in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung habe sich der Antragsgegner von der Schätzung im Körperschaftsteuerbescheid gelöst.

    Im Übrigen sei der vom Antragsgegner zitierte Gesellschafterbeschluss lediglich im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit Kunden und einem Kritiker gefasst worden.

    Schließlich hätten die Eheleute C ihre Einnahmen von der GmbH versteuert.

    Der Antragsteller beantragt,

    die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids vom 31.08.2009 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 26.05.2011 für die Dauer des Rechtsstreits 10 K 2030/11 von der Vollziehung auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    den Antrag abzulehnen.

    Zur Begründung verweist er auf die Teileinspruchsentscheidung.

    Eine Teileinspruchsentscheidung sei sachdienlich gewesen, da unterdessen lediglich der Sachverhaltskomplex C rechtskräftig abgeschlossen sei. Diesbezüglich habe der Antragsteller auch nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass die an den C gezahlten Honorare steuerlich abzugsfähig gewesen seien.

    An der steuerlichen Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer der GmbH bestünde kein Anlass zu Zweifeln. Das Ermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Antragstellers sei wegen § 71 AO vorgeprägt gewesen. Der Körperschaftsteuerbescheid entfalte auch keine Drittwirkung gegenüber dem Antragsteller, da dieser seit Insolvenzeröffnung nicht mehr berechtigt gewesen sei, ein Einspruchsverfahren für die GmbH zu führen.



    Gründe

    II.

    Der zulässige Aussetzungsantrag ist unbegründet.

    1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das FG die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts u.a. dann aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Ungeachtet der gesetzlichen Formulierung „kann” ist die Vollziehung in diesem Fall nach ständiger Rechtsprechung auszusetzen (grundlegend BFH-Beschluss vom 4. Dezember 1967 GrS 4/67, BFHE 90, 461, 466, BStBl II 1968, 199; ferner BFH-Urteil vom 10. November 1994 IV R 44/94, BFHE 176, 303; BFH-Beschluss vom 6. Juni 2002 V B 110/01, BFH/NV 2002, 1267).

    2. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen im summarischen Beschlussverfahren nicht abschließend zu entscheiden. Eine Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Juni 2002 V B 110/01, BFH/NV 2002, 1267, vom 10. Mai 2001 I S 3/01, BFHE 194, 360, BFH/NV 2001, 957 und vom 30. November 2000 V B 187/00, BFH/NV 2001, 657, jeweils m.w.N.).

    3. Im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung beschränkt sich die Überprüfung des Prozessstoffs wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere die Akten der Finanzbehörde) und auf präsente Beweismittel; weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht sind nicht erforderlich. Der das finanzgerichtliche Verfahren sonst beherrschende Untersuchungsgrundsatz tritt im Interesse der Verfahrensbeschleunigung gegenüber der Pflicht der Beteiligten zur Mitwirkung bei der Sachaufklärung zurück ( BFH-Urteil vom 4.Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl 1977 II S. 765 BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116, vom 14. Februar 1989 IV B 33/88, BFHE 156, 167, BStBl 1989 II S. 516 vom 20. Juni 2007 VIII B 50/07, BStBl 2007 II S. 2007 789, BFH/NV 2007, 1779 m.w.N.). Dabei gelten die allgemeinen Grundsätze der Feststellungslast (Beweislast) auch im AdV-Verfahren, so dass bei der Beurteilung von Tatfragen derjenige Beteiligte die Feststellungslast trägt, der sie auch im Hauptsacheverfahren tragen würde. Es ist deshalb Sache der Finanzbehörde, die steuerbegründenden oder steuererhöhenden Tatsachen und Sache des Steuerpflichtigen, die steuermindernden oder steuerbefreienden Tatsachen im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (BFH-Beschluss vom 15. Juni 1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44).

    4. Nach diesen Grundsätzen und der in diesem Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung anhand der vorliegenden präsenten Beweismittel liegen keine die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vor.

    a) Die Teileinspruchsentscheidung war zulässig.

    Gemäß § 367 Abs. 2a AO kann die Finanzbehörde vorab über Teile eines Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

    Eine Teileinspruchsentscheidung ist dabei auch dann zulässig, wenn ein Teil eines Einspruchs entscheidungsreif ist, für einen anderen Teil aber noch Ermittlungen zur Sach- und Rechtslage notwendig sind. Von einer Sachdienlichkeit ist auszugehen, wenn die Finanzverwaltung aufgrund von außerhalb ihrer Sphäre liegenden Umständen nicht zeitnah über den gesamten Einspruch entscheiden kann (Brockmeyer in Klein, § 367 AO, Rz. 19).

    Insoweit war es nach summarischer Prüfung zulässig, den durch die Strafgerichtsbarkeit bereits rechtskräftig behandelten Fall der Zahlungen an C zu entscheiden, während der Komplex der Zahlungen an andere Empfänger, deren strafrechtliche Behandlung noch nicht abschließend geklärt ist, zunächst unentschieden bleibt. Insoweit hat der Antragsgegner mangels Zuständigkeit auch keine Möglichkeit, die Ermittlungen zu beschleunigen. Ausweislich der vorliegenden Akten hat er sich dauerhaft bemüht, durch Rückfragen bei den Strafverfolgungsbehörden über den Stand des Verfahrens Klarheit zu erhalten.

    b) Gemäß § 71 AO haftet derjenige, der eine Steuerhinterziehung begeht, für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile. Voraussetzung der Haftungsinanspruchnahme ist mithin zunächst die Feststellung des Vorliegens einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Die Steuerhinterziehung muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und vorsätzlich schuldhaft verwirklicht worden sein (BFH-Urteil vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

    aa) Soweit in den Körperschaftsteuerbescheiden der GmbH die Zahlungen an C gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen worden sind, begegnet dies keinen Bedenken.

    Dass die Zahlungen an C Vorteilszuwendungen waren, die eine rechtswidrige Handlung darstellten, ergibt sich aus dem Strafurteil des LG B und wird dem Grunde nach vom Antragsteller auch nicht bestritten.

    Insoweit wurde der Antragsteller bislang nur für einen Teil der nachträglich gegenüber der GmbH festgesetzten Steuern in Haftung genommen.

    bb) Gemäß § 370 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Für die Feststellung des Hinterziehungsvorsatzes ist zwar auch im Bereich der Steuerfestsetzung der Grundsatz „in dubio pro reo” zu beachten, andererseits ist im Rahmen des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO kein höherer Grad an Gewissheit erforderlich ist, als für die Feststellung anderer Tatsachen (BFH-Beschlüsse vom 8. Januar 2007 XI S 2/06, BFH/NV 2007, 868; vom 19. Januar 2006 VIII B 114/05, BFH/NV 2006, 709). Dementsprechend bleibt es im gerichtlichen Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO auch für die Feststellung des Hinterziehungsvorsatzes bei dem oben bereits dargestellten eingeschränkten Prüfungsmaßstab.

    cc) Der Vorsatz der Steuerhinterziehung erfordert, dass der Täter den angegriffenen bestehenden Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt und dass er ihn trotz dieser Kenntnis gegenüber der Steuerbehörde verkürzen will. Vorsätzlich handelt auch, wer es für möglich hält, dass er den Tatbestand verwirklicht oder das billigt oder doch in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz). Notwendig, aber auch hinreichend ist dabei, dass der Betroffene die zur Erfüllung des Tatbestands der Steuerhinterziehung erforderlichen Umstände kennt, deren Sinngehalt im Wege einer Parallelwertung in der Laiensphäre zutreffend erfasst und den Willen zur Steuerhinterziehung hat (BFH-Urteile vom 26. November 2008 X R 20/07, BFHE 223, 330, BStBl 2009 II S. 388BFH/NV 2009, 510, vom 29. April 2008 VIII R 28/07, BFHE 220, 332, BStBl 2009 II S. 842BFH/NV 2008, 1391; ferner BFH-Beschluss vom 8. Januar 2007 XI S 2/06, BFH/NV 2007, 868).

    dd) Im Streitfall hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass dem Antragsteller stets bewusst war, dass die Zahlungen an C unrechtmäßige Vermögenszuwendungen waren. In Anlehnung an die Ausführungen des LG B schließt der Senat dies bereits aus den Umständen, unter denen die Zahlungen zwischen der GmbH und C abgewickelt wurden. Die Verschleierung des tatsächlichen Zahlungsempfängers durch Einschaltung von Zwischenpersonen stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die handelnden Personen sich der Unrechtmäßigkeit ihrer Handlungen bewusst waren. Dass der Antragsteller mit C in wesentlichem Maße in Kontakt stand und über die Abwicklung der Zahlungsmodalitäten in Kenntnis war, ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

    Der Senat geht darüber hinaus davon aus, dass dem Antragsteller als Geschäftsführer der GmbH bekannt gewesen sein muss, welche steuerlichen Folgen an Aufwendungen für von der Rechtsordnung missbilligte Vorteilsgewährungen geknüpft sind. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel, dass der Antragsteller jedenfalls in einer laienhaften Parallelwertung annehmen musste, dass entsprechende Aufwendungen nicht steuerlich mindernd berücksichtigt werden dürfen. Insoweit geht der Senat von einem vorsätzlichen Verhalten bei Geltendmachung der entsprechenden Zahlungen an C als Betriebsausgaben der GmbH aus. Dass der Antragsteller davon ausging, dass C seine Einnahmen versteuerte, ist insoweit völlig ohne Belang.

    ee) Die Vorschrift des § 71 AO hat Schadensersatzcharakter. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH beschränkt sich die Haftung dem Umfang nach auf den Betrag, der infolge der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder entrichtet worden ist. Die Höhe der Haftung ergibt sich daher unabhängig vom Grad des Verschuldens grundsätzlich allein aus der adäquat kausalen Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den bei dem Fiskus eingetretenen Vermögensschaden. Danach ist die Haftung dem Umfang nach auf den Betrag beschränkt, der infolge der Pflichtverletzung nicht entrichtet worden ist. Stehen zur Begleichung der Steuerschulden insgesamt ausreichende Mittel nicht zur Verfügung, so bewirkt die durch die schuldhafte Pflichtverletzung verursachte Nichterfüllung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis die Haftung nur in dem Umfang, das FA gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt wurde (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891). Das Erfordernis der adäquat kausalen Verursachung gilt nicht nur im Fall der Nichterfüllung einer Steuerschuld, sondern auch im Fall der Verletzung der Steuererklärungspflichten (BFH vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

    Da zu Beginn des Jahres 2008 nach eigenen Aussagen des Antragsteller noch ausreichende Mittel zur Begleichung von Steuerschulden bei rechtzeitiger Abgabe korrigierter Steuererklärungen zur Verfügung gestanden hätten, ist von einer adäquat kausalen Schädigung des Antragsgegners in Höhe der sich aus den zu Unrecht geltend gemachten Betriebsausgaben ergebenden Mehrsteuern auszugehen.

    ff) Auch im Hinblick auf die Ermessensentscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller in Haftung zu nehmen, bestehen nach Auffassung des Senats keine durchgreifenden Bedenken. Insoweit hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass im Falle einer Steuerhinterziehung die Ermessensentscheidung hinsichtlich der Haftung vorgeprägt ist (vgl. Rüsken in Klein, § 71 AO, Rz. 15a).

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    RechtsgebieteFGO, AO, EStGVorschriftenFGO § 69 Abs 3 Satz 1 FGO § 69 Abs 2 Satz 2 AO § 71 EStG § 4 Abs 5 Nr 10