31.05.2012 · IWW-Abrufnummer 122130
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 04.04.2012 – 12 V 12208/11
1. Da durch Änderungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Juni 2004 erstmals eine Gebührenpflicht für die Tätigkeit der Bundesnetzagentur für die Bearbeitung von Anträgen auf Registrierung von Anwählprogrammen und Mehrwertdienste-Rufnummern eingeführt wurde, ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass ein Dialer-Anbieter im Jahresabschluss 2004 eine Rückstellung für die zu erwartenden Gebühren für von ihm gestellte Registrierungsanträge bilden durfte und musste. Da die genaue Höhe der Geb ühren erst mit der Verordnung über Telekommunikationsgebühren (TKV) vom 19.7.2007 bekannt wurde, war die Höhe der zu erwartenden Gebühren als Berechnungsgrundlage für die Rückstellung im Jahresabschluss 2004 zu schätzen.
2. Benötigte die Bundesnetzagentur kurz vor der Bilanzerstellung z. B. für die Bearbeitung und Genehmigung von zwölf Registrierungsanträgen über insgesamt 5685 Dialer nur sechs Arbeitstage, so folgt daraus, dass die vom Antragsteller angenommene Berbeitungszeit bei der Behörde von einer halben Stunde pro einzelnen Dialer (bei einem Stundensatz von 50 Euro) weit überhöht ist. Die vom FA vorgenommene Schätzung auf der Basis von zwei Arbeitstagen der Bundesnetzagentur für die Bearbeitung jeweils eines Antrags (mit allen darin enthaltenen Dialern) ist insbesondere vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass diese Schätzung des FA immer noch dreimal so hoch liegt wie die später tatsächlich angefallenen Gebühren.
3. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens (§ 160 AO) kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit es für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen.
4. Ein Benennungsverlangen ist nicht nur bei Einschaltung sogenannter Domizil- oder Briefkastenunternehmen gerechtfertigt, sondern auch dann, wenn die Vermutung naheliegt, dass ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen als Empfänger der Zahlungen diese nicht versteuert, sondern an andere, möglicherweise im Inland ansässige Personen, weiterleitet (im Streitfall: Rechtmäßigkeit eines Benennungsverlangens bei widersprüchlichen Angaben des Dialer-Anbieters betreffend die Zahlungen an eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Firma bzw. betreffend die von dieser Firma erbrachten Leistungen).
BESCHLUSS
In dem Verfahren
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 12. Senat – am 04. April 2012 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … die Richterin am Finanzgericht … sowie den Richter am Finanzgericht …
beschlossen:
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe:
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Vermarktung innovativer Techniken und Internetdienste, Entwicklung von Softwareprodukten einschließlich internetfähiger Zahlungssysteme sowie die Erbringung von weiteren Dienstleistungen auf diesem Gebiet ist. Die Antragstellerin betätigt sich vorwiegend als Dialer-Anbieter, d.h. sie stellt anderen Abrechnungsunternehmen, Projektinhabern oder Webmastern (den sog. Inhalteanbietern), die ihre Produkte über das Internet anbieten und abrechnen wollen, Mehrwertdienste-Rufnummern (MW-Rufnummern oder Dialer, also 0190er bzw. 0900er Rufnummern) zur Verfügung. Über entsprechende Erfassungs- und Abrechnungssysteme ist die Antragstellerin in der Lage, Abrechnungen über im Internet vertriebene Inhaltedienstleistungen zu erstellen. Die Antragstellerin selbst erhält die Nutzungsrechte an den Dialern von Telekommunikationsunternehmen wie z.B. der Deutschen Telekom.
Als Inhaberin der Dialer hat die Antragstellerin diese ab 2003 gemäß § 43b des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zur Registrierung bei der Bundesnetzagentur (früher Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) registrieren zu lassen. Dazu hat sie schriftlich oder elektronisch mit digitaler Signatur einen Registrierungsantrag einzureichen, der neben der Beschreibung und weiteren Angaben zum Dialerprogramm auch eine Rechtskonformitätserklärung umfasst. Die Anträge werden in der Weise beschieden, dass z.B. mitgeteilt wird, dass entsprechend dem eingereichten Antrag 11 von 11 Dialern registriert worden seien. Sofern die Anzahl der beantragten Dialer nicht mit der Anzahl der registrierten Dialer übereinstimmt, werden separate Ablehnungsbescheide für nicht registrierungsfähige Dialer erstellt. Die registrierten Dialer werden in dem Registrierungsbescheid einzeln aufgeführt.
Aufgrund einer Änderung des TKG im Juni 2004 wurden ab diesem Zeitpunkt für die Tätigkeit der Bundesnetzagentur, insbesondere für die Bearbeitung von Anträgen auf Registrierung von Anwählprogrammen und Mehrwertdienste-Rufnummern (§ 142 Abs. 1 Nr. 3 TKG), Gebühren fällig. § 142 Abs. 2 Satz 2 TKG bestimmt dazu, dass die Gebührensätze so zu bemessen sind, dass die mit den Amtshandlungen verbundenen Kosten gedeckt sind. Auf die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) wird in § 142 Abs. 2 Satz 3 TKG ergänzend hingewiesen. Gleichzeitig wurden die Bestimmungen für die Registrierung von Dialern verschärft, um die Eigenschaften der Dialer kundenfreundlicher und rechtssicherer im Sinne von manipulierungssicherer zu machen. Die Antragstellerin hat dazu eine Checkliste vorgelegt, nach der die 44 Punkte hinsichtlich der „Einhaltung der Mindestanforderungen gemäß Vfg. 54/2003” zu prüfen waren. Diese Checkliste ist allerdings ersichtlich aufgrund einer konkreten Kundenbeanstandung abgearbeitet worden. Die von der Antragstellerin vorgelegten Seiten sind ausweislich der Fußzeile die Seiten 3 und 4 von 5.
Die Antragstellerin bildete in ihrem Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2004 eine Rückstellung für die zu erwartenden Gebühren für die Registrierungsanträge in Höhe von EUR 2 776 969. Dem lagen folgende Erkenntnisse und Annahmen zugrunde: Ab Bekanntmachung der Gesetzesänderung dahingehend, dass Registrierungsanträge künftig gebührenpflichtig seien, hatte sie selbst im Rahmen von 23 Anträgen die Registrierung von 41 848 Dialern beantragt. Ein anderes Unternehmen, D, das als sog. Nummernbroker für die Antragstellerin tätig war und im Zusammenhang mit der Registrierung von Dialern anfallende Gebühren vollständig auf die Antragstellerin überwälzte, hatte im Rahmen von 58 Anträgen die Registrierung von 64 209 Dialern beantragt. Die Antragstellerin ging davon aus, dass ein Bediensteter der Bundesnetzagentur etwas mehr als 30 Minuten zur Prüfung jedes zur Registrierung angemeldeten Dialers benötigen würde und dass ein Stundensatz von EUR 50 anzusetzen sei. Zusätzlich nahm die Antragstellerin an, dass hinsichtlich der von ihr selbst zur Registrierung angemeldeten Dialer noch Nebenkosten in Höhe von EUR 3 pro Stück anfallen und ihr im Wege der Gebührenerhebung in Rechnung gestellt werden würden.
Der Rückstellungsbetrag in Höhe von EUR 2 776 969 ergibt sich damit aus folgender Rechnung
Selbst beantragte Dialer | 41 848 × EUR 25 = | EUR 1 046 200 | |
von Intexus beantragte Dialer | 64 209 × EUR 25 = | EUR 1 605 255 | |
Nebenkosten der selbst beantragten Dialer | 41 848 × EUR 3 = | EUR 125 544 | EUR 2 776 969. |
Die Antragstellerin machte zudem im Jahre 2004 Betriebsausgaben in Höhe von EUR 798 014 an ein Unternehmen namens E mit der Anschrift X, United Arab Emirates, geltend. Dabei handelte es sich um Gutschriften, die eine F GmbH über die Antragstellerin abrechnete. Die entsprechenden Gutschriften weisen als „ID” „Best…” bzw. „Best…” aus.
Der Antragsgegner nahm im Jahre 2008 bei der Antragstellerin eine Außenprüfung f ür die Jahre 2003 bis 2005 vor. Die Prüferin beanstandete dabei zum einen die Höhe der Rückstellung für die zu erwartenden Gebühren nach dem TKG in den Jahren 2004 und 2005; zum anderen behandelte sie die Gutschriften an die E, nämlich EUR 798 014 im Jahre 2004 und EUR 25 833 im Jahre 2005, als nichtabziehbare Aufwendungen.
Hinsichtlich der Rückstellungen meinte die Prüferin, dass die anfallenden Gebühren nach der Anzahl der eingereichten Anträge zu bemessen seien und dass ein Bearbeiter bei der Bundesnetzagentur zwei Arbeitstage pro Antrag sowie einen weiteren Arbeitstag für sonstige Amtshandlungen wie z.B. Ablehnungsbescheide aufwende. Bei Zugrundelegung von EUR 50 pro Stunde und acht Stunden pro Arbeitstag ergebe sich ein anzuerkennender Rückstellungsbetrag in Höhe von EUR 74 000, der wie folgt ermittelt werde:
58 Anträge D × 2 Arbeitstage (AT) = 116 AT bzw. 928 Stunden × EUR 50 = | EUR 46 400 |
23 Anträge Antragstellerin × 2 AT = 46 AT bzw. 368 Stunden × EUR 50 = | EUR 18 400 |
23 Anträge Antragstellerin × 1 AT = 23 AT bzw. 184 Stunden × EUR 50 = | EUR 9 200 |
gesamt | EUR 74 000. |
Der Antragsgegner folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ am … August 2009 Änderungsbescheide. Die Antragstellerin legte Einspruch gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2003 und 2004 sowie über die Feststellung der Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Dezember 2004 ein. Den Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom f… Mai 2011 teils als unzulässig (hinsichtlich der Verlustfeststellungsbescheide), teils als unbegründet (hinsichtlich der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerfestsetzungen) zurück. Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben, die bei dem Senat unter dem Aktenzeichen 12 K 12147/11 anhängig ist und über die der Senat noch nicht entschieden hat. Einen Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2003 und 2004 hat der Antragsgegner mit Bescheid vom … Juli 2011 abgelehnt.
Die Antragstellerin macht im Klageverfahren geltend, dass sie die Höhe der Rückstellung für die zu erwartenden Gebühren nach dem TKG gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung einzuschätzen gehabt habe, wobei sie insbesondere gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB das Vorsichtsprinzip zu beachten gehabt habe. Die später bekannt gewordenen tatsächlichen Gebührensätze seien auch nicht nach den Grundsätzen der Wertaufhellung zu berücksichtigen, da der Wertaufhellungszeitraum mit Aufstellung der Bilanz 2004 im Jahre 2005 beendet gewesen, die Gebührenhöhe aber erst im Jahre 2007 bekannt geworden sei. Demzufolge sei eine retrospektive Betrachtung der Rückstellungsbildung, also unter Einbeziehung späterer besserer Erkenntnisse, unzulässig. Ihre, der Antragstellerin, Überlegungen zur Bemessung der Rückstellung hätten sich am Gesetzeswortlaut, an den für die Registrierung von Dialern seit 2003 gemachten Erfahrungen, den hierzu bekannten Grundsätzen und Erfordernissen sowie an der seinerzeitigen Diskussion in den entsprechenden Fachkreisen orientiert. Die Antragstellerin meint, dass das Kostendeckungsprinzip bei der Bemessung der Gebühren, wie sie im Jahre 2007 bekannt geworden seien, nicht umgesetzt worden sei. Das habe sie bei der Bemessung der Rückstellung aber nicht wissen können. Maßgeblich für die Schätzung der anfallenden Gebühren sei auch die Anzahl der zur Registrierung angemeldeten Dialer, nicht die Anzahl der Anträge, denn der Bearbeitungsaufwand pro Antrag hänge von der Anzahl der Dialer ab. Es sei auch nicht zutreffend, dass der eigentliche Bearbeitungsaufwand für die Registrierung der Dialer bei ihr, der Antragstellerin, anfalle. Zwar würden die zu registrierenden Dialer häufig – allerdings nicht immer – elektronisch überspielt. Die eigentliche Prüfung durch die Behörde erfordere jedoch jedenfalls teilweise manuelle Tätigkeiten.
Hinsichtlich der E in X weist die Antragstellerin darauf hin, dass das Unternehmen nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern bis zum … März 2005 existiert habe. Die Schlussfolgerung des Antragsgegners, dass es sich um eine Scheinfirma handele, sei damit widerlegt. Es sei auch unzutreffend anzunehmen, dass die E die Leistungen nicht erbracht haben könne und daher davon ausgegangen werden müsse, dass es sich beim tatsächlichen Leistungsempfänger um eine inländische Person handele. Diese Annahme entbehre jeder Grundlage. Nicht nachzuvollziehen sei auch, dass der Antragsgegner bemängele, dass der Geschäftszweck des Unternehmens, der nach der Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern in der Ausführung von Wand- und Bodenfliesenarbeiten sowie sonstiger handwerklicher Tätigkeiten liege, nicht zu ihrem, der Antragstellerin, Gesellschaftszweck passe. Der Antragsgegner habe an keiner Stelle dargelegt, welche Leistungen Gegenstand der Leistungsbeziehungen zwischen ihr, der Antragstellerin, und der E gewesen seien; dann könne er auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass derartige Leistungen nicht von der E hätten erbracht werden können. Zudem gebe es auch in Deutschland Landschaftsarchitekten und Gärtner, die einen Internetzugang hätten und sich dort umfassend betätigen könnten. Dass sie, die Antragstellerin, Unterlagen wie Telefonrechnungen, Mietverträge und Anstellungsverträge der E, vorlegen könne, habe seinen Grund gerade in den steuerlichen Anforderungen zum Nachweis des Bestehens des Geschäftspartners. Dieser Umstand dürfe nicht zu ihrem, der Antragstellerin, Nachteil ausgelegt werden; ebensowenig der Umstand, dass sie diese Unterlagen zunächst nicht aufgefunden habe. Empfänger der Leistungen sei hier das tatsächlich bestehende und wirtschaftlich tätige Unternehmen E. Mit dieser Angabe habe sie, die Antragstellerin, ihre Verpflichtung zur Empfängerbenennung nach § 160 der Abgabenordnung (AO) erfüllt. Wer die Anteilseigner der E seien und ob diese ihre steuerlichen Verpflichtungen erfüllten, könne sie, die Antragstellerin, unmöglich feststellen. Anhaltspunkte für eine inländische Steuerpflicht der E bestünden nicht. Ob Angestellte, Anteilseigner oder Unterauftragnehmer der E im Inland steuerpflichtig seien, könne sie, die Antragstellerin, nicht ermitteln. Derartige Angaben dürften daher nicht von ihr verlangt werden.
Im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung macht die Antragstellerin geltend, dass die Vollziehung der Steuerfestsetzungen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Aus ihrem, der Antragstellerin, Geschäftsmodell ließe sich bereits seit 2005 kein positives operatives Ergebnis mehr erzielen. Die vorhandenen liquiden Mittel hätten seither kontinuierlich abgenommen und hätten zum 31. Dezember 2010 nur noch EUR 10 000 betragen. Das bilanzielle Jahresergebnis sei um wesentliche, darin nicht enthaltene nicht liquiditätswirksame Effekte zu korrigieren. Sie, die Antragstellerin, habe sich auf die strittigen Steuernachzahlungen in Höhe von rund EUR 1,73 Mio. nicht anders einstellen können als durch Weiterbetrieb ihres Geschäftsmodells. Dadurch habe sie aber keine hinreichenden liquiden Mittel herbeischaffen können. Sie habe sich vielmehr zwischenzeitlich sogar gezwungen gesehen, die Liquidation des Unternehmens einzuleiten. Im Falle einer Vollstreckung müsse sie, die Antragstellerin, sofort einen Insolvenzantrag stellen. Da der Antragsgegner zudem angekündigt habe, ihre, der Antragstellerin, gesetzlichen Vertreter gemäß § 69 AO in Haftung nehmen zu wollen, sei nicht nur ihre, der Antragstellerin, sondern auch die wirtschaftliche Existenz ihrer gesetzlichen Vertreter gefährdet.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2003 und 2004 vom … August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Mai 2011 bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen einer Entscheidung in dem Verfahren 12 K 12147/11 auszusetzen,
sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen,
hilfsweise,
die Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
Er führt aus, dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin den Steueranspruch als gefährdet erscheinen lasse.
Gründe
1. Der Antrag hat keinen Erfolg.
a) Der Antrag ist unzulässig, soweit die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der Gewerbesteuerfestsetzungen 2003 und 2004 begehrt.
Der Antragsgegner hat nach der Aktenlage die Gewerbesteuer unter Berücksichtigung der Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2003 und 2004, an die er gemäß §§ 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 AO gebunden ist, auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zutreffend festgesetzt. Etwaige Fehler bei der Ermittlung der Gewerbesteuermessbeträge sind ausschließlich in einem Verfahren gegen die entsprechenden Bescheide geltend zu machen, denn gemäß § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nicht durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden.
b) Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
aa) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der beschließende Senat sich anschließt, vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bzw. des Rechtsmittels zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt nicht (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 – I B 101/98, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 1999, 753; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage 2010, § 69 Rn. 86, m.w.N.).
bb) Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen nicht.
(1) Im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2003 hat die Antragstellerin selbst nicht einmal vorgetragen, dass der Bescheid rechtswidrig sei.
(2) Auch an der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuerbescheides für 2004 bestehen keine ernstlichen Zweifel.
(a) Ohne Erfolg begehrt die Antragstellerin die Berücksichtigung einer Rückstellung in Höhe von EUR 2 776 969 für die zu erwartenden Gebühren gemäß § 142 TKG.
Die Antragstellerin war zur Passivierung einer Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die Antragstellerin das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ergeben sich vornehmlich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 ff. HGB. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist entweder das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit. Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Des Weiteren ist ein wirtschaftlicher Bezug der Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (zum Ganzen BFH-Urteil vom 21. September 2011 – I R 50/10, Bundessteuerblatt [BStBl] II 2012, 197, unter II.1. der Gründe m.w.N.). Auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet sind, sind Rückstellungen zu bilden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (BFH-Urteil vom 08. September 2011 – IV R 5/09, BStBl II 2012, 122, unter II.1.b) der Gründe m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, gegeben, weil die Antragstellerin seit der Änderung des TKG im Juni 2004 nicht nur ernsthaft damit rechnen musste, sondern sogar sicher sein konnte, für ihre in der Folge gestellten Anträge auf Registrierung von Dialern zur Zahlung von Gebühren herangezogen zu werden. Der Bezug zum abgelaufenen Wirtschaftsjahr ergibt sich aus der Antragstellung in diesem Jahr. Unsicher war allein die Höhe der fällig werdenden Gebühren.
Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (Bundesgesetzblatt [BGBl] I 2009, S. 1102) sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit das HGB in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur von „Betrag” spricht, ist eine inhaltliche Änderung der Vorschrift damit nicht verbunden; vielmehr war bereits seinerzeit anerkannt, dass der Erfüllungsbetrag anzusetzen sei (vgl. z.B. Schulze-Osterloh, Betriebs-Berater [BB] 2003, 351, 352).
Der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag lag hier wesentlich niedriger als der von der Antragstellerin angesetzte Betrag. Die Antragstellerin hat zwar vorgetragen, sie habe sich am Gesetzeswortlaut, an den für die Registrierung von Dialern seit 2003 gemachten Erfahrungen, den hierzu bekannten Grundsätzen und Erfordernissen sowie an der seinerzeitigen Diskussion in den entsprechenden Fachkreisen orientiert. Sie hat aber nicht mitgeteilt, welche Erfahrungen, Grundsätze und Erfordernisse dies waren und wie die Diskussion in den Fachkreisen verlaufen war. Die Antragstellerin hat bestimmte vorliegende Erfahrungswerte sogar ignoriert oder jedenfalls nicht in zutreffender Weise in ihre Überlegungen einbezogen, nämlich die ihr bekannten Bearbeitungsdauern ihrer Anträge Ende 2004 und Anfang 2005. Diese waren ihr bei Aufstellung der Bilanz 2004 bekannt, denn es handelte sich um Anträge, die spätestens am … März 2005 bearbeitet worden waren. Aus der dem Senat vorliegenden Aufstellung ergibt sich, dass die Bundesnetzagentur in der Lage war, zwölf Anträge der Antragstellerin vom … März 2005 über insgesamt 5 685 Dialer innerhalb von sechs Arbeitstagen entgegenzunehmen und zu bescheiden (Bescheiddatum jeweils … März 2005). Geht man mit der Antragstellerin davon aus, dass die Prüfung eines jeden Dialers eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, dann hätte die Behörde dafür 2 842,5 Arbeitsstunden aufwenden müssen. Da sechs Arbeitstage 48 Arbeitsstunden enthalten, musste die Antragstellerin also davon ausgehen, dass sich etwa 60 Bedienstete der Behörde in dieser Zeit ausschließlich ihren Anträgen gewidmet hätten. Das erscheint fernliegend. Eine weitere Berechnung zeigt, dass den Annahmen der Antragstellerin keine vernünftige kaufmännische Beurteilung zugrunde lag: Die Antragstellerin sowie D meldeten allein in der zweiten Jahreshälfte 2004 offenbar über 100 000 Dialer zur Registrierung an (Antragstellerin: 41 848, D: 61 209). Der Bearbeitungsaufwand dafür beträgt nach den Annahmen der Antragstellerin mehr als 50 000 Arbeitsstunden. Wenn diese von einem einzelnen Bediensteten der Bundesnetzagentur geleistet werden sollten, so müsste dieser bei Zugrundelegung eines Achtstundentages und 250 Werktagen pro Jahr 25 Jahre für die Antragstellerin im Einsatz sein. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass nur ein Mitarbeiter für diese Anträge eingesetzt wird, aber um die Anträge der Antragstellerin des zweiten Halbjahres 2004 auch nur innerhalb eines ganzen Jahres abarbeiten zu können, müssten 25 Mitarbeiter der Bundesnetzagentur allein für die Antragstellerin tätig werden. Auch das erscheint wenig realistisch. Demgegenüber hat die Schätzung des Antragsgegners, dass die Bundesnetzagentur etwa zwei Arbeitstage pro Antrag der Antragstellerin benötigte, eine hohe Plausibilität für sich, wenn man berücksichtigt, dass diese Behörde einmal zwölf Anträge innerhalb von sechs Arbeitstagen, gelegentlich aber auch Anträge – die regelmäßig in Dreier- bis Zwölferpaketen gestellt wurden – innerhalb von elf bis längstens neunzehn Arbeitstagen beschieden hatte. Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, dass der Antragsgegner bei seiner Schätzung retrospektiv unter Zugrundelegung der später erlangten Erkenntnisse über die tatsächliche Gebührenhöhe vorgegangen sei. Die Schätzung des Antragsgegners liegt mehr als dreimal so hoch wie die letztlich tatsächlich angefallenen Gebühren. Er hat demnach die später erlangten Erkenntnisse, die die Antragstellerin wegen des Stichtagsprinzips des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB im Grundsatz zu Recht für nicht berücksichtigungsfähig hält, offensichtlich nicht in seine Berechnungen einbezogen.
(b) Nach der im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung vorzunehmenden summarischen Prüfung hat der Antragsgegner auch die Gutschriften an die E zu Recht nicht als Betriebsausgaben der Antragstellerin anerkannt. Die Antragstellerin ist dem berechtigten Benennungsverlangen des Antragsgegners gemäß § 160 Abs. 1 AO nicht in hinreichender Weise nachgekommen.
Gemäß § 160 Abs. 1 AO sind u.a. Betriebsausgaben steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Zweck des § 160 Abs. 1 AO ist es, Steuerausfälle zu verhindern. Es soll sichergestellt werden, dass nicht nur steuermindernde Ausgaben beim Steuerpflichtigen, sondern auch die damit korrespondierenden Einnahmen beim Geschäftspartner erfasst werden. (BFH-Urteil vom 25. Januar 2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, unter II.1. der Gründe) Deshalb sind ein Benennungsverlangen und ein sich darauf stützendes Versagen des Betriebsausgabenabzuges bereits dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeit eines solchen Steuerausfalles besteht, d.h. wenn die Vermutung nahe liegt, dass der Zahlungsempfänger den Bezug zu Unrecht nicht versteuert.
Die Prüfung der rechtmäßigen Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO vollzieht sich in zwei Schritten. Zunächst ist zu prüfen, ob sich das Benennungsverlangen des Finanzamtes im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens (§ 5 AO) gehalten hat, insbesondere, ob keine Angaben gefordert wurden, deren Beschaffung für den Steuerpflichtigen unzumutbar war. Sodann ist zu entscheiden, ob im Falle der nicht ordnungsgemäßen Empfängerbenennung die vom Finanzamt angesetzte steuerliche Folge pflichtgemäßem Ermessen entspricht (BFH-Urteil vom 25. Januar 2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, unter II.2. der Gründe).
Rechtswidrig, weil ermessensfehlerhaft, ist ein Benennungsverlangen, wenn die genaue Angabe des Empfängers, d.h. die Angabe seines Namens und seiner Anschrift, dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten ist (BFH-Urteil vom 05. November 1992 – I R 8/91, juris). Das bedeutet, dass das Verlangen nicht unverhältnismäßig sein darf und die für den Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile (z.B. wirtschaftliche Existenzgefährdung) nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg (z.B. geringfügige Steuernachholung bei den Empfängern) stehen dürfen. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen (BFH-Urteile vom 25. Januar 2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, unter II.4. der Gründe; vom 20. April 2005 – X R 40/04, BFH/NV 2005, 1739, unter II.2.b) der Gründe). Dies gilt umso mehr für Auslandssachverhalte, in denen der Steuerpflichtige in erhöhtem Maße zur Erbringung von Nachweisen und Vorlage von Beweismitteln verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 25. Januar 2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, unter II.4. der Gründe). Nach dem Zweck der Vorschrift ist das Benennungsverlangen in diesen Fällen grundsätzlich nur dann ermessensfehlerhaft, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Empfänger der als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen im Inland keiner Besteuerung unterliegt (BFH-Urteil vom 05. November 1992 – I R 8/91, juris).
Empfänger i.S. des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist derjenige, dem der in den Betriebsausgaben enthaltene wirtschaftliche Wert vom Steuerpflichtigen übertragen wurde und bei dem er sich demzufolge steuerlich auswirkt. Ist eine natürliche oder juristische Person, die die Zahlungen des Steuerpflichtigen entgegennahm, lediglich zwischengeschaltet, weil sie entweder mangels eigener wirtschaftlicher Betätigung die vertraglich bedungenen Leistungen gar nicht erbringen konnte oder weil sie aus anderen Gründen die ihr erteilten Aufträge und die empfangenen Gelder an Dritte weiterleitete, so ist sie nicht Empfänger i.S. des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, so dass die hinter ihr stehenden Personen, an die die Gelder letztlich gelangt sind, zu benennen sind (BFH-Urteile vom 25. Januar 2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, unter II.4. der Gründe; vom 20. April 2005 – X R 40/04, BFH/NV 2005, 1739, unter II.2.a) der Gründe). Das gilt auch, aber nicht nur bei Domizilgesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 2005 – X R 40/04, BFH/NV 2005, 1739, unter II.2.a) der Gründe).
Hier war das Verlangen des Antragsgegners, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben zu benennen, gerechtfertigt. Die Beschaffung der entsprechenden Angaben war für die Antragstellerin nicht unzumutbar, denn es handelt sich um einen Auslandssachverhalt, bei dem es im Grundsatz Sache der Antragstellerin ist, darzutun, dass eine Besteuerung der Leistungsempfänger im Inland nicht in Betracht kommt. Die Antragstellerin hatte sich demzufolge aussagekräftige Unterlagen zu verschaffen, aus denen sich ergibt, dass die E das Unternehmen ist, dem die von ihr als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge zugute kamen und von dem sie versteuert wurden. Dem steht nicht entgegen, dass es in X offensichtlich ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen unter der Firma E gab. Ein Benennungsverlangen ist nicht nur bei Einschaltung sogenannter Domizil- oder Briefkastenunternehmen gerechtfertigt, sondern immer dann, wenn die Vermutung naheliegt, dass der Empfänger der Leistungen diese nicht versteuert, sondern an andere, möglicherweise im Inland ansässige Personen, weiterleitet. Diese Vermutung ist hier deshalb gegeben, weil die Angaben, die die Antragstellerin über die E gemacht hat, weder in sich stimmig sind noch mit dem geltend gemachten Sachverhalt – Gutschrift einbehaltener Vergütungen aus der Zur-Verfügung-Stellung von Dialern – zusammenpassen. Die Antragstellerin nennt als Kontaktperson für die E I. Dieser Name findet sich jedoch, soweit ersichtlich, auf keiner der beigebrachten Kopien. Auch das Bundeszentralamt für Steuern hat im Zusammenhang mit der E eine Person dieses Namens nicht auffinden können; nach den dort vorliegenden Informationen hieß der Inhaber bzw. Generaldirektor vielmehr J. Nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern war die in X bekannte E ein Unternehmen, das sich mit Boden- und Wandfliesenarbeiten sowie sonstigen handwerklichen Tätigkeiten beschäftigte, während die Antragstellerin selbst ausweislich ihres Schriftsatzes in dem Klageverfahren 12 K 12147/11 vom 20. Juli 2011 davon ausgeht, dass es sich um ein Unternehmen im Bereich der Landschaftsarchitektur und Gärtnerei handelte, wenn sie auf Seite 14 ausführt: „Auch in Deutschland wird es zudem aber Landschaftsarchitekten und Gärtner geben, die einen Internetzugang haben und sich dort umfassend betätigen können.” Zudem hatte die in X tätig gewesene E nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern zwei Arbeitnehmer im Bereich „Administration”, während die Antragstellerin Anstellungsverträge mit einem Landschaftsarchitekten, einem Ingenieur und einer Sekretärin beigebracht hat. Bei diesen drei Arbeitnehmern kann es sich demzufolge nicht um solche der in X tätig gewesen E handeln. Auch ist nicht erkennbar, dass die in X bekannte E die von der Antragstellerin geltend gemachten Leistungen in Anspruch genommen haben könnte. Zwar ist es zutreffend, dass auch Landschaftsarchitekten und Gärtner oder auch Unternehmen im Bereich handwerklicher Tätigkeit häufig Zugang zum Internet haben und sich das Internet nutzbar machen. Weder bei einem im Bereich Landschaftsarchitektur noch bei einem im Bereich Boden- und Wandfliesenarbeiten tätigen Unternehmen ist jedoch ersichtlich, in welchem Zusammenhang es Dialer nutzen könnte. Dialer werden eingesetzt, um Leistungen über das Internet im Rahmen von Telefonrechnungen abrechnen zu können; das ist bei beiden vorgenannten möglichen Tätigkeitsbereichen kaum vorstellbar und wäre daher von der Antragstellerin zu erläutern und glaubhaft zu machen gewesen. Noch weniger ist ersichtlich, warum die eingesetzten Dialer die Bezeichnungen „Best…” bzw. „Best…” tragen. Nach allem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die von der Antragstellerin als Zahlungsempfängerin benannte E mit der in X ansässig gewesenen E identisch ist. Es liegt daher nahe, dass jemand anderes, der durchaus eine im Inland steuerpflichtige Person sein kann, sich dieser Bezeichnung bedient hat, um einen ausländischen Zahlungsempfänger vorzuschieben.
Demzufolge hatte die Antragstellerin die hinter der Bezeichnung E stehenden Personen zu benennen. Das hat sie nicht getan. Diesem Verlangen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie sei dazu nicht in der Lage. Bei den aufgezeigten Unstimmigkeiten hätte sie sich zeitnah um nachvollziehbare Dokumente bemühen müssen, die die Existenz und die rechtlichen Verhältnisse der E belegen. Sämtliche nur in arabischer Sprache vorhandenen Dokumente sind dazu schon deshalb ungeeignet, weil die Antragstellerin nicht annehmen kann, dass die Finanzbehörden oder -gerichte von deren Inhalt auch nur ansatzweise Kenntnis nehmen können. Zudem weist ihr von der Antragstellerin behaupteter Inhalt (Erfassung des Unternehmens bei der örtlichen Handelskammer und Behörden, Nachweis der Entrichtung verschiedener Registrierungsbehörden, Kopien des Mietvertrages angemieteter Räumlichkeiten, Telefonrechnungen und Nachweis deren Bezahlung, Arbeitsverträge sowie persönliche Dokumente der Arbeitnehmer) nicht nach, wer die hinter der E stehenden Personen waren.
Die Versagung des Betriebsausgabenabzuges war danach nicht ermessensfehlerhaft. Der zu besorgende Steuerschaden ist bei einem geltend gemachten Betrag von EUR 798 000 erheblich.
cc) Die Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht wegen Vorliegens einer unbilligen Härte zu gewähren. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der beschließende Senat folgt, ist auch bei Vorliegen einer unbilligen Härte der Vollstreckung eine Aussetzung der Vollziehung nur möglich, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheides nicht ausgeschlossen werden können. Dieser Grundsatz wird durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Oktober 2010 – 2 BvR 1710/10 (Deutsches Steuerrecht [DStR] 2010, 2296) nicht berührt. Auch wenn das BVerfG in diesem Beschluss unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) die Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte der Vollstreckung angesichts einer drohenden Insolvenz des Steuerschuldners für erforderlich gehalten hat, hat es doch im Wesentlichen darauf abgestellt, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen der konkreten Besteuerung und damit an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung mit Blick auf entsprechende Stellungnahmen in der Fachliteratur und der Einwendungen des dortigen Antragstellers nicht von der Hand zu weisen seien (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2011 – I S 7/11, juris).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO