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  • 10.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122464

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 03.05.2012 – 5 V 294/11

    Im summarischen Antragsverfahren können ernstliche Zweifel an der Berechtigung zur Änderung von Steuerfestsetzungen wegen neuer Tatsachen bestehen, wenn die rechtliche Beurteilung von Zahlungen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten auf Umständen beruht, die Unklarheit bei der strafrechtlichen Wertung eines Verhaltens als Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr hervorrufen.


    Finanzgericht Nürnberg v. 03.05.2012

    5 V 294/11

    Tatbestand
    Im Hauptsacheverfahren ist streitig, ob das Finanzamt aufgrund der Feststellungen einer Fahndungsprüfung berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 25.06.2004 zu ändern und geltend gemachte Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung nicht anzuerkennen, oder ob der Steueranspruch wegen Ablauf der Festsetzungsfrist bereits durch Verjährung erloschen war.

    Der Antragsteller ist Immobilienmanager. Diese Tätigkeit übte er bis 2003 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma A mbH, bereits ab dem Jahr 2000 zudem als Vorstandsvorsitzender der Firma B AG, an der er Geschäftsanteile hielt, aus. Ein wesentlicher Geschäftsbereich bestand in der Standortrecherche für große und mittelgroße Einzelhandelsflächen, insbesondere zugunsten eines großen Handelsunternehmens für Elektronik und technische Geräte, der X. Zur erfolgreichen Verwirklichung seiner Projektangebote machte sich der Antragsteller die Kenntnisse, Informationen und Einflussmöglichkeiten des M N zunutze. Dieser war langjähriger Angestellter der X und seit November 2000 Geschäftsführer deren Gesellschaft für Immobilienentwicklung und –verwaltung; so auch im Streitjahr 2002. Zudem war er in T als Immobiliensachverständiger selbständig tätig und betrieb Sachverständigenbüros mit eingetragenen Partnerschaften in weiteren Orten. Der Antragsteller traf mit M N eine Vereinbarung, wonach dieser gegen eine Zahlung von 1/4 bis 1/3 des mit einem realisierten Objekt erzielten Bauträgergewinns dem Antragsteller beratend zur Seite stehen und dessen Objekte wohlwollend prüfen werde. Mit Gesellschaftsvertrag vom 13.06.2002 gründete M N zudem die Firma O GmbH als Alleingesellschafter. Seit Gründung war P alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin dieser Firma. Die O GmbH wurde am 13.08.2002 in das Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen.

    Im Zuge einer Standortrecherche für einen Verkaufsstandort besagten Handelsunternehmens X stieß der Antragsteller auf die Immobilie eines ehemaligen Möbelhauses in der Sstrasse. Da der Antragsteller das Objekt nicht zu Eigentum erwerben konnte, entschloss er sich zu einem Mietvertrag mit dem Erbbauberechtigten. Aufgrund dieser ungünstigen Eigentumsverhältnisse und aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen schloss er den Mietvertrag über diese Immobilie am 06.06.2000 in eigener Person, nicht aber zugunsten der von ihm betriebenen Kapitalgesellschaften ab.

    Ebenfalls am 06.06.2000 vereinbarte der Antragsteller mit einem Unternehmen besagter Handelsfirma X, nämlich der Y einen Mietvertrag für 15 Jahre ab 01.04.2002 über die Immobilie Sstrasse in T und sicherte zu, diese als Fachmarkt für Elektronikgeräte nutzbar zu machen.

    Da die Stadt T den Standort des Fachmarktzentrums in der Sstrasse nicht befürwortete und den entsprechenden Bauantrag zur Umgestaltung der Immobilie zunächst zurückstellte, bot der Antragsteller besagter Handelsfirma X ein zweites Objekt in der Nähe an, das er zu Eigentum erwerben konnte. In der Nachtragsvereinbarung vom 29.10.2001 zum Mietvertrag vom 06.06.2000 stimmten die Vertragspartner der Auswechslung der Vermieterpartei zu, die jetzt die Firma B AG als mögliche Eigentümerin des zweiten Objekts sein sollte. Weiter wurde eine Optionsmöglichkeit der Y entweder für den Standort Sstrasse oder den nahegelegenen Standort vereinbart.

    Während dieser Zeit plante und entwickelte eine weitere Immobilienfirma G, die mit den Unternehmen des Antragstellers nicht zusammenhing, in dieser Gegend ein Einkaufszentrum. Auf der Suche nach einem zugkräftigen Hauptmieter trat diese Firma G auch mit einem Angebot an die besagte Handelsfirma für Elektronikgeräte X heran.

    Als der Antragsteller erkannte, dass er von der Stadt T eine Genehmigung für den Standort Sstrasse nicht erhalten würde und dass besagtes Handelsunternehmen X die Möglichkeiten als Hauptmieter in einem Einkaufszentrum bevorzugte, entschloss er sich – wohl auch auf Anraten des M N – von seinen vertraglichen Vereinbarungen mit der Y Abstand zu nehmen. In der schriftlichen Vereinbarung vom 03.05.2002 mit der G erklärte sich der Antragsteller bereit, gegen eine Zahlung in Höhe von 1.276.229,70 € zuzüglich Mehrwertsteuer den Mietvertrag mit besagtem Handelsunternehmen Y vom 06.06.2000 aufzuheben. Weiter verpflichtete sich der Antragsteller, sich an dem Standort Sstrasse weder selbst noch durch Dritte um die Schaffung von Baurecht für einen Unterhaltungselektronikfachmarkt zu bemühen. Am 07.05.2002 schloss der Antragsteller mit besagtem Handelsunternehmen Y einen Aufhebungsvertrag, ohne dass den Parteien gegenseitig irgendwelche Ansprüche zustünden.

    Die G schrieb am 10.06.2002 den vereinbarten Bruttobetrag von 1.482.746,40 € dem Bankkonto des Antragstellers gut. Am 20.06.2002 überwies der Antragsteller einen Betrag in Höhe von 142.343,66 € auf das Konto des M N und am selben Tag einen Betrag in Höhe von 355.859,15 € auf ein Konto der Firma O GmbH. Grundlagen der Zahlungen waren zwei Rechnungen vom 14.06.2002. Die eine Rechnung des Sachverständigenbüros M N wies ein Pauschalhonorar in Höhe von 122.710,05 € zuzüglich gesondert ausgewiesener MwSt in Höhe von 19.633,61 € aus für betriebswirtschaftliche und sachverständige Beratung zum Objekt T, Sstrasse. Die andere Rechnung der Firma O GmbH wies ein Honorar in Höhe von 305.775,13 € zuzüglich 16 % MwSt von 49.084,02 € aus für Vermittlungsleistungen hinsichtlich des Objektes T Sstrasse.

    In seiner Einkommensteuererklärung vom 26.03.2003 für das Veranlagungsjahr 2001 machte der Antragsteller einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 67.672 DM geltend. Er erläuterte hierzu, bei dem Vorhaben handele es sich um die Errichtung einer fremdvermieteten Gewerbeimmobilie. Das Vorhaben sei in 2002 mangels Baugenehmigung aufgegeben worden. Trotzdem seien im Jahr 2002 aufgrund einer Entschädigung Einnahmen erzielt worden, daher werden die in 2001 angefallenen Kosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht.

    Das Finanzamt berücksichtigte die negativen Einkünfte wie erklärt in dem Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 26.05.2003. Die Absicht der Entwicklung dieser Gewerbeimmobilie, der Zufluss der Verzichtsleistung und die Rechnungsstellungen des M N und der O GmbH waren dem Finanzamt bereits aus einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bekannt (vgl. Bericht vom 07.01.2003).

    Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 reichte der Antragsteller am 07.04.2004 beim Finanzamt ein. Darin erklärte er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Überschuss in Höhe von 973.176 €, den er in einer Anlage darstellte. Bei den Einnahmen erfasste er den Brutto-Entschädigungsbetrag, bei den Werbungskosten machte er die Projektkosten, Kosten für Rechtsberatung, Steuerberatungskosten etc. geltend. Er erläuterte, es handele sich um den geplanten Bau einer Gewerbeimmobilie. Die Bauabsicht sei im Jahr 2002 gegen Zahlung einer Entschädigung mangels Erteilung der Baugenehmigung aufgegeben worden.

    Der Antragsteller war im Streitjahr verheiratet. Die Eheleute wählten die Zusammenveranlagung.

    Das Finanzamt erfasste die Einkünfte ohne Änderung in dem Bescheid vom 28.05.2004, in dem es die Einkommensteuer in Höhe von 599.406 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) festsetzte. In dem Änderungsbescheid vom 25.06.2004 setzte es die Einkommensteuer auf 599.058 € herab, ohne die erfassten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Antragstellers zu ändern. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Einkommensteuerbescheid vom 25.06.2004 wurde bestandskräftig.

    Weitere Aufwendungen für die geplante und gescheiterte Gewerbeimmobilie machte der Antragsteller in der Einkommensteuererklärung für 2003 vom 17.06.2004 geltend. In einer Aufstellung hierzu berechnete er den Überschuss der Werbungskosten in Höhe von 140.510 €, den das Finanzamt unverändert in dem Einkommensteuerbescheid vom 11.08.2004 berücksichtigte.

    Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Einzelfirma des M N, der Firma N & Partner und der Firma O GmbH wurden Rechnungen über Honorare für betriebswirtschaftliche und sachverständige Beratung bzw. für Vermittlungsleistungen bekannt, die an die Firmen des Antragstellers bzw. an ihn selbst gerichtet waren. Weitere Belege wurden zu diesen Rechnungen nicht vorgelegt. Die Betriebsprüferin meldete den Vorgang am 12.05.2009 der Steuerfahndungsstelle, die für die Meldung nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an die Strafsachenstelle bzw. an die Staatsanwaltschaft zuständig war. Der Vorgang wurde am 09.06.2009 an die Staatsanwaltschaft gemeldet, die am 26.06.2009 ein Vorermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung aufnahm (Az. xxx). Am 17.09.2009 verfügte die Staatsanwaltschaft die Eintragung des Strafverfahrens gegen den Antragsteller und andere Personen wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Am 01.12.2009 beantragte die Staatsanwaltschaft richterliche Durchsuchungsbeschlüsse und erweiterte das Verfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Gewerbe- und Umsatzsteuer der Jahre 2004 bis 2006 zugunsten der Firmen des Antragstellers. Die Einleitung des Strafverfahrens wurde dem Antragsteller am 19.01.2010 mit dem Vollzug der richterlichen Durchsuchungsbeschlüsse bekanntgegeben. Erst aufgrund eines Vermerkes vom 17.01.2011 wurde das Steuerstrafverfahren gegen den Antragsteller u.a. auf den Versuch der Hinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2002 erweitert; die Erweiterung wurde dem Antragsteller jedoch zunächst nicht bekannt gegeben.

    Die Ergebnisse der strafrechtlichen Feststellungen sind in dem Ermittlungsbericht vom 15.04.2011 der Staatsanwaltschaft, der Kriminalpolizei und der Steuerfahndungsstelle zusammengefasst. Wegen der Einzelheiten wird hierauf verwiesen.

    Mit Datum vom 26.10.2010 erstellte der Fahndungsprüfer einen steuerlichen Bericht über die Fahndungsprüfung beim Antragsteller wegen Einkommensteuer 2002. Darin ist dargestellt, dass die in den Rechnungen des M N und der Firma O GmbH vom 14.06.2002 ausgewiesenen Beträge von insgesamt 498.203 € nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen werden. Der Prüfer führt u.a. aus, die in den Rechnungen aufgeführten Leistungen seien nicht erbracht worden. Es sei davon auszugehen, dass N die Zahlungen für seine Einflussnahme bei X erhalten habe. Die Zahlungen seien gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähig (vgl. Fp-Bericht vom 26.10.2010 Tz. 1.2). Über eine Anhörung des Antragstellers hierzu und über die Bekanntgabe des Berichts an den Antragsteller findet sich in den Akten kein Hinweis.

    Aufgrund des Berichtes änderte das Finanzamt die Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr 2002 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO). In dem Bescheid vom 19.11.2010 setzte es die Einkommensteuer gegenüber dem Antragsteller und seiner Ehefrau in Höhe von 840.668 € fest. Entsprechend den Feststellungen in dem Fahndungsbericht setzte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Antragstellers in Höhe von 1.471.379 € an.

    Gegen den Änderungsbescheid vom 19.11.2010 legten der Antragsteller und seine Ehefrau fristgerecht Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Zudem begehrten sie die Aufteilung der Steuerschuld nach §§ 268 ff AO.

    In dem Bescheid über die Beschränkung der Vollstreckung nach § 268 ff AO (Aufteilungsbescheid) vom 25.02.2011 berechnete das Finanzamt die Einkommensteuerschuld des Antragstellers mit 359.954,60 € zuzüglich Solidaritätszuschlag und Zinsen und wies nach anzurechnenden Beträgen eine verbleibende Steuerschuld von 359.122,86 € zu Lasten des Antragstellers aus.

    Mit dem Bescheid vom 01.02.2011 lehnte das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2002 vom 19.11.2010 ab und stellte die noch offene Einkommensteuer nebst Zinsen und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 350.332,53 € zum 04.03.2011 fällig. Über den Einspruch im Hauptsacheverfahren hat das Finanzamt bisher noch nicht entschieden. Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legte der Antragsteller beim Finanzamt Einspruch ein, den das Finanzamt ebenfalls noch nicht beschieden hat.

    Zugleich beantragt der Antragsteller bei Gericht, die Vollziehung des Bescheides über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2002 vom 19.11.2010 ohne Sicherheitsleistung bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

    Zuletzt beantragt er zudem, das Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren auszusetzen.

    Zur Begründung trägt er im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte vor:

    Im Zuge von Standortrecherchen seiner Firma B AG sei er im Frühjahr 2000 auf den Standort des ehemaligen Möbelhauses T, Sstrasse gestoßen. Da seine Firma das Objekt allerdings nicht zu Eigentum habe erwerben können, er es jedoch für X für geeignet gehalten habe, seien andere Nutzungsmöglichkeiten in Betracht gezogen worden. Hierzu habe er den ihm seit Mitte der 90er Jahre bekannten M N, einen Immobiliensachverständigen bei X zu Rate gezogen. Mit ihm habe er bereits mehrere Standortangebote abgesprochen, so etwa in J. N habe ihm bedeutet, er sei in der Lage, als Angestellter der X auf Standortentscheidungen positiv Einfluss zu nehmen. Für seine Beratung habe jedoch N eine Zahlung von 1/4 bis 1/3 des mit einem realisierten Objekt erzielten Bauträgergewinns beansprucht. Im Hinblick auf die ungünstigen Eigentumsverhältnisse habe er sich dann nach Beratung mit mehreren Rechtsanwälten und mit M N dazu entschlossen, das Objekt selbst anzumieten und für die X zu erschließen. In der Folgezeit sei es zu entsprechenden Vertragsabschlüssen gekommen. Zwischenzeitlich sei ein fremder Objektentwickler, die Firma G, an die X herangetreten, um sie als Hauptmieter eines Einkaufszentrums in T zu gewinnen. Die G habe dann mit ihm Verbindung aufgenommen, um ihn zu einem Verzicht auf seine Rechte aus dem abgeschlossenen Mietvertrag mit der X zu bewegen. Auf Druck der X, deren Verhandlungen auch M N geführt habe, seien dann Aufhebungsvereinbarungen über die bestehenden Mietverträge abgeschlossen worden und er habe eine Abstandszahlung von der G erhalten. Diese habe er in voller Höhe in seiner Einkommensteuer- und der Umsatzsteuererklärung für 2002 ordnungsgemäß angegeben. Als Betriebsausgaben habe er u.a. eine Rechnung des M N für betriebswirtschaftliche und sachverständige Beratung geltend gemacht und die Vorsteuer hieraus gezogen. Weiter habe er eine Rechnung der Firma O GmbH, die von N beherrscht worden sei, für Vermittlungsleistungen als Werbungskosten geltend gemacht und die Vorsteuer hieraus gezogen. Von N bzw. dessen Firma O GmbH seien im Wesentlichen maklerähnliche Leistungen und betriebswirtschaftliche und sachverständige Beratungsleistungen erbracht worden. Eine im Jahr 2003 aufgrund dieses Sachverhalts durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei ohne Beanstandungen verlaufen.

    Wenn das Finanzamt ihm vorhalte, dass über die Beratungsleistungen keine Unterlagen, wie schriftliche Vereinbarungen, Notizen und Aktenvermerke vorhanden seien, so verkenne es, dass es auch eine nichtschriftliche Beratung gebe. Die Beratungen durch M N seien mündlich und telefonisch erfolgt, auch bei gemeinsamen Treffen in einem Restaurant. N sei seit vielen Jahren öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken und habe auch schon parallel zu seiner Tätigkeit für die X Sachverständigengutachten erstellt. Dies sei sicher auch den Verantwortlichen der X bekannt gewesen. Die Beratungsleistungen des M Ns ihm gegenüber seien nicht auf Standortsuchen zugunsten der X beschränkt gewesen, sondern haben sich auch auf eine Reihe anderer Handelsfilialisten erstreckt. Bei einer Standortentscheidung der X habe M N zwar Einfluss nehmen, die letzte Entscheidung habe er aber nicht treffen können.

    M N habe im Wesentlichen maklerähnliche Leistungen und betriebswirtschaftliche und sachverständige Beratungsleistungen erbracht. Bei solchen Leistungen seien schriftliche Ausführungen oder eine irgendwie geartete Dokumentation der Leistungen nicht erforderlich. Die in den Rechnungen vereinbarten Vergütungen seien nicht ungewöhnlich hoch. Betrachte man die ursprünglich vereinbarte monatliche Miete in Höhe von 83.424 € und lege eine übliche Maklercourtage für die Vermittlung eines solchen Objektes von drei Nettomieten zugrunde, so ergebe sich für die Vermittlungsleistung bereits eine Vergütung von 250.272 €, ohne dass es hierfür irgendeiner schriftlichen Dokumentation bedurft hätte.

    Das Finanzamt stütze die Berechtigung zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung auf die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG. Hierzu sei es erforderlich, dass eine Zuwendung von Vorteilen eine rechtswidrige Handlung darstelle, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirkliche. Das Finanzamt unterstelle hierbei, dass der Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt sei. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn zu diesem Vorwurf sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Im vorliegenden Streitfall gehe es aber nicht um eine unlautere Bevorzugung gegenüber einem anderen Mitbewerber, wie es etwa bei der Vergabe von Bauaufträgen der Fall wäre. Bei der Vermietung des Objekts Sstrasse habe er nie in Wettbewerb mit anderen Konkurrenten gestanden. Es habe auch M N in der Unternehmensstruktur der X bei deren Entscheidungen trotz seiner Einbindung nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

    Auch verfahrensrechtlich bestehe keine Befugnis zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung. Diese beruhe auf seinen Steuererklärungen und auf den hierzu vorgelegten Unterlagen. Er habe alle entscheidenden Sachverhalte im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vorgetragen und in seiner Erklärung angegeben. Es könne ihm daher eine Steuerhinterziehung nicht vorgeworfen werden.

    Die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides würde für ihn zu einer unbilligen Härte führen. Er sei nicht in der Lage, eine Gesamtsumme von 445.000 €, die auch die Umsatzsteuer umfasse, aufzubringen. Er verfüge nicht über nennenswertes Vermögen und beziehe aus seiner Vorstandstätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die im Wesentlichen dem Familienunterhalt dienten. In der Vergangenheit habe er zuverlässig seine Steuerschulden beglichen. Die Gefahr eines Steuerausfalls durch die Anordnung einer Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung bestehe nicht. Seine Ehefrau sei nicht berufstätig, der jüngste Sohn befinde sich noch im Studium. Eine Vollstreckung oder die Anordnung von Sicherheitsleistungen würde ihm und seinen Firmen einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zufügen. Eine Privatinsolvenz und eine Insolvenz seiner Firma wären die Folge. Zudem würden auch die laufenden Geschäfte seiner Firmen gefährdet. Er könne allenfalls Ratenzahlungen anbieten.

    Wegen der Begründung seines Antrags im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.

    Das Finanzamt beantragt, den an das Finanzgericht gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung abzulehnen.

    Zur Begründung trägt es im Wesentlichen Folgendes vor:

    Der Antragsteller habe in seiner Einkommensteuererklärung für 2002 die erhaltene Entschädigungszahlung als Bruttoeinnahme angesetzt. Die geltend gemachten Ausgaben umfassten auch die von M N in Rechnung gestellten Beträge.

    Anlässlich einer Fahndungsprüfung im Jahre 2010 sei festgestellt worden, dass die an M N und an die Firma O GmbH gezahlten Beträge nicht abziehbar seien, weil die in den Rechnungen aufgeführten Leistungen nicht erbracht worden seien. Die Steuerfahndung habe weder Verträge, Gutachten noch sonstige Unterlagen finden können, welche die abgerechneten Leistungen hätten belegen können. Im Ergebnis seien die Zahlungen nur für eine entsprechende Einflussnahme des M N gezahlt worden; sie seien gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähig. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG dürfen die Zuwendungen von Vorteilen und damit zusammenhängende Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Zuwendungen der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellen, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Dieses Abzugsverbot betreffe nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Zahlung von Schmier- und Bestechungsgeldern. Es verweise auf das BMF-Schreiben vom 10.10.2002, BStBl. I 2002, 1031. Das Abzugsverbot greife bereits dann ein, wenn mit der Zuwendung objektiv gegen das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht verstoßen werde. Auf ein schuldhaftes Verhalten des Zuwendenden oder dessen Verurteilung komme es nicht an.

    Im Streitfall seien die Voraussetzungen des Straftatbestandes der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 2 StGB gegeben. Der Antragsteller habe für die Abwicklung des Objektes Sstrasse ebenso wie in mehreren weiteren, hier nicht streitigen Fällen, M N im Hinblick auf seine Stellung und seine Einflussmöglichkeiten für eine bevorzugte Behandlung Gegenleistungen versprochen und auch bezahlt.

    Unbeachtlich für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG sei es, dass die Mietverträge seitens Y nicht von M N unterzeichnet worden seien und dass der Sachverhalt bezüglich des Objekts Sstrasse strafrechtlich bereits verjährt sei.

    Bei dem Objekt Sstrasse sei der Antragsteller durch die Einflussnahme des M N gegenüber anderen Anbietern bevorzugt worden. Durch die entscheidende Einflussnahme des M N gegenüber der G, durch sein Dringen auf die kurzfristige Auflösung des Mietvertrags zwischen Y und dem Antragsteller gegen eine Entschädigungszahlung, durch die der Abschluss eines neuen Vertrages zwischen G und Y erst ermöglicht werden sollte, habe der Antragsteller die Entschädigungszahlung erst vereinnahmen können und M N hieran wieder in der üblichen Weise beteiligen müssen.

    Die von M N veranlasste Rechnungsstellung der O GmbH sei insgesamt unrichtig. In allen bisherigen Stellungnahmen sei vorgebracht worden, dass M N die Leistungen erbracht habe. Von Leistungen der O GmbH sei nicht die Rede gewesen. Es sei auch nicht ersichtlich, was die O GmbH vermittelt habe. Bei der O GmbH seien keine weiteren Unterlagen hierzu gefunden worden.

    Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung eine unbillige Härte darstellen würde, seien weder konkret vorgetragen worden, noch aus den Akten ersichtlich. Der Antragsteller habe keine Angaben zu seiner aktuellen Vermögenslage gemacht, eine Vermögensaufstellung sei nicht vorgelegt worden. Eine Einschränkung des gewohnten Lebensstandards oder eine zur Bezahlung von Steuern notwendige Kreditaufnahme begründe noch keine unbillige Härte.

    Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die vom Finanzamt in den Verfahren vorgelegten Stellungnahmen verwiesen.

    Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Verfahrens durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).



    Gründe
    II.

    Der zulässige Antrag ist nur zum Teil begründet.

    1. Der bei Gericht gemäß § 69 Abs. 3 FGO gestellte Antrag ist zulässig. Der Antragsteller hat gegen den Änderungsbescheid für Einkommensteuer vom 19.11.2010 fristgerecht Einspruch eingelegt, sodass der Verwaltungsakt nicht bestandskräftig geworden ist.

    Auch die allgemeinen und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen und die Zugangsvoraussetzung nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO sind erfüllt. Das Finanzamt hat einen bei der Behörde gestellten Aussetzungsantrag mit Bescheid vom 01.02.2011 abgelehnt; das genügt der Zugangsvoraussetzung. Eine einmalige Ablehnung durch das Finanzamt reicht aus, selbst wenn – wie im Streitfall – noch aufgrund eines zulässigen Einspruchs das Aussetzungsverfahren ebenso beim Finanzamt weiter betrieben wird (vgl. Pahlke/Koenig, AO-Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 361 Rz 156, Gräber/Koch, FGO-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 69 Rz 12).

    2. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen bei der gebotenen überschlägigen Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts und der präsenten Beweismittel jedenfalls zum Teil ernsthafte Zweifel.

    Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (BFH-Beschluss vom 18.05.2001 VIII B 25/01, BFH/NV 2001,1119).

    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nur erfüllt, soweit Werbungskosten aus der Rechnung des M N vom 14.06.2002 in Höhe von 142.343,66 € einschließlich der Umsatzsteuer begehrt wird.

    A.Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Denn gemäß § 47 AO erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis insbesondere durch die Festsetzungsverjährung gemäß §§ 169 ff AO. Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Einkommensteuer regelmäßig vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt laut § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Eine Ablaufhemmung tritt unter den maßgeblichen Umständen des Streitfalles ein, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Steuerfahndung beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen beginnt. Die Festsetzungsfrist läuft dann insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Das gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist (vgl. § 171 Abs. 5 AO).

    Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind jedoch nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).

    B.Für den Streitfall ist nach diesen Grundsätzen zunächst darauf hinzuweisen, dass die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren hinsichtlich der streitbefangenen Einkommensteuer für 2002 im Zeitpunkt des Beginns der strafprozessualen Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller bereits abgelaufen war. Denn der Antragsteller hatte die maßgebliche Einkommensteuerjahreserklärung für 2002 am 07.04.2004 bei dem Finanzamt eingereicht, sodass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2004 begann und mit Ablauf des 31.12.2008 verstrichen war. Damit war zu diesem Zeitpunkt die nicht angefochtene Steuerfestsetzung sowohl formell als auch materiell bestandskräftig geworden. Zu diesem Zeitpunkt entfiel auch der Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 4 AO). Da die Ermittlungsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller erst mit der Durchsuchung am 19.01.2010 begannen, war auch mit Ablauf des 31.12.2009 die fünfjährige Festsetzungsfrist wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung im Sinne von § 378 AO verstrichen.

    3. Unter diesen Voraussetzungen war das Finanzamt zur Änderung der Steuerfestsetzung in dem Bescheid vom 19.11.2010 nur berechtigt, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt geworden sind, die zu einer höheren Steuer führen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) und soweit dieser Sachverhalt als Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 AO zu bewerten ist, weil der Antragsteller der Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat bzw. er die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und er dadurch Steuern verkürzt hat.

    Danach bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides jedenfalls ernstliche Zweifel, soweit das Finanzamt die Werbungskosten in Höhe von 142.344 € aus der Rechnung des Sachverständigenbüros M N vom 14.06.2002 nicht mehr zum Abzug zugelassen hat. Jedenfalls insoweit ist die Berechtigung zur Fehlerberichtigung zweifelhaft (vgl. Pahlke/Koenig, a.a.O., § 173 Rz. 167).

    A.Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG). Soweit die Aufwendungen mit einer konkreten auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit in einem ausreichend bestimmten Zusammenhang stehen, sind sie als vergebliche Werbungskosten abziehbar, wenn die Einnahmeerzielung letztlich nicht gelingt (vgl. von Beckerath in Kirchhof, EStG-Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 9 Rz. 25 m. N. d. Rspr.).

    Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 dürfen folgende Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern: Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Die Vorschrift ist gemäß § 9 Abs. 5 EStG auch für Werbungskosten im Bereich der Überschusseinkunftsarten anzuwenden.

    Für das Abzugsverbot genügt bereits die Erfüllung des objektiven Tatbestandes; auf eine Tatverfolgung oder gar Bestrafung kommt es nicht an (vgl. Wied in Blümich, EStG-Kommentar, § 4 Rz. 905). Ein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug scheidet insbesondere dann aus, wenn die Zahlung den Straftatbestand des § 299 Abs. 2 StGB verwirklicht (vgl. Wied in Blümich, a.a.O., § 4 Rz. 906; Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 4 Rz. Q 73 [Stand: September 2009]; Crezelius in Kirchhof, a.a.O., § 4 Rz. 229).

    Bestraft wird gemäß § 299 Abs. 2 StGB derjenige, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge. Geschütztes Rechtsgut ist danach die Sicherung eines freien Wettbewerbs (vgl. Fischer, StGB-Kommentar, 58. Aufl. 2011, § 299 Rz. 2; BMF-Schreiben vom 10.10.2002, BStBl. I 2002, 1031 Tz. 25). Tathandlung der aktiven Bestechung im Sinne von § 299 Abs. 2 StGB ist die Gewährung eines Vorteils für die unlautere Bevorzugung gegenüber einem Konkurrenten (vgl. Fischer, a.a.O., § 299 Rz. 15, 16, 19, 20).

    B.Nach diesen Grundsätzen bestehen bei der im Antragsverfahren gebotenen überschlägigen Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Abzugsverbotes nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG erhebliche rechtliche Zweifel, ob dieses im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn der Antragsteller hat mit seiner Bezahlung der von M N gestellten Rechnung wohl gerade nicht erreicht, dass er gegenüber einem Mitkonkurrenten bevorzugt worden ist. Zwar fordert der objektive Tatbestand der aktiven Bestechung nicht, dass tatsächlich ein Wettbewerb vorliegt oder vorgelegen hat (vgl. Fischer, a.a.O., § 299 Rz. 21). Aber im Streitfall hat der Antragsteller M N an einer Abstandszahlung beteiligt, die der Antragsteller mit dem Mitbewerber, der Firma G, vereinbart hat und die ihm von dem Mitbewerber bezahlt worden ist, damit er den mit der Handelsfirma Y bereits am 06.06.2000 für die Dauer von 15 Jahren geschlossenen Mietvertrag wieder aufhebe. Ob ein solches Verhalten unter den objektiven Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB fällt, begegnet erheblichen Zweifeln. Dem Berichterstatter ist nicht ersichtlich, dass ein vergleichbarer Sachverhalt gerichtlich bereits entschieden wurde. Im Streitfall ist nach Aktenlage nicht geklärt, ob die konkret zu beurteilende Zahlung auf einer Unrechtsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und M N beruht, die ihm den Vorteil einer künftigen unlauteren Bevorzugung sichern sollte (vgl. Fischer, a.a.O., § 299 Rz. 13). Für die Annahme einer Vorverlagerung einer unlauteren Bevorzugung des Antragstellers allgemein bei Projekten der Unternehmensgruppe X und insbesondere einer Bevorzugung hinsichtlich des Objekts Sstrasse in T reichen die tatsächlichen Feststellungen nicht aus (vgl. hierzu BGHSt 49, 214). Es ist nicht geklärt, ob bei Vertragsschluss am 06.06.2000 andere Mitbewerber des Antragstellers benachteiligt worden sind.

    Die tatsächlichen Feststellungen legen auch nicht nahe, dass M N den Antragsteller dauerhaft in der Weise beraten und unterstützt hätte, dass er regelmäßig über Angebote von Mitkonkurrenten informiert und somit in der Lage war, günstigere Vertragsbedingungen als seine möglichen Mitbewerber anzubieten (vgl. hierzu BGH-Beschluss vom 14.07.2010, Az. 2 StR 200/10, wistra 2010, 447).

    Auch in der Rechtsprechung zu § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG finden sich keine veröffentlichten Entscheidungen, die es nahe legen würden, den vorliegenden Sachverhalt ohne Zweifel dem Abzugsverbot zu unterwerfen (vgl. FG Köln EFG 2012, 286; BGHSt 55,288; BFHE 220, 348; FG Münster EFG 2010, 2053).

    C.Im Übrigen liegen -wohl unstreitig- die Voraussetzungen des Werbungskostenabzugs nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Der Antragsteller beabsichtigte mit der dauerhaften Vermietung der Immobile Sstrasse in T Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 EStG zu erzielen. Die Umstände des Streitfalles, dass der Antragsteller aufgrund der Eigentumsverhältnisse die Mietvereinbarungen zunächst nicht im Rahmen seiner Unternehmen, sondern privat abschloss, und dass die Vermietung letztlich scheiterte, führen nicht dazu, eine Absicht zur Einkünfteerzielung zu verneinen.

    D.Unter diesen Umständen ist es daher fraglich, ob die Ermittlungen der Steuerfahndung neue Tatsachen nachträglich bekannt machten, die eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertigen konnten. Denn es waren sowohl die Planung des Immobilienobjekts T, Sstrasse durch den Antragsteller, als auch die entsprechenden Vertragsgestaltungen, insbesondere die Abstandszahlungen durch die Firma G, und auch die Rechnungsstellung durch M N bereits aufgrund der Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahre 2002 bekannt. Insoweit kann auf die Feststellungen in dem Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 07.01.2003 verwiesen werden.

    Zwar ist zur Beurteilung der Frage, ob eine Tatsache nachträglich bekannt geworden ist, auf die Kenntnis des zuständigen Veranlagungsbezirkes abzustellen (vgl. Pahlke/Koenig, a.a.O., § 173 Rz. 45). Für den Streitfall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Prüfer die Rechnungen an den Antragsteller zur Kenntnis erhalten hatte und aufgrund seiner Feststellungen in dem Prüfungsbericht der Vorsteuerabzug erstmals aufgrund des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für das 2. Kalendervierteljahr 2002 vom 20.01.2003 gewährt worden ist. In seiner Umsatzsteuererklärung vom 07.04.2004 hat der Antragsteller die damals festgesetzten Besteuerungsgrundlagen im Wesentlichen nur wiederholt und zudem erläutert.

    Auch in seinen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2001, 2002 und 2003 stellte der Antragsteller die Umstände der beabsichtigten und fehlgeschlagenen Vermietung jedenfalls in den wesentlichen Teilen dar.

    Es ist daher im für das Antragsverfahren maßgeblichen summarischen Prüfungsverfahren davon auszugehen, dass in Bezug auf die Rechnung des Sachverständigenbüros M N vom 14.06.2002 im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung keine neue Tatsache nachträglich bekannt geworden ist und der Antragsteller insoweit die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen nicht in Unkenntnis gelassen oder über die maßgeblichen Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat (vgl. § 173 Abs. 1 Nr. 1, 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO). Eine Änderung der rechtlichen Beurteilung des wirtschaftlichen Vorgangs als strafbare Handlung durch Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 StGB), wie sie von der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird, stellt keine neue Tatsache i.S.v. § 173 Abs. 1 AO dar (vgl. Pahlke/Koenig, a.a.O., § 173 Rz 12).

    4. Anders verhält es sich hingegen bezüglich der Umstände, die zur Rechnungsstellung der Firma O GmbH an den Antragsteller geführt haben. Insoweit hat das Gericht keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsteller die Finanzbehörde bewusst und gewollt über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat und damit eine vorsätzliche Steuerverkürzung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vorliegt. Denn der Antragsteller hat offensichtlich weder den Umsatzsteuersonderprüfer bei Prüfungsbeginn am 11.11.2002, noch die Veranlagungsstelle bei Abgabe der Umsatzsteuer- bzw. der hier streitbefangenen Einkommensteuererklärung für 2002 im Jahre 2004 darüber informiert, dass die von der Firma O GmbH in Rechnung gestellte Vermittlungsleistung tatsächlich nicht von ihr, sondern allenfalls von M N persönlich erbracht worden sein konnte. Die in der Rechnung vom 14.06.2002 beschriebenen Vermittlungsleistungen hinsichtlich des Objekts Sstrasse konnten nämlich nur mit Blick auf die Vereinbarung mit der Firma G vom 03.05.2002 und mit der Aufhebungsvereinbarung vom 07.05.2002 mit der Firma Y erbracht worden sein, also zu einem Zeitpunkt, als die Rechnungsstellerin O GmbH noch gar nicht existiert hatte. Diese wurde erst mit dem Gesellschaftsvertrag vom 13.06.2002 gegründet und am 13.08.2002 in das Handelsregister eingetragen.

    Ein Werbungskostenabzug aus einer Rechnung einer Firma, die im Zeitpunkt der angeblichen Leistungserbringung noch gar nicht existiert hatte, ist jedoch ausgeschlossen, weil sie diese Leistung gar nicht erbracht haben kann. Daher kann eine vertragliche Verpflichtung aus Vermittlungsleistungen, wie sie in der Rechnung der Firma O GmbH vom 14.06.2002 beschrieben ist, zivilrechtlich nicht wirksam zwischen dem Antragsteller und der GmbH bzw. deren Geschäftsführerin J vereinbart worden sein, weil die GmbH erst am 13.06.2002 vertraglich gegründet und am 13.08.2002 durch Eintragung in das Handelsregister entstanden ist. Der am 14.06.2002 in Rechnung gestellte Honoraranspruch kann daher allenfalls auf einer mit M N persönlich vereinbarten Leistung beruhen. Eine Vermittlungsleistung der Firma O GmbH hinsichtlich des Objekts Sstrasse ist dagegen ausgeschlossen.

    Insoweit hat das Gericht auch keine ernstlichen Zweifel, dass eine Festsetzungsfrist von zehn Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO wegen Steuerhinterziehung besteht. Die Festsetzungsfrist begann aufgrund der Abgabe der Steuererklärung am 07.04.2004 mit Ablauf des 31.12.2004 (vgl. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und endet erst mit Ablauf des 31.12.2014. Innerhalb dieser Frist hat das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung mit dem Bescheid vom 19.11.2010 geändert. Da somit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war, braucht nicht entschieden zu werden, ob irgendwelche Maßnahmen der Steuerfahndung zu einer Ablaufhemmung im Sinne von § 171 Abs. 4 bzw. Abs. 5 AO geführt haben können.

    5. Über den von der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2002 vom 19.11.2010 unter Berücksichtigung des Aufteilungsbescheides vom 25.02.2011 ausgesetzten hinausgehenden Betrag kommt eine Aussetzung nicht wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO in Betracht.

    Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinn dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Zahlungspflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes wirtschaftliche Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (BFH-Beschlüsse vom 21.02.1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510; vom 05.03.1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

    Jedoch sind auch bei der Beurteilung einer Unbilligkeit der Vollziehung die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Sind danach Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nahezu ausgeschlossen, so ist die Aussetzung selbst dann zu versagen, wenn die Vollziehung der Bescheide möglicherweise zu einer unbilligen Härte führen würde (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz. 107).

    So liegt es im Streitfall. Bei der Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen unter Berücksichtigung der vorliegenden Beweismittel ist ein Erfolg der Klage in der Hauptsache insoweit fast ausgeschlossen. Im Streitfall bestehen nahezu keine ernstlichen Zweifel, dass das Finanzamt im Hinblick auf die neuen Erkenntnisse bezüglich der Firma O GmbH berechtigt war, die Einkommensteuerfestsetzung zu ändern und den Werbungskostenabzug in Höhe von 355.859 € rückgängig zu machen.

    Im Übrigen hat der Antragsteller auch nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er durch die Vollziehung in seiner wirtschaftlichen Existenz ernstlich bedroht werde oder welche kaum mehr gutzumachenden Nachteile ihm entstehen würden, wenn er die geforderten und streitigen Einkommensteuern mit Zinsen und Solidaritätszuschlag von insgesamt 350.332 € begleichen müsste. Konkrete Nachweise über seine derzeit bestehenden Vermögensverhältnisse hat er nicht vorgelegt, sondern ihn möglicherweise treffende wirtschaftliche Nachteile nur behauptet und in den Raum gestellt.

    6. Demgegenüber sieht das Gericht aber auch keine Veranlassung, die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides in Höhe von ca. 73.000 € und Zinsen hierzu von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen (§§ 69 Abs. 2 Satz 3 FGO). Im Hinblick auf die vom Finanzamt dargestellten Vermögensverhältnisse und Einkunftsmöglichkeiten des Antragstellers sind keine Umstände ersichtlich, die die Realisierung des ausgesetzten Steueranspruchs im Falle eines Obsiegens des Finanzamts in der Hauptsache als gefährdet oder ernstlich erschwert erscheinen lassen (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz. 153).

    7. Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren, wie sie zuletzt vom Antragsteller beantragt wurde, kommt nicht in Betracht. Denn bei überschlägiger Prüfung bestehen Zweifel, ob es zu einer Ahndung des hier zu beurteilenden Sachverhalts als Straftat i.S.v. § 299 StGB oder als Steuerhinterziehung nach § 370 AO kommen wird. Die Zahlungen an M N veranlasste der Antragsteller am 20.06.2002, die Einkommensteuerjahreserklärung für 2002 reichte er am 07.04.2004 beim Finanzamt ein. Erst am 21.09.2009 wurden aber erstmals richterliche Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen erlassen (vgl. Ermittlungsbericht vom 15.04.2011 Tz. 2), die zu einer Unterbrechung der Verfolgungsverjährung führen konnten (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Zu diesem Zeitpunkt dürfte jedoch die fünfjährige Strafverfolgungsfrist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, die grundsätzlich für Taten nach §§ 299, 300 StGB und § 370 AO in Betracht kommt, bereits verstrichen gewesen sein.

    8. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 143 Abs. 1 FGO. Da der Antragsteller mit seinem Antrag zum Teil Erfolg hatte, waren die Verfahrenskosten im Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens zu teilen.

    RechtsgebieteFGO, AO, EStG, StGBVorschriftenFGO § 69 AO § 47 AO § 169 AO § 173 AO § 370 EStG § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG § 9 Abs. 5 StGB § 299