17.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122348
Finanzgericht München: Urteil vom 26.01.2012 – 14 K 2222/11
1. Die selbst nicht über eine Immobilie verfügende Steuerpflichtige ist nicht zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Einzelteile einer Photovoltaikanlage im Rahmen eines Investitionsmodells berechtigt, wenn schon im Zeitpunkt der Beststellung feststand, dass die Anlage an einen vorgegebenen Pächter langfristig verpachtet werden musste, eine anderweitige Nutzungsmöglichkeit ausgeschlossen war, die Steuerpflichtige auch keinerlei Einfluss auf den vom Pächter zu bestimmenden Standort der Anlage hatte, die Anlage vom Veräußerer unmittelbar an den Pächter ausgeliefert wurde und die Steuerpflichtige somit keine Verfügungsmacht an der Anlage erlangt hat, so dass keine zum Vorsteuerabzug berechtigende „Lieferung” i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG an die Steuerpflichtige vorlag.
2. Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist ein Vorgang tatsächlicher Natur. Entscheidend ist, dass der liefernde Unternehmer dem Abnehmer wirtschaftlich eine Position verschafft, die einem Eigentümer vergleichbar ist. Das ist der Fall, wenn der Leistende dem Abnehmer Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstandes zuwendet. Der Gegenstand der Leistung ergibt sich aus den Abmachungen der Beteiligten, wobei auf den wirtschaftlichen Kern des Vertragsverhältnisses abzustellen ist.
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2012 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb einer Photovoltaikanlage zu Recht abgelehnt hat.
Die Klägerin ist als Kleinunternehmerin im Bereich Partyservice, Organisation und Dekoration von Festen tätig. Am 20. Dezember 2010 reichte sie beim FA eine Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2010 ein, in der sie Vorsteuern von 9.500 EUR im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Photovoltaikanlage geltend machte. Außerdem übergab sie einen ausgefüllten Fragebogen zur Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage. Als Anlage beigefügt war eine Auftragsbestätigung der Firma X vom 11. November 2010 über den Kauf einer Photovoltaikanlage mit 13,15 kWp.
Auf Nachfrage der Umsatzsteuervoranmeldungsstelle übersandte die Klägerin am 24. Januar 2011 drei Rechnungen der Firma X. Die Rechnung vom 11. November 2010 (Nr. 20100227) lautete über einen Gesamtbetrag von 59.500 EUR mit einem ausgewiesenen Vorsteuerbetrag von 9.500 EUR. In zwei weiteren nachträglich von der X am 15. November 2010 und 15. Dezember 2010 erstellten Rechnungen (Nr. 20100228 über einen Gesamtbetrag von 50.000 EUR, Vorsteuer 7.983,19 EUR und Nr. 20100249 über einen Gesamtbetrag von 9.500 EUR, Vorsteuer 1.516,81 EUR) war der ursprüngliche Rechnungsbetrag von 59.500 EUR aufgeteilt worden.
Als Liefergegenstand waren Wechselrichter, Elektrik und Verteiler, Elektromaterial inklusive aller notwendigen Kabel, Stecker, Verteiler bis zum Zählerkasten, Zählerschrank, Zählerfeld, Zähler inklusive aller Schienen und Halterungen im Zählerschrank (Rechnung Nr. 20100249) sowie SN Solartechnics SN 50Wp Dünnschicht, Unterkonstruktion inklusive aller Aluminiumprofile, Klemmen, Edelstahlschrauben und Dachanbindungen (Rechnung Nr. 20100228) aufgeführt.
Außerdem reichte die Klägerin einen Pachtvertrag ein, den sie am 20. Dezember 2010 mit der Y geschlossen hatte. Als Gegenstand des Pachtvertrages wurde dabei nicht die Überlassung der Photovoltaikanlage in betriebsbereitem Zustand, sondern die Überlassung der Einzelteile vereinbart (§ 1 des Pachtvertrages). Ab Januar 2011 war ein monatlicher Pachtzins für 215 Monate von jeweils 541,67 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 102,92 EUR (gesamt 644,59 EUR) vereinbart worden. Die Firma Y hatte sich weiterhin verpflichtet, die Anlage an einem geeigneten Standort in Deutschland, insbesondere auf einem Dach oder in einem Solarpark, zu errichten und während der gesamten Dauer des Pachtverhältnisses die Funktionsfähigkeit der Photovoltaikanlage zu gewährleisten (§ 6 des Pachtvertrages). § 7 des Pachtvertrages enthält die Befugnis des Pächters, den Aufstellungsort der Anlage zu wechseln. Nach § 4 des Pachtvertrages verpflichtete sich die Klägerin u. a., die Photovoltaikanlage nach Ablauf des Pachtvertrages der Firma Y oder einem von dieser benannten Dritten zu einem Kaufpreis von 10.833,40 EUR anzubieten.
Da die Klägerin die angeforderten Nachweise über die Lieferung, insbesondere das Lieferdatum sowie den Standort, sowie zur Existenz bzw. Funktionstüchtigkeit der Photovoltaikanlage nicht vorlegte, lehnte das FA die Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs mit Bescheid vom 3. Mai 2011 mit der Begründung ab, dass es sich bei der Verpachtung einer Photovoltaikanlage nicht um eine selbständige unternehmerische Tätigkeit nach § 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung handle.
Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg, er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr das FA zu Unrecht den Vorsteuerabzug versage. Sie habe eine Photovoltaikanlage nach dem Konzept Z erworben. Das Konzept biete Privatinvestoren, die nicht Eigentümer einer Immobilie als Standort für eine Photovoltaikanlage seien, die Möglichkeit, dennoch Eigentum an einer Photovoltaikanlage zu erwerben und entsprechende Einnahmen zu erzielen.
Bereits im Rahmen der Bestellung der Photovoltaikanlage bei der Firma X am 8. November 2011 sei unter Punkt 1.4. der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den beabsichtigten Abschluss des Pachtvertrages verwiesen worden. Die Firma X habe sich zur Übereignung einer Photovoltaikanlage bestehend aus mehreren Komponenten verpflichtet, nicht jedoch zu dem Aufbau der Anlage. Die Übereignung sei durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts erfolgt, dabei sei die Zuordnung der einzelnen Komponenten anhand der jeweiligen Seriennummern sichergestellt gewesen.
Die Photovoltaikanlage sei durch direkte Übergabe an die Pächterin ausgeliefert worden. Im Lieferschein der Firma X vom 22. Dezember 2010 seien die einzelnen Liefergegenstände und insbesondere die Seriennummern der Solarmodule näher aufgelistet. Es sei ausdrücklich vermerkt, dass die Ware im Kundenauftrag direkt an die Pächterin ausgehändigt werde. Die Pächterin habe die Anlage in P als Dachanlage auf dem Gebäude Dorfstraße 68 aufgebaut. Die Klägerin habe von der P ächterin hierzu am 31. Mai 2011 ein Projektexposé erhalten, aus dem sich genau ergäbe, auf welchem Teil der Dachfläche sich ihre Photovoltaikanlage befände.
Mit der Verpachtung der Anlage sei die Klägerin als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes anzusehen, da sie nach den Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) als Steuerpflichtige eine Nutzungsüberlassung ausübe. Bei den jährlichen Pachteinnahmen von brutto 7.735,08 EUR handle es sich um einen nicht unerheblichen Betrag. Damit erfülle sie die Vorgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der neben der Dauer der Vermietung oder Verpachtung auch die Höhe der Einnahmen für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft heranziehe.
Im Übrigen sei die Verpachtung der Photovoltaikanlage auch nicht mit dem bloßen Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen zu vergleichen, bei der es sich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht um eine wirtschaftliche Tätigkeit handle, weil eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung auf dem bloßen Eigentum an dem Gegenstand beruhe, teilweise vom Zufall abhinge und entsprechend regelmäßig gewinnabhängig gezahlt würde.
Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 der MwStSystRL gelte als wirtschaftliche Tätigkeit auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasse. Maßgebend sei danach die Dauerhaftigkeit der Einnahmen, denen regelmäßig ein Dauerschuldverhältnis zugrunde liege, welche das regelmäßige Fließen der Einnahmen begründe. Das Unterhalten eines Geschäftsbetriebs sei insoweit kein notwendiges Merkmal einer unternehmerischen Tätigkeit. Daher sei die langfristige Vermietung oder Verpachtung eines einzelnen beweglichen Gegenstandes grundsätzlich als unternehmerisch anzusehen.
Das FA stelle zu Unrecht die Unternehmereigenschaft der Klägerin in Frage, weil sich die Verpachtung auf die Einzelteile beschränke und Beschaffung, Transport und Zusammenbau der Anlage auf Risiko des Pächters erfolge. Dabei werde jedoch verkannt, dass diese Regelung gewählt worden sei, um den Vertrag mit der Firma X klar als Kaufvertrag und nicht als Werkvertrag auszugestalten, da ansonsten die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bzw. die Bestimmung des Leistungsortes schwierig würde. Außerdem sollte die Klägerin so gestellt werden, als ob sie eine bereits zusammengesetzte Anlage erworben habe.
Auch wenn das ordentliche Kündigungsrecht der Klägerin im Pachtvertrag ausgeschlossen sei, bestünde ein außerordentliches Kündigungsrecht, beispielsweise bei einem Rückstand von zwei Pachtzahlungen oder im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz des Pächters.
In erster Linie sei jedoch eine lange Laufzeit des Pachtvertrages sowohl von der Klägerin als auch von der Pächterin gewünscht, ebenso habe der Gesetzgeber die Vergütungszeit für Solarstrom auf 20 Jahre festgeschrieben, um eine langfristige Förderung erneuerbarer Energien zu erreichen. Im Übrigen unterstreiche auch die lange Nutzungsdauer die Nachhaltigkeit der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin, die im Gegenzug dazu wegen des Ausschlusses eines Inflationsausgleichs insoweit das unternehmerische Risiko trage.
Die Klägerin beantragt,
das FA unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2011 sowie der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, die Umsatzsteuer für Dezember 2010 auf einen Negativbetrag von 9.500 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend teilt es mit, dass erstmals im Klageverfahren ein „Projektexposé” der Firma Y vorgelegt worden sei und deswegen Zweifel bestünden, ob die Photovoltaikanlage vor dem 31. Mai 2011 als solche überhaupt vorhanden gewesen sei. Im Übrigen sei anhand der konkreten vertraglichen Gestaltung des Geschäftsmodells davon auszugehen, dass es sich um ein Investitionsmodell, mithin um eine Kapitalanlage handle. Für dieses Konzept spreche auch, dass die Vermittlung bei einem Hausbesuch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung in der Kombination mit Bauspardarlehen vorgenommen worden sei. Da die Pachtzahlungen offenbar unabhängig von der Nutzung der Anlage erfolgten, bestehe für die Klägerin auch kein Unternehmerrisiko.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Der beantragte Vorsteuerabzug wurde vom FA zu Recht versagt.
Ein Unternehmer kann die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, gemäß § 15 Abs. 1 UStG als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin die im Streitfall bezogenen Eingangsleistungen für Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwendet hat. Der geltend gemachte Vorsteuerabzug i.H.v. 9.500 EUR aus den Rechnungen vom 15. Dezember und 15. November 2010 wurde vom FA jedenfalls deshalb zu Recht versagt, weil keine Lieferung der in den Rechnungen ausgewiesenen Gegenstände an die Klägerin erfolgt ist.
Eine Lieferung liegt nach § 3 Abs. 1 UStG vor, wenn ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Diese Regelung setzt Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (jetzt Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL) in nationales Recht um. Das Gemeinschaftsrecht definiert als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bezieht sich der Begriff „Lieferung eines Gegenstands” nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen. Er umfasst vielmehr jede Übertragung eines Gegenstandes durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (z.B. EuGH-Urteile vom 15. 12. 2005, C-63/04, Centralan Property Ltd, UR 06, 20 und vom 6. Februar 2003 – C-185/01 – Auto Lease Holland BV, UR 2003, 137).
Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist ein Vorgang tatsächlicher Natur (vgl. Martin in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer § 3 Rz 42). Er trifft zwar regelmäßig mit der bürgerlichrechtlichen Eigentumsübertragung zusammen, ist aber von diesem innerstaatlichen Rechtsvorgang unabhängig (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Februar 1990 – C-320/88 – Shipping and Forwarding Enterprise Safe BV, DB 1991, 80). Entscheidend ist, dass der liefernde Unternehmer dem Abnehmer wirtschaftlich eine Position verschafft, die einem Eigentümer vergleichbar ist, insbesondere einen entsprechenden Herrschaftswillen ausüben kann. Das ist der Fall, wenn der Leistende dem Abnehmer Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstandes zuwendet (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH, z.B. BFH-Urteil vom 12. November 2008 – XI R 46/07 – BStBl. II 2009, 558, Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG § 3 Anm. 595). Der Gegenstand der Leistung ergibt sich aus den Abmachungen der Beteiligten, abzustellen ist auf den wirtschaftlichen Kern des Vertragsverhältnisses (BFH-Urteil vom 12. Mai 1993 XI R 56/90, BStBl II 1993, 847).
Im Streitfall bestehen bereits erhebliche Bedenken dahingehend, ob die Firma X ihrerseits die Verfügungsmacht an den Bauteilen der Photovoltaikanlage innehatte und sie an die Klägerin weiter übertragen konnte. Denn die ursprünglich von der Firma Y erworbenen Bauteile befanden sich bis zu ihrem Einbau auf den jeweiligen Dächern oder Freiflächen stets in einer von der Firma Y angemieteten Lagerhalle, während sie von dieser zunächst an die Firma X und von der Firma X weiter an die Klägerin verkauft wurden, bevor sie sodann von der Klägerin an die Firma Y verpachtet worden sind. Es ist daher bereits aus diesem Grund fraglich, ob die Firma Y die von ihr installierte Photovoltaikanlage nutzen kann, weil die Firma X die Bauteile der Anlage als Lieferempfängerin der Klägerin und diese die Bauteile sogleich wieder an die Firma Y zur Nutzung überlassen hat – was einen Umweg bedeutet hätte – oder, ob dies nicht Ausdruck der bei der Y verbleibenden Position ist, wie ein Eigentümer über den Substanzwert der Photovoltaikanlage zu verfügen.
Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass die Firma X über die Bauteile der Photovoltaikanlage wie ein Eigentümer verfügen konnte, wurde der Klägerin selbst jedenfalls keine Verfügungsmacht daran eingeräumt.
Ungeachtet der zivilrechtlichen Eigentumsübertragung wurde an die Klägerin keine Lieferung im Sinne des § 3 UStG bewirkt, da sie nicht in die Lage versetzt worden ist, über die Photovoltaikanlage bzw. deren einzelnen Bauteile nach Belieben zu verfügen und unmittelbar auf diese zuzugreifen. Aufgrund der – nicht nur zeitlichen – Verknüpfung des Kauf- und Pachtvertrages ist der Senat der Überzeugung, dass die Parteien des Kaufvertrages überhaupt nicht beabsichtigt hatten, der Klägerin die Verfügungsmacht über die Photovoltaikanlage einzuräumen. Der wirtschaftliche Gehalt der getroffenen Vereinbarungen in Kauf- und Pachtvertrag hat – wie die Klägerin selbst einräumt – vielmehr in der Finanzierung des Erwerbs der Photovoltaikanlage und darüber hinaus in der Sicherung der Klägerin durch das zivilrechtliche Eigentum an der Anlage bzw. ihrer Teile bestanden.
So stand schon im Zeitpunkt der Bestellung der Photovoltaikanlage am 8. November 2010 fest, dass diese vom Besteller – der Klägerin – anschließend an die Firma Y weiterverpachtet wird (vgl. Punkt 1.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Lieferungen und Leistungen der Firma X). Auch der Pachtvertrag zwischen der Klägerin und der Firma Y, der von der Klägerin ebenfalls am 8. November 2011 unterzeichnet worden ist, enthält die Vorbemerkung, dass der Eigentümer die Photovoltaikanlage kauft, um sie an den bereits feststehenden Pächter, die Firma Y, zu verpachten. Die Verpachtung an einen anderen Pächter bzw. eine andere Verwendung der Anlage, beispielsweise der Weiterverkauf oder die Errichtung auf eigenen Flächen, war somit ausgeschlossen. Für die Klägerin bestand kein Zugriffsrecht auf die Photovoltaikanlage, sie war in ihren Entscheidungen gebunden und konnte nicht frei über die Photovoltaikanlage verfügen und auch keinen entsprechenden Herrschaftswillen ausüben.
Auch aus der Vereinbarung in § 1.2 des Pachtvertrages, nach der die Anlage „an einem geeigneten Standort … in Deutschland” vom Pächter installiert werde, wird deutlich, dass der Klägerin ein „tatsächliches Einwirken auf den Gegenstand” nicht möglich war und ist (vgl. Nieskens in Rau-Dürrwächter, UStG § 3 Rz 623). Vielmehr ist nur der Pächter, der nach § 7 des Pachtvertrages auch den Aufstellungsort wechseln darf, berechtigt, sowohl über den Aufbau der Anlage als auch über ihren Standort zu bestimmen. Der Klägerin selbst wurde der genaue Standort der Photovoltaikanlage erst mit dem am 31. Mai 2011 erstellten Projektexposé von der Pächterin mitgeteilt. Vorher hatte sie weder Kenntnis über den Standort der Anlage noch irgendeine Zugriffsmöglichkeit. Darüber hinaus oblag nach § 6.1 des Pachtvertrages auch der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Photovoltaikanlage, insbesondere die Wartung, Reparatur und gegebenenfalls Erneuerung der Anlage, nicht der Klägerin als Verpächterin, sondern der Firma Y als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft.
Hinzu kommt, dass sich die Klägerin entsprechend der in § 4 des Pachtvertrages vereinbarten Andienungsverpflichtung verpflichtet hatte, die Photovoltaikanlage nach Beendigung des Pachtverhältnisses dem Pächter oder einem von diesem zu benennenden Dritten zu einem bereits bestimmten Preis zu verkaufen. Aufgrund dieser Vereinbarung ist es der Klägerin auch nach Ablauf des Pachtvertrages nicht möglich, über die Anlage zu disponieren und sie nach eigenem Willen und Gutdünken zu gebrauchen. Sie ist vielmehr auch insofern von den Vorgaben der Firma Y abhängig.
Da der Klägerin somit zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich eine Position verschafft worden ist, die einem Eigentümer vergleichbar ist, liegt eine Lieferung im Sinne des § 3 UStG nicht vor. Ein Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen kommt daher nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).