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  • 08.01.2013

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 06.09.2012 – 2 K 232/11

    Zur Haftung des maßgeblich lenkend an einem Umsatzsteuerkarussell mitwirkenden Geschäftsführers einer am Ende der deutschen Rechnungskette stehenden Firma wegen Steuerhinterziehung für die nach § 14c Abs. 2 UStG bestehenden Umsatzsteuerschuld der in der Rechnungskette davor liegenden Firma.


    Tatbestand

    Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid für Umsatzsteuern.

    Er war Geschäftsführer der A Marketing GmbH mit Sitz in B (im Folgenden: A). Die Steuerfahndung Hamburg führte in den Jahren 2007 und 2008 gegen insgesamt 18 Personen - zu denen auch der Kläger gehörte - Ermittlungen aufgrund des Verdachts der gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung im Rahmen organisierter Vorsteuererschleichung in den Jahren 2006 und 2007 durch.

    Durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2009 (...) wurde der Kläger wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts wirkte der Kläger zusammen mit anderen Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen April 2006 bis September 2007 an einem gut organisierten Umsatzsteuerhinterziehungssystem mit, in das die Firma A einbezogen worden war. Das Hinterziehungssystem habe aus zwei Rechnungsketten bestanden, die als Quer- und Standardgeschäft bezeichnet worden seien. Das Quergeschäft habe der eigentlichen Umsatz- und Vorsteuerhinterziehung gedient. Über das Standardgeschäft seien die Umsatzsteuergewinne aus dem Quergeschäft verdeckt an ... Täter weitergeleitet worden. Zugleich habe dieses Geschäft der Verschleierung des eigenen Beuteanteils sowie der eigenen Tatbeteiligung gedient. Der Firma A sei dabei eine Schlüsselposition zu gekommen. Bei ihr sei die Geltendmachung und zuletzt auch die Auszahlung der zu Unrecht ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerguthaben erfolgt. Zudem sei sie sowohl im Quer- als auch im Standardgeschäft eingebunden gewesen, so dass zugleich die Weiterleitung der aus dem Quergeschäft erlangten Vorsteuern an die ... Täterseite durch sie über die Rechnungskette des Standardgeschäfts erfolgt sei.

    Im Quergeschäft hätten die Angeklagten durch die Konstruktion der Rechnungskette dafür gesorgt, dass die erste deutsche Firma in der Kette, die keine Umsatzsteuererklärungen habe abgeben sollen und auch nicht abgegeben habe, nicht der Firmengruppe A nach außen zuzuordnen gewesen sei und zudem nicht dieser Firmengruppe zugehörige Firmen als Rechnungsaussteller unmittelbar vorgelagert gewesen seien. Der Kläger sowie andere Angeklagte hätten auf diese Weise ihre Kenntnis und damit ihre Zuordnung zu dem auf Steuerhinterziehung angelegten Betrugssystem verschleiern wollen.

    Die innerstaatliche Rechnungskette im Quergeschäft habe von Juni bis September 2007 wie folgt ausgesehen:

    C GmbH (im Folgenden: C) - D GmbH - E Vertriebs- und Handels GmbH (im Folgenden: E) - A

    Die erste Firma in der Rechnungskette, die C, habe tatsächlich keinen Handel betrieben, sondern lediglich Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erstellt, ohne die dadurch entstandene Umsatzsteuer anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Die nachfolgenden Firmen hätten die Waren mit einem geringen Aufpreis weiterfakturiert. Die Firma A habe die Waren dann ... Firmen in Rechnung gestellt und zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerguthaben geltend gemacht, ohne - wegen des Verkaufs ins europäische Ausland - eigene Umsatzsteuern anmelden zu müssen.

    Der Kläger habe mit der Firmengruppe A, zu der auch die Firmen F GmbH und Co. KG und die Firma G Handels GmbH gehört hätten, die Unternehmen und jeweils eine bestehende Unternehmensinfrastruktur eingebracht, mit Hilfe derer die Tat überhaupt hätte begangen werden können. Er habe zudem die Finanzplanung vorgenommen und die letzte Entscheidungsgewalt für seinen Einflussbereich gehabt.

    Im Umsatzsteuerhinterziehungsystem A habe sich der Schaden auf insgesamt rund ... € zu Unrecht angemeldeter und erstatteter Vorsteuern in der Zeit von April 2006 bis September 2007 mit Ausnahme der Monate Juli und September 2006 belaufen. Der Kläger habe bewirkt, dass das Finanzamt zu Unrecht Vorsteuern für die Firma A in Höhe dieses Betrags festgesetzt habe.

    Die Taten seien aus der Unternehmensgruppe A heraus begangen und gesteuert worden. Der Kläger sei Geschäftsführer sämtlicher Gesellschaften gewesen, die zu der Firmengruppe gehört hätten. Ihm sei eine Zentralstellung zugekommen. Er sei derjenige gewesen, der die formellen Verträge mit den an dem System beteiligten Unternehmen unterzeichnet habe. Er habe die Finanzkontrolle wahrgenommen und die Verteilung des Umsatzsteuergewinns mit dem anderweitig verfolgten H abgestimmt. Hierfür habe er auch die Rechnungsbeträge des Quer-und Standardgeschäfts sowie die Anmeldung der Vorsteuern überwacht. Auch habe er sich von Anfang an mithilfe der Angeklagten J und K um eine buchhalterisch scheinbar ordnungsgemäße Beleglage der Geschäfte gekümmert.

    Durch das Umsatzsteuerhinterziehungssystem habe der Kläger als Geschäftsführer der Firma A im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Angeklagten L, J und K die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der Firma A beim Finanzamt ... für den Zeitraum April bis Juni 2006, August 2006 und Oktober 2006 bis September 2007 bewirkt, in denen Vorsteuern aus Eingangsrechnungen der Firma A im Quergeschäft geltend gemacht worden seien, obwohl kein Erstattungsanspruch bestanden habe, weil den Rechnungen kein Leistungsaustausch zu Grunde gelegen habe und diese Teil eines Umsatzsteuerhinterziehungssystem gewesen seien. Dies habe der Kläger nicht nur gewusst, sondern es sei ihm - wie den Mittätern - gerade darauf angekommen.

    Die Firma E sei von Juni bis September 2007 in die Rechnungskette einbezogen gewesen. Es handle sich dabei um eine Scheinfirma, die kurz vor den Taten mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2007 und Handelsregistereintragung vom ... 2007 gegründet worden sei. Ende 2008 sei die Gesellschaft aufgelöst worden. Formaler Geschäftsführer der Gesellschaft sei der Zeuge M gewesen. Aus den Eingangsrechnungen der E an die A im Quergeschäft seien folgende Beträge zu Unrecht als Vorsteuern geltend gemacht worden:

    - Juni 2007:... €
    - Juli 2007:... €
    - August 2007:... €
    - September 2007:... €
    - Summe:... €
    Die Zahlungen der Firma A im Quergeschäft seien ausschließlich zur Verschleierung erfolgt. Sofern sie nicht direkt an ausländische Firmen, sondern unter anderem an die Firma E weitergeleitet worden seien, seien sie dort entweder bar abgehoben oder an ausländische Firmen, wie an die Firma ... des Angeklagten L weitergeleitet worden. Zahlungen im Zusammenhang mit den Eingangsrechnungen der Firma E seien in Höhe von insgesamt ... € erfolgt. Davon sei der wesentliche Teil direkt an die ausländischen Domizilfirmen ... Ltd. und ... Ltd. gezahlt worden. An die Firma E seien insgesamt in der Zeit vom 12. Juli bis zum 13. November 2007 etwa ... € bezahlt worden. Auch hiervon seien erhebliche Beträge an ausländische Firmen weitergeleitet oder in bar abgehoben worden.

    Die Revision des Klägers und der anderen Angeklagten wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08. Februar 2011 (1 StrR 24/10) als unbegründet verworfen. Sowohl die Verfahrensrüge als auch die Sachrügen blieben erfolglos.

    Der Geschäftsführer der E, der Zeuge M, wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2010 (...) wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen durch Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen der E für die Monate Juni bis August 2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 8 Monaten verurteilt. Der Zeuge M sei als formaler Geschäftsführer der E im Jahr 2007 in das Umsatzsteuerhinterziehungssystem in der Rechnungskette mit der Firma A eingebunden gewesen. Bei ihm habe es sich um ein untergeordnetes Kettenmitglied gehandelt, dessen Aufgabe darin bestanden habe, als unselbständiger Strohmann in der zur Verschleierung der Taten aufgebauten Rechnungskette, an deren Ende die anvisierte Umsatzsteuerhinterziehung in Form der Auszahlung eines Guthabens bestanden habe, zu dienen. Dabei habe der Kläger auf der Führungsebene vor Ort mitgewirkt. Er habe die Taten mit gesteuert und sich um die Aufteilung des Umsatzsteuergewinnes gekümmert. Keine der in die Rechnungskette eingebauten inländischen Firmen sei - ungeachtet etwaiger tatsächlicher Warenlieferungen - unternehmerisch tätig gewesen. Die Firma E sei der Firma A unmittelbar vorgelagert gewesen und habe somit eine gewisse tragende Rolle zur Verschleierung der Hinterziehungstaten im Zusammenhang mit dem Vorsteueranmeldungen der Firma A gehabt. Sie habe die Waren mit geringem Aufpreis zum Schein weiterfakturiert. Der Zeuge M habe die Funktion der Firma E als Strohfirma zur Verschleierung und Verdeckung des am Ende der deutschen Rechnungskette erlangten Umsatzsteuergewinns gekannt. Für seine Tatbeteiligung sei ihm ein Lohn in Höhe von ... € monatlich versprochen worden, den er auch drei Monate lang bekommen habe. Bei der Strafzumessung sei zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt worden, dass er ein umfassendes Geständnis abgelegt habe.

    Der Zeuge N wurde durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 (...) wegen Steuerhinterziehung in 11 Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Er habe im Umsatzsteuerhinterziehungssystem A zunächst den „missing trader” in Gestalt der ... GmbH zur Verfügung gestellt und später untergeordnete Gesellschaften für das Quergeschäft beschafft und ihr Zusammenspiel koordiniert. Ab Juli 2007 habe er das Ausstellen sämtlicher Rechnungen im Quergeschäft abgestimmt. Teilweise habe er die Rechnungen selbst ausgedruckt (so bei der E). Er habe für seine Beteiligung insgesamt Zahlungen in Höhe von ... € erhalten. Die Feststellungen beruhten auf einem Geständnis des Zeugen N.

    Für die E wurden für die Monate Juni bis August 2007 Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben, in die die Eingangs- und Ausgangsrechnungen im sogenannten Quergeschäft mit der Firma A am Ende der deutschen Rechnungskette als steuerbarer Leistungsaustausch eingeflossen sind. Eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2007 und eine Jahreserklärung 2007 wurden nicht abgegeben.

    Mit Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 22. September 2009 setzte der Beklagte gegenüber der E Umsatzsteuer in Höhe von ... € fest. Bemessungsgrundlage war dabei die ausgewiesene Umsatzsteuer in den Rechnungen der E an die Firma A in den Monaten Juni bis September 2007. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

    Nach Anhörung des Klägers wurde dieser mit Bescheid vom 29. September 2011 für die Umsatzsteuerschulden der E in Höhe von ... € in Haftung genommen. Die mit Bescheid vom 22. September 2009 gegenüber der E festgesetzten Umsatzsteuern für 2007 seien nicht entrichtet worden. Die Haftung beruhe auf § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 71 AO. Der Kläger habe den Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO erfüllt. Dies ergebe sich aus dem rechtskräftigen Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08. Februar 2011 sowie dem vorinstanzlichen Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2009. Die Vollstreckung bei der E habe nicht zum Erfolg geführt. Die Inanspruchnahme des Klägers sei nicht ermessensfehlerhaft.

    Der Kläger legte dagegen am ... 2011 Einspruch ein. Er sei nicht Geschäftsführer der E gewesen und habe keinen Einfluss auf deren Voranmeldungen für die Monate Juni bis September 2007 genommen. Im Jahr 2007 habe die A zudem ... € an die E gezahlt. Es fehle somit auch an einem Kausalzusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung und dem eingetretenen Steuerausfall, weil die E von der Firma A ausreichend mit Mitteln versorgt worden sei.

    Mit Einspruchsentscheidung vom ... 2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

    Der Kläger hat am ... 2011 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde durch Beschluss des Gerichts vom 24. April 2012 (2 V 233/11) abgelehnt.

    Er habe lediglich Kenntnis vom unmittelbaren Vorlieferanten gehabt, nicht jedoch von den diesem vorgeschalteten Unternehmen. An die E seien im Jahr 2007 ... € gezahlt worden. Dies sei ausreichend gewesen, damit diese Firma ihre Lieferverbindlichkeiten hätte tilgen können. Die Zahlungen ergäben sich aus einem Auszug aus der Buchhaltung der Firma A. Sie könnten auch anhand der Bankkontoauszüge belegt werden. Deshalb fehle es auch an der Kausalität zwischen einer Pflichtverletzung und dem Steuerschaden.

    Die Lieferbeziehungen zur E seien in den persönlichen Zusammenhang mit J zu bringen, der in seiner aktiven Zeit bei der Firma A die Liefervorgänge mit der Firma E begleitet habe. Dieser habe auch den Kontakt zur E hergestellt. Ab Frühjahr 2007 sei J nicht mehr weiter bei der A tätig gewesen. Vom Beklagten werde verkannt, dass die Liefervorgänge getrennt beurteilt werden müssten. Der Beklagte habe ungeprüft die Ausführungen des Landgerichts übernommen und keine eigenen Ermittlungen durchgeführt.

    Die Firma E habe entgegen der Annahme des Beklagten tatsächlich Liefergeschäfte durchgeführt. So seien im September 2007 ... Geräte von dieser Firma bezogen worden, die durch eine anerkannte Spedition in die O geliefert worden sein. Auch im Oktober 2007 seien Warenlieferungen in die O erfolgt. Das Landgericht habe den dazu angebotenen Zeugenbeweis mit dem Verweis der Unerheblichkeit nicht erhoben.

    Aus einer Stellungnahme des Zeugen N ergebe sich, inwieweit er, der Kläger, Kenntnis von den übrigen Firmen gehabt habe. Daraus gehe ebenfalls hervor, dass er, der Kläger, selbst in Millionenhöhe habe betrogen werden sollen. Der Zeuge M habe angegeben, ihn, den Kläger, nicht zu kennen. Eine Steuerung der Firma E durch ihn, den Kläger, könne somit nicht erfolgt sein, zumal vom Firmensitz der A nach P, dem Sitz der E, eine große Entfernung bestehe. Auch aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg in der Sache des Zeugen N werde deutlich, dass er, der Kläger, die Vorgänge bei der E nicht habe kennen können. Dies habe gerade vermieden werden sollen. Aus einem Vernehmungsprotokoll der Mitangeklagten Q ergebe sich, dass er, der Kläger, keine Ahnung von den Machenschaften der Vorlieferfirmen gehabt habe. Insbesondere die Herren J und H seien die treibenden Kräfte gewesen.

    Er, der Kläger, habe mit Ausnahme von Verträgen mit beteiligten Lieferspeditionen keine Verträge im streitgegenständlichen Zusammenhang unterschrieben. Er habe schon vorher bei einem Geschäft mit ... von J betrogen werden sollen. Die Mitangeklagten J und K seien maßgeblich als Haupttäter einzuordnen.

    Aus einer E-Mail vom 22. August 2007 zwischen der E und ihm, dem Kläger, könne nicht geschlossen werden, dass er, der Kläger, mit der E zusammengewirkt habe. Wenn dort von Proforma-Rechnungen die Rede sei, bedeute dies nur, dass damit die Zollabfertigung habe vorbereitet werden sollen. Die A habe tatsächlich Warenlieferungen durchgeführt. Dies ergebe sich unter anderem aus der Anmietung eines Lagerplatzes bei einer Spedition mit Vertrag vom ... 2007 sowie aus dem Versuch, sich als internationaler Versender in Drittländern registrieren zu lassen. Ab August 2007 existiere auch eine Bilddokumentation über Warenlieferungen.

    Er, der Kläger, habe die Geschäfte seinerzeit als normal betrachtet. Sie hätten für ihn dazu gedient, die von ihm hergestellten Produkte, insbesondere ..., im ... Ausland abzusetzen. Eine Lieferkette habe er nicht gekannt, sondern in Bezug auf den hier relevanten Sachverhalt nur die E. Er sei davon ausgegangen, dass diese Firma der Importeur gewesen sei. Zu diesem Geschäftspartner habe er keinen Kontakt gehabt. Sein Prokurist J und die nachgeordneten Sachbearbeiter hätten sich um die Geschäfte gekümmert. Beim während der Durchsuchung aufgefundenen Handbuch O habe es sich um ein Diagramm für die Mitarbeiter gehandelt. Die Abstimmung zwischen Quer- und Standardgeschäft sei nötig gewesen, weil durch diese Verbindung eine Zwischenfinanzierung für die den ... Abnehmern eingeräumten Zahlungsziele ermöglicht worden sei. Sicherheiten seien nicht gewährt worden. Die Überzahlungen im Standardgeschäft seien ebenfalls als gegenseitige Zwischenfinanzierung zu sehen.

    Der Kläger beantragt, den Haftungsbescheid vom ... 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... 2011 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Der Kläger hafte für die Steuerschuld der E gemäß § 14c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aufgrund seiner Teilnahme an der Steuerhinterziehung bezüglich dieser Schuld. Eine positive Kenntnis des Klägers von der E ergebe sich unter anderem aus seiner E-Mail, in der auf Änderungswünsche der E bezüglich einer „Proforma” Rechnung geantwortet worden sei. Dem Kläger habe damit klar sein müssen, dass es sich nicht um eine ordnungsgemäße Dokumentation eines tatsächlichen Warengeschäfts gehandelt habe. Zudem ergebe sich aus dem auf dem Schreibtisch des Klägers sichergestellten sogenannten „O-Handbuch”, dass der Kläger Kenntnis von der gesamten vorgetäuschten Warenkette gehabt habe. Die Auswertung des Kontos der E bei der Bank-1 zeige, dass lediglich Zahlungseingänge von ... € von der A bei der E zu verzeichnen gewesen seien. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei nur ein Geschäft über die E tatsächlich abgewickelt worden, nämlich der Kauf und die Lieferung ... Geräte.

    In der mündlichen Verhandlung am 06. September 2012 sind die Zeugen M und N zu den Geschäftsbeziehungen der E mit der A GmbH vom Juni bis September 2007 und deren Hintergründen sowie der Kenntnis des Klägers davon vernommen worden. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Verhandlungsniederschrift Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 K 232/11, 2 V 233/11) und den der beigezogenen Akten des Beklagten sowie den der beigezogenen Akten zu den Strafverfahren des LG Hamburg (...; ...) Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Der Haftungsbescheid vom ... 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... 2011 ist rechtmäßig.

    1. Er beruht auf § 191 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 71 AO. Nach § 71 AO haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO, wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Der Haftungsschuldner kann gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

    a) Der Beklagte geht ausweislich der Einspruchsentscheidung vom ... 2011 auf der Grundlage der rechtskräftigen Verurteilungen des Klägers sowie des Zeugen M durch das Landgericht Hamburg vom ... 2009 und vom ... 2010 davon aus, dass die E ausschließlich für den Einsatz als Rechnungsfirma in der Rechnungskette im Quergeschäft des Umsatzsteuerhinterziehungssystems A gegründet worden ist. Sie habe im Zeitraum Juni bis September 2007 als Scheinfirma Rechnungen an die A gestellt, so dass ein erheblicher Steuergesamtschaden aus dem Umsatzsteuerhinterziehungssystem A habe entstehen können. Die Firma E habe keine Unternehmereigenschaft i. S. v. § 2 UStG gehabt, so dass weder Eingangs- noch Ausgangsrechnungen zu berücksichtigen gewesen seien. Da die Umsatzsteuer jedoch in den jeweiligen Rechnungen explizit ausgewiesen worden sei, sei sie gem. § 14c UStG geschuldet und in Höhe dieses Betrages gegenüber der E mit Bescheid vom 22. September 2009 festzusetzen gewesen. Die in den Voranmeldungen erklärten Vorsteuern seien nicht mehr zu gewähren gewesen. Der Kläger hafte für die Umsatzsteuerschuld der E nach § 71 AO wegen seiner vorsätzlichen Beteiligung an dem Umsatzsteuerhinterziehungssystem auf Organisationsebene wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 AO.

    In der Tat tragen die Urteile des Landgerichts Hamburg vom ... 2009 (...) und vom ... 2010 (...) diese Annahmen des Beklagten in tatsächlicher Hinsicht. Sie werden durch den Beschluss des BGH vom 08. Februar 2011 (1 StR 24/10) gestützt, worin dieser auf die Sachrügen des Klägers und anderer Angeklagter ausgeführt hat, dass zum Schein Fakturierungsketten aufgebaut worden seien, die u. a. der Firma A den Abzug von in den Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuer als Vorsteuer hätten ermöglichen sollen. Zu diesem Zweck seien jeweils mindestens zwei Gesellschaften vorgeschaltet worden, deren Aufgabe im Wesentlichen darin bestanden habe, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Irgendeinen Spielraum hätten diese dabei nicht gehabt, die Rechnungen seien ihnen zuvor von den Angeklagten samt Papieren übersandt worden. Die Rechnungssummen seien dabei planmäßig so gewählt worden, dass ein „Umsatzsteuergewinn” erwirtschaftet worden sei, der verschleiert an Firmen im Ausland transferiert worden sei. Die in den Fakturierungsketten, u. a. der Firma A, vorgeschalteten Gesellschaften seien keine Unternehmer i. S. von § 2 Abs. 1 UStG gewesen, sondern nicht als Unternehmer einzustufende Strohmänner. Sie hätte nicht wie ein typischer Händler gehandelt, sondern weder ein Kapital- noch ein Abnahmerisiko getragen und ohne eigenen Spielraum im Wesentlichen nur vorgegebene Rechnungen auszustellen gehabt. Es lägen so genannte Strohmanngeschäfte vor, da die vorgeschalteten Firmen nicht im Rahmen eines Geschäftes, das wechselseitige Rechte und Pflichten habe begründen sollen, eigene Interessen wahrgenommen hätten. Vielmehr seien sich die Beteiligten dieser Geschäfte darüber einig gewesen, dass die vorgeschalteten Firmen ohne sonstige eigene Rechte oder Pflichten als im Lager der Firma A stehende Hilfspersonen ausschließlich der Durchsetzung von deren Interessen gedient hätten.

    b) Unter Zugrundelegung der Feststellungen und Ausführungen in diesen Gerichtsentscheidungen fehlt der Firma E als bloßer Scheinfirma die Unternehmereigenschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG, so dass sie gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG die in den Rechnungen der Monate Juni bis September 2007 an die A - unstreitigen - ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge in Höhe von ... € schuldet, ohne einen Vorsteuerabzug durchführen zu können. Dieser Betrag ist mit bestandskräftigem Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 22. September 2009 festgesetzt worden. Die E hat ihn nicht gezahlt. Vollstreckungsversuche des Beklagten blieben erfolglos.

    Der nach § 14c Abs. 2 Sätzen 1 und 2 UStG geschuldete Steuerbetrag kann zwar berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind (§ 14c Abs. 2 Satz 4 und 5 UStG). Eine solche Berichtigung hat nicht stattgefunden. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie möglich wäre, weil die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist. Die Firma A hat einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Firma E vorgenommen. Es ist weder vorgetragen worden noch im Übrigen erkennbar, dass die geltend gemachten Vorsteuern an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden sind.

    c) Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen und Ausführungen der genannten Gerichtsentscheidungen haftet der Kläger nach § 71, § 370 Abs. 1 Nr. 1, 2 AO, § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) wegen mittäterschaftlich begangener und Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG von der Firma E geschuldeten Umsatzsteuerbetrag aus den Rechnungen an die Firma A in den Monaten Juni bis September 2007. Durch die Abgabe fehlerhafter Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Juni bis August 2007, die Nichtabgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2007 und die Nichtzahlung der nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG geschuldeten Umsatzsteuern sind diese verkürzt worden und damit die Tatbestände des § 370 Abs. Nr. 1 AO (durch Abgabe der USt-Voranmeldungen Juni bis August 2007) und des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (durch Nichtabgabe einer USt-Voranmeldung für den Monat September 2007) verwirklicht worden.

    aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts Hamburg und den Ausführungen des BGH wusste der Kläger, dass die Firma E nur als Scheinfirma in die Rechnungskette einbezogen worden ist und nicht wie ein typischer Händler agieren sollte, weder ein Kapital- noch Abnahmerisiko getragen hat und ohne eigenen Spielraum im Wesentlichen nur vorgegebene Rechnungen auszustellen hatte und ausgestellt hat.

    Ihm kam nach den Feststellungen des Landgerichts eine Zentralstellung zu. Er ist danach derjenige gewesen, der die formellen Verträge mit den an dem System beteiligten Unternehmen unterzeichnet hat. Er hat die Finanzkontrolle wahrgenommen und die Verteilung des Umsatzsteuergewinns mit dem anderweitig verfolgten H abgestimmt. Hierfür hat er auch die Rechnungsbeträge des Quer-und Standardgeschäfts sowie die Anmeldung der Vorsteuern überwacht. Auch hat er sich von Anfang an mit Hilfe der Mittäter J und K um eine buchhalterisch scheinbar ordnungsgemäße Beleglage der Geschäfte gekümmert.

    Daraus ergibt sich, dass der Kläger im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den anderen Mittätern als zentrale Figur die Firma E in die Rechnungskette des Quergeschäftes mit einbezogen hat, deren Rechnungsbeträge überwacht und am Ende den Umsatzsteuergewinn in Abstimmung mit dem Mittäter H verteilt hat. Durch seine Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma A konnte er zudem den Zahlungsfluss auf die Eingangsrechnungen der Firma E steuern und damit Einfluss auf die finanzielle Ausstattung dieser Firma nehmen, die extra für die Rechnungsstellung im Quergeschäft im Frühjahr 2007 gegründet worden ist. Im Rahmen der Mittäterschaft werden ihm gemäß § 25 Abs. 2 StGB die Tatbeiträge der anderen Mittäter wie eigene zugerechnet (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. 2010, § 25 Rdn. 11 m. w. N.), so dass es nicht darauf ankommt, dass er mangels Geschäftsführereigenschaft nicht dazu verpflichtet war, die umsatzsteuerlichen Pflichten der E zu erfüllen.

    Dies gilt aber nur, soweit für die Monate Juni bis August 2007 (fehlerhafte) Umsatzsteuervoranmeldungen für die E abgegeben worden sind. Dagegen kann bei Tatverwirklichung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO - hier durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2007 - Täter und Mittäter nur sein, wer selbst zur Aufklärung der steuerlich erheblichen Tatsachen verpflichtet ist (vgl. BGH-Urteil vom 07. November 2006 5 StR 164/06, NStZ-RR 2007-345; Fischer, StGB, 57. Aufl. 2010, § 25 Rdn. 16e). Der Kläger war nicht Geschäftsführer der E. Es ist weder vorgetragen worden, noch im Übrigen erkennbar, dass er als faktischer Geschäftsführer der E gemäß § 35, § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen gehabt hat. Der Kläger hat aber insoweit eine strafbare Beihilfe gemäß § 27 Abs. 1 StGB zur Haupttat des Geschäftsführers der E, des Zeugen M, begangen.

    Dieser ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2010 (...) dafür verurteilt worden, eine Steuerhinterziehung durch Abgabe fehlerhafter Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juni bis August 2007 begangen zu haben. Der Zeuge war vor dem Landgericht geständig. Durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2007, in dem die E Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € im Quergeschäft in Rechnungen an die A ausgewiesen hat, hat der Zeuge eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begangen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Er war als Geschäftsführer der E gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2, § 18 Abs. 1, 3, 4b UStG, § 34 Abs. 1 AO zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2007 verpflichtet. Er hätte die für den Monat September 2007 gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG von der E geschuldeten Umsatzsteuerbeträge anmelden und an das Finanzamt abführen müssen. Der Zeuge hat durch die Nichtabgabe dieser Erklärung und die Nichtabführung der Umsatzsteuern den objektiven und subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht. In Bezug auf den subjektiven Tatbestand hat er im Rahmen der Beweisaufnahme bekundet, er sei sich bewusst gewesen, dass er die steuerlichen Pflichten der E als deren Geschäftsführer zu erfüllen gehabt habe. Von den Feststellungen des Landgerichts Hamburg, dass er die Funktion der Firma E als Strohfirma zur Verschleierung und Verdeckung des am Ende der deutschen Rechnungskette erlangten Umsatzsteuergewinns gekannt habe und seinem diesbezüglichen Geständnis vor dem Landgericht hat sich der Zeuge während seiner Vernehmung während der Beweisaufnahme vor dem Senat nicht substantiiert distanziert. Durch seine Bekundung, ihm sei bewusst gewesen, dass der Zeuge N seine Geschäfte über seinen Namen (den des Zeugen M) bzw. seine GmbH (die E) habe laufen lassen, hat der Zeuge vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihm zumindest bedingt vorsätzlich die Eigenschaft der Firma E als Strohfirma und damit deren fehlende umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft bewusst gewesen ist.

    Der Kläger hat über seine mitsteuernde Lenkung des Umsatzsteuerhinterziehungssystems mit dazu beigetragen, dass die E als Scheinfirma ihre umsatzsteuerlichen Pflichten aus § 14c Abs. 2 Satz 2, § 18 Abs. 1, 3, 4b UStG nicht erfüllt hat und es deshalb zur dargestellten Steuerverkürzung gekommen ist. Da ihm nach den Feststellungen des Landgerichts und den Ausführungen des BGH die Eigenschaft der E als Scheinfirma bekannt war, ist der Kläger auch zumindest bedingt vorsätzlich davon ausgegangen, dass es auch auf der Ebene der E zu einer Steuerverkürzung wegen Nichterfüllung der umsatzsteuerlichen Pflichten kommt.

    bb) Der Senat macht sich die in der Beweiswürdigung umfangreich und überzeugend begründeten Tatsachenfeststellungen des Landgerichts Hamburg in den Urteilen vom ... 2009 (...) und vom ... 2010 (...) zu Eigen. Der Kläger hat dagegen keine substantiierten Einwendungen vorgetragen und bewiesen, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen begründen könnten (vgl. BFH-Urteil vom 07. März 2006 X R 8/05, BStBl II 2007, 594).

    Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, er habe die Geschäfte seinerzeit als normale Geschäfte betrachtet, die ihm dazu gedient hätten, seine von ihm hergestellten Produkte ins ... Ausland abzusetzen. Die Überzahlungen im Standardgeschäft hätten die Funktion einer Zwischenfinanzierung gehabt. Die Abstimmung zwischen beiden Geschäftszweigen sei ebenfalls zur Zwischenfinanzierung nötig gewesen. Dabei handelt es sich um keinen Sachvortrag, der die Feststellungen des Landgerichts Hamburg im Urteil vom ... 2009 in Zweifel ziehen kann. Der Kläger hat sich vor dem Landgericht - ausweislich Bl. 115 ff. des Urteils - bereits in gleicher Weise eingelassen. Das Landgericht hat diese Einlassungen umfangreich und überzeugend schon aus sich heraus als nicht glaubhaft gewürdigt (vgl. Bl. 119 ff. des Urteils). Ferner hat das Landgericht in seiner Gesamtwürdigung nochmals erwogen, ob der Kläger über die wahren Hintergründe getäuscht worden sein könnte. Es hat dies aber unter anderem auf Grund der Bedeutung der Geschäfte für den Kläger und der ins dortige Verfahren eingeführten Unterlagen, insbesondere der Monatsaufstellungen, Liquiditätslisten und Vermerke des Klägers für sicher ausgeschlossen gehalten (vgl. Bl 293 f. i. V. m. Bl. 137 ff. des Urteils). Der Kläger ist dieser Würdigung nicht nachvollziehbar entgegengetreten. Das erkennende Gericht hält sie vielmehr weiterhin für überzeugend, insbesondere gibt es für die auf dem Rechner des Klägers aufgefundenen Daten keine andere nachvollziehbare Erklärung, als dass er in voller Kenntnis der wesentlichen Umstände in das System einbezogen worden war.

    Soweit der Kläger vorgetragen hat, an die E seien im Jahr 2007 ... € gezahlt worden, kann dies die Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom ... 2009 nicht hinreichend substantiiert erschüttern. Danach sind zwar Zahlungen im Zusammenhang mit Eingangsrechnungen der E in der vom Kläger genannten Höhe erfolgt. Hiervon ist aber nur ein geringer Teil von etwa ... € in der Zeit vom 12. Juli 2007 bis 13. November 2007 an die E geflossen. Der wesentliche Teil ist direkt an ausländische Domizilfirmen in einer Gesamthöhe von ... € gezahlt worden. Der Beklagte hat zudem unter Bezugnahme auf eine eingereichte Kontoauswertung eines Bankkontos der E bei der Bank-1 ausgeführt, dass vom 13. Juli bis 05. Oktober 2007 insgesamt nur ein Betrag von ... € von der Firma A an die E gezahlt worden sei. Der Kläger hat weder zu den vom Landgericht festgestellten und konkret aufgeführten einzelnen Zahlungen Stellung genommen, noch seine Behauptung durch (lediglich angekündigte) Auszüge eines Bankkontos der E glaubhaft gemacht. Der von ihm eingereichte Auszug aus einem Buchhaltungskonto der A ist nicht aussagekräftig. Der Kläger hat somit die Feststellungen des Landgerichts nicht hinreichend substantiiert erschüttert.

    Der Vortrag des Klägers, der vom Landgericht Hamburg im Verfahren ... mit Urteil vom ... 2009 ebenfalls wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung verurteilte J habe bis zu seinem Ausscheiden im Frühjahr 2007 bei der Firma A die Lieferbeziehungen zur Firma E im Wesentlichen allein, ohne Beteiligung des Klägers begleitet und den Kontakt zu dieser Firma hergestellt, kann die Feststellungen des Landgerichts in dem hier entscheidungserheblichen Zusammenhang ebenfalls nicht substantiiert erschüttern. Zum einen geht es vorliegend um die umsatzsteuerlichen Pflichten der Firma E ab der Voranmeldung Juni 2007, also zu einem Zeitpunkt, zu dem J nach dem Vorbringen des Klägers schon nicht mehr für die Firma A tätig war. Zum anderen war auch J nach den Feststellungen des Landgerichts als Mittäter in das Umsatzsteuerhinterziehungssystem A eingebunden, so dass dessen Tatbeitrag dem Kläger danach zuzurechnen ist. Der Kläger bezeichnet J im Übrigen selbst als einen der Haupttäter. Ferner weist der Beklagte zutreffend auf die E-Mail des Klägers vom 22. August 2007 hin, mit der dieser auf eine E-Mail der E (unterschrieben mit R) geantwortet hat, in der es um die Abstimmung von „Proforma-Rechnungen” für einen ... ging. Darin antwortete der Kläger, dass die Rechnungen für August ohne Änderungen übernommen werden könnten. Dies zeigt zum einen, dass der Kläger auch eigenen Kontakt zur Firma E hatte und zum anderen, dass er - als wesentlicher Tatbeitrag - in die Abstimmung der Rechnungen mit der E mit einbezogen worden ist. Durch diese E-Mail wird zudem die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung widerlegt, er habe keinen Kontakt zu der Firma E gehabt, weil sich sein Prokurist J und die nachgeordneten Sachbearbeiter um die Geschäfte gekümmert hätten.

    Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er habe keine Lieferkette gekannt, sondern sei davon ausgegangen, dass die E der Importeur gewesen sei, kann auch diese Behauptung die oben dargestellten Feststellungen des Landgerichts Hamburgs im Urteil vom ... 2009 nicht erschüttern. Sie ist unsubstantiiert und geht auf die umfangreiche Beweiswürdigung des Landgerichts Hamburg nicht ein.

    Es begründet auch keine Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Hamburgs, dass der formale Geschäftsführer der Firma E, der Zeuge M, bei seiner Vernehmung in Rahmen der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung bekundet hat, er kenne den Kläger nicht und habe zu ihm keinen Kontakt gehabt. Das Landgericht Hamburg hat im Urteil vom ... 2010 (...) festgestellt, dass der Zeuge M nur als unselbständiger Strohmann in die Rechnungskette eingebunden war. Der Kläger sei eine mitsteuernde Zentralfigur gewesen. Unabhängig davon, ob die Aussage des Zeugen M glaubhaft ist, was dahingestellt bleiben kann, war es für die mittäterschaftliche Begehung der Steuerhinterziehung oder für die Beihilfe daran nicht erforderlich, dass der Kläger Kontakt zum Zeugen M hatte. Seine Tat- oder Gehilfenbeiträge konnten auch über Dritte vermittelt werden oder in anderen Bereichen liegen, wie etwa in der vom Landgericht festgestellten - und etwa mit der oben genannten E-Mail vom 22. August 2007 belegten - Überwachung der Rechnungsbeträge und der Beleglage, der Aufteilung des Umsatzsteuergewinns und der Ausstattung der E mit Finanzmittel, durch Zahlungen auf deren Eingangsrechnungen.

    Der Beklagte geht mit dem Kläger davon aus, dass die Firma E im September 2007 einmalig die Lieferung von ... Geräten durchgeführt hat. Der Kläger behauptet, es seien auch noch weitere, dem sogenannten Quergeschäft zugehörige tatsächliche Lieferungen erfolgt. Das Landgericht Hamburg hat diese Frage im Urteil vom ... 2009 offen gelassen. Nach den obigen Ausführungen kommt es in der Tat nicht darauf an, ob die Firma E tatsächlich - eine oder mehrere - Lieferungen durchgeführt hat, weil es sich bei ihr nach den - nicht substantiiert angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts Hamburg und den Ausführungen des BGH um eine gleichsam fremdgesteuerte Scheinfirma gehandelt hat, die jedenfalls mangels eigenen unternehmerischen Risikos keine Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG war.

    Der Beklagte weist ferner zutreffend darauf hin, dass die oben aufgeführte E-Mail des Klägers vom 22. August 2007 und der Umstand, dass das sogenannte „O-Handbuch” bei der Beschlagnahme auf seinem Schreibtisch gefunden worden ist, entscheidend mit dafür sprechen, dass der Kläger nicht gutgläubig war, sondern Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungssystem hatte. Im „O-Handbuch” wird der Ablauf der Rechnungsketten und Geschäfte detailliert dargestellt. Es war zudem ein Baustein der Beweiswürdigung des Landgerichts. Der Kläger hat dazu keine substantiierten Einwände erhoben. Allein sein Hinweis in der mündlichen Verhandlung, dass das Handbuch als „Diagramm” und damit als Arbeitsanweisung für die Mitarbeiter gedacht war, reicht dafür nicht aus.

    Aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 (...) im Verfahren gegen den Zeugen N ist entgegen der - im Übrigen auch unsubstantiierten Darstellung des Klägers - nichts Entlastendes zu entnehmen. Die mit Schriftsatz des Klägers vom 03. August 2012 eingereichte Abschrift aus der Vernehmung des Beschuldigten Q- lässt ebenfalls - ungeachtet der auch insoweit nur vagen Darstellung des Klägers - nicht hinreichend nachvollziehbar erkennen, dass die Feststellungen des Landgerichts Hamburg im Urteil vom ... 2009 (...) in Bezug auf den Kläger unzutreffend sein könnten.

    Die Aussagen des Zeugen N im Rahmen der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung können die Feststellungen des Landgerichts ebenfalls nicht substantiiert in Frage stellen, insbesondere hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger keine Kenntnis von dem USt-Hinterziehungssystem hatte und selbst Opfer gewesen ist.

    Soweit der Zeuge auf seine schriftlichen Aussagen im Strafverfahren Bezug nimmt, die vom Kläger bereits in das Eilverfahren 2 V 233/11 eingeführt worden sind, haben diese in Bezug auf den Kenntnisstand des Klägers vom wahren Hintergrund der Geschäfte nur einen geringen Beweiswert. Bei der Kenntnis des Klägers handelt es sich um eine innere Tatsache, die einem Zeugenbeweis nur eingeschränkt zugänglich ist. Soweit der Zeuge Tatsachen geschildert hat, die die Unwissenheit des Klägers dokumentieren sollen - beispielsweise Vermeidung eines Zusammentreffens mit dem Kläger bei Besuchen in S - haben sie allenfalls eine indizielle Wirkung. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Zeuge - auf der Grundlage seiner Aussage - insoweit nur ein Zeuge vom Hörensagen ist und nicht über eine unmittelbare Wahrnehmung verfügte. Denn der Zeuge hat in seiner schriftlichen Stellungnahme und bei seiner Vernehmung vor dem Senat ausgesagt, den Kläger nicht persönlich kennengelernt zu haben. Er habe aber durch viele Erzählungen von J und H einen gewissen Einblick bekommen. Er sei darauf hingewiesen worden, dass der Kläger nicht herausfinden dürfe, wie die Struktur der Unterfirmen aussehe. Er sei sich sicher, dass der Kläger keine Ahnung von den Strukturen oder dem eigentlichen Zweck der Unterfirmen gehabt habe.

    Die Bekundungen des Zeugen können aus diesen Gründen schon nicht ausschließen, dass der Kläger doch über den wahren Hintergrund der Geschäfte informiert war, zumal der Zeuge nach seinen Angaben erst ab Mitte März 2007 nach einer Reise in die O mit H in Kontakt kam und erst ab dann mit zunehmender Intensität in die Geschehnisse einbezogen worden ist. Das Umsatzsteuerhinterziehungssystem mit der Firma A am Ende der inländischen Rechnungskette lief nach den Feststellungen des Landgerichts Hamburg aber bereits seit April 2006. Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Zeuge - aus welchen Gründen auch immer - von den übrigen Beteiligten über den Kenntnisstand des Klägers im Dunkeln gehalten werden sollte. Soweit der Zeuge in seiner schriftlichen Aussage angegeben hat, er sei im Büro anwesend gewesen, als der Kläger H angerufen habe „nachdem die Bombe gepatzt” sei und H lautstark beschimpft habe, in welche Situation dieser und J ihn gebracht hätten, ist diese Bekundung schon mangels Mithörens und Schilderung des gesamten Inhalts des Telefongesprächs nicht aussagekräftig für den Kenntnisstand des Klägers.

    Die Aussagen des Zeugen können deshalb nur ein (schwaches) Indiz für die Kenntnis des Klägers darstellen, das - die Aussagen als wahr unterstellt - die anhand der objektiven Beweismittel wie E-Mail-Verkehr, Vermerke, Monats- und Liquiditätslisten, Handbuch O vorgenommen umfangreiche Beweiswürdigung des Landgerichts Hamburg im Urteil vom ... 2009 nicht erschüttern kann.

    Im Übrigen hält das Gericht die Aussagen des Zeugen in Bezug auf den Kenntnisstand und die Rolle des Klägers nicht für glaubhaft und den Zeugen insoweit nicht für glaubwürdig.

    Die Bekundungen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung sind diesbezüglich schon in sich nicht stimmig und schwerlich mit dem vom Landgericht Hamburg festgestellten Geschehensablauf in Einklang zu bringen. Der Zeuge hat ausgesagt, es sei entscheidend gewesen, dass der Geschäftsführer der A, der Kläger, nichts mitbekam. In diesem Zusammenhang habe J eine neue GmbH gesucht, die „gut aussehe”, damit der Kläger nichts merke. Der Zeuge habe dann seinen alten Freund, den Zeugen M, angesprochen, der gegen ein monatliches Salär bereit gewesen sei, eine GmbH (die E) zur Verfügung zu stellen. Die E ist aber erst im ... 2007 gegründet worden und bereits ab Juni 2007 in die Rechnungskette einbezogen worden. Aus welchen Gründen eine solche neugegründete GmbH - ohne geschäftlichen Hintergrund und Reputation - für den Kläger unverdächtig gewesen sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Im Gegenteil hätte der Kläger bei einer unbekannten und neu gegründeten Firma eher Anlass gehabt nachzuprüfen, warum diese plötzlich mit Millionenumsätzen mit der A Geschäfte über ... betreiben konnte. Dies, zumal sämtliche Geschäfte nach dem Vortrag des Klägers ohne Sicherheiten abgewickelt worden sind und die Firmen der Rechnungskette nach den Feststellungen des Landgerichts Hamburg im Urteil vom ... 2009 häufiger und in kurzen Zeitabständen gewechselt wurden. So war von März bis Mai 2007 die Firma T (T GmbH) als Vorlieferant der A in die Rechnungskette einbezogen.

    Die Aussagen des Zeugen waren nach dem persönlichen Eindruck des Senats zudem erkennbar darauf ausgerichtet, die Gutgläubigkeit des Klägers in den Vordergrund zu stellen, auch dann, wenn der Zeuge danach nicht gefragt worden ist oder wenn der Zusammenhang nicht richtig passte. So hat der Zeuge etwa ausdrücklich betont, in seinem Strafverfahren auf Fragen des Landgerichts darauf hingewiesen zu haben, dass ihm die Höhe der Verurteilung des Klägers unerfindlich sei. Diese Aussage war überraschend im Zusammenhang mit dem Vorhalt des Beklagten zur Beteiligung des Klägers unter Hinweis auf Bl. 77 des Strafurteils gegen den Zeugen, in dem unter anderem das sogenannte Handbuch O abgehandelt wird. Auch der oben dargestellte vom Zeugen nicht stimmig bekundete Hintergrund der Einbeziehung der E in die Rechnungskette zeigt das nachhaltige Bemühen des Zeugen, den Kläger in positivem, das heißt ahnungslosem Licht darzustellen. Beides begründet durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Zudem hat auch seine Körpersprache den Eindruck erweckt, dass er den Kläger, trotz gegenteiligen Bekundens, vorher gekannt hat.

    Der Vortrag des Klägers, er habe nur Verträge mit Lieferspeditionen unterschrieben, greift die Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom ... 2009 ebenfalls nicht substantiiert an. Soweit dort davon die Rede ist, der Kläger habe „die formellen Verträge” mit den beteiligten Firmen unterschrieben, werden sie nicht näher genannt. In der Tat dürfte dies auch auf die Verträge mit den Lieferspeditionen bezogen gewesen sein. Solche in diesem Zusammenhang relevante und vom Kläger unterschriebene Verträge befinden sich in den Strafakten des Landgerichts. Darüber hinaus dürften aber auch andere - vom Landgericht Hamburg nicht näher bezeichnete - Verträge gemeint gewesen sein, die im Rahmen der streitgegenständlichen Zusammenhänge mit den beteiligten Firmen geschlossen worden sind. So hat der Kläger in seiner in der mündlichen Verhandlung überreichten schriftlichen Stellungnahme vom 29. September 2009 selbst ausgeführt, dass die Firma A einen Lieferantenvertrag mit ... gezeichnet habe, ebenso mit den Kunden in der O. Es sei immer darauf geachtet worden, dass Verträge mit den einzelnen Firmen abgefasst worden seien. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Feststellungen des Landgerichts Hamburg zur Unterschrift des Klägers unter die „formellen Verträge” ein besonderes Gewicht in dessen Beweiswürdigung gehabt haben.

    2. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers scheitert nicht an dem rechtlichen Gesichtspunkt mangelnder Kausalität seiner Handlung für den eingetretenen Steuerausfall, weil der durch die Nichtentrichtung der in Wirklichkeit geschuldeten Umsatzsteuer eingetretene Schaden durch die Handlungen des Klägers nicht (mit-) verursacht worden ist. Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung lediglich in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten Beträge. Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht wurde und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteil vom 05. August 2010 V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891).

    a) Der Tatbeitrag des Klägers war - wie sich aus den oben dargestellten und nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Landgerichts Hamburgs ergibt - zumindest mit bedingtem Vorsatz nicht nur auf die durch die falschen Angaben in den Umsatzsteuervoranmeldungen der Firma E für Juni bis August 2007 angestrebte zu niedrige Umsatzsteuerfestsetzung bzw. auf keine Umsatzsteuerfestsetzung für den Monat September 2007 gerichtet, sondern insbesondere auf die Nichtentrichtung der tatsächlich geschuldeten Umsatzsteuer an das Finanzamt. Auf der Ebene der Firma E sollte es nach dem gemeinsamen Tatplan der Beteiligten nicht zu nennenswerten Umsatzsteuerzahlungen aus den an die Firma A ausgestellten Rechnungen im so genannten Quergeschäft kommen, weil es Gegenstand der Planungen war, dass die E die Vorsteuer aus ihren Eingangsrechnungen abziehen sollte. Dies zeigt sich auch daran, dass die Firma A an die E nach den oben dargestellten Feststellungen des Landgerichts Hamburg auf die Rechnungen nur einen geringen Teil bezahlte, der zudem zum größten Teil von dort wieder an anderen Firmen weitergeleitet oder in bar abgehoben worden ist.

    b) Die Kausalität der Tat- und Gehilfenbeiträge des Klägers ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Firma E schon im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der Umsatzsteuerschuld --möglicherweise-- nicht mehr genügend Mittel zu deren Begleichung zur Verfügung hatte. Zwar kann der Grundsatz zur anteiligen Haftung auch im Falle der Haftung wegen Steuerhinterziehung nach § 71 AO zur Anwendung kommen (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891). Daraus könnte sich im Streitfall eine Beschränkung der Haftung des Klägers der Höhe nach ergeben. Es kommt aber auch bei dem Haftungstatbestand der Steuerhinterziehung für den Umfang der Haftung darauf an, inwieweit das strafrechtlich vorwerfbare Verhalten für den Steuerausfall ursächlich gewesen ist.

    Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung der Steuererklärungspflicht und dem eingetretenen Steuerausfall (Haftungsschaden) kann auch dadurch begründet werden, dass der Haftende den Steuerschuldner schon zu einem früheren Zeitpunkt schuldhaft außerstande gesetzt hat, die vorhersehbare Steuerschuld tilgen zu können (vgl. BFH Urteil vom 05. März 1991 VII R 93/88, BStBl II 1991, 678, 681). In diesem Fall liegt der maßgebliche Grund für den Steuerausfall nämlich nicht in der mangelnden Liquidität der Gesellschaft zum Fälligkeitszeitpunkt, sondern darin, dass durch die Abgabe einer unzutreffenden Steueranmeldung (oder die Nichtabgabe der Anmeldung) der Erfolg der vorsätzlichen herbeigeführten nicht ausreichenden Liquiditäts- und Vermögensverhältnisse der Gesellschaft sichergestellt werden soll. Dieser rechtliche Gesichtspunkt muss in besonderem Maße in einem Falle der Hinterziehung Berücksichtigung finden, wie er hier vorliegt. Nach dem Tatplan der Beteiligten sollte die pflichtwidrige Abgabe der unzutreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen und die Nichtabgabe der Voranmeldungen mit dazu dienen, den aus der vorangegangenen vorsätzlichen Nichtzurverfügungstellung der - zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen und im Geldkreislauf auch vorhandenen - Gelder erlangten Vorteil auf Dauer sicherzustellen (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891).

    3. Ermessensfehler im Sinne von § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bei der Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 71 AO liegen nicht vor. Der Beklagte weist in der Einspruchsentscheidung vom ... 2011 zutreffend darauf hin, dass sowohl das Entschließungs- als auch das Auswahlermessen im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt ist, das die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind. Einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung bedarf es in diesen Fällen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 VI R 40/07, BStBl II 2009, 478; BFH-Beschluss vom 14. Februar 2006 VII B 119/05, BFH/NV 2006, 1246).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.

    VorschriftenAO § 71, AO § 191, UStG § 14c Abs. 2, StGB § 25 Abs. 2, StGB § 27