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  • 21.03.2013 · IWW-Abrufnummer 131244

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 27.11.2012 – 4 K 179/10

    1. Eine die Festsetzungsfrist verlängernde leichtfertige Steuerverkürzung ist gegeben, wenn ein mit Pflanzenölen handelndes Unternehmen, das in größerem Umfang und über einen längeren Zeitraum Pflanzenöle zum Zweck der Verwendung als Kraft- oder Heizstoffe weiterveräußert, in Kenntnis der grundsätzlichen Energiesteuerpflichtigkeit derartiger Energieerzeugnisse sich nicht hinreichend über die den Hersteller der Energieerzeugnisse treffenden energiesteuerrechtlichen Pflichten informiert und infolgedessen die nach § 9 Abs. 2 EnergieStG unverzüglich abzugebende Steueranmeldung unterlässt.
    2. Den Steuerpflichtigen trifft trotz der nach § 50 EnergieStG grundsätzlich vorgesehenen Steuerentlastungsmöglichkeit eine Informations- und Erkundigungspflicht hinsichtlich der für ihn geltenden steuerrechtlichen Verfahrenspflichten beim Umgang mit Biokraft- und Bioheizstoffen. Eine Verletzung dieser Informations- und Erkundigungspflicht kann den Vorwurf der leichtfertigen Steuerverkürzung begründen.


    Tatbestand
    Die Klägerin wendet sich gegen mehrere Energiesteuerbescheide.
    Die Klägerin handelt seit mehreren Jahrzehnten mit Futterfetten, Fettsäuren, Glycerin und artverwandten Produkten aller Art. Sie ist seit 2005 Inhaberin einer Bewilligung der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung (Bewilligungsnummer DE/.../...) betreffend u. a. die Waren rohes Palmöl, zu technischen oder industriellen Zwecken, ausgenommen zur Herstellung von Lebensmitteln, Codenummer 1511101000, und Palmöl, raffiniert, jedoch nicht chemisch modifiziert, zu technischen oder industriellen Zwecken, ausgenommen zur Herstellung von Lebensmitteln, Codenummer 1511909190. In der Bewilligung ist unter Einzelheiten der geplanten Vorgänge angegeben: Verteilung an andere Bewilligungsinhaber. Im Rahmen dieser Bewilligung übernahm die Klägerin von der A GmbH & Co. Handels-KG, einem Unternehmen, das derselben Konzerngruppe wie die Klägerin angehört, Palmöl und Palmölraffinat - jeweils Pflanzenöle der Position 1511 Kombinierte Nomenklatur - aus der besonderen Verwendung und übertrug diese in den Zeiträumen August 2006 bis 2008 an diverse Kunden in Deutschland, die ihrerseits Inhaber von Bewilligungen eines Zollverfahrens der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung in Bezug auf rohes Palmöl und/oder Palmölraffinat zum Zweck der energetischen Verwendung, z. B. zur Energiegewinnung sowie zum Antrieb von Generatoren zur Erzeugung von Wärme und Strom, waren. Bei den weiterveräußerten Pflanzenölen handelte es sich für den Zeitraum August 2006 bis Ende 2007 insgesamt um ein Volumen von 10.511.912 Liter, die an insgesamt ... unterschiedliche Kunden geliefert wurden. Dabei hatte die Klägerin Kenntnis davon, dass ihre Kunden diese Waren zu energetischen Zwecken einsetzten. In Unkenntnis der energiesteuerrechtlichen Vorschriften gab die Klägerin jedoch keine Steueranmeldungen in Bezug auf die an ihre Kunden gelieferten Pflanzenöle ab. Nachdem Anfang Dezember 2008 anlässlich einer Zollabfertigung - deren Einzelheiten nicht näher bekannt sind, die aber jedenfalls im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit der Konzerngruppe, der auch die Klägerin angehört, vorgenommen wurde - der verwendete Verfahrenscode (4000: Abfertigung zum zollrechtlich und steuerrechtlich freien Verkehr, statt 4500: Überführung von Nichtgemeinschaftswaren in den zoll- und einfuhrumsatzsteuerrechtlich freien Verkehr mit anschließendem Verbringen verbrauchssteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung in ein deutsches Warenlager) beanstandet worden war und dies auch zur Kenntnis der Klägerin kam, wandte sich die Klägerin zwecks weiterer Klärung an den Beklagten. Dabei stellte sich zwar der Verfahrenscode bei der Zollabfertigung nicht als fehlerhaft heraus, jedoch der Umstand, dass die eingeführten und übernommenen Pflanzenöle an andere Bewilligungsinhaber zum Zweck der energetischen Verwendung weiterveräußert worden waren, ohne dass die Klägerin entsprechende Steueranmeldungen abgegeben hatte. Daraufhin meldete die Klägerin mit insgesamt vier Energiesteueranmeldungen jeweils vom 15.01.2009 Energiesteuer für rohes Palmöl für die Zeiträume 01.08.2006 bis 31.12.2006 bzw. 01.01.2007 bis 31.12.2007 und für Palmölraffinat für die Zeiträume 01.08.2006 bis 31.12.2006 bzw. 01.01.2007 bis 31.12.2007 an. Steuerentlastungsanträge nach § 50 Energiesteuergesetz (EnergieStG) stellte die Klägerin vor dem Hintergrund der jeweils bereits abgelaufenen Antragsfrist aus § 94 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (EnergieStV) nicht. Mit Steuerbescheiden jeweils vom 21.01.2009 setzte der Beklagte für rohes Palmöl für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.12.2006 281.392,02 € und für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007 260.053,82 € sowie für Palmölraffinat für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.12.2006 40.735,73 € und für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007 62.724,24 €, mithin insgesamt 644.905,81 € Energiesteuer fest. Für die ebenfalls angemeldete Energiesteuer für den Zeitraum in 2008 beantragte die Klägerin zeitgleich und insoweit fristgerecht Steuerentlastung für Biokraft- und Bioheizstoffe gemäß § 50 EnergieStG, die ihr auch gewährt wurde, so dass bezüglich des Zeitraums 2008 keine Energiesteuer zwischen den Beteiligten im Streit ist.
    Den gegen die Energiesteuerbescheide vom 21.01.2009 eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2010 als unbegründet zurück. Palmöl und Palmölraffinat seien Waren der Position 1511 Kombinierte Nomenklatur und damit Energieerzeugnisse gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 4 Nr. 1 EnergieStG, wenn sie dazu bestimmt seien, als Kraft- oder Heizstoff verwendet zu werden. Würden diese Waren als Kraft- oder Heizstoff abgegeben, so gälten sie als zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff bestimmt. Würden Energieerzeugnisse nach § 4 EnergieStG außerhalb eines Herstellungsbetriebes, z. B. durch Bestimmen, hergestellt, so entstehe gemäß § 9 Abs. 1 EnergieStG die Steuer mit der Herstellung. Steuerschuldner sei gemäß § 9 Abs. 2 EnergieStG der Hersteller. Da die Klägerin die genannten Voraussetzungen erfülle, sei sie Steuerschuldnerin der an ihre Kunden als Kraft- und Heizstoff verkauften Palmöle und Palmölraffinate. Die Festsetzungsfrist betrage bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung sei erfüllt, da die Klägerin durch die Nichtabgabe von Steueranmeldungen die Finanzbehörde hinsichtlich steuerlich erheblicher Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen und dadurch Steuern verkürzt habe. Sie habe in besonders großem Maße gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen, weil sie Kenntnis davon gehabt habe, dass das verkaufte Pflanzenöl von ihren Kunden für energetische Zwecke eingesetzt werden sollte. Als Unternehmen, das mit Produkten des Energiesektors handle, hätte sie die Steuerverkürzung vorhersehen und durch Einholen einschlägiger Informationen leicht vermeiden können.
    Mit Energiesteueränderungsbescheid vom 28.04.2009 wurden 130.561,59 € Energiesteuer erstattet, da die Klägerin insoweit anlässlich des Einspruchsverfahrens nach näherer Durchsicht ihrer Unterlagen nachweisen konnte, dass für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.12.2006 vier Lieferungen rohes Palmöl im Umfang von 2.128.143,3 Litern nicht als Kraft- oder Heizstoff abgeben worden waren. Damit steht nur noch ein Betrag von insgesamt 514.343,52 € im Streit.
    Über einen parallel zum Einspruchsverfahren gestellten Antrag der Klägerin auf Erstattung der gezahlten Energiesteuer im Billigkeitswege hat der Beklagte noch nicht abschließend entschieden.
    Mit ihrer am 14.10.2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Es liege keine leichtfertige Steuerverkürzung im Sinne von § 378 AO vor, so dass die Festsetzungsfrist von einem Jahr nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO abgelaufen sei. Zwar habe sie, die Klägerin, den Beklagten objektiv über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. Es fehle jedoch zum einen an der dadurch erfolgen Steuerverkürzung. Denn bei einer ordnungsgemäßen Bearbeitung des Vorgangs hätte sie, die Klägerin, im Rahmen der Steueranmeldung den Entlastungsantrag, der formularmäßig in der Energiesteueranmeldung vorgesehen sei und daher keiner besonderen weiteren Handlung bedurft hätte, gestellt. Das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO stehe dem nicht entgegen, da es nicht gelte, wenn eine Steuerermäßigung oder -entlastung in einem solchen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Tathandlung stehe, dass beide Gesichtspunkte nur einheitlich beurteilt werden könnten. Das Kompensationsverbot könne zudem nicht eingreifen, wenn mangels Abgabe einer Steuererklärung keine der Steuerbehörde erklärten „Gründe” vorlägen, also die Tathandlung durch Unterlassen begangen worden sei. Überdies sei keine Leichtfertigkeit gegeben. Leichtfertig handle, wer aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit fahrlässig handle. Dies sei bei ihr, der Klägerin, nicht der Fall gewesen. Das Energiesteuergesetz sei unter dem 15.07.2006 bekannt gemacht worden, aus den einschlägigen Veröffentlichungen sei deutlich gewesen, dass Pflanzenöle, die als Biokraftstoff oder Bioheizstoff Verwendung fänden, unversteuert bleiben sollten. Verfahrenstechnisch sei bekannt gewesen, dass entsprechende Bewilligungen an die Verwender dieser Pflanzenöle erteilt würden. Die die Handelsgeschäfte mit rohem Palmöl und Palmölraffinaten abwickelnden Mitarbeiter aus der Konzerngruppe, der auch die Klägerin angehöre, seien davon ausgegangen, dass nicht der Importeur und Händler, sondern derjenige, der das Palmöl für die Energieerzeugung einsetze, zu der Energiesteuer herangezogen werde, da diese Abnehmer die Bewilligungen zum Einsatz des Palmöls zur Energiegewinnung erhalten hätten. Dieses Vorgehen sei im Rahmen der Zollanmeldungen bei der Einfuhr der Pflanzenöle seit August 2006 von den Zollbehörden unbeanstandet geblieben. Vollständige Klarheit über die Steuerpflicht und Steuerschuldnerschaft sei für sie, die Klägerin, erst nach der Besprechung mit Mitarbeitern des Beklagten im Januar 2009 gewonnen worden. Bei dieser Sachlage zeuge es weder von besonderem Leichtsinn noch von besonderer Gleichgültigkeit ihres, der Klägerin, Geschäftsführers bzw. ihrer Mitarbeiter, wenn diese die Notwendigkeit der Energiesteueranmeldung verbunden mit einem Steuerentlastungsantrag als außergewöhnliche rechtliche Konstruktion von Anordnung der Steuerpflicht und Steuerentlastung auf Antrag nicht erkannt hätten. Im Hinblick auf die nach dem gesetzgeberischen Willen bei der vorgesehenen Verwendung gewährte Steuerfreistellung habe kein Anlass bestanden, an der Richtigkeit ihrer, der Klägerin, Vorgehensweise zu zweifeln.
    Die Klägerin beantragt,
    die vier Steuerbescheide vom 21.01.2009 (V01-1, V01-2, V01-3, V01-4) - der Steuerbescheid V01-5 in der Gestalt des Energiesteueränderungsbescheides vom 28.04.2009 - und die Einspruchsentscheidung vom 16.09.2010 aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Der Verkürzungserfolg bestehe in der fehlenden Steueranmeldung, die der Nichtfestsetzung gleichstehe. Die Möglichkeit der Steuerentlastung nach § 50 EnergieStG mindere den durch das Nichtanmelden der entstandenen Energiesteuern eingetretenen Verkürzungserfolg nicht, da kein Automatismus zwischen diesen beiden Faktoren bestehe. Die Steuerentlastung sei zu beantragen und u. a. vom Nachweis der Versteuerung abhängig. Leichtfertig habe die Klägerin gehandelt, weil sie als erfahrene Wirtschaftsbeteiligte den Verkürzungserfolg leicht hätte vorhersehen und vermeiden können. Sie handle als Unternehmen mit Produkten des Energiesektors und habe um den Verwendungszweck ihrer Waren als Heiz- bzw. Kraftstoff bei den Empfängern gewusst. Es sei nicht zu erkennen, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse und Lieferung des Palmöls als Substitut für Heizöl oder Kraftstoff mit der Frage nach der Entstehung der Energiesteuer ernsthaft auseinander gesetzt habe. So habe sie in ihrer E-Mail vom 15.01.2009 an den Beklagten selbst geäußert, dass sie aus den Bewilligungen ihrer Kunden den Schluss gezogen habe, dass derjenige, der Energie produziert, und nicht schon der Händler zur Energiesteuer herangezogen werde und dass sie mit dieser Einschätzung falsch gelegen habe. Die Klägerin habe sich mithin auf ihre bloße Einschätzung verlassen und sich nicht ihrer Auffassung nicht vergewissert. Eventuelle Unklarheiten hätte sie durch Nachfrage beim Hauptzollamt ausräumen können und müssen.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
    Gründe
    I.
    Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen Energiesteuerbescheide vom 21.01.2009 (V01-1, V01-2, V01-3, V01-4) - der Steuerbescheid V01-5 in der Gestalt des Energiesteueränderungsbescheides vom 28.04.2009 - und die Einspruchsentscheidung vom 16.09.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
    1.
    Die Energiesteuer ist - was zwischen den Beteiligten übrigens auch unstreitig ist - für die streitgegenständlichen Zeiträume 01.08.2006 bis 31.12.2006 und 01.01.2007 bis 31.12.2007 jeweils gemäß §§ 9 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 2 Nr. 1, 4 Nr. 1 EnergieStG mit der Veräußerung des Palmöls bzw. Palmölraffinats als Waren der Position 1511 der Kombinierten Nomenklatur zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff an die Kunden der Klägerin durch die Herstellung von Energieerzeugnissen außerhalb eines Herstellungsbetriebes, hier durch die Bestimmung zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff, entstanden. Steuerschuldnerin ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG die Klägerin als Herstellerin im vorstehend genannten Sinne. § 9 Abs. 2 Satz 2 EnergieStG bestimmt, dass der Steuerschuldner für Energieerzeugnisse, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen hat.
    2.
    Der Geltendmachung des vorstehend genannten Energiesteueranspruchs steht entgegen der Auffassung der Klägerin der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht entgegen.
    Denn da es sich vorliegend um leichtfertig verkürzte Steuern handelt, greift die Festsetzungsfrist von fünf Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. AO und nicht die einjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.
    Eine leichtfertige Verkürzung gemäß §§ 378 Abs. 1, 370 Abs. 1 AO begeht u. a., wer als Steuerpflichtiger oder bei der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen den Finanzbehörden gegenüber über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch leichtfertig Steuern verkürzt.
    Unstreitig hat die Klägerin die nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EnergieStG jeweils unverzüglich nach der eingangs umschriebenen Herstellung der Energieerzeugnisse abzugebende Steueranmeldung nicht abgegeben. Damit hat sie die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, was sie insoweit übrigens auch nicht bestreitet, und dadurch Steuern verkürzt und den objektiven Tatbestand einer leichtfertigen Steuerverkürzung verwirklicht. Soweit die Klägerin in diesen Zusammenhang allerdings betont, die Nichtabgabe der Steueranmeldung sei keine kausale Ursache der eingetretenen Steuerverkürzung, weil bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Vorgangs durch sie im Rahmen der Steueranmeldung gleichermaßen auch ein entsprechender Entlastungsantrag gestellt worden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Es mag der Klägerin zuzugeben sein, dass im Fall der unverzüglichen Abgabe der Steueranmeldung die zeitgleiche Beantragung einer Steuerentlastung nach § 50 EnergieStG auf dem dafür vorgesehenen Formular nahe gelegen haben mag und im Fall einer in voller Höhe zu gewährenden Steuerentlastung im Ergebnis wertungsmäßig auch kein Steuerausfall anzunehmen wäre. Ob ein - von der Steueranmeldung als solcher zu unterscheidender und durch gesonderte Erklärungshandlung vorzunehmender - Entlastungsantrag durch die Klägerin tatsächlich gestellt und eine Steuerentlastung - die abgesehen von der Wahrung der Antragsfrist nach § 94 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.2006 (BGBl. I S. 1753) bzw. § 94 Abs. 1 Satz 4 EnergieStV in der Fassung des Gesetzes vom 29.01.2007 (BGBl. I S. 60) noch von weiteren besonderen Voraussetzungen abhängig ist, vgl. 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EnergieStG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.2006 (BGBl. I S. 1534) bzw. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 3 EnergieStG in der Fassung des Gesetzes vom 18.12.2006 (BGBl. I S. 3180) - tatsächlich in voller Höhe gewährt worden wäre, ist jedoch letztlich Spekulation und kann und muss auch nicht abschließend geklärt werden. Denn entscheidend ist, dass die von der Klägerin geschuldete Energiesteuer nach § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 EnergieStG eine als Anmeldungssteuer ausgestaltete Fälligkeitssteuer ist, so dass der Verkürzungserfolg nach §§ 378 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 370 Abs. 4 Satz 1 AO bereits mit Ablauf des Fälligkeitszeitpunktes, mithin hier mit dem Unterlassen einer unverzüglich nach Entstehung der Steuer abzugebenden Steueranmeldung, eingetreten ist. Denn liegt die als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht vor, so ist zu diesem Zeitpunkt die Steuer i. S. v. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO verkürzt und eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vollendet (vgl. zur Umsatzsteuer BGH, Beschluss vom 19.01.2011, 1 StR 640/10, in: juris, m. w. N.; vgl. zur Energiesteuer auch Soyk, in: Friedrich/Meißner, Energiesteuern, Band 1, Loseblattsammlung, Stand: 29. Ergänzungslieferung Oktober 2012, § 9 EnergieStG Rn. 21, § 8 EnergieStG Rn. 64 f.). Ob ein Steuerentlastungsanspruch nach § 50 EnergieStG bestanden hätte, wenn die Klägerin eine solche Steuerentlastung rechtzeitig mit einer unverzüglich abzugebenden Steueranmeldung beantragt hätte, ist insofern irrelevant, als Umstände, die erst nach der Festsetzung der Steuer eintreten können, bereits nach § 370 Abs. 4 Satz 1 AO, und insofern übrigens auch unabhängig vom etwaig zu berücksichtigenden Kompensationsverbot nach §§ 378 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 370 Abs. 4 Satz 3 AO, außer Betracht bleiben (vgl. zur Einfuhrumsatzsteuer BFH, Urteil vom 12.10.1993, VII R 44/93, in: juris; BGH, Beschluss vom 26.06.2012, 1 StR 289/12, in: juris). Einen derartigen, erst nach Festsetzung der Steuer eintretenden Umstand stellt auch die Steuerentlastung auf Antrag für nachweislich versteuerte, d. h. zur Steuer angemeldete (vgl. Friedrich, in: Friedrich/Meißner, a. a. O., § 45 EnergieStG Rn. 4), Energieerzeugnisse dar.
    Auf der subjektiven Seite ist der Klägerin leichtfertiges Verhalten vorzuwerfen. Leichtfertigkeit bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz dazu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt (Kruse, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Band II, Loseblattsammlung, Stand: 131. Ergänzungslieferung November 2012, § 169 AO Rn. 15). Ein derartiges Verschulden liegt vor, wenn der Täter nach den Gegebenheiten des konkreten Falls und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den sich aus den konkret einschlägigen gesetzlichen Regelungen ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen (BFH, Urteil vom 19.12.2002, IV R 37/01, in: juris; vgl. auch FG Hamburg, Urteile vom 25.01.2012, 4 K 195/10, und vom 08.06.2012, 4 K 104/11, jeweils in: juris). Steuerpflichtige müssen sich über die steuerlichen Pflichten informieren, darüber hinaus sind an die Erfüllung der Erkundigungspflichten bei einem Kaufmann jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen zu stellen als bei anderen Steuerpflichtigen; zudem beschränken sich die Erkundigungspflichten nicht auf die Steuerpflicht einer Tätigkeit, sondern umfassen auch die an die Steuerpflicht anknüpfenden Erklärungs- und Anzeigepflichten (vgl. BFH, Urteil vom 19.02.2009, II R 49/07, in: juris). Die Missachtung von den Steuerpflichtigen treffenden Informations- und Erkundigungspflichten kann dazu führen, dass auch in Fällen von erweislichem Irrtum über Anwendbarkeit und Reichweite steuerlicher Vorschriften Leichtfertigkeit anzunehmen ist (vgl. BFH, Urteil vom 24.04.1996, II R 73/93, in: juris).
    In diesem Sinne unterliegt die Leichtfertigkeit des klägerischen Verhaltens - bzw. des Verhaltens des für die Klägerin verantwortlichen Geschäftsführers bzw. der für die Klägerin tätigen Mitarbeiter - keinem wirklichen Zweifel.
    Der Klägerin war - wie sie selbst einräumt - bekannt, dass Pflanzenöle, die dazu bestimmt sind, als Energieerzeugnisse verwendet zu werden, grundsätzlich nach der neuen Rechtslage nach Einführung des Energiesteuergesetzes energiesteuerpflichtig waren. Dass die Klägerin sich - dies einmal zugunsten der Klägerin unterstellt - über die näheren Einzelheiten, insbesondere über die Frage, wer bei zu derartiger Nutzung bestimmten Pflanzenölen Steuerschuldner ist, und welche Verfahrenspflichten, hier Steueranmeldepflichten, den Steuerschuldner treffen, im Irrtum befand, entlastet die Klägerin nicht von dem Vorwurf der Leichtfertigkeit. An die die Klägerin treffenden Informations- und Erkundigungspflichten sind im Streitfall strenge Anforderungen zu stellen. Bei der Klägerin handelt es sich um eine erfahrene Wirtschaftsbeteiligte. Der Handel mit Pflanzenölen und auch die Weitergabe von Pflanzenölen an diverse Kunden zum Zweck der energetischen Verwendung gehörte in dem Zeitraum, in dem die hier streitgegenständlichen Energiesteuern entstanden sind, zum laufenden unternehmerischen Handeln der Klägerin. Gerade aufgrund des nicht unerheblichen Zeitraums von eineinhalb Jahren, in dem unter Beteiligung verschiedener Kunden als Abnehmer wiederholte und auch vom Volumen her umfangreiche Lieferungen von Pflanzenöl zum Zweck energetischer Verwendung erfolgten, und der der Klägerin vom Grundsatz her bekannten veränderten Rechtslage hätte für die Klägerin bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit besonderer Anlass bestanden, dafür Sorge zu tragen, ihre - irrige - Annahme über die ausschließliche Steuerschuldnerschaft ihrer Kunden durch Nachfrage bei qualifizierten Auskunftspersonen abzusichern. Die von der Klägerin angeführte „außergewöhnliche rechtliche Konstruktion” von Steuerpflicht und Steuerentlastung auf Antrag nach § 50 EnergieStG vermag ebenfalls keine der Klägerin günstigere Beurteilung rechtfertigen. Im Gegenteil, der Umstand, dass nach dem Energiesteuergesetz besondere rechtliche Ausgestaltungen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Biokraft- und heizstoffen vorgesehen sind, hätte der Klägerin vielmehr verstärkt Anlass geben müssen, sich diesbezügliche rechtliche Klarheit zu verschaffen. Allein die Komplexität rechtlicher Regelungen entbindet nämlich gerade nicht von einer Informationspflicht über solche Regelungen. Ebenso wenig vermag der Umstand, dass der Gesetzgeber die von der Klägerin abgegebenen Pflanzenöle zu energetischen Zwecken über die Entlastungsregelung des § 50 EnergieStG im Ergebnis von der Energiesteuer freistellen wollte, die Klägerin vom Vorwurf der Leichtfertigkeit zu entlasten. Denn - abgesehen davon, dass der Entlastungsanspruch vom Vorliegen besonderer Voraussetzungen abhängig und im Einzelfall jeweils zu prüfen ist - hat der Gesetzgeber zahlreiche Entlastungen im Energiesteuergesetz gerade nicht als Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen ausgestaltet, sondern hat es wegen der großen Zahl potenzieller Entlastungsberechtigter und zur Vermeidung höheren Verwaltungsaufwandes den Betroffenen überlassen, die Initiative zu ergreifen, um die Steuervergünstigungen zu erlangen (vgl. dazu Friedrich, in: Friedrich/Meißner, a. a. O., § 45 EnergieStG Rn. 11). So gilt es auch bei gemäß § 50 EnergieStG entlastungsfähigen Biokraft- oder -heizstoffen, die Überschneidung mit der Entlastungsfähigkeit nach anderen Vorschriften, beispielsweise der des belieferten Warenempfängers als Entlastungsberechtigter nach § 53 EnergieStG, sowie nach §§ 56 und 57 EnergieStG, zu berücksichtigen (vgl. dazu Friedrich, in: Friedrich/Meißner, a. a. O., § 50 EnergieStG Rn. 24). Damit trifft den Steuerpflichtigen gerade trotz der grundsätzlich vorgesehenen Entlastungsmöglichkeit nach § 50 EnergieStG eine besondere Informations- und Erkundigungspflicht hinsichtlich der für seine jeweilige Situation zu berücksichtigenden steuerrechtlichen Verfahrenspflichten beim Umgang mit Biokraft- oder heizstoffen (anders wohl, allerdings unter Berücksichtigung der dortigen Umstände des Einzelfalls eines ausschließlich zu eigenen Verwendungszwecken Biokraftstoff einführenden Unternehmers und insoweit nicht auf den vorliegend zu entscheidenden Fall übertragbar: FG Hamburg, Urteil vom 07.12.2010, 4 K 135/10, in: juris, dort: Rn. 25 a. E.).
    Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die zu energetischen Zwecken von ihr weiterveräußerten Pflanzenöle bei der Einfuhr jeweils zollverfahrensrechtlich unbeanstandet unter dem Verfahrenscode 4000 angemeldet worden sind. Dabei kann dahin gestellt bleiben, wer im Einzelnen mit den jeweiligen Einfuhrvorgängen befasst gewesen ist und ob gegebenenfalls auch Mitarbeiter der Klägerin von den Umständen der Abwicklung der Einfuhrvorgänge im Einzelnen Kenntnis erhalten haben - wobei nach dem Akteninhalt und den ergänzenden Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen ist, dass nicht die Klägerin selbst, sondern die A GmbH & Co. Handels-KG, die derselben Unternehmensgruppe wie die Klägerin angehört, die Pflanzenöle eingeführt und dementsprechend die erforderlichen Zollanmeldungen vorgenommen hat. Ebenso kann offen bleiben, ob die Zollanmeldungen unter dem Verfahrenscode 4000 zu Recht unbeanstandet geblieben sind - wofür allerdings einiges spricht, da nach den übereinstimmenden Feststellungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung die Pflanzenöle zu technischen industriellen Zwecken ohne eine Einengung auf energetische Zwecke eingeführt wurden und erst nach Abgabe durch die A GmbH & Co. Handels-KG an die Klägerin, und dann auch nur teilweise, an Kunden zum Zweck der energetischen Verwendung weiterveräußert wurden. Jedenfalls hätte die Klägerin auch aus einer gegebenenfalls fehlerhaften und gleichwohl unbeanstandet gebliebenen Zollanmeldungspraxis keinen Rückschluss dahin gehend ziehen können, dass dann eine Weiterveräußerung der Pflanzenöle zum Zweck der energetischen Verwendung energiesteuerrechtlich für sie folgenlos bliebe. Denn entscheidend für die Entstehung der Energiesteuer ist vorliegend allein die Bestimmungshandlung durch die Weiterveräußerung der Pflanzenöle zu energetischen Zwecken, unabhängig davon, zu welchem Verwendungszweck die Pflanzenöle gegebenenfalls eingeführt werden sollten. Die energiesteuerrechtliche Rechtslage hätte von der Klägerin - unabhängig von den zollverfahrensrechtlichen Umständen der Einfuhr der Pflanzenöle - bei hinreichender Beachtung ihrer Informationspflicht unproblematisch erfasst werden können.
    Gleiches gilt übrigens auch für den Umstand, dass die im Rahmen der Weiterveräußerung der Pflanzenöle an die Kunden der Klägerin ausgefüllten Übertragungs-/Übernahmebestätigungen für Waren in der besonderen Verwendung gemäß Vordruck 0275 von den jeweils zuständigen Zollämtern der übernehmenden Kunden unbeanstandet zur Kenntnis genommen worden sind. Denn durch die Zollämter wird anlässlich der Übermittlung dieser Übertragungs-/Übernahmebestätigungen, die vornehmlich der Nachvollziehbarkeit des Verbleibs von Waren, die in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung übergeführt worden sind, zwecks Sicherstellung der diesbezüglichen zollamtlichen Überwachung dienen, vgl. Art. 82 Abs. 1, Abs. 2, Art. 90 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12.10.1992 (ABl. Nr. L 302/1, ber. ABl. 1993 Nr. L 79/84, ABl. 1996 Nr. L 97/38 und Nr. L 321/23, m. spät. Änd.) - ZK -, nicht überprüft, ob nach dem Energiesteuergesetz erforderliche Steueranmeldungen ordnungsgemäß vorgenommen worden sind. Auch insofern bestand mithin die Informationspflicht der Klägerin hinsichtlich der sie betreffenden energiesteuerrechtlichen Lage uneingeschränkt fort.
    Die nach alledem geltende Festsetzungsfrist von fünf Jahren war mit Erlass der Energiesteuerbescheide vom 21.01.2009, die sowohl im Kalenderjahr 2006 als auch im Kalenderjahr 2007 entstandene Energiesteuern betrafen, jeweils ersichtlich nicht abgelaufen.
    Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin angeführte bei rechtzeitiger Steueranmeldung gegebenenfalls zu berücksichtigende Entlastungsmöglichkeit nach § 50 EnergieStG und die diesbezüglichen gesetzlichen Wertungen im Energiesteuerrecht, die nach vorstehenden Ausführungen den Vorwurf der Leichtfertigkeit der Klägerin im Ergebnis unberührt lassen, einerseits und das zeitliche Auseinanderfallen der fünfjährigen Festsetzungsfrist für die Energiesteuer bei leichtfertiger Steuerverkürzung und der nur einjährigen Festsetzungsfrist für eine mögliche Steuerentlastung andererseits gegebenenfalls im Rahmen einer etwaigen Billigkeitsentscheidung des Beklagten hinsichtlich einer Erstattung der Energiesteuer außerhalb des vorliegenden Klageverfahrens zu prüfen sein werden.
    3.
    Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Energiesteuerschuld drängen sich dem Gericht keine Bedenken auf, auch die Klägerin macht solche nicht geltend.
    II.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

    VorschriftenAO § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, AO § 169 Abs. 2 Satz 2, AO § 370 Abs. 4 Satz 1, AO § 370 Abs. 4 Satz 3, AO § 378 Abs. 1, EnergieStG § 1 Abs. 2 Nr. 1, EnergieStG § 4 Nr. 1, EnergieStG § 9 Abs. 1, EnergieStG § 9 Abs. 2, EnergieStG § 50, EnergieStV § 94 Abs. 1