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  • 12.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143209

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 17.01.2013 – 7 K 1561/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Sachsen

    Urt. v. 17.01.2013

    Az.: 7 K 1561/08

    In dem Finanzrechtsstreit
    ...
    wegen Einziehung der vorläufigen Anlieferungsmenge (Milchquote)
    hat der 7. Senat
    auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17.01.2013
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.
    2.

    Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

    Tatbestand

    Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 14.12.2004 (Behördenakte Bl. 39 ff.) in Gestalt der im Einspruchsverfahren ergangenen Freisetzungsbescheide vom 25.07.2008 (Behördenakte Bl. 192 ff., 197 ff.) und der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2008 (Bl. 177 ff. dA), mit denen die vorläufige Anlieferungs-Referenzmenge (vARM) der Klägerin aus den Zwölfmonatszeiträumen (ZMZR) 1998/1999 bzw. 1999/2000 freigesetzt worden war. Im Streit steht insbesondere, ob die Klägerin infolge eines Milchpachtvertrages als Erzeugerin anzusehen ist, und ob der hier vorgenommenen rückwirkenden Freisetzung Vertrauensschutz nach § 48 VwVfG entgegen steht.

    Anlässlich einer Außenprüfung bei der Erzeugergemeinschaft (EZG, Geschäftsführer: P) und einer bei der Klägerin durchgeführten Steueraufsichtsmaßnahme am 24.10.2003, die sich auch auf die streitbefangenen Milchlieferungen in den ZMZR 1998/1999 bzw. 1999/2000 im Zusammenhang mit einem von der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrag/Dienstleistungsvertrag mit der Milchgut K GmbH (Geschäftsführer: H) bezog, wurde nur eine geringfügige und unregelmäßige Ablieferung von Rohmilch und damit eine geringe Auslastung der vorläufigen Anlieferungsreferenzmenge (vARM) seit einem 1998 stattgefundenen Stallbrand festgestellt. Die Steueraufsichtsmaßnahme wurde wegen des Tatverdachts einer Steuerstraftat und Umgehung garantiemengenrechtlicher Vorschriften abgebrochen. Am 28.10.2003 wurde die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Gesellschafter der Klägerin bekannt gegeben (vgl. Bericht des Beklagten über die Steueraufsichtsmaßnahme vom 17.12.2003, Behördenakte Bl. 4 ff. ).

    Die 1991 gegründete klagende GbR, bestehend aus den Geschwistern C. und A. Z., war in den streitbefangenen ZMZR 1998/1999 bzw. 1999/2000 im Besitz einer vARM von 600.000 kg Milch mit 4,34 % Referenzfettgehalt (RFG), die ihr 1991 aus Restitutionsansprüchen vom Land Brandenburg zugewiesen worden war (vgl. Verwaltungsakt vom 25.07.1991 des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Brandenburg, Bl. 5 ff. dA). Seit 1992 bediente die Klägerin die vARM mit lediglich etwa 20 Milchkühen. Die für diesen Milchviehbestand überdimensionierte vARM wurde in der Folgezeit nicht annähernd zu 80 % beliefert, was in der Folgezeit zu teilweisen Freisetzungen der vARM führte, die aber immer wieder seitens des Landes Brandenburg zugeteilt wurde.

    Am 22.11.1998 wurde durch einen Stallbrand der gesamte Milchkuhbestand der Klägerin vernichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin an ihren bisherigen Abnehmer/Käufer (C. E. GmbH) insgesamt 11.995 kg Rohmilch (nicht fettkorrigiert) geliefert. Nach dem Stallbrand wurde die Klägerin - Anfang Februar 1999 -rückwirkend zum 01.04.1998 als Mitglied bei der EZG aufgenommen, die fortan als abrechnende Abnehmerin/Käuferin ab dem ZMZR 1998/1999 auftrat. Die EZG wies in den Anmeldungen gegenüber dem Beklagten aus, dass unter den Erzeugernummern der Klägerin (........................) nunmehr Rohmilch an das Verarbeitungsunternehmen Molkerei H. GmbH & Co KG geliefert werde. Die EZG als neue Abnehmerin/Käuferin berechnete unter dem 03.02.1999 gemäß § 10 Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) eine neue vARM i.H. von 600.000 kg mit einem RFG von 4,34 %, gültig ab dem ZMZR 01.04.1998, und teilte die Neuberechnung dem damals zuständigen HZA mit (vgl. Behördenakte Bl. 205).

    Unter dem 25.02.1999 schlossen die Milchgut K GmbH (Verpächterin) - ebenfalls Mitglied der EZG - und die Klägerin (Pächterin) einen Betriebspachtvertrag über die Milchviehanlage K. einschließlich des Viehbestandes von durchschnittlich 900 Milchkühen. Das Pachtverhältnis sollte vom 25.02.1999 bis 09.05.1999 dauern. Wegen der Vertragsbestimmungen wird auf den Pachtvertrag verwiesen (Bl. 72 - 82 dA). Unter dem gleichen Datum schlossen die Klägerin und die Milchgut K. GmbH einen Dienstleistungsvertrag mit gleicher Laufzeit ab, wonach die Verpächterin (Milchgut K. GmbH) den laufenden Geschäftsbetrieb der Milchviehanlage K. übernehmen sollte. Auf den Dienstleistungsvertrag vom 25.02.1999 wird Bezug genommen (Bl. 83 ff. dA).

    Zum 30.10.2001 verkaufte die Klägerin ihre ARM für 494.760 DM an der Milchbörse.

    Im Rahmen des gegen die Gesellschafter der Klägerin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Milchgarantiemengenregelungen stellte das Zollfahndungsamt (ZFA) fest: Nach dem Stallbrand fehlte es der Klägerin an einem eigenen oder gepachteten Milchkuhbestand. Vor Eintritt in die EZG schlugen sämtliche Anbahnungen von Verträgen zur Pacht von Milchviehbeständen sowie Produktionsstätten und Ställen fehl, so dass zum Erhalt der vARM eine andere Möglichkeit gesucht wurde. Zum 05.02.1999 beschloss die EZG die rückwirkende Aufnahme der Klägerin, ohne dass die Klägerin über eine eigene Milcherzeugung verfügte, wodurch die EZG die Übererfüllung der Gesamt-ARM aller Mitglieder im Rahmen der Saldierung beim Abnehmer/Käufer abfangen bzw. die Gefahr der Zahlung der Milchabgabe verhindern bzw. minimieren konnte. Zur Belieferung der vARM schlossen die Klägerin und die Milchgut K. GmbH unter Federführung des Geschäftsführers der EZG, P., den Pachtvertrag für den Zeitraum 25.02.1999 bis 09.05.1999, wobei in der Zeit vom 25.02.1999 bis 31.03.1999 (ZMZR 1998/1999) und vom 01.04.1999 bis 09.05.1999 (ZMZR 1999/2000) die vARM der Klägerin von 600.000 kg jeweils fast vollständig ausgenutzt wurde. Die Abholung der Milch erfolgte jeweils von den Stallanlagen K. unter den der Milchgut K. GmbH zugewiesenen Erzeugernummern. Die Zuweisung der Milchmengen auf die Erzeuger-Nr. der Klägerin erfolgte lediglich buchmäßig in der Referenzmengenverwaltung durch den Geschäftsführer der EZG für einen Zeitraum bis 05.05.1999. Die Inhaber oder Arbeitskräfte der Klägerin waren aktiv an der Milcherzeugung nicht beteiligt.

    Für den ZMZR 1998/1999 gab der Geschäftsführer der EZG am 16.07.1999 in der beim HZA eingereichten Anmeldung für die Milch-Garantiemengenabgabe an, dass im ZMZR 1998/1999 die Milchgut K. GmbH 4.241.246 kg Milch und die Klägerin 589.938 kg Milch (jeweils fettkorrigiert) erzeugt und abgeliefert hätten; eine Milchabgabe wurde nicht angemeldet (vgl. Behördenakte Bl. 163, 206, 209). Nach den ursprünglichen Feststellungen des Beklagten hätte eine Zusatzabgabe i.H. von 10.180,32 DM angemeldet werden müssen (vgl. Abschlussvermerk des Beklagten vom 25.02.2008, Behördenakte Bl. 163). Im Fortgang des steuerlichen Verfahrens wurden für den ZMZR 1998/1999 Milchabgaben i.H. von 124.263,51 € von verschiedenen Milcherzeugern erhoben (Schriftsatz des Beklagten vom 24.08.2010, Bl. 98 dA).

    Für den ZMZR 1999/2000 gab der Geschäftsführer der EZG am 12.07.2000 in der beim HZA eingereichten Anmeldung für die Milch-Garantiemengenabgabe an, dass im ZMZR 1999/2000 die Milchgut K. GmbH 6.948.204 kg Milch und die Klägerin 599.323 kg Milch (jeweils fettkorrigiert) erzeugt und abgeliefert hätten; eine Milchabgabe wurde nicht angemeldet (vgl. Behördenakte Bl. 165, 211, 213). Im Fortgang des steuerlichen Verfahrens wurden für den ZMZR 1999/2000 Milchabgaben seitens anderer Milcherzeuger nicht erhoben (Schriftsatz des Beklagten vom 24.08.2010, Bl. 98 dA).

    Das ZFA vertrat die Auffassung, Pacht- und Dienstleistungsvertrag seien nur zum Schein geschlossen und hätten den vorgenommenen Milchtausch verdecken sollen. Ziel sei gewesen, einerseits die vARM der Klägerin zu erhalten mitsamt der Möglichkeit, sie ertragreich an der Milchbörse zu verkaufen, und andererseits für die EZG aufgrund der tatsächlichen Nichtbelieferung durch die Klägerin eine Saldierungsmöglichkeit im Hinblick auf Überlieferungen anderer Erzeuger, hier vorrangig der Milchgut K. GmbH, zur Verfügung zu haben. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen des ZFA wird auf den Schlussbericht vom 14.03.2007 Bezug genommen (Behördenakte Bl. 101 ff.). Wegen der steuerstrafrechtlichen Würdigung wird auf den Abschlussvermerk der Strafsachenstelle des Beklagten vom 25.02.2008 Bezug genommen (Behördenakte Bl. 144 ff.).

    Der Beklagte, der sich den Feststellungen des ZFA anschloss, zog mit Bescheid vom 14.12.2004 die vARM der Klägerin i.H. von 600.000 kg für den ZMZR 2000/2001 rückwirkend mit Ablauf des 31.03.2000 ein; als Rechtsgrundlage angegeben war § 13 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung -ZAV- (Behördenakte Bl. 39 ff./Bl. 19 ff. dA). Im Einspruchsverfahren erließ der Beklagte im Ergebnis einer Umdeutung des Bescheides vom 14.12.2004 einen neu gefassten Bescheid vom 25.07.2008 über eine Freisetzung der Referenzmenge i.H. von 588.262 kg aus dem ZMZR 1998/1999 nach § 16e MGV und Festsetzung der vARM auf 11.738 kg mit Wirkung vom 01.04.1999 (Behördenakte Bl. 192 ff.) sowie einen Freisetzungsbescheid vom 25.07.2008 über die verbleibende vARM i.H. von 11.738 kg aus dem ZMZR 1999/2000 nach § 8b MGV und Festsetzung der vARM auf 0 kg mit Wirkung zum 01.04.2000 (Behördenakte Bl. 197 ff.). Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen (Einspruchsentscheidung vom 25.07.2008, Behördenakte Bl. 177 ff.). Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung aus, der ursprüngliche Bescheid vom 14.12.2004 sei insoweit fehlerhaft, als er sich auf zu diesem Zeitpunkt zwar wort- und anwendungsgleiche, jedoch noch nicht anzuwendende Rechtsgrundlagen der ZAV anstelle der anwendbaren MGV stütze, sich bezüglich der Nichtbelieferung auf den unzutreffenden ZMZR beziehe, und überdies eine unzutreffende Menge freigesetzt worden sei. Der angefochtene Bescheid sei gemäß § 44 VwVfG dahingehend umzudeuten, dass als nicht belieferter ZMZR der ZMZR 1999/2000 gelte und die Freisetzung der vARM i.H. von 11.738 kg auf der Grundlage von § 8b MGV erfolge.

    Die Klägerin hält die rückwirkende Freisetzung der vARM für rechtswidrig. Sie sei bis zur Veräußerung der Milchquote Milcherzeugerin gewesen. Sie habe auf der Grundlage der mit der Milchgut K. GmbH abgeschlossenen Verträge im Milchwirtschaftsjahr 1998/1999 Milch geliefert, ohne dass die Milchquote eingezogen worden sei. Ein insoweit stattgefundenes Ermittlungsverfahren sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die Klägerin sei auf die Möglichkeit der Begründung eines Pachtverhältnisses damals vom HZA hingewiesen worden. Die Vorgehensweise sei mit den dortigen Mitarbeiterinnen Frau Z. und Frau M. abgestimmt gewesen. Die auf der Grundlage der mit der Milchgut K. GmbH abgeschlossenen Verträge produzierte Milch sei getrennt erfasst, geliefert und von der EZG auf den Betrieb der Klägerin verbucht worden. Bezüglich des MWJ 2000/2001 sei die Milchproduktion der Klägerin durch Ankauf einer Kuh erfolgt, die im Betrieb des Veräußerers verblieben und dort im Auftrag und auf Rechnung der Klägerin versorgt und gemolken worden sei. Die Klägerin sei daher durchgehend Milcherzeugerin gewesen. Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass die geschlossenen Verträge nicht den Anforderungen an eine eigene Milchproduktion entsprächen, stünden einer rückwirkenden Freisetzung Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegen. Der Klägerin könne keine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis unterstellt werden. Sie sei vom HZA auf diese Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen worden. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor, "da diese Gestaltungsmöglichkeit", wenn auch unter strengen Voraussetzungen, grundsätzlich anerkannt sei. Auch eine Steuerstraftat liege nicht vor. Der Klägerin sei nicht bekannt, "dass beim Milchgut K. ein entsprechender Überhang vorgelegen" habe, der ohne die Verpachtung des Viehbestandes an die Klägerin zu Abgaben geführt hätte. Der Vorteil bei der EZG sei der Klägerin nicht bekannt und im Ergebnis auch rein hypothetisch. Nach Angaben des Geschäftsführers habe entsprechend der damaligen Praxis die EZG eine ggf. vorliegende Überkapazität dadurch ausgeglichen werden können, dass auf entsprechende Mitteilung hin freie Kapazitäten aus der Landesreserve zugewiesen und anschließend wieder eingezogen würden. Jedenfalls könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin Kenntnis von Interna der EZG und insbesondere von Art, Umfang und (Un-) Zulässigkeit der Saldierung gehabt habe. Eine vorsätzlich geleistete Beihilfe scheide daher aus. Im Übrigen stehe einer Einziehung auch die erfolgte Veräußerung an der Milchbörse entgegen.

    Die Klägerin beantragt,

    den Bescheid vom 14.12.2004 in Gestalt der Freisetzungsbescheide vom 25.07.2008 und der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2008 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die rückwirkende Freisetzung sei zu Recht erfolgt. Die Klägerin sei hinsichtlich der im Pachtverhältnis in der Milchviehanlage K. ermolkenen Milch nicht Milcherzeuger gewesen. Die Milchmengen seien deshalb den tatsächlichen Milcherzeugern zuzurechnen mit der Folge, dass die Klägerin im ZMZR 1998/1999 nur rund 12.000 kg Rohmilch bis zum Stallbrand an einen zugelassenen Anbieter und im ZMZR 1999/2000 gar keine Milch angeliefert habe. Die Ermittlungsergebnisse des ZFA bewiesen, dass die Klägerin den Milch erzeugenden Betrieb nicht in erforderlicher Weise in eigener Verantwortung geleitet und bewirtschaftet habe. Denn die Rohmilchmengen seien nach wie vor von der Milchgut K. GmbH unter deren Liefernummer im Streckengeschäft direkt an die annehmende Molkerei H. GmbH & Co KG angeliefert und lediglich buchmäßig durch den Geschäftsführer der EZG der Klägerin als angeblich von ihr ermolkene und an die EZG bzw. die Molkerei angelieferte Milch ausgewiesen worden. Die bestehenden Verträge seien tatsächlich nicht umgesetzt worden, weshalb die Voraussetzungen für die Anerkennung der aktiven Milcherzeugereigenschaft nicht erfüllt seien. Tatsächlich sei die Rohmilch von der Milchgut K. GmbH und nicht von der Klägerin erzeugt worden. Die Milch sei lediglich durch den Geschäftsführer der EZG vorsätzlich auf die vermeintlich zur Verfügung stehende Referenzmenge der Klägerin im Rahmen seiner Verpflichtung zur Führung der Referenzmengenverwaltung gebucht worden, um die vARM zum Vorteil der Klägerin zwecks späteren Verkauf an der Milchbörse aufrecht zu erhalten und für die Saldierung der Überlieferungen der EZG dahingehend zu nutzen, dass keine Abgaben entstehen sollten.

    Der Bescheid zur Feststellung der vARM sei rückwirkend zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 und Abs. 4 VwVfG könne sich die Klägerin nicht berufen, weil die Begünstigung durch arglistige Täuschung oder durch unrichtige bzw. unvollständige Angaben erwirkt oder beibehalten worden sei. Im Ergebnis des geführten Ermittlungsverfahrens sei auf Seiten der Klägerin eine Mittäterschaft bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung in Verbindung mit den Milchgarantiemengenregelungen nachgewiesen, was in der Folge zu unrichtigen oder unvollständigen Angaben geführt habe, so dass die Vergünstigung, die vARM, in voller Höhe von 600.000 kg bis zum Verkauf an der Börse beibehalten und nicht zum Teil freigesetzt worden sei. Die Milchlieferung im März 2001 von 457 kg im Zusammenhang mit einer für 14 Tage gekauften und anschließend zurückverkauften Kuh sei nicht relevant, weil der Klägerin im ZMZR 2000/2001 keine Referenzmenge mehr zur Verfügung gestanden habe und die Klägerin zudem auch insoweit nicht als aktive Milcherzeugerin angesehen werden könne. Schließlich führe die rückwirkende Freisetzung in Verbindung mit der anonymen Veräußerung an der Milchbörse nicht zu einer Verdoppelung der betreffenden Quotenmenge.

    Die Akten der Staatsanwaltschaft zu den Strafverfahren gegen C. Z. u.a. sowie gegen A. Z. wurden beigezogen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet. Die im Einspruchsverfahren ergangenen Freisetzungsbescheide vom 25.07.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung, welche den ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakt vom 14.12.2004 ersetzt haben und gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurden, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    Zu Recht hat der Beklagte die von der EZG als Käuferin gemäß § 10 Abs. 1 und 2 MGV vorgenommene und dem Hauptzollamt mitgeteilte Neuberechnung der vARM der Klägerin ab dem ZMZR 1998/1999 vom 03.02.1999 (vgl. Behördenakte Bl. 205) rückwirkend zurückgenommen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V. mit § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG) und die unzutreffend berechnete vARM freigesetzt, § 8b, § 16e Abs. 1a MGV (Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl I 1984, 720, mit zahlreichen späteren Änderungen).

    1. Freisetzung von 588.262 kg aus dem ZMZR 1998/1999

    Zu Recht hat der Beklagte gemäß § 16e Abs. 1a MGV die vARM der Klägerin aus dem ZMZR 1998/1999 i.H. von 588.262 kg mit Ablauf dieses ZMZR zugunsten der Landesreserve des Landes Brandenburg freigesetzt und dementsprechend die vARM mit Wirkung vom 01.04.1999 i.H. von 11.738 kg mit einem RFG von 4,34 % festgesetzt.

    Nach § 16e Abs. 1a Satz 1 MGV in der bis zum 31.03.2000 und somit für den betreffenden ZMZR geltenden Fassung wird eine vARM, die im vorangegangenen ZMZR zu weniger als 80 % beliefert worden ist, mit Ablauf des jeweiligen ZMZR zugunsten desjenigen Landes freigesetzt, in dem der Betrieb liegt, dem die vARM zugeordnet war. Der freizusetzende Teil der vARM errechnet sich aus der Differenz zwischen der dem Milcherzeuger bei Ablauf des jeweiligen ZMZR zustehenden vARM und der um 10 % erhöhten, unter Berücksichtigung des Fettgehaltes zu bestimmenden Anlieferungsmenge des jeweiligen ZMZR.

    Nach dieser Maßgabe war die vARM der Klägerin aus dem ZMZR 1998/1999 i.H. von 588.262 kg zugunsten der Landesreserve des Landes Brandenburg freizusetzen, § 16e Abs. 1a Satz 1 MGV. Denn die Klägerin hat im ZMZR 1998/1999 die ihr zugeteilte vARM (600.000 kg mit 4,34 % RFG) zu weniger als 80 %, nämlich nur zu 1,78 %, beliefert.

    Als Milcherzeugerin i.S. von Art. 9 Buchst. c der VO/EWG Nr. 3950/92 des Rates vom 28.10.1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor bzw i.S. von § 1, 3 MGV anzusehen ist die Klägerin nur hinsichtlich der bis zum Stallbrand am 22.11.1998 an den bisherigen Abnehmer/Käufer (C. E. GmbH) gelieferten 11.995 kg Rohmilch, nicht jedoch in Bezug auf die im Rahmen des Pachtverhältnisses mit der Milchgut K. GmbH ermolkene Milch. Die freizusetzende Menge wurde vom Beklagten zutreffend und ohne klägerische Einwendungen berechnet wie folgt:
    vARM in kg RFG Natürliche Anlieferung in kg Natürlicher Fettgehalt Fettkorrigierte Anlieferung in kg Auslastung in %
    600.000 4,34 11.995 3,727 10.671 1,78

    Daraus ergibt sich eine freizusetzende Menge von 588.262 kg (600.000 kg - (10.671 kg x 110 %)).

    Demgegenüber wurde die im Rahmen des Pachtverhältnisses mit der Milchgut K. GmbH ermolkene Milch nicht von der Klägerin erzeugt. Vielmehr waren die in der Milchviehanlage K. erzeugten Milchmengen der Verpächterin zuzurechnen; insoweit ist die Milcherzeugereigenschaft bei der Verpächterin verblieben und nicht auf die Klägerin übergegangen. Aufgrund der detaillierten und von der Klägerin nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des ZFA im Schlussbericht vom 14.03.2007 steht fest, dass die Klägerin hinsichtlich der im Rahmen des Pachtverhältnisses erzeugten Milch nicht Milcherzeugerin war, weil sie nicht in erforderlicher Weise die gepachteten Produktionseinheiten "selbständig" bewirtschaftet hat (vgl. EuGH-Urteil vom 15.01.1991 C-341/89, EuGHE 1991 I 25). Von einer derartigen im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse festzustellenden selbständigen Bewirtschaftung gepachteter Produktionseinheiten - wozu insbesondere gehört, dass der Pächter die Dispositionsbefugnis über die Produktionseinheiten innehat, die fachliche Verantwortung für die Bewirtschaftung sowie das Unternehmerrisiko trägt (ständige Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.09.2007 VII R 28/06, BFH/NV 2008, 177 = ZfZ 2007, 329; vom 26.05.2009 VII R 28/08, BFH/NV 2009, 1574 = ZfZ 2009, 246) - kann vorliegend nicht die Rede sein. Denn der vorliegende Fall ist durch Umstände geprägt, die untypisch dafür sind, dass die Klägerin hinsichtlich der in der Anlage K. produzierten Milch die Stellung eines Betriebsinhabers hatte und mithin als Milcherzeugerin anzusehen war:

    Eine Betreuung der gepachteten Kühe durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft der an der Klägerin beteiligten Gesellschafter oder wenigstens mit Hilfe dafür selbst eingestellter Arbeitskräfte fand nicht statt und war bereits nach der Vertragsgestaltung nicht vorgesehen: Zwar war nach § 4 des Pachtvertrages die Klägerin (Pächterin) zur Führung des Geschäftsbetriebs mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verpflichtet. Zugleich wurde jedoch nach § 1 des Dienstleistungsvertrags der laufende Geschäftsbetrieb der Milchviehanlage K. einschließlich der Führung und Reproduktion des Viehbestandes auf die Verpächterin übertragen. Folglich beschäftigte die Klägerin keine eigenen Arbeitskräfte zur Bewirtschaftung des gepachteten Betriebes; vielmehr war in § 5 Nr. 3 des Pachtvertrages vorgesehen, dass die Klägerin als Pächterin keinerlei Arbeitsverhältnisse übernimmt.

    Erteilte Weisungen seitens der Klägerin zur Bewirtschaftung an ihre Auftragnehmerin (Milchgut K. GmbH) wurden nicht festgestellt, ebenso wenig eine persönliche Anwesenheit der Gesellschafter der Klägerin vor Ort mit dem Zweck, sich vom Zustand des gepachteten Viehbestandes und eine ggf. erteilten Anweisungen entsprechende Erledigung des Geschäftsbetriebes sicherzustellen.

    Ein eigenes Betriebskonzept hat die Klägerin offenkundig nicht entwickelt, auch keine eigenständige Entscheidungen über Maßnahmen der Fütterung und tierärztlichen Vorsorge getroffen. Die verwendeten Futter- und Pflegemittel wurden zwar aus dem eingerichteten Treuhandkonto der Klägerin bezahlt (vgl. § 3 Nr. 5 des Pachtvertrages), offenkundig jedoch ohne Beteiligung der Klägerin an den Maßnahmen der Fütterung bzw. Anschaffung der erforderlichen Futtermittel (vgl. Ziff. 2.3.1 des Abschlussvermerks des HZA vom 25.02.2008, Behördenakte Bl. 154). Der für die Milchgut K. GmbH tätige Tierarzt war nach seiner Zeugenaussage ständig mit einem Betreuungsvertrag für die Milchgut K. GmbH tätig. Vom Pachtvertrag mit der Klägerin habe er zwar gewusst, jedoch habe er deren Gesellschafter weder gesehen noch mit ihnen gesprochen. Sein Ansprechpartner sei nur Herr H. gewesen, Geschäftsführer der Milchgut K. GmbH. Lediglich Abrechnungen im Pachtzeitraum seien auf Veranlassung des Herrn H. an die Klägerin adressiert worden (vgl. Schlussbericht ZFA Seite 19, Behördenakte Bl. 119).

    Schließlich konnte die Klägerin nach der gewählten Vertragsgestaltung über die ihr zustehenden Milchgeldforderungen aus dem Milchkaufvertrag mit der EZG nicht frei verfügen, und sie war auch im Übrigen aus der finanziellen Abwicklung der Verträge herausgehalten. Vielmehr sollten nach § 3 Nr. 5 des Pachtvertrages die Einnahmen der Klägerin aus dem Milchkaufvertrag mit der EZG auf ein von deren Geschäftsführer P. eingerichtetes Treuhandkonto gehen und erst nach Begleichung von Pachtzins- und weiterer Forderungen (etwa Futtermittel) an die Klägerin ausgekehrt werden (vgl. § 3 Nr. 5 des Pachtvertrags).

    Somit zeigt bereits das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung, verbunden mit der vereinbarten kurzen Pachtdauer (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 26.05.2009 VII R 28/08, BFH/NV 2009, 1574 = ZfZ 2009, 246), dass die Verpächterin Milcherzeugerin geblieben ist.

    Gegen eine Erzeugereigenschaft der Klägerin sprechen zudem die besonderen Umstände bei der Ablieferung der Milch (vgl. auch Seite 28 ff. des Schlussberichts des ZFA, Behördenakte Bl. 128 ff.): Die Abholung der Milch erfolgte jeweils von den Stallanlagen K. unter den der Milchgut K. GmbH zugewiesenen Erzeugernummern. Die Verbuchung der Milchmengen auf die Erzeuger-Nr. der Klägerin als angeblich von ihr ermolkene und angelieferte Milch erfolgte lediglich buchmäßig im Rahmen der Referenzmengenverwaltung der EZG durch deren Geschäftsführer.

    Hinzu kommt, dass Pacht- und Dienstleistungsvertrag nicht bis zum Ende der vorgesehenen Vertragsdauer erfüllt wurden: Vielmehr erfolgte die Anrechnung der in der Milchviehanlage K. erzeugten Milch auf die Erzeugernummern der Klägerin in der Referenzmengenverwaltung der EZG lediglich bis zum 05.05.1999, und nicht bis zum Ende der Vertragslaufzeit am 09.05.1999. Ein nachvollziehbarer Grund hierfür, etwa eine erklärte Vertragskündigung, ist nicht ersichtlich. Statt dessen ergeben die Feststellungen des ZFA, dass der mit der Referenzmengenverwaltung befasste Geschäftsführer der EZG die in der Milchviehanlage K. erzeugte Milch lediglich so lange auf die Erzeuger-Nr. der Klägerin verbucht hat, bis die vARM der Klägerin beliefert war. Von einer Anrechnung über den 05.05.1999 hinaus hat er gezielt Abstand genommen, weil eine weitere Anrechnung bis zum Vertragsende eine Überlieferung der vARM der Klägerin zur Folge gehabt hätte. Diese Zielrichtung geht deutlich hervor aus seinem Schreiben vom 10.06.1999 an C. Z., Gesellschafterin der Klägerin, wonach er, der Geschäftsführer der EZG, mit Herrn H. die Tagesabrechnung für Mai 1999 so abgestimmt habe, dass sich für die Klägerin eine 100% ige Belieferung ihrer ARM ergibt (Schlussbericht S. 28, Behördenakte Bl. 128; AO-DS 03 Bl. 55).

    Schließlich wurde der Pachtvertrag offenkundig erst nach dem vorgesehenen Vertragsbeginn unterzeichnet: Erst am 15.04.1999 wurde der von Herrn H. unterzeichnete Pachtvertrag durch den Geschäftsführer der EZG an die Klägerin übersandt mit der Bitte um Archivierung, wogegen die Anrechnung der Milch auf die Liefernummer der Klägerin in der Referenzmengenverwaltung der EZG bereits seit dem 25.02.1999 erfolgte (vgl. Schlussbericht des ZFA S. 28, Behördenakte Bl. 128).

    2. Freisetzung von 11.738 kg aus dem ZMZR 1999/2000

    Ebenso zutreffend hat der Beklagte als das für den Käufer zuständige HZA die verbleibende vARM aus dem ZMZR 1999/2000 i.H. von 11.738 kg freigesetzt, und die vARM mit Wirkung vom 01.04.2000 i.H. von 0 kg festgesetzt, weil die Klägerin ihre Referenzmenge während des gesamten ZMZR nicht genutzt hat, § 8b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MGV.

    Im ZMZR 1999/2000 hat die Klägerin, weil der Pachtvertrag über die Milchgutanlage K. abgabenrechtlich nicht anzuerkennen ist, weder Milch an einen Käufer geliefert oder unmittelbar an Verbraucher verkauft noch ihre Referenzmenge nach § 7 MGV übertragen mit der Folge, dass der Beklagte zu Recht der Klägerin einen entsprechenden Bescheid über die Freisetzung erteilt hat, § 8b Abs. 2 MGV.

    Unerheblich ist demgegenüber die von der Klägerin angeführte Milchlieferung im Milchwirtschaftsjahr 2000/2001 infolge des Ankaufs einer Kuh, die im Betrieb des Veräußerers verblieben und dort im Auftrag und auf Rechnung der Klägerin versorgt und gemolken worden sei: Diese Milchlieferungen haben - unabhängig von der Frage, ob die Klägerin insoweit überhaupt als Milcherzeugerin angesehen werden könnte - erst im März 2001 stattgefunden (vgl. Schlussbericht des ZFA, Seite 30-32, Behördenakte Bl. 130-132). Sie betrafen den ZMZR 2000/2001 und haben mithin keinen Einfluss auf die hier zu beurteilende Freisetzung der vARM für den vorangegangenen ZMZR 1999/2000, da die Klägerin während dieses gesamten ZMZR ihre Referenzmenge nicht genutzt hat, § 8b Abs. 1 MGV. Im Übrigen kommt auch eine Wiederzuteilung der vARM auf schriftlichen Antrag gemäß § 8b Abs. 3 MGV nicht in Betracht, weil die in Frage stehende Lieferung erst im März 2001 stattgefunden hat, und nicht innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf des ZMZR, in dem die Freisetzung erfolgt ist.

    Entgegen klägerischer Auffassung führt die rückwirkende Freisetzung der vARM in Verbindung mit der später erfolgten anonymen Veräußerung an der Milchbörse nicht zu einer Verdoppelung der betreffenden Quotenmenge. Die freigesetzte Menge wird, worauf das Hauptzollamt in seinem Schriftsatz vom 04.12.2008 zutreffend hingewiesen hat, nicht mehr zusätzlich zur identischen an der Milchbörse verkauften Menge für eine Verteilung zur Verfügung gestellt. Die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Freisetzung der vARM der Klägerin dient in diesem Fall ausschließlich zur steuerlichen Gleichbehandlung aller Milcherzeuger im Rahmen des Quotensystems und als Grundlage zur Ermittlung eventuell entstehender Milchabgaben in den nachfolgenden Milchwirtschaftsjahren.

    3. Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit und Vertrauensschutz, § 48 VwVfG

    Zu Recht hat der Beklagte die von der EZG (Käuferin) vorgenommene Neuberechnung der vARM vom 03.02.1999 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V. mit § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG) und die unzutreffend berechnete vARM rückwirkend freigesetzt, § 8b, § 16e Abs. 1a MGV.

    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Freisetzungsbescheide nach § 10 Abs.1 MOG i.V.m. § 48 Abs.2 und 4 VwVfG zu beurteilen:

    Bei der Berechnung der vARM durch den Käufer (hier: Neuberechnung der vARM vom 03.02.1999 durch die EZG) gemäß § 10 Abs. 1 und 2 MGV handelt es sich um einen begünstigenden Bescheid im Rahmen einer Mengenregelung i.S. von § 8 MOG, der im Falle seiner Rechtswidrigkeit nach § 10 Abs. 1 MOG zurückzunehmen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.03.1990 VII R 47/88, BFHE 164, 141; vom 07.09.1993 VII R 110/92, BFH/NV 1995, 173). Die Feststellung der Referenzmenge stellt eine Grundlage für die Erhebung der Milchabgabe nach § 11 MGV dar und ist daher als Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO anzusehen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25.03.1986 VII B 164/85, BFHE 146, 188; BFH-Urteil vom 22.05.2012 VII R 23/08, BFH/NV 2012, 1751; Busse, ZfZ 2009, 225, 232f.; vgl. auch § 34 Abs. 4 MOG). Die Feststellung hat Dauerwirkung, da sie nicht befristet ist und daher grundsätzlich bis zum Auslaufen der Milchgarantiemengenregelung gilt (vgl. BFH-Urteil vom 13.03.1990 VII R 47/88, BFHE 164, 141). Unabhängig von der Streitfrage, ob die Festsetzung der ARM durch das HZA oder durch den Käufer als beliehenen Unternehmer erfolgt (vgl. Rechtsprechungsübersicht bei Busse, ZFZ 2009, 235f.), ist jedenfalls das HZA für die Rücknahme der fehlerhaften ARM aufgrund seiner allgemeinen Zuständigkeit zur Durchführung der Verordnung nach § 2 MGV zuständig (BFH-Urteil vom 13.07.1993 VII R 92/92, BFH/NV 1994, 137; vom 07.09.1993 VII R 110/92, BFH/NV 1995, 173). Die Rücknahme rechtswidriger Referenzmengenfeststellungsbescheide gemäß § 10 Abs. 1 MOG richtet sich nach den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG und nicht nach § 48 Abs. 3 VwVfG (vgl. BFH-Urteil vom 31.08.1993 VII R 142/92, BFH/NV 1994, 512; vom 13.07.1993 VII R 92/92, BFH/NV 1994, 137; BFH-Urteil vom 30.10.1990 VII R 101/89, BFHE 162, 156). Soweit eine bei Erlass rechtmäßige Feststellung aufgrund einer rechtserheblichen, nach ihrem Erlass eingetretenen Änderung der Sachlage nachträglich rechtswidrig wird, richtet sich die Aufhebung des ursprünglich rechtmäßigen Verwaltungsakts im Übrigen nicht nach den Bestimmungen über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts gemäß § 10 Abs. 2 MOG, sondern nach den Bestimmungen des § 10 Abs. 1 MOG i.V. mit § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (vgl. zur Anwendbarkeit von § 48 VwVfG im Falle eines ursprünglich rechtmäßigen und nachträglich rechtswidrig gewordenen Dauerverwaltungsakts: BVerwG-Urteile vom 28.06.2012 2 C 13/11, NVwZ-RR 2012, 933; vom 16.07.2009 2 C 43/08, NVwZ-RR 2009, 848; vom 16.11.1989 2 C 43/87, BVerwGE 84, 111).

    Nach diesen Grundsätzen kann dahin stehen, ob die Neuberechnung der vARM durch die EZG vom 03.02.1999 ab dem ZMZR 1998/1999 ursprünglich - in Bezug auf die Verhältnisse des laufenden ZMZR 1998/1999 - rechtmäßig war. Jedenfalls wurde die Neuberechnung der vARM, ein Dauerverwaltungsakt, mit Ablauf des ZMZR 1998/1999 rechtswidrig: Die vARM war gemäß § 16e Abs. 1a Satz 1 MGV richtigerweise mit Ablauf dieses ZMZR anteilig i.H. von 588.262 kg freizusetzen (vgl. oben unter 1). Auch in Bezug auf den ZMZR 1999/2000 wurde die Neuberechnung rechtswidrig, weil die für diesen ZMZR erforderliche Freisetzung der verbleibenden vARM gemäß § 8b MGV aufgrund vollständiger Nichtbelieferung unterblieben ist (vgl. oben unter 2).

    Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides über die Festsetzung der vARM sind erfüllt. Auf einen etwaigen Vertrauenstatbestand kann sich die Klägerin hier nicht berufen, weil sie den zurückgenommenen Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG) und deshalb der Verwaltungsakt - wie in § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG regelmäßig vorgesehen - für die Vergangenheit zurückzunehmen war. Um eine arglistige Täuschung handelt es sich z.B., wenn der Adressat des Verwaltungsakt durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt und in Kauf nahm oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem am Zustandkommen des Verwaltungsaktes maßgeblich beteiligten Mitarbeiter der Behörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diesen durch Täuschung zu einer günstigen Entscheidung zu bestimmen. Der Täterschaft stehen dabei Anstiftung und Beihilfe gleich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 48 Rn. 111, 112).

    Nach den Feststellungen im Schlussbericht des ZFA sowie des Beklagten im Abschlussvermerk vom 25.02.2008 (vgl. Behördenakte Bl. 166, 168) wurde der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt seitens des Geschäftsführers der EZG:

    Herr P. als Geschäftsführer der EZG hat für die betroffenen ZMZR bewusst unrichtige Abgabenanmeldungen unter unzutreffender Angabe der jeweiligen Anlieferungsmengen (vgl. § 11 Abs. 3, 4 MGV) beim Hauptzollamt eingereicht. Hierdurch hat Herr P., der wusste, dass die Erzeugereigenschaft durch den von ihm initiierten und vermittelten Abschluss eines Pacht- und Dienstleistungsvertrages nicht auf die Klägerin übergegangen war, bewusst unrichtige Angaben über die von den betroffenen Erzeugern (Milchgut K. GmbH sowie die Klägerin) tatsächlich erzeugten und angelieferten Milchmengen gemacht. In der Folge ist, von ihm erstrebt oder ihm jedenfalls bewusst, die erforderliche Freisetzung der vARM der Klägerin durch das HZA unterblieben.

    Zudem hat der Geschäftsführer der EZG selbst die erforderliche anteilige Freisetzung der bislang festgestellten vARM mit Ablauf des ZMZR 1998/1999 unter anteiliger Aufhebung der unzutreffend gewordenen Neuberechnung der vARM vom 03.02.1999 unterlassen. Dies war pflichtwidrig, weil der Geschäftsführer im Rahmen der ihm obliegenden Referenzmengenverwaltung mit Ablauf des ZMZR 1998/1999 anlässlich der festgestellten Unterlieferung eine Neuberechnung der vARM der Klägerin "aus sonstigem Grund" unter anteiliger Freisetzung der nicht belieferten Menge hätte vornehmen müssen (§ 10 Abs. 1 i.V. mit § 16e Abs. 1a Satz 4 MGV). In Bezug auf den ZMZR 1999/2000 hat er überdies pflichtwidrig die ihm nach § 8b Abs. 1 MGV obliegende Mitteilung an das HZA unterlassen, dass die Klägerin ihre Referenzmenge nicht genutzt hat, wodurch die Einziehung der nicht genutzten Menge verhindert wurde.

    Die Gesellschafter der Klägerin haben an dem unredlichen Verhalten des Geschäftsführers der EZG objektiv mitgewirkt durch Abschluss des Pacht- und Dienstleistungsvertrages mit dem Ziel, eine Freisetzung der ihnen zugeteilten vARM zu verhindern. Offen bleiben kann, ob die Gesellschafter der Klägerin insoweit als Mittäter neben Herrn P. anzusehen sind, wovon der Beklagte ausgeht, weil sie sein Verhalten objektiv gefördert und jedenfalls Beihilfe geleistet haben.

    In subjektiver Hinsicht rechneten die Gesellschafter der Klägerin damit und nahmen billigend in Kauf, dass aufgrund der hier gewählten Gestaltung und Abwicklung des Pacht- und Dienstleistungsvertrages die Verpächterin Milcherzeuger bleiben, und in der Folge zu Unrecht eine Freisetzung der ihnen zugeteilten vARM unterbleiben würde:

    Den Gesellschaftern der Klägerin waren aufgrund vorangegangener Gespräche mit Vertretern der HZÄ ................ und ................ und der OFD ................... zumindest in den Grundzügen die Voraussetzungen für die garantiemengenrechtliche Anerkennung von Milchpachtverträgen bekannt, wie sich aus den Feststellungen im Schlussbericht des ZFA unter Ziff. 2.3 und den dort in Bezug genommenen Unterlagen ergibt (Behördenakte Bl. 112 ff.), insbesondere das Erfordernis einer "Verfügungsberechtigung über Tiere, Stall und Leute", wie in einer aufgefundenen Notiz der Klägerin formuliert war (vgl. Notiz, AO DS 04 Bl. 137, Behördenakte Bl. 115; ähnlich das Schreiben der Klägerin an die OFD ............... vom 12.01.1999 betreffend des in Betracht kommenden Abschlusses eines anderweitigen Pachtvertrages, AO DS 04 Bl. 139: "an diese Sache wage ich mich nicht heran, zumal alles so laufen soll wie bisher - ich also keinen Einfluss im Stall oder Büro nehmen kann"). Dass eine derartige "Verfügungsberechtigung über Tier, Stall und Leute" aber hier gerade nicht vorgesehen war und auch nicht praktiziert wurde, lag für die Klägerin auf der Hand, die auf den Betrieb in der Milchviehanlage K. keinerlei Einfluss nehmen konnte.

    Das Bewusstsein der Klägerin für die mit dem Abschluss des Pachtvertrages verbundenen Risiken wurde zudem geschärft durch den Hinweis im Schreiben des Geschäftsführers der EZG, P., vom 16.01.1999 (AO DS 03 Bl. 159), der eine Mitgliedschaft der Klägerin in der EZG anriet, um sich der Zuständigkeit der bereits mit der Klägerin befassten Zollbehörden in .................... zu entziehen. In diesem Schreiben führte Herr P. aus, die Landesgrenze spiele bei der Auswahl des für die Pachtung in Frage kommenden Betriebes keine Rolle, wichtiger sei, "dass Sie möglichst bei einem Käufer saldieren können, der Ihre Jahresabrechnung nicht ausgerechnet bei der leider schon vorinformierten Zollverwaltung ................ bzw. der OFD einreichen" müsse, wobei hier die Mitgliedschaft in der EZG entgegen komme.

    Eine entsprechende Sensibilisierung auf klägerischer Seite ergibt sich auch auf den aufgefundenen umfangreichen handschriftlichen Notizen offenbar von Frau Z. betreffend ein Gespräch mit Herrn P. am 15.01.1999 (AO DS 04 Bl. 126-130, Schlussbericht, Behördenakte Bl. 115). Darin ist - wenn auch mit unklarem Kontext - u.a. die Rede davon, bei einer Prüfung sehe sich der Zoll den Pachtvertrag an und frage, ob es üblich sei; man dürfe "dem Prüfbeamten nichts in die Hände geben, was er gegen mich auslegen muss"; ein guter Prüfer sehe auch, "dass die Sache bekloppt ist"; "nicht etwas erzählen, was mich um den Hals bringt".

    Schließlich war der Klägerin bewusst, dass die Verträge mit der Milchgut K. GmbH nicht bis zum Vertragsende am 09.05.1999 durchgeführt wurden und die dort erzeugte Milch vom Geschäftsführer der EZG nur bis zum 05.05.1999 auf die Erzeugernummer der Klägerin verbucht wurde. Dies folgt aus dem Schreiben von P. an C. Z. vom 10.06.1999, in dem er mitteilt, er habe "mit dem Monat Mai ... in Abstimmung mit Herrn H. die Tagesabrechnung so vorgenommen, dass sich eine 100%-ige Referenzmengenerfüllung für Sie ergibt", somit sei auch in diesem Wirtschaftjahr weder mit Abgaben "noch mit einer Kürzung Ihrer Referenzmenge zu rechnen" (vgl. AO DS 03 Bl. 55).

    Unerheblich ist demgegenüber der sinngemäß erhobene Einwand, die Klägerin habe weder Kenntnis von einer beim Milchgut K. drohenden Überlieferung gehabt noch von dem aus der Vertragsgestaltung resultierenden Vorteil bei der EZG noch von sonstigen Interna der EZG, insbesondere von der Zulässigkeit der Saldierung. Dies mag sein, ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin bezweckte, eine Freisetzung ihrer vARM zu verhindern, und durch Abschluss des nicht den abgabenrechtlichen Anforderungen genügenden Pacht- und Dienstleistungsvertrages einen Beitrag dazu leistete, dass die erforderliche Freisetzung der vARM unterblieben ist. Unerheblich ist weiter der Einwand, die Klägerin sei von Mitarbeitern des HZA ................. "auf die Möglichkeit der Begründung eines Pachtverhältnisses" bzw. "auf diese Gestaltungsmöglichkeit" hingewiesen worden (vgl. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2008, Bl. 66f. dA). Es kann als zutreffend unterstellt werden, dass die Klägerin auf die Möglichkeit des Abschlusses eines Milchpachtvertrages sowie auf die Anforderungen an eine garantiemengenrechtliche Anerkennung eines derartigen Pachtvertrages hingewiesen wurde. Jedoch wurden der Zollverwaltung weder die hier abgeschlossenen Verträge zwischen der Klägerin und der Milchgut K. GmbH vorgelegt noch die tatsächlichen Umstände der Vertragsabwicklung mitgeteilt.

    Eine anderweitige Beurteilung ist auch nicht gerechtfertigt, soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf einen von Herrn H. zuvor abgeschlossenen, von den Zollbehörden nicht beanstandeten anderweitigen Vertrag mit gleichen Bedingungen hingewiesen hat. Zwar wurde im Dezember 1997 ein Pachtvertrag/Dienstleistungsvertrag zwischen der Milchgut K. GmbH und der D. GmbH dem damaligen HZA ............... zur Prüfung vorgelegt und blieb unbeanstandet. Jedoch geschah dies mit Blick auf den dort gegebenen besonderen Umstand, dass - anders als im vorliegenden Fall - Herr H. Geschäftsführer beider Betriebe war und aufgrund der Personalunion eine sachgemäße Bewirtschaftung der gepachteten Tiere und selbständige Einflussnahme des Pächters als sichergestellt angesehen wurde (vgl. Ziff. 2.1 des Schlussberichts des ZFA, Behördenakte Bl. 111).

    Offen bleiben kann, ob die einjährige Rücknahmefrist gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG vorliegend gewahrt ist, da dieses Erfordernis im hier vorliegenden Falle einer Rücknahme nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht gilt, § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG.

    4. Feststellungsfrist

    Hinsichtlich der Referenzmengenfestsetzung gelten nach § 8 Abs.2 MOG die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend (vgl. BFH-Urteil vom 30.10.1990 VII R 101/89, BFHE 162, 156; BFH-Beschluss vom 17.12.1985 VII B 116/85, BFHE 145, 289; Busse, ZfZ 2009, 225, 231). Im Hinblick darauf, dass die Neuberechnung der Referenzmenge durch die EZG vom 03.02.1999 Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO für die Festsetzung der Milchabgabe ist (vgl. oben 3a), konnte die rückwirkende Freisetzung entsprechend § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V. § 169 AO nur innerhalb der Feststellungsfrist erfolgen.

    Der ursprüngliche Bescheid vom 14.12.2004 und die im Einspruchsverfahren ergangenen Freisetzungsbescheide vom 25.07.2008 haben die Feststellungsfrist jeweils gewahrt.

    Die entsprechend § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO grundsätzlich geltende vierjährige Feststellungsfrist (vgl. auch zur Festsetzungsfrist für die Milchabgabe: Hessisches FG, Urteil vom 23.05.1997 7 K 2746/95, ZfZ 1998, 63) begann frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die jeweilige Milchabgabe entstanden ist, also mit Ablauf des Jahres 1999 für den ZMZR 1998/1999 und mit Ablauf des Jahres 2000 für den ZMZR 1999/2000, und endete grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2003 bzw. 2004. Der Ablauf der Feststellungsfrist wurde gemäß § 171 Abs. 5 Satz 2 AO gehemmt, da den Gesellschaftern der Klägerin am 28.10.2003, vor Ablauf der regulären vierjährigen Feststellungsfrist, die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben worden ist. Somit konnten die im Verlauf des Steuerstrafverfahrens gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt werden.

    Im Übrigen war bei Erlass der angefochtenen Bescheide auch eine entsprechend § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängerte zehnjährige Feststellungsfrist aufgrund einer vollendeten Steuerhinterziehung noch nicht abgelaufen. Denn der Geschäftsführer der EZG, Herr P., hat infolge unzutreffender Angaben an das HZA zu den Liefermengen der Klägerin bzw. der Milchgut K. GmbH - neben der in Kauf genommenen Verkürzung von Milchabgaben anderer Erzeuger - auch eine Steuerhinterziehung zu Gunsten der Klägerin begangen, weil die im Falle richtiger Angaben durchzuführende Freisetzung der vARM der Klägerin (§ 16e Abs. 1a MGV, § 8b MGV) unterblieben ist. Das Belassen der vARM ist ein nicht gerechtfertigter Abgabenvorteil der Klägerin i.S. von § 370 Abs. 1, 4 Satz 2 AO, § 12 MOG, da die Referenzmenge abgabenrechtlich als eine auf eine bestimmte Menge begrenzte Abgabenbefreiung anzusehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 31.03.2009 VII R 23/08, BFH/NV 2009, 1348; Busse, ZfZ 2009, 225, 226 m.w.N. zur Rechtsprechung).

    5. Umdeutung

    Ob die Voraussetzung für die vorgenommene Umdeutung des ursprünglichen Bescheides vom 14.12.2004 erfüllt waren - Rechtsgrundlage hierfür ist nicht der in der Einspruchsentscheidung angeführte § 44 VwVfG (gemeint ist § 47 VwVfG), sondern § 8 Abs. 2 MOG, § 128 AO -, kann dahingestellt bleiben. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob die hier in der Sache vorgenommene Verböserung im Einspruchsverfahren (Freisetzung eines ganz überwiegenden Teils der vARM bereits für einen früheren Zeitraum, nämlich den ZMZR 1998/1999 anstelle der zuvor mit Bescheid vom 14.12.2004 erfolgten Einziehung bzw. Freisetzung für den ZMZR 2000/2001 - im Einklang mit § 128 Abs. 2 AO steht, wonach die Rechtsfolgen des im Ergebnis der Umdeutung ergangenen Verwaltungsaktes nicht ungünstiger sein dürfen als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Schließlich kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte verpflichtet war, vor der im Einspruchsverfahren erfolgten Verböserung einen hier offenbar unterbliebenen Hinweis gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zu erteilen bzw. rechtliches Gehör entsprechend § 91 AO zu gewähren, § 128 Abs. 4 AO. Denn die Klägerin greift weder die Umdeutung noch deren Ergebnis an, sondern wendet sich in statthafter Weise gegen die im Ergebnis der Umdeutung ergangenen Verwaltungsakte vom 25.07.2008, die an Stelle des Ausgangsbescheides vom 14.12.2004 getreten und gemäß § 8 Abs. 2 MOG, § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden sind. Die Lage entspricht derjenigen bei einem unterbliebenen Verböserungshinweis: Im Falle einer verfahrensfehlerhaften Verböserung könnte die Klägerin zwar auch eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung und eine Zurückverweisung an die Finanzbehörde verlangen, um ihr die abgeschnittene Möglichkeit einer Rücknahme des Einspruches zu geben. Ein derartiges Klagebegehren verfolgt die Klägerin vorliegend aber nicht. Vielmehr erhebt sie materiellrechtliche Einwendungen gegen die im Ergebnis der Umdeutung erfolgte Freisetzung, und begehrt insgesamt deren Aufhebung. Im Hinblick auf dieses Klagebegehren hat das Finanzgericht den etwaigen Verfahrensfehler des Beklagten nicht zu beachten, sondern über den weiter gehenden Klageantrag zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14.07.2004 IX B 102/03, BFH/NV 2004, 1514).

    6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

    RechtsgebietMGVVorschriften§ 8b Abs. 1 MGV; § 8b Abs. 2 Nr. 1 MGV; § 8b Abs. 3 MGV; § 16e Abs. 1 Buchst. a) MGV