10.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131547
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 23.01.2013 – VII B 135/12
Gründe
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führt vor dem Finanzgericht (FG) einen Rechtsstreit gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen eines von diesem gegen sie erlassenen Abrechnungsbescheids.
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Der Klägerin ist vom FG durch Verfügung der Vorsitzenden aufgegeben worden, sich bis zum 13. Juli 2012 darüber zu erklären, ob sie einem Ruhen dieses Verfahrens zustimme. Die Klägerin hat jedoch mit Schriftsatz vom 29. Juni 2012 dem FG mitgeteilt, dass sie kein Ruhen des Verfahrens möchte, sondern umfassende Einsicht in die Akten --auch in die dem Amtsgericht (AG) vorliegenden-- und eine Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 15. September 2012 begehre.
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Mit Beschluss vom 4. Juli 2012 hat das FG durch den bestellten Einzelrichter das Verfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt. Es sei zu erwarten, dass in dem beim AG gegen den Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin anhängigen Strafverfahren für das finanzgerichtliche Verfahren relevante Erkenntnisse gewonnen werden. Zudem werde der ordnungsgemäße Fortgang des finanzgerichtlichen Verfahrens dadurch erschwert, dass die Verwaltungsakten auch für das Strafverfahren benötigt würden.
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Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin Beschwerde erhoben. Nachdem das FG das Verfahren jedoch bereits mit Beschluss vom 17. Juli 2012 wieder aufgenommen hatte, weil eine Nachfrage ergeben habe, dass in naher Zukunft mit relevanten Tatsachenfeststellungen im Strafverfahren nicht zu rechnen sei und die Akten dort derzeit nicht benötigt würden, hat die Klägerin um eine Kostenentscheidung gebeten, die zu Lasten des FA ergehen müsse, weil ihr das rechtliche Gehör abgeschnitten worden sei.
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II. Der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29. August 2012 gestellte Antrag auf Kostenentscheidung ist dahin zu verstehen, dass die Klägerin ihr Rechtsmittel gegen die Aussetzungsentscheidung des FG für erledigt erklären möchte, nachdem das FG den Rechtsstreit wieder aufgenommen hat. Da das FA dieser Erklärung nicht widersprochen hat, ist in entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 3 FGO davon auszugehen, dass die von der Klägerin erhobene Beschwerde einvernehmlich für erledigt angesehen wird. Dementsprechend ist in entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 1 FGO nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen des beschließenden Senats unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
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Diese Entscheidung fällt zu Lasten der Klägerin aus, denn sie hätte mit ihrer Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg gehabt. Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist durch die angegriffene Aussetzungsentscheidung nicht verletzt worden. Der Klägerin war zwar eine bei Ergehen dieser Entscheidung noch nicht abgelaufene Frist eingeräumt worden, dazu Stellung zu nehmen, ob das Verfahren ruhen könne. Abgesehen davon, dass sich aus ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2012 ergab, sie werde innerhalb dieser Frist zu der Frage einer Ruhensanordnung keine --weitere-- Stellungnahme abgeben und meine, nicht abgeben zu können, sodass schon deshalb kein Anlass bestand, den Ablauf dieser Frist abzuwarten, bezog sich diese Fristsetzung auf eine Ruhensanordnung, welche nur einvernehmlich hätte ergehen können. Dass insoweit --jedenfalls noch-- kein Einvernehmen hergestellt war und die Klägerin die Absicht geäußert hatte, zu der Ruhensanregung noch --nach Akteneinsicht-- später weiter vortragen zu wollen, hinderte das FG indes nicht, von § 74 FGO Gebrauch zu machen und durch einseitige Entscheidung das Verfahren auszusetzen. Die Voraussetzungen für eine diesbezügliche Entscheidung, die im Übrigen im Ermessen des FG stand, lagen vor. Ob das auch für die von vorgenannter Vorschrift sinngemäß verlangte Vorgreiflichkeit des Strafverfahrens, das dem FG Anlass zur Aussetzung seines Verfahrens gegeben hat, gilt, kann zwar zweifelhaft erscheinen, muss aber von dem beschließenden Senat hier nicht entschieden werden. Im Schrifttum wird jedenfalls überwiegend angenommen, ein finanzgerichtliches Verfahren könne nach § 74 FGO ausgesetzt werden, wenn ein Strafverfahren anhängig ist, in dem es um Tatumstände geht, die auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des in dem finanzgerichtlichen Verfahren angefochtenen Bescheids Bedeutung haben (vgl. die umfassenden Nachweise bei Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 74 FGO Rz 51). Ebenso hat der Bundesfinanzhof im Beschluss vom 7. Juli 1995 III B 8/95 (BFH/NV 1996, 150) unbeschadet dessen entschieden, dass das FG bei seiner Entscheidung an die tatrichterlichen Feststellungen im Strafverfahren nicht gebunden ist.
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Weshalb trotz dieser Rechtslage der Aussetzungsbeschluss des FG unzulässig und dementsprechend die Beschwerde gegen ihn begründet gewesen sein soll, ist von der Beschwerde nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Beschwerde liegt vielmehr neben der Sache, was im Hinblick auf die angebliche Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör bereits dargelegt worden ist, aber auch im Hinblick auf das weitere Beschwerdevorbringen gilt, wenn dort die angebliche Verweigerung von Akteneinsicht und die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter angegriffen wird.