28.06.2013 · IWW-Abrufnummer 132069
Finanzgericht Hamburg: Gerichtsbescheid vom 18.04.2013 – 1 K 89/12
Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Versicherungsvertretern
infolge von Schätzungsbescheiden zu niedrige Steuern festgesetzt
wurden, besteht für ein Sammelauskunftsersuchen an einen
Verein der Versicherungswirtschaft, der Daten zu Versicherungsvertretern
erhebt, ein hinreichender Anlass.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit
eines Auskunftsersuchens.
Der Kläger ist eine insbesondere auf den Verbraucherschutz
abzielende Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Versicherungswirtschaft
in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er hat nach § 2
Ziff. 1 seiner Satzung den Zweck zu erreichen, dass nur vertrauenswürdige
Personen Versicherungs-, Bauspar- und sonstige Finanzdienstleistungsprodukte
vermitteln. Hierzu unterhält er einen Auskunftsverkehr
mit seinen Mitgliedern und deren Mitgliedsunternehmen.
Der Kläger speicherte über alle im Außendienst
tätigen Vermittler diejenigen Informationen, die eine Beurteilung
von deren Verlässlichkeit erlaubten. Hierzu gehörten
Informationen darüber, für welche Versicherungsgesellschaft die
jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig waren.
Informationen über die Höhe der Einkünfte,
die die Versicherungsvermittler bzw. -makler bezogen, erhielt der
Kläger nicht. Die Teilnahme an dem Verfahren des Klägers war
für die Versicherungsvermittler oder Versicherungsmakler
freiwillig. Im Gegenzug zur Teilnahme sicherte der Kläger
den Versicherungsvermittlern bzw. -maklern die Vertraulichkeit der
Daten zu.
Die Steuerfahndung des Beklagten ermittelte anhand der in den
Datensätzen der Finanzverwaltung gespeicherten Gewerbekennzahl
für Versicherungsmaklerinnen und -makler sowie der Kennzahl
für Schätzungsbescheide aufgrund Nichterfüllung
der Erklärungspflichten in den Veranlagungszeiträumen
2006 bis 2009 insgesamt 251 Personen. Diese Zahl entsprach knapp
5 % der Steuerpflichtigen in A mit der gespeicherten Gewerbekennzahl
für Versicherungsmaklerinnen und -makler.
Der Beklagte ersuchte den Kläger mit Bescheid vom 08.11.2011,
bezogen auf die von dem Beklagten ermittelten Personen, um Auskunft über
alle Versicherungsunternehmen, für die diese Personen tätig
sind oder waren und den Zeitraum der Tätigkeit bei dieser
Gesellschaft bzw. diesen Gesellschaften. Hiergegen legte der Kläger
mit Schreiben vom 17.11.2011, bei dem Beklagten eingegangen am 18.11.2011,
Einspruch ein.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012
zurück. Zur Begründung bezog sich der Beklagte
auf sein Schreiben an den Kläger vom 02.03.2012. In diesem
Schreiben verwies der Beklagte auf steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren
gegen Versicherungsvertreter im Freistaat Sachsen, die Schätzungsbescheide
gegen sich ergehen ließen und die dadurch niedrigere Steuern
gezahlt hatten, als sie tatsächlich hätten zahlen
müssen, was durch an den Kläger gerichtete Einzelauskunftsersuchen
aufgedeckt worden sei. Dies sei der Anlass für das Auskunftsersuchen
an den Kläger gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die
aufgrund einer Schätzung festgesetzte Steuer für
den einzelnen Steuerpflichtigen finanziell günstiger sei
als die Erklärung der konkret erzielten Einnahmen. Ziel
des Auskunftsersuchens sei es, Daten darüber zu erheben,
für welche Versicherungsgesellschaften die Steuerpflichtigen
im Einzelnen tätig waren, um im Anschluss daran an die
so bekannt gewordenen Versicherungsgesellschaften herantreten zu
können. Zwar unterlägen die Versicherungsunternehmen
einer permanenten Außenprüfung. Allerdings sei
es im Rahmen dieser Außenprüfungen nicht tatsächlich
erfüllbar, mit der notwendigen Detailtiefe Kontrollmitteilungen
zu erstellen. Das Auskunftsersuchen stelle den Beginn der Ermittlungen
des Beklagten dar. Es sei geeignet und auch verhältnismäßig.
Im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Ermessens sei das Interesse
des Beklagten an der Erlangung der Auskünfte höher
zu bewerten als das Interesse an der Vertraulichkeit des Verfahrens
des Klägers. Das Auskunftsersuchen sei auch dem Kläger
zumutbar. Datenschutzrechtliche Bedenken stünden dem Auskunftsersuchen
nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben
des Beklagten vom 02.03.2012 verwiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.04.2012 Klage.
Er ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtswidrig.
Es handele sich um eine bloße Ermittlung „ins
Blaue hinein”. Es fehle an konkreten Momenten dafür,
dass Versicherungsvertreter bzw. -makler Steuern verkürzt hätten.
Das Auskunftsersuchen richte sich nur pauschal gegen eine Vielzahl von
Versicherungsvertretern bzw. -maklern. Der Erlass von Schätzungsbescheiden
lasse noch nicht den Schluss zu, dass der betroffene Steuerpflichtige Steuern
verkürzt habe. Es sei unzulässig, eine Sammelauskunft
zu verlangen, um dann erst Ermittlungen gegen einzelne Personen
beginnen zu können. Der Beklagte habe nicht dargestellt,
dass die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht
zum Ziel geführt habe oder keinen Erfolg verspreche. Das Auskunftsersuchen
sei zur Durchführung der Besteuerung bei Versicherungsvertretern
und -maklern nicht erforderlich, weil der Beklagte die Gründe
von Steuerpflichtigen, eine Schätzung hinzunehmen, nicht
ausreichend gewürdigt habe. Zudem liefen alle Zahlungsflüsse über
Konten. Die Versicherungsunternehmen unterlägen permanenten
Betriebsprüfungen, bei denen Kontrollmitteilungen geschrieben
und die begehrten Angaben eingesehen werden könnten. Das
Auskunftsersuchen sei nicht geeignet, den von dem Beklagten begehrten Sachverhalt
zu ermitteln, da lediglich Auskünfte erteilt werden könnten,
für welche Versicherungsgesellschaften die betroffenen
Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig gewesen seien,
nicht jedoch Auskünfte über die Höhe
der Einkünfte. Die Höhe der Einkünfte
sei erst von den jeweiligen Versicherungsunternehmen zu erfragen.
Das Auskunftsersuchen sei nicht zuletzt unangemessen, weil das Interesse
der Versicherungsvertreter bzw. -makler und der gesamten Versicherungswirtschaft
an der vertraulichen Behandlung ihrer Daten gegenüber dem öffentlichen
Interesse der Finanzverwaltung überwiegt. Der Beklagte
habe nicht dargelegt, dass es durch die Sammelauskunft voraussichtlich
zur Erzielung von Steuermehreinnahmen in relevanter Höhe
kommen werde. Im Übrigen begegne das Auskunftsersuchen
auch datenschutzrechtlichen Bedenken.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08.11.2011
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtmäßig, und
verweist hierfür im Wesentlichen auf das in der Einspruchsentscheidung
in Bezug genommene Schreiben vom 02.03.2012. Auskunftsersuchen anderer Steuerfahndungsstellen
seien von dem Kläger beantwortet worden. Im Übrigen läge
dem Beklagten eine Selbstanzeige eines Versicherungsvertreters vor,
in der nach zu niedriger Schätzung für vier Jahre
um rund 268.000 € höhere Gewinne erklärt
worden seien, die zu Mehrsteuern von mehr als 100.000 € geführt
hätten.
Dem Gericht hat ein Leitzordner des Beklagten „X .../.../...
geschätzte Versicherungsvertreter und -makler ...” vorgelegen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
I.
Das Gericht entscheidet gemäß § 90a
Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das mit Bescheid vom 08.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
27.03.2012 gestellte Auskunftsersuchen des Beklagten ist rechtmäßig
(§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Steuerfahndung handelte
im Rahmen ihrer Aufgabe zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
Steuerfälle gemäß § 208 Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO). Hierbei war sie befugt,
gemäß §§ 208 Abs. 1 Satz 2,
92 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO das Auskunftsersuchen an den Kläger
zu stellen. Der Beklagte handelte auch im Rahmen des ihm eingeräumten
Ermessens.
1. Die Steuerfahndung des Beklagten
stellte das Auskunftsersuchen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO
im Rahmen ihrer Befugnisse im Besteuerungsverfahren.
a) Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle
umfasst Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen
als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (Seer,
in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Randziffer
- Rz. - 29 m. w. N.). Dies betrifft auch den vorliegenden Fall der
Versicherungsvertreter oder -makler, die Schätzungsbescheide
gegen sich ergehen lassen. Denn es bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte
dafür, dass diese Personen Steuertatbestände verwirklicht haben,
wobei sich die Anhaltspunkte allerdings noch nicht zu einem steuerstrafrechtlichen
Verdacht verdichtet haben (vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208
AO Rz. 29; Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208
Rz. 47; Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 208
Rz. 40 ff.). Da Versicherungsvertreter oder -makler von Versicherungsunternehmen
in der Regel Provisionen erhalten, die als Einnahmen zu versteuern
sind, bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte für
die Verwirklichung von Steuertatbeständen. Im Streitfall
bezieht sich das Auskunftsersuchen auf steuerliche Sachverhalte,
die der Finanzbehörde bisher unbekannt sind. Die Höhe
der Einnahmen der Versicherungsvertreter bzw. -makler ist der Finanzbehörde nicht
bekannt, weil diese Versicherungsvertreter bzw. -makler ihren steuerlichen
Erklärungspflichten nicht nachgekommen sind.
b) Die Steuerfahndung darf jedoch nach § 208 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 AO erst dann tätig werden, wenn hierfür
ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund
konkreter Anhaltspunkte (z. B. wegen der Besonderheit des Objektes
oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung
(auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit
einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung
bestimmter Art angezeigt ist. Ermittlungen „ins Blaue hinein”, Rasterfahndungen,
Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen
sind unzulässig. Für ein berechtigtes Auskunftsverlangen ist
aber ausreichend, dass die Steuerfahndung im Rahmen einer Prognoseentscheidung
im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung nach pflichtgemäßem
Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zu steuererheblichen
Tatsachen zu führen vermag (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil
vom 19.02.2009 II R 61/07, Sammlung der Entscheidungen
des BFH - BFH/NV - 2009, 1586 mit weiteren Nachweisen -
m. w. N. -).
Nach diesen Grundsätzen bestand ein solcher hinreichender
Anlass. Denn im Freistaat Sachsen hat sich herausgestellt, dass
Versicherungsvertreter, die Schätzungsbescheide gegen sich
ergehen ließen, nach steuerstrafrechtlichen Ermittlungen
erheblich mehr Steuern zu zahlen hatten, was durch an den Kläger
gerichtete Einzelauskunftsersuchen aufgedeckt wurde (vgl. Sächsisches
Finanzgericht - FG -, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris;
vgl. auch Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208
Rz. 49, 51 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich
nicht um eine bloße Ermittlung „ins Blaue hinein”.
Vielmehr hat der Beklagte sein Auskunftsersuchen auf diejenigen
Versicherungsvertreter bzw. -makler beschränkt, die ihren
steuerlichen Erklärungspflichten nicht genügt
haben (ca. 5 % der gesamten in A steuerpflichtigen Versicherungsvertreter
bzw. -makler). Dabei ist unerheblich, welche Gründe für
eine Schätzung vorgelegen haben, da als ausreichender Anhaltspunkt
für den Anlass jeweils die fehlende Steuererklärung
genügt (so auch Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010,
2 K 2181/09, juris). Da die Steuerfahndung des Beklagten
ausdrücklich nicht steuerstrafrechtlich tätig
geworden ist, brauchten auch noch keine konkreten Anhaltspunkte
für eine Steuerverkürzung durch Versicherungsvertreter
bzw. -makler vorzuliegen. Das Auskunftsersuchen richtet sich zudem
nicht nur pauschal gegen eine Vielzahl von Versicherungsvertretern bzw.
-maklern. Denn der Beklagte hat das Auskunftsersuchen auf diejenigen Versicherungsvertreter
bzw.- Makler beschränkt, die ihren steuerlichen Erklärungspflichten
nicht genügten. Des Weiteren kommt es nach dem Vorstehenden
nicht darauf an, ob tatsächlich eine Selbstanzeige eines
Versicherungsvertreters bei dem Beklagten vorliegt, wonach nach
einer zu niedrigen Schätzung erhebliche Mehrsteuern festgesetzt
worden sein sollen.
2. Der Steuerfahndung der Beklagten steht
die Befugnis zu, dass hier streitige Auskunftsersuchen gemäß §§ 208
Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO an den Kläger
zu stellen.
a) Die Steuerfahndung des Beklagten war nicht verpflichtet, vor
dem Auskunftsersuchen an den Kläger darzustellen, dass
die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten, also
die jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler, nicht zum Ziel
führt oder keinen Erfolg verspricht. Denn gemäß § 208
Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO gilt die Einschränkung des § 93
Abs. 1 Satz 3 AO, in dem diese Voraussetzung normiert ist, für
die Steuerfahndung bei der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO
nicht.
b) Die von dem Kläger begehrte Auskunft ist zur Feststellung
eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlich
(§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein „für die
Besteuerung erheblicher Sachverhalt” ist jeder Sachverhalt,
dessen steuerliche Bedeutung nach dem Gesetz und der dazu vorliegenden
Rechtsprechung ernstlich in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 16.01.2009
VII R 25/08, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE
- 224, 201, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2009, 582). Erforderlich
ist die Auskunft, wenn nach der allgemeinen Erfahrung der Behörde
ein Kontrollbedürfnis besteht (Seer, in Tipke/Kruse,
AO/FGO, § 93 AO Rz. 15), was angesichts des oben
dargestellten hinreichenden Anlasses zu bejahen ist (vgl. zur Erforderlichkeit
durch einen konkreten Anlass auch Rätke, in: Klein, AO,
11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 6).
c) Das Auskunftsersuchen des Beklagten entspricht dem rechtsstaatlichen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, an dem
sich jedwede Maßnahme der Finanzbehörden grundsätzlich
messen lassen muss (vgl. BFH-Urteil vom 16.01.2009 VII R 25/08,
BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582 m. w. N.). Diese Grenzen sind
eingehalten, wenn das Auskunftsverlangen zur Sachverhaltsaufklärung
geeignet und gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig
und verhältnismäßig erscheint, sowie
dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich
und zumutbar ist (BFH-Beschluss vom 21.03.2002 VII B 152/01,
BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m. w. N.; Rätke, in: Klein,
AO, 11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 12, 20 m. w. N.).
aa) Das Auskunftsverlangen ist zur Sachverhaltsaufklärung
geeignet. Zwar stellt die Ermittlung der Versicherungsunternehmen,
für die die Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig
sind, nur einen Zwischenschritt dar. Allerdings kann nach diesem
Schritt durch dann darauf folgende weitere Auskunftsverlangen die
tatsächliche Höhe der Einnahmen der jeweiligen Versicherungsvertreter
bzw. -makler bei den jeweiligen Versicherungsunternehmen, die der
Finanzbehörde noch unbekannt sind, ermittelt werden.
bb) Das Auskunftsverlangen ist erforderlich. Ein milderes Mittel,
das den Kläger weniger belastet und gleich geeignet ist,
ist nicht ersichtlich. Insbesondere dürften den Kläger
jeweils einzeln gestellte Auskunftsersuchen mehr belasten als das
vorliegende Sammelauskunftsersuchen. Des Weiteren ist es nicht weniger
belastend, an alle Versicherungsunternehmen Auskunftsverlangen zu
stellen, um diejenigen zu ermitteln, mit denen die Vertreter Kontakt
hatten. Denn die Versicherer haben gerade den Kläger ins
Leben gerufen, um die entsprechenden Informationen zu sammeln (Sächsisches FG,
Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Entgegen der
Auffassung des Klägers kann der Beklagte nicht darauf verwiesen
werden, im Rahmen von Betriebsprüfungen bei den Versicherungsunternehmen
entsprechende Kontrollmitteilungen zu schreiben. Im Rahmen dieser
Außenprüfungen können Kontrollmitteilungen
nicht mit der notwendigen Detailtiefe erstellt werden. Den Betriebsprüfern
der Versicherungsunternehmen stehen keine Unterlagen über
die Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten
der jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler zur Verfügung
stehen, wobei im übrigen § 30 AO zu beachten wäre.
cc) Das Auskunftsverlangen ist angemessen (verhältnismäßig
im engeren Sinne). Danach ist abzuwägen, ob die Grundrechtsbeeinträchtigungen, die
von einem an sich geeigneten und erforderlichen Mittel zur Durchsetzung
von Allgemeininteressen ausgehen, schwerer wiegen als die durchzusetzenden
Interessen. Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich deshalb
als schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung darstellen,
weil sie auf eine Weise durchgeführt wird, die die Persönlichkeit
erheblich berührt. Die rechtliche Bewertung des Eingriffs
richtet sich bei einem Auskunftsersuchen nach der Intensität
der Beeinträchtigung des Betroffenen, gegen den sich die
behördliche Ermittlung richtet. Das Gewicht der Beeinträchtigung
hängt auch davon ab, ob der von dem Auskunftsersuchen Betroffene
anonym bleibt und welche Nachteile ihm aus der Ermittlungsmaßnahme
drohen oder von dieser nicht ohne Grund befürchtet werden
(BFH-Urteil vom 04.12.2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BFH/NV 2013,
431 m. w. N.). Im Streitfall sind danach das öffentliche
Interesse an der gleichmäßigen Besteuerung und
das Vertrauensverhältnis des Klägers zwischen
seinen Mitgliedern sowie den Versicherungsvertretern und ihm sowie
dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen (Sächsisches
FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Im Streitfall ist
das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen
Festsetzung und Verwirklichung des Steueranspruchs höher
zu gewichten als die klägerischen Interessen bzw. die Interessen
der Mitglieder des Klägers und der betroffenen Versicherungsvertreter
bzw. -makler. Betroffener eines Auskunftsverlangen kann jeder sein.
Auskunftsverweigerungsrechte stehen außer den in § 101
AO genannten Personen bzw. in den in § 103 AO genannten
Fällen nur den in § 102 AO genannten Personen
zu, zu denen der Kläger nicht gehört. Die Rechte
des Klägers werden im Übrigen nur geringfügig
eingeschränkt. Dabei ist im Hinblick auf das von dem Kläger
vorgebrachte Vertrauensverhältnis zu berücksichtigen,
dass die erteilten Auskünfte durch den Beklagten nach § 30
AO zu behandeln sind (so schon Sächsisches FG, Urteil vom
27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Es erscheint zudem zweifelhaft,
dass sich die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler auf
ein Vertrauensverhältnis berechtigterweise berufen können, wenn
sie selbst ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht
genügen. Ferner sind auch keine schwerwiegenden Nachteile
für die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler
aufgrund des Auskunftsersuchens zu befürchten. Hierfür
ist zu berücksichtigen, dass mit dem Auskunftsersuchen
dem Kläger nur die Versicherungsvertreter bzw. -makler
bekannt gemacht werden, gegen die Schätzungsbescheide erlassen
wurden. Unabhängig von dem im Rahmen des § 208
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu prüfenden hinreichenden Anlass,
ist mit der Bekanntgabe dieser Versicherungsvertreter bzw. -makler ein „Unwerturteil” als
solches nicht verbunden. Wie auch der Kläger vorträgt,
können die Gründe, eine Schätzung gegen
sich ergehen zu lassen, vielfältig sein.
dd) Dem Kläger ist die Erteilung der Auskunft auch möglich
und zumutbar. Der Kläger sammelt die gewünschten
Daten seinem Satzungszweck entsprechend. Er kann sie auch tatsächlich
herausgeben.
3. Anhaltspunkte dafür, dass der
Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt
hat (§ 102 FGO), bestehen nicht. Im Übrigen erfüllt
der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung
die notwendigen Begründungsanforderungen des § 121
Abs. 1 i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Beklagte hatte
dem Kläger ausführlich mitgeteilt, warum er den
Kläger auf Auskunft in Anspruch nimmt und warum das Auskunftsverlangen
verhältnismäßig ist.
4. Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen
im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtmäßigkeit
des Auskunftsersuchens nicht (vgl. auch § 4 Abs. 1 und
Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG -).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist gemäß § 115 Abs.
2 Nr. 1 FGO zuzulassen.