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  • 28.06.2013 · IWW-Abrufnummer 132069

    Finanzgericht Hamburg: Gerichtsbescheid vom 18.04.2013 – 1 K 89/12

    Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Versicherungsvertretern
    infolge von Schätzungsbescheiden zu niedrige Steuern festgesetzt
    wurden, besteht für ein Sammelauskunftsersuchen an einen
    Verein der Versicherungswirtschaft, der Daten zu Versicherungsvertretern
    erhebt, ein hinreichender Anlass.


    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit
    eines Auskunftsersuchens.
    Der Kläger ist eine insbesondere auf den Verbraucherschutz
    abzielende Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Versicherungswirtschaft
    in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er hat nach § 2
    Ziff. 1 seiner Satzung den Zweck zu erreichen, dass nur vertrauenswürdige
    Personen Versicherungs-, Bauspar- und sonstige Finanzdienstleistungsprodukte
    vermitteln. Hierzu unterhält er einen Auskunftsverkehr
    mit seinen Mitgliedern und deren Mitgliedsunternehmen.
    Der Kläger speicherte über alle im Außendienst
    tätigen Vermittler diejenigen Informationen, die eine Beurteilung
    von deren Verlässlichkeit erlaubten. Hierzu gehörten
    Informationen darüber, für welche Versicherungsgesellschaft die
    jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig waren.
    Informationen über die Höhe der Einkünfte,
    die die Versicherungsvermittler bzw. -makler bezogen, erhielt der
    Kläger nicht. Die Teilnahme an dem Verfahren des Klägers war
    für die Versicherungsvermittler oder Versicherungsmakler
    freiwillig. Im Gegenzug zur Teilnahme sicherte der Kläger
    den Versicherungsvermittlern bzw. -maklern die Vertraulichkeit der
    Daten zu.
    Die Steuerfahndung des Beklagten ermittelte anhand der in den
    Datensätzen der Finanzverwaltung gespeicherten Gewerbekennzahl
    für Versicherungsmaklerinnen und -makler sowie der Kennzahl
    für Schätzungsbescheide aufgrund Nichterfüllung
    der Erklärungspflichten in den Veranlagungszeiträumen
    2006 bis 2009 insgesamt 251 Personen. Diese Zahl entsprach knapp
    5 % der Steuerpflichtigen in A mit der gespeicherten Gewerbekennzahl
    für Versicherungsmaklerinnen und -makler.
    Der Beklagte ersuchte den Kläger mit Bescheid vom 08.11.2011,
    bezogen auf die von dem Beklagten ermittelten Personen, um Auskunft über
    alle Versicherungsunternehmen, für die diese Personen tätig
    sind oder waren und den Zeitraum der Tätigkeit bei dieser
    Gesellschaft bzw. diesen Gesellschaften. Hiergegen legte der Kläger
    mit Schreiben vom 17.11.2011, bei dem Beklagten eingegangen am 18.11.2011,
    Einspruch ein.
    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012
    zurück. Zur Begründung bezog sich der Beklagte
    auf sein Schreiben an den Kläger vom 02.03.2012. In diesem
    Schreiben verwies der Beklagte auf steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren
    gegen Versicherungsvertreter im Freistaat Sachsen, die Schätzungsbescheide
    gegen sich ergehen ließen und die dadurch niedrigere Steuern
    gezahlt hatten, als sie tatsächlich hätten zahlen
    müssen, was durch an den Kläger gerichtete Einzelauskunftsersuchen
    aufgedeckt worden sei. Dies sei der Anlass für das Auskunftsersuchen
    an den Kläger gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die
    aufgrund einer Schätzung festgesetzte Steuer für
    den einzelnen Steuerpflichtigen finanziell günstiger sei
    als die Erklärung der konkret erzielten Einnahmen. Ziel
    des Auskunftsersuchens sei es, Daten darüber zu erheben,
    für welche Versicherungsgesellschaften die Steuerpflichtigen
    im Einzelnen tätig waren, um im Anschluss daran an die
    so bekannt gewordenen Versicherungsgesellschaften herantreten zu
    können. Zwar unterlägen die Versicherungsunternehmen
    einer permanenten Außenprüfung. Allerdings sei
    es im Rahmen dieser Außenprüfungen nicht tatsächlich
    erfüllbar, mit der notwendigen Detailtiefe Kontrollmitteilungen
    zu erstellen. Das Auskunftsersuchen stelle den Beginn der Ermittlungen
    des Beklagten dar. Es sei geeignet und auch verhältnismäßig.
    Im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Ermessens sei das Interesse
    des Beklagten an der Erlangung der Auskünfte höher
    zu bewerten als das Interesse an der Vertraulichkeit des Verfahrens
    des Klägers. Das Auskunftsersuchen sei auch dem Kläger
    zumutbar. Datenschutzrechtliche Bedenken stünden dem Auskunftsersuchen
    nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben
    des Beklagten vom 02.03.2012 verwiesen.
    Hiergegen erhob der Kläger am 24.04.2012 Klage.
    Er ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtswidrig.
    Es handele sich um eine bloße Ermittlung „ins
    Blaue hinein”. Es fehle an konkreten Momenten dafür,
    dass Versicherungsvertreter bzw. -makler Steuern verkürzt hätten.
    Das Auskunftsersuchen richte sich nur pauschal gegen eine Vielzahl von
    Versicherungsvertretern bzw. -maklern. Der Erlass von Schätzungsbescheiden
    lasse noch nicht den Schluss zu, dass der betroffene Steuerpflichtige Steuern
    verkürzt habe. Es sei unzulässig, eine Sammelauskunft
    zu verlangen, um dann erst Ermittlungen gegen einzelne Personen
    beginnen zu können. Der Beklagte habe nicht dargestellt,
    dass die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht
    zum Ziel geführt habe oder keinen Erfolg verspreche. Das Auskunftsersuchen
    sei zur Durchführung der Besteuerung bei Versicherungsvertretern
    und -maklern nicht erforderlich, weil der Beklagte die Gründe
    von Steuerpflichtigen, eine Schätzung hinzunehmen, nicht
    ausreichend gewürdigt habe. Zudem liefen alle Zahlungsflüsse über
    Konten. Die Versicherungsunternehmen unterlägen permanenten
    Betriebsprüfungen, bei denen Kontrollmitteilungen geschrieben
    und die begehrten Angaben eingesehen werden könnten. Das
    Auskunftsersuchen sei nicht geeignet, den von dem Beklagten begehrten Sachverhalt
    zu ermitteln, da lediglich Auskünfte erteilt werden könnten,
    für welche Versicherungsgesellschaften die betroffenen
    Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig gewesen seien,
    nicht jedoch Auskünfte über die Höhe
    der Einkünfte. Die Höhe der Einkünfte
    sei erst von den jeweiligen Versicherungsunternehmen zu erfragen.
    Das Auskunftsersuchen sei nicht zuletzt unangemessen, weil das Interesse
    der Versicherungsvertreter bzw. -makler und der gesamten Versicherungswirtschaft
    an der vertraulichen Behandlung ihrer Daten gegenüber dem öffentlichen
    Interesse der Finanzverwaltung überwiegt. Der Beklagte
    habe nicht dargelegt, dass es durch die Sammelauskunft voraussichtlich
    zur Erzielung von Steuermehreinnahmen in relevanter Höhe
    kommen werde. Im Übrigen begegne das Auskunftsersuchen
    auch datenschutzrechtlichen Bedenken.
    Der Kläger beantragt,
    den Bescheid vom 08.11.2011
    in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012 aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Der Beklagte ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtmäßig, und
    verweist hierfür im Wesentlichen auf das in der Einspruchsentscheidung
    in Bezug genommene Schreiben vom 02.03.2012. Auskunftsersuchen anderer Steuerfahndungsstellen
    seien von dem Kläger beantwortet worden. Im Übrigen läge
    dem Beklagten eine Selbstanzeige eines Versicherungsvertreters vor,
    in der nach zu niedriger Schätzung für vier Jahre
    um rund 268.000 € höhere Gewinne erklärt
    worden seien, die zu Mehrsteuern von mehr als 100.000 € geführt
    hätten.
    Dem Gericht hat ein Leitzordner des Beklagten „X .../.../...
    geschätzte Versicherungsvertreter und -makler ...” vorgelegen.
    Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
    nebst Anlagen verwiesen.
    Gründe
    I.
    Das Gericht entscheidet gemäß § 90a
    Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid.
    II.
    Die zulässige Klage ist unbegründet.
    Das mit Bescheid vom 08.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
    27.03.2012 gestellte Auskunftsersuchen des Beklagten ist rechtmäßig
    (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Steuerfahndung handelte
    im Rahmen ihrer Aufgabe zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
    Steuerfälle gemäß § 208 Abs.
    1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO). Hierbei war sie befugt,
    gemäß §§ 208 Abs. 1 Satz 2,
    92 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO das Auskunftsersuchen an den Kläger
    zu stellen. Der Beklagte handelte auch im Rahmen des ihm eingeräumten
    Ermessens.
    1. Die Steuerfahndung des Beklagten
    stellte das Auskunftsersuchen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
    Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO
    im Rahmen ihrer Befugnisse im Besteuerungsverfahren.
    a) Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle
    umfasst Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen
    als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (Seer,
    in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Randziffer
    - Rz. - 29 m. w. N.). Dies betrifft auch den vorliegenden Fall der
    Versicherungsvertreter oder -makler, die Schätzungsbescheide
    gegen sich ergehen lassen. Denn es bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte
    dafür, dass diese Personen Steuertatbestände verwirklicht haben,
    wobei sich die Anhaltspunkte allerdings noch nicht zu einem steuerstrafrechtlichen
    Verdacht verdichtet haben (vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208
    AO Rz. 29; Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208
    Rz. 47; Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 208
    Rz. 40 ff.). Da Versicherungsvertreter oder -makler von Versicherungsunternehmen
    in der Regel Provisionen erhalten, die als Einnahmen zu versteuern
    sind, bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte für
    die Verwirklichung von Steuertatbeständen. Im Streitfall
    bezieht sich das Auskunftsersuchen auf steuerliche Sachverhalte,
    die der Finanzbehörde bisher unbekannt sind. Die Höhe
    der Einnahmen der Versicherungsvertreter bzw. -makler ist der Finanzbehörde nicht
    bekannt, weil diese Versicherungsvertreter bzw. -makler ihren steuerlichen
    Erklärungspflichten nicht nachgekommen sind.
    b) Die Steuerfahndung darf jedoch nach § 208 Abs. 1
    Satz 1 Nr. 3 AO erst dann tätig werden, wenn hierfür
    ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund
    konkreter Anhaltspunkte (z. B. wegen der Besonderheit des Objektes
    oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung
    (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit
    einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung
    bestimmter Art angezeigt ist. Ermittlungen „ins Blaue hinein”, Rasterfahndungen,
    Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen
    sind unzulässig. Für ein berechtigtes Auskunftsverlangen ist
    aber ausreichend, dass die Steuerfahndung im Rahmen einer Prognoseentscheidung
    im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung nach pflichtgemäßem
    Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zu steuererheblichen
    Tatsachen zu führen vermag (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil
    vom 19.02.2009 II R 61/07, Sammlung der Entscheidungen
    des BFH - BFH/NV - 2009, 1586 mit weiteren Nachweisen -
    m. w. N. -).
    Nach diesen Grundsätzen bestand ein solcher hinreichender
    Anlass. Denn im Freistaat Sachsen hat sich herausgestellt, dass
    Versicherungsvertreter, die Schätzungsbescheide gegen sich
    ergehen ließen, nach steuerstrafrechtlichen Ermittlungen
    erheblich mehr Steuern zu zahlen hatten, was durch an den Kläger
    gerichtete Einzelauskunftsersuchen aufgedeckt wurde (vgl. Sächsisches
    Finanzgericht - FG -, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris;
    vgl. auch Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208
    Rz. 49, 51 m. w. N.).
    Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich
    nicht um eine bloße Ermittlung „ins Blaue hinein”.
    Vielmehr hat der Beklagte sein Auskunftsersuchen auf diejenigen
    Versicherungsvertreter bzw. -makler beschränkt, die ihren
    steuerlichen Erklärungspflichten nicht genügt
    haben (ca. 5 % der gesamten in A steuerpflichtigen Versicherungsvertreter
    bzw. -makler). Dabei ist unerheblich, welche Gründe für
    eine Schätzung vorgelegen haben, da als ausreichender Anhaltspunkt
    für den Anlass jeweils die fehlende Steuererklärung
    genügt (so auch Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010,
    2 K 2181/09, juris). Da die Steuerfahndung des Beklagten
    ausdrücklich nicht steuerstrafrechtlich tätig
    geworden ist, brauchten auch noch keine konkreten Anhaltspunkte
    für eine Steuerverkürzung durch Versicherungsvertreter
    bzw. -makler vorzuliegen. Das Auskunftsersuchen richtet sich zudem
    nicht nur pauschal gegen eine Vielzahl von Versicherungsvertretern bzw.
    -maklern. Denn der Beklagte hat das Auskunftsersuchen auf diejenigen Versicherungsvertreter
    bzw.- Makler beschränkt, die ihren steuerlichen Erklärungspflichten
    nicht genügten. Des Weiteren kommt es nach dem Vorstehenden
    nicht darauf an, ob tatsächlich eine Selbstanzeige eines
    Versicherungsvertreters bei dem Beklagten vorliegt, wonach nach
    einer zu niedrigen Schätzung erhebliche Mehrsteuern festgesetzt
    worden sein sollen.
    2. Der Steuerfahndung der Beklagten steht
    die Befugnis zu, dass hier streitige Auskunftsersuchen gemäß §§ 208
    Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO an den Kläger
    zu stellen.
    a) Die Steuerfahndung des Beklagten war nicht verpflichtet, vor
    dem Auskunftsersuchen an den Kläger darzustellen, dass
    die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten, also
    die jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler, nicht zum Ziel
    führt oder keinen Erfolg verspricht. Denn gemäß § 208
    Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO gilt die Einschränkung des § 93
    Abs. 1 Satz 3 AO, in dem diese Voraussetzung normiert ist, für
    die Steuerfahndung bei der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter
    Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO
    nicht.
    b) Die von dem Kläger begehrte Auskunft ist zur Feststellung
    eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlich
    (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein „für die
    Besteuerung erheblicher Sachverhalt” ist jeder Sachverhalt,
    dessen steuerliche Bedeutung nach dem Gesetz und der dazu vorliegenden
    Rechtsprechung ernstlich in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 16.01.2009
    VII R 25/08, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE
    - 224, 201, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2009, 582). Erforderlich
    ist die Auskunft, wenn nach der allgemeinen Erfahrung der Behörde
    ein Kontrollbedürfnis besteht (Seer, in Tipke/Kruse,
    AO/FGO, § 93 AO Rz. 15), was angesichts des oben
    dargestellten hinreichenden Anlasses zu bejahen ist (vgl. zur Erforderlichkeit
    durch einen konkreten Anlass auch Rätke, in: Klein, AO,
    11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 6).
    c) Das Auskunftsersuchen des Beklagten entspricht dem rechtsstaatlichen
    Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, an dem
    sich jedwede Maßnahme der Finanzbehörden grundsätzlich
    messen lassen muss (vgl. BFH-Urteil vom 16.01.2009 VII R 25/08,
    BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582 m. w. N.). Diese Grenzen sind
    eingehalten, wenn das Auskunftsverlangen zur Sachverhaltsaufklärung
    geeignet und gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig
    und verhältnismäßig erscheint, sowie
    dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich
    und zumutbar ist (BFH-Beschluss vom 21.03.2002 VII B 152/01,
    BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m. w. N.; Rätke, in: Klein,
    AO, 11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 12, 20 m. w. N.).
    aa) Das Auskunftsverlangen ist zur Sachverhaltsaufklärung
    geeignet. Zwar stellt die Ermittlung der Versicherungsunternehmen,
    für die die Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig
    sind, nur einen Zwischenschritt dar. Allerdings kann nach diesem
    Schritt durch dann darauf folgende weitere Auskunftsverlangen die
    tatsächliche Höhe der Einnahmen der jeweiligen Versicherungsvertreter
    bzw. -makler bei den jeweiligen Versicherungsunternehmen, die der
    Finanzbehörde noch unbekannt sind, ermittelt werden.
    bb) Das Auskunftsverlangen ist erforderlich. Ein milderes Mittel,
    das den Kläger weniger belastet und gleich geeignet ist,
    ist nicht ersichtlich. Insbesondere dürften den Kläger
    jeweils einzeln gestellte Auskunftsersuchen mehr belasten als das
    vorliegende Sammelauskunftsersuchen. Des Weiteren ist es nicht weniger
    belastend, an alle Versicherungsunternehmen Auskunftsverlangen zu
    stellen, um diejenigen zu ermitteln, mit denen die Vertreter Kontakt
    hatten. Denn die Versicherer haben gerade den Kläger ins
    Leben gerufen, um die entsprechenden Informationen zu sammeln (Sächsisches FG,
    Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Entgegen der
    Auffassung des Klägers kann der Beklagte nicht darauf verwiesen
    werden, im Rahmen von Betriebsprüfungen bei den Versicherungsunternehmen
    entsprechende Kontrollmitteilungen zu schreiben. Im Rahmen dieser
    Außenprüfungen können Kontrollmitteilungen
    nicht mit der notwendigen Detailtiefe erstellt werden. Den Betriebsprüfern
    der Versicherungsunternehmen stehen keine Unterlagen über
    die Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten
    der jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler zur Verfügung
    stehen, wobei im übrigen § 30 AO zu beachten wäre.
    cc) Das Auskunftsverlangen ist angemessen (verhältnismäßig
    im engeren Sinne). Danach ist abzuwägen, ob die Grundrechtsbeeinträchtigungen, die
    von einem an sich geeigneten und erforderlichen Mittel zur Durchsetzung
    von Allgemeininteressen ausgehen, schwerer wiegen als die durchzusetzenden
    Interessen. Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich deshalb
    als schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung darstellen,
    weil sie auf eine Weise durchgeführt wird, die die Persönlichkeit
    erheblich berührt. Die rechtliche Bewertung des Eingriffs
    richtet sich bei einem Auskunftsersuchen nach der Intensität
    der Beeinträchtigung des Betroffenen, gegen den sich die
    behördliche Ermittlung richtet. Das Gewicht der Beeinträchtigung
    hängt auch davon ab, ob der von dem Auskunftsersuchen Betroffene
    anonym bleibt und welche Nachteile ihm aus der Ermittlungsmaßnahme
    drohen oder von dieser nicht ohne Grund befürchtet werden
    (BFH-Urteil vom 04.12.2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BFH/NV 2013,
    431 m. w. N.). Im Streitfall sind danach das öffentliche
    Interesse an der gleichmäßigen Besteuerung und
    das Vertrauensverhältnis des Klägers zwischen
    seinen Mitgliedern sowie den Versicherungsvertretern und ihm sowie
    dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen (Sächsisches
    FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Im Streitfall ist
    das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen
    Festsetzung und Verwirklichung des Steueranspruchs höher
    zu gewichten als die klägerischen Interessen bzw. die Interessen
    der Mitglieder des Klägers und der betroffenen Versicherungsvertreter
    bzw. -makler. Betroffener eines Auskunftsverlangen kann jeder sein.
    Auskunftsverweigerungsrechte stehen außer den in § 101
    AO genannten Personen bzw. in den in § 103 AO genannten
    Fällen nur den in § 102 AO genannten Personen
    zu, zu denen der Kläger nicht gehört. Die Rechte
    des Klägers werden im Übrigen nur geringfügig
    eingeschränkt. Dabei ist im Hinblick auf das von dem Kläger
    vorgebrachte Vertrauensverhältnis zu berücksichtigen,
    dass die erteilten Auskünfte durch den Beklagten nach § 30
    AO zu behandeln sind (so schon Sächsisches FG, Urteil vom
    27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Es erscheint zudem zweifelhaft,
    dass sich die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler auf
    ein Vertrauensverhältnis berechtigterweise berufen können, wenn
    sie selbst ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht
    genügen. Ferner sind auch keine schwerwiegenden Nachteile
    für die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler
    aufgrund des Auskunftsersuchens zu befürchten. Hierfür
    ist zu berücksichtigen, dass mit dem Auskunftsersuchen
    dem Kläger nur die Versicherungsvertreter bzw. -makler
    bekannt gemacht werden, gegen die Schätzungsbescheide erlassen
    wurden. Unabhängig von dem im Rahmen des § 208
    Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu prüfenden hinreichenden Anlass,
    ist mit der Bekanntgabe dieser Versicherungsvertreter bzw. -makler ein „Unwerturteil” als
    solches nicht verbunden. Wie auch der Kläger vorträgt,
    können die Gründe, eine Schätzung gegen
    sich ergehen zu lassen, vielfältig sein.
    dd) Dem Kläger ist die Erteilung der Auskunft auch möglich
    und zumutbar. Der Kläger sammelt die gewünschten
    Daten seinem Satzungszweck entsprechend. Er kann sie auch tatsächlich
    herausgeben.
    3. Anhaltspunkte dafür, dass der
    Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt
    hat (§ 102 FGO), bestehen nicht. Im Übrigen erfüllt
    der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung
    die notwendigen Begründungsanforderungen des § 121
    Abs. 1 i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Beklagte hatte
    dem Kläger ausführlich mitgeteilt, warum er den
    Kläger auf Auskunft in Anspruch nimmt und warum das Auskunftsverlangen
    verhältnismäßig ist.
    4. Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen
    im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtmäßigkeit
    des Auskunftsersuchens nicht (vgl. auch § 4 Abs. 1 und
    Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG -).
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision ist gemäß § 115 Abs.
    2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    VorschriftenAO § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, AO § 208 Abs. 1 Satz 2, AO § 93 Abs. 1 Satz 1