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  • 10.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132153

    Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 17.05.2013 – 1 V 337/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 27.12.2012 wird in Höhe von ... EUR bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung des Antragsgegners, längstens bis zu dessen Bestandskraft ausgesetzt.

    Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu 69/100 und der Antragsgegner zu 31/100 zu tragen.
    Gründe

    I.
    1

    Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Haftungs-​bescheides, durch den ihn der Antragsgegner (im Folgenden: das Finanzamt -FA-​) für Steuerrückstände der Fa. X GmbH (im Folgenden: GmbH) in Anspruch genommen hat.
    2

    Die GmbH erzielte Umsätze aus... und dem Betrieb von Spielautomaten.
    3

    Der Antragsteller war seit dem Jahr 19... bis zum 17.04.2012 neben Herrn R Geschäftsführer der GmbH. Nach der nicht schriftlich niedergelegten Aufgabenverteilung war der Antragsteller für den technischen Bereich und Herr R für den kaufmännischen Bereich der Geschäftsführung zuständig.
    4

    Nachdem die GmbH für das Kalenderjahr 2010 keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte einen Verspätungszuschlag und Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) fest. Die am 15.11.2012 fälligen Nachzahlungsbeträge wurden von der GmbH nicht entrichtet. Außerdem änderte das FA aufgrund einer Außenprüfung die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2004 und 2005 und setzte auch für diese Jahre Zinsen fest. Die am 04.10.2012 fälligen Nachzahlungsbeträge wurden von der GmbH ebenfalls nicht entrichtet.
    5

    Weiterhin wurden von der GmbH für die Voranmeldungszeiträume April 2011 bis Januar 2012 festgesetzte und zwischen dem 19.05.2011 und dem 29.02.2012 fällige Nachzahlungsbeträge und weitere steuerliche Nebenabgaben mit der Begründung nicht entrichtet, die Besteuerung von mit Geldspielautomaten erzielten Umsätzen sei europarechtswidrig. Schließlich erklärte die GmbH in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar bis März 2012 die von ihr erbrachten Umsätze als steuerfreie Umsätze. Das FA setzte die Umsatzsteuer-​Vorauszahlungen für diese Voranmeldungszeiträume unter Berücksichtigung der Steuerpflicht der angemeldeten Umsätze anderweitig fest. Die sich daraus ergebenden Nachzahlungsbeträge waren am 30.07.2012 fällig.
    6

    Nachdem gegenüber der GmbH ergriffene Beitreibungsmaßnahmen erfolglos geblieben waren, erließ das FA den streitgegenständlichen Haftungsbescheid, mit dem es den Antragsteller für Abgabenrückstände der GmbH in Höhe von insgesamt ... EUR in Anspruch nahm.
    7

    Zur Begründung führte das FA aus, der Antragsteller sei neben dem weiteren Geschäftsführer R für die Abgabenrückstände der GmbH als Haftungsschuldner gemäß § 191 i.V.m. §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO) in Anspruch zu nehmen. Er habe es pflichtwidrig unterlassen, für das Kalenderjahr 2010 eine Umsatzsteuererklärung beim FA einzureichen und für verschiedene Voranmeldungszeiträume die steuerpflichtigen Umsätze in zutreffender Höhe zu erklären. Im Übrigen habe er es pflichtwidrig unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass die festgesetzten Steuern aus Mitteln der GmbH entrichtet worden seien. Dieser Verpflichtung stehe der Umstand, dass die Steuerfestsetzungen von der GmbH mit dem Rechtsmittel des Einspruchs angefochten worden seien, nicht entgegen, da entsprechende Anträge auf Gewährung von Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden seien. Entgegen seinem Vorbringen sei es dem Antragsteller auch möglich und zumutbar gewesen, diesen Pflichten nachzukommen.
    8

    Wegen des weiteren Inhalts des Haftungsbescheides wird auf Bl. 48 ff. des vom FA vorgelegten Haftungsbands verwiesen.
    9

    Der Antragsteller hat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2013 gegen den Haftungsbescheid Einspruch eingelegt, über den das FA noch nicht entschieden hat.
    10

    Nachdem das hierfür zuständige Finanzamt ... mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. ... vom 13.02.2013 zur Vollstreckung der Haftungssumme die Konten des Antragstellers bei der B Bank gepfändet und deren Einziehung angeordnet hatte, hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf gerichtliche Aufhebung der Vollziehung gestellt.
    11

    Gegen die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides macht der Antragsteller folgende Einwendungen geltend:
    12

    1. Er bestreite die Rechtmäßigkeit der Steuerrückstände, für die er in Haftung genommen worden sei, da die Rückstände nicht bzw. nicht in der vom FA zugrunde gelegten Höhe bestünden.
    13

    Es sei bereits umstritten, ob durch Geldspielautomaten erzielte Umsätze überhaupt der Umsatzbesteuerung unterlägen und ob dem Betreiber auferlegte andere Abgaben nicht zumindest auf die Umsatzsteuerschuld anzurechnen seien. Eine derartige Anrechnung dürfte aus Gründen der Gleichbehandlung mit staatlichen Spielcasinos und zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung geboten sein. Diese und weitere ungeklärte Rechtsfragen, u.a. auch zur Frage einer gegebenenfalls der Besteuerung zugrunde zu legenden Bemessungsgrundlage, hätten das FG Hamburg veranlasst, mit Beschluss vom 21.09.2012 3 K 104/11 (EFG 2012, 2241) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten, über das dieser noch nicht entschieden hat. Der BFH habe daraufhin ein Verfahren, das die hamburgische Spielgerätesteuer zum Gegenstand hat, mit Beschluss vom 09.01.2013 II R 27/11 bis zur Entscheidung des EuGH in dem das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg betreffenden Verfahren C-​440/12 ausgesetzt.
    14

    Auch das Amtsgericht ... habe in einem Insolvenzantragsverfahren gegen die Fa. Y GmbH nach Rücknahme des Insolvenzantrags durch die Finanzverwaltung dieser mit Beschluss vom ...01.2013 ...(Az.) die Kosten nach billigem Ermessen auferlegt, da u.a. aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des FG Hamburg das rechtmäßige Bestehen der vom Finanzamt geltend gemachten Forderungen nicht nachgewiesen sei.
    15

    Aus den genannten Entscheidungen sei zu folgern, dass der Antragsteller nicht für die sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewisse Steuerverbindlichkeiten der GmbH als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden könne.
    16

    2. Seiner Inanspruchnahme stehe entgegen, dass er nur für den technischen Bereich der Geschäftsführung zuständig gewesen sei und der kaufmännische Bereich ausschließlich Herrn R oblegen habe. Hierzu führt der Antragsteller unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des weiteren Geschäftsführers R vom 28.12.2012 aus, es sei bereits im Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer mündlich vereinbart worden, dass sein alleiniges Tätigkeitsfeld der technische Teil der Geschäftsführung sein sollte, während der kaufmännische Teil allein in der Verantwortung des Gesellschaftergeschäftsführers R bleiben sollte. Ihm sei in der Folgezeit auch nie Einblick in die kaufmännischen Unterlagen gewährt worden. Auf die von ihm an den Gesellschaftergeschäftsführer gerichtete Frage, ob die GmbH ihren öffentlich-​rechtlichen Verpflichtungen nachkomme, habe dieser ihn auf Auskünfte des damaligen Steuerberaters der GmbH verwiesen, demzufolge Steuern und Sozialabgaben - soweit geschuldet - entrichtet würden.
    17

    Nachdem ihm zur Kenntnis gelangt sei, dass die GmbH eine mit dem FA vereinbarte Ratenzahlung nicht eingehalten habe, habe er, da er keinen Einfluss hierauf nehmen konnte, sein Amt als Geschäftsführer niedergelegt.
    18

    3. Die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme seien nicht gegeben, da die Steuerrückstände, sollten sie tatsächlich bestehen, von der Steuerschuldnerin, der GmbH, selbst beglichen werden könnten.
    19

    Der Antragsteller macht geltend, dem FA sei zur Sicherung der streitigen Steuerrückstände von Herrn R am 17.04.2012 eine im Grundbuch von ..., Blatt ... in Abteilung III lfd. Nr 5b eingetragene Buchgrundschuld über ... EUR abgetreten worden. Da die die Grundschuld besichernde Immobilie einen Veräußerungswert von mehr als ... EUR habe, sei die Grundschuld werthaltig, sodass für den Erlass eines Haftungsbescheides keine Veranlassung bestanden habe.
    20

    4. Im Übrigen werde durch die im Rahmen der Vollziehung des Haftungsbescheides vom FA erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die sämtlichen Konten einschließlich eines Aktiendepots im Wert von ca. ... EUR betreffe, seine wirtschaftliche Existenz gefährdet. Seit der Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH sei er arbeitslos und aufgrund seines Alters von ... Jahren bestünden allenfalls geringe Aussichten, eine adäquate Beschäftigung zu finden.
    21

    Wegen des weiteren Vorbringens des Antragstellers wird auf die Antragsschrift nebst Anlagen (Bl. 3 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
    22

    Der Antragsteller beantragt,
    23

    die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 27.12.2012 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
    24

    Das FA beantragt,
    25

    den Antrag abzulehnen.
    26

    Unter Vertiefung seiner in dem Haftungsbescheid enthaltenen Ausführungen führt es aus:
    27

    1. Soweit der Antragsteller geltend mache, es bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerrückstände, könne dem nicht gefolgt werden. Die Rechtmäßigkeit der Besteuerung von mit Geldspielautomaten erzielten Umsätzen sei auch in jüngster Zeit von einer Vielzahl von Finanzgerichten und auch dem BFH und dem EuGH bestätigt worden. Das vom FG Hamburg mit Beschluss vom 21.09.2012 3 K 104/11 (EFG 2012, 2241) an den EuGH gerichtete Vorabentscheidungsersuchen rechtfertige keine andere Beurteilung. Insoweit werde auch auf den Beschluss des FG Münster vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U (EFG 2013, 556) verwiesen.
    28

    2. Der Haftungsinanspruchnahme des Antragstellers stehe die nur mündlich vereinbarte Aufgabenverteilung nicht entgegen, da nur eine im Vorhinein getroffene schriftliche Vereinbarung über die Aufgabenabgrenzung geeignet sei, zu einer Haftungsfreistellung zu führen. Ohne eine entsprechend getroffene Vereinbarung ergebe sich die Verantwortung jedes Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten allein aus dessen nomineller Bestellung, ohne Rücksicht darauf, ob der einzelne Geschäftsführer die Geschäftsführung auch tatsächlich ausüben könne.
    29

    3. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers sei dessen Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt. Sowohl Zahlungsaufforderungen als auch gegenüber der GmbH ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben.
    30

    Soweit der Antragsteller auf eine dem FA abgetretenen Grundschuld hinweise, sei diese nicht werthaltig, da valutierende Grundsicherheiten von Kreditinstituten in beachtlicher Höhe vorrangig eingetragen seien und es sich um ein nur schwer veräußerliches Erbbaurecht handele. Die GmbH, die auch nur Anteilseigner sei, versuche bereits seit Jahren erfolglos, das Erbbaurecht zu veräußern.
    31

    4. Die Vollziehung des Haftungsbescheides habe für den Antragsteller auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Zum Einen habe der Antragsteller eine Existenzbedrohung nur behauptet, nicht aber durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht und zum Anderen komme eine Aussetzung der Vollziehung wegen Unbilligkeit auch deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsbehelf gegen den Haftungsbescheid offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
    32

    Wegen des weiteren Vorbringens des FA wird auf dessen Schriftsatz vom 01.03.2013 (Bl. 43 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

    II.
    33

    Der Antrag ist nur in dem im Tenor genannten Umfang begründet, im Übrigen ist er unbegründet.
    34

    Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides bestehen nur insoweit, als das FA den Antragsteller für die rückständigen Umsatzsteuern nebst Zinsen für die Kalenderjahre 2004 und 2005 sowie die am 30.07.2012 fälligen Umsatzsteuer-​Vorauszahlungsbeträge für die Voranmeldungszeiträume Januar bis März 2012 in Anspruch genommen hat.
    35

    Im Übrigen bestehen weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides noch hat dessen Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge.
    36

    1. Auf Antrag kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen bzw. aufheben (§ 69 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Aussetzung bzw. Aufhebung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
    37

    Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn eine überschlägige Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit und Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Beschlüsse vom 10.02.1967 III B 9/66, BStBl. III 1967, 182 und vom 19.05.1999 V B 5/99, BFH/NV 1999, 1495).
    38

    Die Entscheidung im Aussetzungsverfahren ist auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu fällen. Die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen ist nur soweit erforderlich, dass entschieden werden kann, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dabei sind nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BFH-​Entscheidungen vom 28.07.1987 V B 68/86, BFH/NV 1988, 198 und vom 22.03.1988 VII R 39/84,
    39

    BFH/NV 1990, 133).
    40

    2. Aufgrund dieses Prüfungsmaßstabes vermag der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Haftungsbescheides nur in dem oben genannten Umfang zu erkennen.
    41

    Gemäß § 69 i. V. m. § 34 der Abgabenordnung (AO) haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.
    42

    a) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben gemäß § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuerschulden bei Fälligkeit aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten (§ 34 Abs. 1 S. 2 AO).
    43

    b) Soweit dem Haftungsbescheid zugrunde gelegte Nachzahlungsbeträge erst nach Abberufung des Antragstellers als Geschäftsführer der GmbH fällig geworden sind, käme eine Haftung mangels einer Verfügungsmöglichkeit des Antragstellers über Mittel der GmbH im Fälligkeitszeitpunkt nur in Betracht, wenn der Antragsteller insoweit seine Erklärungspflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt hätte.
    44

    Dies hat im Streitfall zur Folge, dass der Senat die Rechtmäßigkeit hinsichtlich der Haftung für die am 04.10.2012 fällig gewordenen Umsatzsteuerrückstände der Jahre 2004 bis 2005 nebst Nebenabgaben und der am 30.07.2012 fällig gewordenen Umsatzsteuer-​Vorauszahlungen für Januar bis März 2012 für ernstlich zweifelhaft erachtet.
    45

    Nach den Angaben des FA hat sich die Fehlerhaftigkeit der wohl erklärungsgemäß festgesetzten Umsatzsteuern für 2004 und 2005 im Rahmen der Durchführung einer Außenprüfung herausgestellt. Da für das Gericht aber nicht ersichtlich ist, worauf die Fehlerhaftigkeit der Erklärungen beruht, z.B. auf falschen oder fehlenden Angaben oder einer falschen rechtlichen Beurteilung, vermag der Senat eine für die Haftung erforderliche grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung nicht festzustellen.
    46

    Nichts Anderes gilt für die Voranmeldungen für Januar bis März 2012. Zwar hat die GmbH die Umsätze - der von ihr vertretenen Rechtsauffassung folgend - als steuerfreie vorangemeldet. Jedoch hält es der Senat zumindest für zweifelhaft, ob hierin eine für den späteren Schaden kausal gewordene grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung liegt, zumal dem FA die von den Vertretern der GmbH vertretene Rechtsauffassung bekannt war und das FA wusste, welche Art von Umsätzen die GmbH erzielte.
    47

    c) Dagegen hat der Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides, soweit dieser die übrigen Steuerrückstände betrifft.
    48

    aa) Im maßgeblichen Zeitraum der Entstehung der verbleibenden haftungsgegenständlichen Steuerschulden war der Antragsteller einer der Geschäftsführer und damit der gesetzliche Vertreter der GmbH gemäß § 34 AO und musste somit deren steuerlichen Pflichten erfüllen.
    49

    Der Antragsteller hat die auch ihm als Geschäftsführer obliegende Pflicht, bis spätestens zum 28.02.2012 beim FA eine Umsatzsteuererklärung für 2010 einzureichen, grob fahrlässig verletzt. Dass er im Zeitpunkt der Fälligkeit des vom FA festgesetzten Steuerbetrages als Geschäftsführer bereits abberufen war, ändert nichts an dieser Pflichtverletzung und deren Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden.
    50

    Hinsichtlich der weiteren Steuerrückstände hat es der Antragsteller pflichtwidrig unterlassen, diese Beträge aus Mitteln der GmbH zu entrichten.
    51

    bb) Der Antragsteller kann sich insoweit nicht damit entlasten, dass er nach der Aufgabenverteilung ausschließlich für den technischen Bereich zuständig gewesen ist. Wie das FA in dem Haftungsbescheid zutreffend ausführt, kommt eine Haftungsbegrenzung grundsätzlich nur in Betracht, wenn diese von vornherein eindeutig und schriftlich vereinbart ist. Liegt - wie im Streitfall - keine derartige schriftliche Vereinbarung vor, kann allenfalls in Ausnahmefällen dann eine Haftungsfreistellung in Erwägung zu ziehen sein, wenn der Geschäftsführer, der nicht für den kaufmännischen Bereich zuständig ist, sich ausreichend über die ordnungsgemäße Erledigung der steuerlichen Verpflichtungen informiert und auch aufgrund von Anfragen in der Buchhaltung kein Anlass besteht, an der persönlichen Vertrauenswürdigkeit und fachlichen Eignung des weiteren Geschäftsführers zu zweifeln (vgl. Urteil des FG des Saarlandes vom 26.02.2009 2 K 2402/04, [...]).
    52

    Das Gericht vermag im Streitfall einen derartigen Ausnahmefall nicht festzustellen.
    53

    So widerspricht bereits der Vortrag des Antragstellers dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des weiteren Geschäftsführers R. Der Antragsteller trägt vor, Herr R habe ihn auf entsprechende Nachfragen auf Auskünfte des Steuerberaters verwiesen, demzufolge Steuern und Sozialversicherungsabgaben - soweit geschuldet - gezahlt würden. Parallel hierzu will der Antragsteller andererseits mitbekommen haben, dass Herr R mit dem FA über die Rechtmäßigkeit der Umsatzbesteuerung, über eine Aussetzung der Vollziehung der jeweiligen Bescheide, über eine Stundung gegen Ratenzahlung und die Stellung von Sicherheiten verhandelt habe. Als er bemerkt habe, dass die Ratenzahlungen nicht eingehalten worden seien, habe er die Geschäftsführung niedergelegt, weil er keinen Einfluss nehmen konnte. Demgegenüber erklärt Herr R in seiner eidesstattlichen Versicherung, dem Antragsteller sei niemals Einblick in die geschäftlichen Vorgänge gewährt worden. Soweit er versucht habe, kaufmännische Fragen mit dem damaligen Steuerberater, Herrn S, zu klären, sei er darauf verwiesen worden, dass die Klärung den Gesellschaftergeschäftsführern und nicht ihm obliege. Der Antragsteller sei als technischer Geschäftsführer von dem Einblick in kaufmännische Fragen durch die anderen Geschäftsführer ausgeschlossen worden.
    54

    Insoweit bleibt bereits völlig unklar, wann, weshalb und von wem der Antragsteller trotzdem Kenntnis von den von ihm genannten steuerlichen Vorgängen erlangt hat.
    55

    Beiden Vorträgen ist jedenfalls gemein, dass dem Antragsteller auch auf Nachfragen außer pauschalen Angaben keine Auskünfte erteilt worden sind und ihm eine Überprüfung dieser Aussagen nicht ermöglicht worden ist.
    56

    Werden einem Geschäftsführer - wie im Streitfall wohl seit seiner Bestellung - von dem weiteren Geschäftsführer konkrete Überprüfungen, ob dieser die steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft ordnungsgemäß erfüllt, nicht ermöglicht, muss er, um Haftungsrisiken zu minimieren, sein Amt unverzüglich niederlegen, da bei Nichtvorliegen einer schriftlichen Aufgabenverteilung die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten allen Geschäftsführern obliegt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie die Geschäftsführung tatsächlich ausüben können (vgl. BFH-​Beschluss vom 07.03.1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941 m.w.N.).
    57

    d) Der Senat hat aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung keine ernst-​lichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerrückstände der GmbH und zwar weder dem Grunde noch der Höhe nach.
    58

    Bei summarischer Prüfung bestehen keine Zweifel daran, dass die vom FA der Besteuerung zugrunde gelegten Erlöse aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Entgelte für steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen i.S. der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstellen.
    59

    aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Steuerpflicht von Umsätzen eines Betreibers von Geldspielautomaten nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der am 6. Mai 2006 in Kraft getretenen Fassung weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz verstößt. Insbesondere liegt in der Regelung, dass nur bestimmte (Renn-​)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glückspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind, keine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes (BFH-​Beschluss vom 08.06.2011 XI B 38/11, BFH/NV 2011, 1546).
    60

    Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Richtigkeit dieser Beurteilung in der Zwischenzeit, insbesondere durch das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg vom 21.09.2012 3 K 104/11 (EFG 2012, 2241), in einem die Gewährung von Aussetzung der Vollziehung zu rechtfertigendem Maße zweifelhaft geworden ist.
    61

    bb) Soweit der Antragsteller geltend macht, die der GmbH im Rahmen des Betriebs der Geldspielautomaten auferlegten weiteren Abgaben müssten aus Gründen der Gleichbehandlung auf die Umsatzsteuer angerechnet werden, rechtfertigt dies keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen (BFH-​Beschluss vom 19.10.2009 XI B 60/09, BFH/NV 2010, 58 ff.).
    62

    Dass diejenige Umsatzsteuer, die nach der Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit Wirkung ab dem 6. Mai 2006 auch von den öffentlichen Spielbanken zu erheben ist, auf die Spielbankabgabe angerechnet wird, ändert nichts daran, dass für die Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber gewerblichen Spielhallenbetreibern und den öffentlichen Spielbanken derselbe gesetzliche Tatbestand gilt. Durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG werden gleichartige Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unabhängig von der Identität oder Rechtsform des Veranstalters oder Betreibers gleich behandelt, sodass der vom EuGH in seinem Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-​453/02 --​Linneweber-​- (Slg. 2005, I-​1131) beanstandete Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beseitigt worden ist.
    63

    Ob die GmbH durch eine unterschiedliche Behandlung der festgesetzten oder gezahlten Umsatzsteuer im Rahmen der Festsetzung anderer Abgaben in ihren Rechten verletzt wird, ist für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids ohne Bedeutung und in dem Festsetzungsverfahren über die anderen Abgaben, zum Beispiel der Körperschaftsteuer oder Vergnügungsteuer, zu entscheiden.
    64

    cc) Soweit das FG Hamburg in seinem Vorabentscheidungsersuchen Zweifel daran anklingen lässt, ob die genannten Abgaben kumulativ erhoben werden dürfen, hält der Senat dies nicht für ernstlich zweifelhaft. Er schließt sich insoweit den Ausführungen des FG Münster in dem Beschluss vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U (EFG 2013, 556 ff.) an, wenn dort ausgeführt wird: "Die unterschiedliche steuerliche Behandlung der staatlichen Spielbanken und der gewerblicher Spielhallenbetreiber begründet auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art 3 Grundgesetz (GG). Die steuerliche Gesamt-​situation von Spielbanken und Spielhallenbetreibern ist nicht vergleichbar.
    65

    Die Spielbankabgabe beträgt in Nordrhein-​Westfalen bis zu 55 v.H. der Bemessungsgrundlage (d.h. der Bruttospielerträge, vgl. § 12 Abs. 2 und 3, § 13 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-​Westfalen, SpielbG NRW). Zusätzlich erfolgt eine Gewinnabschöpfung, nach der 75 v.H. der Jahresüberschüsse der Spielbanken an das Land abzuführen sind (vgl. § 14 SpielbG NRW). Da die gewerblichen Spielhallenbetreiber weder den Abgaben des SpielbG noch anderen in ihrer Gesamtbelastung vergleichbaren Abgaben unterliegen, können sie durch eine Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein." Vergleichbares gilt für in Hessen ansässige Spielbanken.
    66

    Das FG Münster führt weiter zutreffend aus:
    67

    "In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass zu den in Art. 401 Mehrwertsteuersystem-​Richtlinie genannten Abgaben auch die weiteren Verbrauchsteuern zählen. In der Mehrwertsteuersystem-​Richtlinie wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Umsatzsteuer und die anderen Verbrauchsteuern nebeneinander - also nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ -

    68

    erhoben werden dürfen (z.B. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) iii) der Mehrwertsteuersystem-​Richtlinie: "Der Mehrwertsteuer unterliegen [...] der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt [...], wenn die betreffenden Gegenstände verbrauchsteuerpflichtige Waren sind [...]"; Art. 2 Abs. 3 Mehrwertsteuersystem-​Richtlinie: "Als 'verbrauchsteuerpflichtige Waren' gelten Energieerzeugnisse, Alkohol und

    69

    alkoholische Getränke sowie Tabakwaren [...]"). Weshalb für die auf Glücksspielumsätze erhobenen Abgaben etwas anderes gelten sollte als für die übrigen Verbrauchsteuern, ist für den Senat nicht ersichtlich."

    70

    Selbst wenn der EuGH - wofür aufgrund seiner bisherigen Rechtsprechung keinerlei Anhaltspunkte bestehen - entscheiden sollte, dass die verschiedenen Abgaben nicht kumulativ, sondern nur alternativ erhoben werden dürften, wäre dies zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen nicht geeignet. Denn dann wäre die nur auf nationalen Vorschriften beruhende Sondersteuer herabzusetzen oder aufzuheben, nicht aber die unionsrechtliche, grundsätzlich zwingende und daher nationalen Vorschriften vorgehende Umsatzsteuer. Im Übrigen ist das Umsatzsteuergesetz ein Bundesgesetz, das Landesrecht - wie den weiteren Abgaben - gemäß Art. 31 GG vorgeht, sodass ein Alternativverhältnis zur Rechtswidrigkeit der Landesabgaben, nicht aber der Umsatzsteuer führen würde (Beschluss des FG Hamburg vom 16.11.2011 3 V 166/11, EFG 2012, 983).
    71

    Aus dem Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Nach der Begründung des Vorlagebeschusses tendiert das Finanzgericht selbst zu der Auffassung, das Europarecht erlaube die kumulative Erhebung von Mehrwertsteuer und Vergnügungsteuer, und legt die Frage nur wegen der zitierten, vom Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen in der beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssache "Leo-​Libera" (Az. C-​58/09) geäußerten Auffassung vor. Allein die abweichende Meinung des Generalanwalts kann jedoch nicht dazu führen, dass vernünftige Zweifel an der richtigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts begründet werden und rechtfertigen nicht die Annahme, die Erhebung der Umsatzsteuer verstoße entgegen der bisher einhelligen Rechtsprechung des EuGH, des BFH und der Finanzgerichte gegen Europarecht (vgl. zur insoweit vergleichbaren Problematik der Vergnügungssteuer Beschluss des OVG Lüneburg vom 30.01.2013 9 ME 160/12, zitiert nach [...]). Allein der Umstand, dass der EuGH in dem Verfahren über die Frage der Zulässigkeit der kumulativen Erhebung von Mehrwertsteuer und Vergnügungsteuer entscheiden muss, rechtfertigt angesichts der eindeutigen Rechtsprechung nicht die Annahme ernstlicher Zweifel.
    72

    dd) Soweit der Antragsteller geltend macht, es bestünden auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Er folgt vielmehr dem FG Münster, das in seinem Beschluss vom 18.01.2013 hierzu folgendes ausführt:
    73

    "Die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung entspricht schließlich auch den Anforderungen, die der EuGH in der Rechtssache "Glawe" aufgestellt hat. Hiernach besteht bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt sind, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird, das Entgelt aus dem Teil der Einsätze, über den der Unternehmer effektiv selbst verfügen kann (EuGH, Entscheidung vom 5.5.1994, C-​38/93, Slg. 1994, I-​1679).

    74

    Das FG Hamburg äußert in seinem Beschluss vom 21.9.2012 Zweifel daran, ob die durch die Entscheidung "Glawe" vorgegebene Art der Ermittlung der Bemessungsgrundlage mit dem Proportionalitätsgrundsatz vereinbar ist, da als Bemessungsgrundlage nicht das von den Spielern gezahlte Entgelt (also die Einsätze), sondern der Bruttospielertrag (also die Differenz aus den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewinne) angesetzt wird. Weiterhin äußert das FG Hamburg Zweifel, ob die vom EuGH in der Rechtssache "Glawe" aufgestellten Rechtsgrundsätze unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen noch Anwendung finden können. Zum einen sehe die SpielV in der seit dem 1.1.2006 geltenden Fassung keine feste Mindestgewinnquote für Geldspielgeräten von 60 v.H. mehr vor; zum anderen hätte sich die Konstruktionsweise der Geldspielgeräte in den vergangenen Jahren geändert, so dass die Betreiber von Geldspielgeräten jederzeit rechtmäßig Zugriff auf den Kasseninhalt der Automaten hätten (vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 21.9.2012 3 K 104/11, EFG 2012, 2241, 3.).

    75

    Obgleich der Senat die diesbezüglichen Bedenken des FG Hamburg teilt, rechtfertigt dies nicht die Aussetzung der Vollziehung im vorliegenden Verfahren. Falls der EuGH die Vorlagefrage des FG Hamburg dahingehend beantworten sollte, dass die in der Entscheidung "Glawe" aufgestellten Rechtsgrundsätze unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht mehr für Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten gelten würden, so hätte dies zwar zur Folge, dass die vorliegend angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen rechtswidrig wären, allerdings wäre die GmbH hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt, da der Ag. die Umsatzsteuer tatsächlich zu niedrig festgesetzt hätte. In diesem Fall nämlich müsste als Bemessungsgrundlage nicht lediglich der Bruttospielertrag der GmbH (also die Differenz aus den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewinne), sondern vielmehr die deutliche höhere Gesamtsumme aller Spieleinsätze zugrunde gelegt werden. Dies folgt aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Town & County Factors" vom 17.09.2002 (C-​498/99, Slg 2002, I-​7173). In diesem Verfahren hatte der EuGH über eine Form des Glückspiels zu entscheiden, bei welcher keine gesetzliche Regelung bestand, nach der ein bestimmter Prozentsatz der Einsätze zwingend als Gewinn auszuzahlen war. Das Fehlen einer solchen Regelung führte nach Auffassung des EuGH nicht zur Unzulässigkeit der Er-​hebung der Umsatzsteuer, sondern vielmehr dazu, dass als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage die Gegenleistung anzusetzen ist, die der Glücksspielveranstalter tatsächlich von den Teilnehmern erhält (vgl. EuGH, Entscheidung vom 17.09.2002, C-​498/99, Slg 2002, I-​7173, Rn. 28)."

    76

    ee) Die Tatsache dass der BFH ein Verfahren, das die hamburgische Spielgerätesteuer zum Gegenstand hat, mit Beschluss vom 09.01.2013 II R 27/11 bis zur Entscheidung des EuGH in dem das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg betreffenden Verfahren C-​440/12 ausgesetzt hat, führt ebenfalls nicht zum Vorliegen ernstlicher Zweifel i.S.d. § 69 FGO und rechtfertigt deshalb keine Aussetzung der Vollziehung.
    77

    Denn zum Einen hat eine Aussetzung eines Verfahrens - anders als eine Aussetzung der Vollziehung - nicht das Vorliegen ernstlicher Zweifel zur Voraussetzung und zum Anderen betrifft das BFH-​Verfahren gerade nicht die Umsatzsteuer, sondern die ggfs. nachrangig zu erhebende Spielvergnügungssteuer.
    78

    ff) Schließlich kommt auch dem Beschluss des Insolvenzgerichts des Amtsgerichts ... vom 28.01.2013 - ... - für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung zu. Denn ob Verwaltungsakte Grundlage von Vollstreckungsmaßnahmen sein können, hängt allein davon ab, ob die Verwaltungsakte vollziehbar sind oder deren Vollziehung vom Finanzamt oder dem Finanzgericht ausgesetzt worden ist.
    79

    Da die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Verwaltungsakte nicht von der Vollziehung ausgesetzt worden sind und - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen, vermögen die in dem Beschluss des Insolvenzgerichts enthaltenen Ausführungen eine andere Beurteilung im Streitfall nicht zu rechtfertigen.
    80

    e) Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die Pflichtverletzungen schuldhaft und grob fahrlässig erfolgt sind. Zum Einen indiziert die Pflicht-​verletzung im Allgemeinen die grobe Fahrlässigkeit (Loose in Tipke/Kruse AO/FGO, Rz. 29 zu § 69 AO mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen) und zum Anderen stellt es eine grobe Pflichtverletzung dar, dass der Antragsteller sich nicht um die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH gekümmert hat und dies - ohne ernsthafte Kontrollmöglichkeiten - allein dem Geschäftsführer R überlassen hat.
    81

    f) Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass das FA das ihm im Rahmen der Haftungsinanspruchnahme obliegende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt und dargelegt hat.
    82

    Nachdem Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der GmbH zu keinem Erfolg geführt hatten, war es sachgerecht, in Betracht kommende Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Wenn der Antragsteller insoweit vorträgt, der Mitgeschäftsführer R habe dem FA zur Sicherung der Steuerrückstände eine werthaltige Grundschuld über ... EUR abgetreten, hat der Senat bereits ernsthafte Zweifel an deren Werthaltigkeit. Wie das FA unwidersprochen vorgetragen hat, gehen zum Einen der abgetretenen Grundschuld valutierende Grundsicherheiten von Kreditinstituten in beachtlicher Höhe vor und die GmbH hat bereits seit Jahren erfolglos versucht, das betroffene Erbbaurecht zu veräußern. Zum Anderen ergibt sich aus § 219 AO, der bestimmt, dass ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden darf, wenn die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist, dass eine Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners trotz der Möglichkeit einer Vollstreckung in unbewegliches Vermögen des Steuerschuldners grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.
    83

    Da das FA neben dem Antragsteller auch den weiteren Geschäftführer als Haftungsschuldner in Anspruch genommen hat, ist auch das Auswahlermessen nicht zu beanstanden.
    84

    3. Schließlich vermag der Senat eine weitergehende Aussetzung der Vollziehung nicht mit der Begründung zu gewähren, dass eine Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte darstelle. Der Antragsteller hat bereits keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, geschweige denn diese durch Vorlage präsenter Beweismittel glaubhaft gemacht, die eine derartige Annahme rechtfertigen.
    85

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

    Diese Entscheidung zitiert

    Rechtsprechung

    Vergleiche OVG Lüneburg, 30. Januar 2013, Az: 9 ME 160/12

    Vergleiche FG Münster, 18. Januar 2013, Az: 5 V 3800/12 U

    Vergleiche BFH, 9. Januar 2013, Az: II R 27/11

    Vergleiche FG Hamburg, 21. September 2012, Az: 3 K 104/11

    Vergleiche FG Hamburg, 16. November 2011, Az: 3 V 166/11

    Vergleiche BFH, 8. Juni 2011, Az: XI B 38/11

    Vergleiche BFH, 19. Oktober 2009, Az: XI B 60/09

    Vergleiche Finanzgericht des Saarlandes, 26. Februar 2009, Az: 2 K 2402/04

    Vergleiche EuGH, 17. Februar 2005, Az: C-453/02

    Vergleiche EuGH, 17. September 2002, Az: C-498/99

    Vergleiche BFH, 19. Mai 1999, Az: V B 5/99

    Vergleiche BFH, 7. März 1995, Az: VII B 172/94

    Vergleiche EuGH, 5. Mai 1994, Az: C-38/93

    Vergleiche BFH, 22. März 1988, Az: VII R 39/84

    Vergleiche BFH, 28. Juli 1987, Az: V B 68/86

    Vergleiche BFH, 10. Februar 1967, Az: III B 9/66