· Fachbeitrag · Selbstanzeigenberatung
Checkliste: Bargeldtransfer im Grenzbereich
von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin
| Mit dem Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) soll verhindert werden, dass Verbrechensgewinne in körperlicher Form über die deutsche Grenze verbracht werden und dadurch verschleiert wird, dass diese Mittel aus Straftaten stammen. Ein f=ür die Finanzverwaltung positiver (Neben-)Effekt liegt darin, dass der Zoll bei Auffälligkeiten regelmäßig Kontrollmitteilungen an das FA fertigt. Medien berichten aktuell von einem erheblichen Anstieg des Bargeldverkehrs über die Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland. |
Checkliste / Bargeldtransfer | |
| Nach § 31a Abs. 1 ZollVG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG (Binnengrenze) das mitgeführte Bargeld oder die gleichgestellten Zahlungsmittel auf Verlangen der Beamten des Zolldienstes oder des Bundesgrenzschutzes nicht oder nicht vollständig anzeigt.
Ordnungswidrig nach § 31b Abs. 1 ZollVG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen Art. 3 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 i.V. mit § 12a Abs. 1 S. 1 ZollVG (Außengrenze) einen dort genannten Betrag an Barmitteln nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anmeldet. |
| Nein. Ob das Geld aus illegalen Quellen stammt, ist unerheblich (Kindshofer/Wegner, wistra 02, 195). |
| Der Verkehr mit „Barmitteln“, die in die oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, wird gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.05 über die Überwachung von Barmitteln im Geltungsbereich dieses Gesetzes zollamtlich überwacht. Zur Verhinderung und Verfolgung
wird unbeschadet das Verbringen von Bargeld oder gleichgestellten Zahlungsmitteln in den, aus dem und durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zollamtlich überwacht (§ 1 Abs. 3a S. 1 ZollVG). |
| Die zollamtliche Überwachung erstreckt sich auf die Außengrenze der EU (aktuell noch zur Schweiz) sowie auf die Binnengrenzen Deutschlands (z.B. nach Polen, Frankreich oder Dänemark). Die Unterscheidung zwischen Binnen- und Außengrenzen ist wichtig für die Abgrenzung, ob etwas angemeldet oder ob nur „auf Verlangen“ agiert werden muss. |
| Es wird nicht nur Bargeld überwacht (§ 1 Abs. 3a S. 2 ZollVG), sondern auch:
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| Unbeschadet der §§ 209 bis 211 AO können die Bediensteten der Zollverwaltung zur Durchführung der in § 1 ZollVG genannten Aufgaben im grenznahen Raum (§ 14 Abs. 1 ZollVG) Personen und Beförderungsmittel anhalten. Die zum Anhalten aufgeforderte Person hat auf Verlangen der Zollbediensteten stehen zu bleiben und sich auszuweisen. Führer von Beförderungsmitteln haben auf Verlangen zu halten und die Beförderungspapiere vorzulegen. Gepäck, Beförderungsmittel und ihre Ladung können zur Feststellung der Einhaltung der Zollvorschriften an Ort und Stelle oder einem anderen geeigneten Ort geprüft werden (§ 10 Abs. 1 ZollVG). |
| Es darf durch den Zoll durchsucht werden. Dazu bedarf es keiner gerichtlichen Anordnung. |
| Ja. Barmittel, die „in die oder aus der Gemeinschaft verbracht“ werden (ABl. EU Nr. L 309 S. 9) und hinsichtlich derer nach Art. 3 VO 1889/2005 eine Anmeldung erforderlich ist, müssen schriftlich im Zeitpunkt der Ein- oder Ausreise deklariert werden (§ 12a Abs. 1 ZollVG), ohne dass es insoweit einer gesonderten Aufforderung bedarf. Es ist also zwischen Binnen- und Außengrenzen zu differenzieren. |
| Auf Verlangen der Zollbediensteten haben Personen Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 10.000 EUR oder mehr, die sie in den, aus dem oder durch den Geltungsbereich des ZollVG (Deutschland) verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen (§ 12a Abs. 2 S. 1 ZollVG). |
| Ja. Die Zollbediensteten können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel zum Zwecke der Geldwäsche verbracht werden, das Bargeld oder die gleichgestellten Zahlungsmittel bis zum Ablauf des dritten Werktags nach dem Auffinden sicherstellen und in zollamtliche Verwahrung nehmen, um die Herkunft oder den Verwendungszweck aufzudecken (§ 12a Abs. 4 S. 1 ZollVG).
Diese Frist kann durch Entscheidung eines Richters einmalig bis zu einem Monat verlängert werden. Zuständig ist der Richter beim AG, in dessen Bezirk die Sicherstellung erfolgt ist. |
| Nein. Die Sicherstellung erfordert keinen Mindestbetrag von festgestellten, nicht angemeldeten Zahlungsmitteln.
Unterhalb der Schwelle von 10.000 EUR wird allerdings regelmäßig kein Tatverdacht dafür vorliegen, dass die Zahlungsmittel zum Zwecke der Geldwäsche transportiert werden. |
| Für das Merkmal „auf Verlangen“ reicht eine allgemeine und unsubstantiierte Aufforderung nicht aus (OLG Karlsruhe 7.5.04, 1 Ss 7/03, PStR 04, 156, Abruf-Nr. 041489). Erforderlich - aber auch ausreichend - ist, dass die Aufforderung die Tatbestandsmerkmale „mitgeführtes Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel über 10.000 EUR“ enthält und vom Zollbeamten wahrnehmbar zum Ausdruck gebracht wird.
An einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Anzeigepflicht kann es fehlen, wenn der Beschuldigte die Aufforderung aufgrund akustischer oder sprachlicher Defizite nicht aufnehmen kann. |
| Wird die Aufforderung falsch gewertet, kommt ein Verbotsirrtum in Betracht, der den Vorsatz entfallen lässt, wenn er unvermeidbar ist (§ 11 Abs. 2 OWiG). In diesem Fall dürfte dem Angesprochenen jedoch abzuverlangen sein, dass er eine Erläuterung des Begriffs „Zahlungsmittel“ und den Umfang der Anzeigepflicht abfragt. Unterlässt er dies, soll der Verbotsirrtum vermeidbar sein (OLG Karlsruhe 7.5.04, a.a.O.). |
| Das kommt auf die individuelle Situation an. Das OLG Karlsruhe (24.9.02, 1 Ss 59/02, PStR 02, 260, Abruf-Nr. 021583) stellt auf die tatsächliche Sachherrschaft über den Geldbetrag ab. Auf die eigentumsrechtliche Lage kommt es dabei nicht an. Eine Aufteilung nach Köpfen scheidet aus.
Die Entscheidung leidet jedoch an fehlerhaften Ausführungen zum Gewahrsam an Gegenständen, vorliegend konkret zwischen Ehegatten. So ist die Auffassung lebensfremd, wonach Ehegatten, die sich gemeinsam mehrere hundert Kilometer von ihrem Wohnort entfernen und in einer eng abgrenzbaren Gewahrsamssphäre wie einem PKW aufhalten, nicht mit dem tatsächlichen Willen handeln, den Gewahrsam über Gegenstände, die sich zusätzlich in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum befinden, gemeinschaftlich auszuüben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich das Geld in einer Tasche befand, deren Gebrauch typischerweise nur einem Ehegatten zugeschrieben wird (Beckemper/Wegner, wistra 03, 36). |
| Nein. Der Tatbestand des § 31 Abs. 1 ZollVG - die Bußgelddrohung - erfasst nach Ansicht des OLG Düsseldorf (12.3.13 - IV - 1 RBs 46/13) demnach nur den Teil des in § 12 Abs. 2 S. 1 ZollVG umschriebenen Lebenssachverhalts, der durch eine Prüfung des Gepäcks und eine körperliche Durchsuchung auch einem schweigenden Betroffenen ohne Weiteres nachzuweisen ist: dass und in welcher Höhe er Bargeld mit sich führt. Dem Gebot der Selbstbelastungsfreiheit (Nemo-tenetur-Grundsatz) sei damit Genüge getan. |
| In dem durch das OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall waren 35.780 EUR verschwiegen worden. Hierfür hatte das AG (Vorinstanz) den Betroffenen zu einer Geldbuße von 500 EUR verurteilt. Das AG Saarbrücken (3.3.10, 43 OWi 33 Js 797/09 (324/09); 24.3.09, 43 OWi 33 Js 791/08 (413/08)) erachtet bei einem vorsätzlichen Verstoß 25 % des Geldbetrags als Geldbuße für angemessen. |
| Zu- und Abschläge können sich unter anderem
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| Nein. Diese Systematik wurde bereits vor vielen Jahren abgeschafft (Wegner, PStR 07, 106, zu Frage 13). Parallel hierzu wurde allerdings der Bußgeldrahmen erheblich erweitert (§ 31a Abs. 2 ZollVG, § 31b Abs. 2 ZollVG). |
| Da eine spezialgesetzliche Verjährungsregelung fehlt, knüpft § 31 Abs. 1 OWiG an den oberen Bußgeldrahmen an. Weil eine solche feste Marke früher § 31a ZollVG nicht zu entnehmen war, sodass ein Rückgriff auf § 17 Abs. 1 OWiG erforderlich war (Wegner in Wannemacher, Steuerstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 2851 ff.), ist nun § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG einschlägig (3 Jahre), und zwar sowohl für vorsätzlich als auch für fahrlässig begangene Delikte. |
| Die Zollbehörden dürfen nach § 12a Abs. 5 ZollVG, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 1 Abs. 3a und nach den Abs. 1 bis 4a ZollVG erforderlich ist, personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Die Zollbehörden können diese Daten an die nach §§ 31a, 31b AO zuständigen Behörden übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder der des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere Finanzbehörden ist zulässig, soweit ihre Kenntnis von Bedeutung sein kann zur Durchführung
Auch das Mitführen von Bank- und Depotunterlagen ist deshalb für den Betroffenen nicht ungefährlich (FG Baden-Württemberg 23.2.10, 5 K 1556/08; FG Nürnberg 12.5.09, 2 K 277/2008). |
| Nein (so bereits Wegner, PStR 07, 106, zu Frage 18). |
| Die Bargeldkontrolle eines Steuerberaters durch den Zoll ist nach Ansicht des FG Baden-Württemberg (27.3.07, 11 K 297/02, PStR 08, 27) grundsätzlich zulässig. Dieser Kontrolle sind dann Grenzen gesetzt, wenn und soweit durch sie die Verschwiegenheitspflicht nach § 57 Abs. 1 StBerG bzw. das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO berührt ist. |
Weiterführender Hinweis
- Holenstein, Checkliste: 35 Fragen rund um das Bankkonto in der Schweiz, PStR 13, 154 ff.