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  • · Fachbeitrag · Tabaksteuergesetz

    Die Steuerzeichenverwendungspflicht des gewerblichen Verbringers von Tabakwaren

    von StA Dr. Markus Ebner, LL. M., München, und RiAG Dipl.-Finw. (FH) André Schlosser, Karlsruhe

    | In „Zigarettenschmuggel“-Fällen kann nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO die Strafverfolgung zusätzlich auch auf die pflichtwidrige Nichtverwendung von Steuerzeichen gestützt werden. Das setzt voraus, dass sich die Strafverfolgung gegen einen Steuerzeichenverwendungspflichtigen i. S. von § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO richtet. In einem derartigen Fall sollte diese Deliktsvariante nicht ungeprüft bleiben, da sich die Beweisführung gegenüber den anderen Tatbeständen in § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO unter Umständen als erheblich verfahrensökonomischer erweisen kann. |

    1. Vermeintlich „totes“ Steuerstrafrecht

    Geht man von der tatsächlichen Anwendungshäufigkeit aus, handelt es sich bei § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO um weitestgehend „totes“ Steuerstrafrecht. Grund hierfür ist zum einen, dass es im modernen Steuerrecht nur noch einen einzigen Anwendungsfall der „Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern“ gibt, namentlich die sogenannten Tabaksteuerbanderolen i. S. von § 17 TabStG. Zu dem dadurch prädisponierten, vergleichsweise engen Deliktskorridor kommen offenbar schwierige Rechts- bzw. Abgrenzungsfragen hinzu. Die mit „Zigarettenschmuggel“-Fällen befassten Zöllner, Staatsanwälte und Richter greifen deshalb vorzugsweise auf § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zurück. Das ist an sich nicht weiter schlimm, denn die dritte Variante des § 370 Abs. 1 AO begründet keinen weitergehenden Schuldvorwurf, sondern tritt allenfalls idealkonkurrierend (§ 52 StGB) neben die zweite (Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 395). Da § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO jedoch andere, vor allem auf subjektiver Ebene unter Umständen einfacher nachzuweisende Tatbestandsmerkmale enthält, macht sich die Praxis mit ihrer einseitigen Fokussierung auf § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO mitunter selbst unnötig „das Leben schwer“.

     

    Dies betrifft insbesondere den Fall, dass sich der gewerbliche Verbringer i. S. von § 23 Abs. 1 S. 1 TabStG (z. B. der Fahrer eines „Schmuggel“-Lkws als Lieferer i. S. von § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG) wie folgt einlässt: Ihm sei das Fehlen von (deutschen) Steuerzeichen auf den offenkundig mitverladenen Kleinverkaufspackungen zwar durchaus bekannt gewesen, er habe allerdings ernsthaft darauf vertraut, dass ein - gegebenenfalls sogar konkret bezeichneter - Dritter (Zwischenhändler, Empfänger) sich „um alles Weitere kümmern“, also die gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 TabStG erforderliche Steuererklärung zeitnah abgeben werde. Anstatt nun aufwendig Beweis zum Hinterziehungsvorsatz (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 15 StGB) und zur Frage der Unverzüglichkeit (§ 23 Abs. 1 S. 3 TabStG i. V. mit § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) zu erheben, läge es näher, den Tatvorwurf - nach einem entsprechenden Hinweis gemäß § 265 Abs. 1 StPO - auf die Nr. 3 des § 370 Abs. 1 AO umzustellen. Voraussetzung hierfür ist, dass zuvor eine Steuerzeichenverwendungspflicht des Täters - im Folgenden des Lieferers (Lkw-Fahrers) - bejaht werden kann.