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  • · Fachbeitrag · Vermögensabschöpfung

    Geldwäscheverdacht: Einziehung ohne Straftat

    von RA Dr. Pascal Johann, Dr. Johann & Jördens Rechtsanwälte, Frankfurt a.M.

    | Mit dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung wurde im Jahr 2017 die Möglichkeit geschaffen, Vermögensgegenstände auch dann einzuziehen, wenn dem Beschuldigten keine konkrete Straftat nachweisbar war und er deshalb freizusprechen bzw. das Ermittlungsverfahren gegen ihn einzustellen ist (§ 76a Abs. 4 StGB). Der Gesetzgeber wollte damit vor allem Fälle aus dem Bereich der organisierten Kriminalität erfassen und etwa bei Zollkontrollen an Flughäfen, bei denen erhebliche Bargeldmengen auftauchen, deren Herkunft nicht hinreichend erklärt wird, einen dauerhaften staatlichen Zugriff ermöglichen (BT-Drs. 18/9525, S. 48). |

    1. „Musterfall“ für das LG Hamburg

    Das LG Hamburg (7.3.19, 614 Qs 21/18, Abruf-Nr. 209391) hatte nun genau einen solchen Fall zu entscheiden. Der Beschuldigte befand sich im September 2016 früh morgens mit beinah 20.000 Banknoten im Gesamtwert von 800.000 EUR in einem Rollkoffer am Flughafen auf dem Weg in die Türkei. Nachdem er das Bargeld angemeldet hatte, leitete der Zoll ein sogenanntes Clearingverfahren ein. Der Beschuldigte gab über einen Rechtsanwalt diverse Erklärungen ab, welche Geschäfte der Bargeldzahlung zugrunde gelegen haben sollen, und beantragte die Herausgabe des Geldes.

     

    Im Zuge des Ermittlungsverfahrens stellte sich heraus, dass die belgische Unternehmung, die in der vom Beschuldigten vorgelegten Rechnung genannt wurde, nach den Erkenntnissen der belgischen Generalverwaltung der Sondersteuerinspektion „an einem groß angelegten Umsatzsteuerbetrug auf internationaler Ebene“ beteiligt sei. Der vermeintlich wirtschaftlich Berechtigte an dem Bargeld, ein in der Türkei ansässiger Zeuge, erklärte nach freiwilliger Einreise nach Deutschland vor einem deutschen Ermittlungsrichter, dass er keinen Anspruch auf die 800.000 EUR, sondern nur auf eine Entlohnung für die Verarbeitung von Gold i.H. von rund 8.000 EUR gehabt habe. Das AG Hamburg ordnete schließlich, nach Einstellung des wegen des Verdachts der Geldwäsche geführten Ermittlungsverfahrens, die Einziehung des Bargelds im objektiven Verfahren nach §§ 435 ff. StPO an.