· Fachbeitrag · Gesetzesentwurf
Geplanter Straftatbestand der Datenhehlerei
von RA Dr. Christian Höll, CF Rechtsanwälte, Fürth
| Nach dem geplanten § 202d Abs. 1 StGB-E (BR-Drs. 284/13 (B) vom 7.6.13) soll das Verschaffen, Verbreiten oder die Zugänglichmachung von Daten mit Bereicherungsabsicht, die ein anderer ausgespäht oder sonst durch eine rechtswidrige Tat verschafft hat, unter Strafe gestellt werden. In steuerstrafrechtlicher Hinsicht fiele vor allem der Ankauf von Steuer-CDs durch deutsche Behörden unter diese Tatbestandsformulierung. |
1. Freifahrschein für den Ankauf von Steuer-CDs?
Um die Strafbarkeit der CD-Ankäufer zu vermeiden, sieht der Gesetzesentwurf einen expliziten Ausschlusstatbestand für Handlungen von Amtsträgern oder deren Beauftragten vor, wenn die Daten ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren dienen (§ 202d Abs. 5 S. 2 StGB-E).
Die Gesetzesbegründung (BR-Drs. 284/13 (B) vom 7.6.13, S. 21) führt zu dem Ausschlusstatbestand aus: „Gedacht ist hierbei vor allem an die Fälle des Erwerbs von sogenannten Steuer-CDs. Hierzu enthält § 202d Abs. 5 S. 2 StGB-E eine ausdrückliche Klarstellung des gesetzgeberischen Willens, dass Amtsträger beim Ankauf von Datenmaterial zur ausschließlichen Verwendung in einem Besteuerungsverfahren nicht mit Strafe bedroht werden dürfen.“ Damit wird den deutschen Behörden ein Freifahrtschein für den Ankauf von Steuer-CDs ausgestellt.
2. Stellungnahme
In ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf hält die Bundesregierung es für vorzugswürdig, Rechtssicherheit durch den Abschluss bilateraler Abkommen über den Informationsaustausch zu schaffen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass eigenen Ermittlungshandlungen gegenüber der Beschaffung rechtswidrig erlangter Informationen der Vorrang gebührt (BT-Drs. 17/14362 vom 10.7.13, Anlage 2). Der Kritik ist beizupflichten. Die geplante Ausnahmeregelung des § 202d Abs. 5 S. 2 StGB-E führt zu einer Ungleichbehandlung privater und staatlicher Stellen. Der Ankauf von Steuer-CDs durch private Unternehmen wäre unstreitig als Datenhehlerei strafbar, während der staatliche Ankauf sanktionslos bliebe. Hierdurch wird die Legitimität des geplanten Straftatbestands insgesamt in Frage gestellt. Wie soll sich eine Unrechtseinsicht beim Täter in Bezug auf die Datenhehlerei einstellen, wenn der Staat für sich das Recht beansprucht, tatbestandlich handeln zu dürfen?
Auch ein Vergleich mit einer ähnlichen Regelung in § 184b Abs. 5 StGB ändert nichts an dieser Einschätzung. Die Sachlage bei § 184b Abs. 5 StGB ist eine andere. Eine Verfolgung des Besitzes, Erwerbs und der Verbreitung kinderpornographischer Schriften setzt denklogisch voraus, dass die Ermittlungsbehörden die Schriften zumindest kurzzeitig in ihrem Besitz haben. Bei der Steuerhinterziehung gibt es aber andere Ermittlungsmöglichkeiten als den Ankauf von rechtswidrig erlangten Daten.
Die Ausnahmeregelung steht schließlich im Widerspruch zum Zweck eines Hehlereistraftatbestands. Die Hehlerei bietet den Anreiz für die Begehung von Vermögensdelikten. Ohne den von Hehlern geschaffenen Absatzmarkt würden sich die Beschaffungshandlungen von Dieben, Räubern aber auch Geheimnisverrätern nicht lohnen. So liegt es auch bei der Datenhehlerei. Im Entwurf selbst wird attestiert, dass aus dem Absatzmarkt für rechtswidrig erlangte Daten oft der eigentliche Tatanreiz für den Vortäter resultiert. Dies gilt in besonderem Maße bei Ankäufen durch den Staat. Die Praxis der Ankäufe von Steuer-CDs durch den deutschen Staat hat in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von illegalen Beschaffungsaktivitäten geführt. Der Staat ist ein solventer Vertragspartner und zahlt Millionen. Auf diese Weise wird ein lukrativer Absatzmarkt für illegal beschaffte Daten nicht nur beibehalten, sondern ihm gleichsam der Anstrich der Legalität verliehen. Dies erhöht den Anreiz für die Verkäufer, auch in Zukunft illegale Beschaffungstaten zu begehen.