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Haftung für Sozialversicherungsbeiträge bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung
von Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin
Wenn der Verleiher trotz illegaler Arbeitnehmerüberlassung im Ausland Sozialversicherungsbeiträge geleistet hat, wird der Entleiher trotz fingiertem Arbeitsverhältnis von der Leistungspflicht im Inland frei (LSG Rheinland-Pfalz 28.5.14, L 4 R 148/13, Abruf-Nr. 142397). |
Sachverhalt
Kläger K wendet sich gegen einen Beitragsbescheid über die Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen (SVB) für den Beigeladenen wegen unwirksamer Arbeitnehmerüberlassung in Höhe von 41.150,64 EUR. K ist nach Übernahme des Betriebs von seinem Vater zum 1.1.99 Inhaber der Firma R Metall- und Maschinenbau in A geworden. Bereits zuvor, ab dem Jahr 1991 oder 1992 wurden der Firma für verschiedene Verrichtungen Beschäftigte von der Firma K-AG in Luxemburg überlassen. Seit 2000 erfolgte mit Unterbrechungen bis Februar 2007 nur noch die Entleihe des Beigeladenen. Dieser war seit etwa 1989 bei der K-AG in Luxemburg als Schlosser beschäftigt, bezog von dort sein Gehalt und war bei der Luxemburger Sozialversicherung (centre commun de la sécurité sociale) angemeldet. Entsprechende Sozialversicherungsbeiträge wurden für den Beigeladenen von der K-AG abgeführt. Seit 2007 bezieht der Beigeladene sowohl eine deutsche als auch eine luxemburgische Rente. Die Firma R zahlte monatlich gegen Rechnungen Überlassungsgeld an die K-AG.
Nach Betriebsübernahme überprüfte der K nach eigenen Angaben alle bestehenden Verträge und fragte im Jahr 2000 oder 2001 bei der Firma K-AG nach, ob diese zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) berechtigt sei. Nachdem man ihm das dort bestätigt hatte, bezweifelte der Kläger auch künftig nicht die Berechtigung der K-AG zur ANÜ. Tatsächlich hatte die K-AG nur für die Zeit vom 15.4.00 bis zum 14.4.01 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen ANÜ.
K wendet sich gegen einen Beitragsbescheid über die Nachforderungen von SVB wegen vermeintlich unwirksamer ANÜ. Zuvor war bereits 2007 wegen des Verdachts der illegalen ANÜ ein Verfahren eingeleitet worden. Später wurde das Strafverfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) sowie Steuerhinterziehung (§ 370 AO) eingestellt. Nach Ansicht der StA war es plausibel, dass dem K auf dessen ausdrückliche Nachfrage im Jahr 2000 oder 2001 bestätigt worden sei, es liege eine gültige Verleiherlaubnis vor, er in der Folgezeit an deren Bestand nicht gezweifelt und daher bei der Entleihe nicht vorsätzlich gehandelt habe. Zudem sei ein finanzielles Motiv für eine vorsätzliche Beteiligung an illegaler ANÜ nicht ersichtlich, da K seinen eigenen Arbeitnehmern weniger bezahlte.
Entscheidungsgründe
Der Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den K in seinen Rechten. Die Nachforderungen von SVB für die Zeit findet in § 28e Abs. 2 S. 3 und 4 SGB IV keine Rechtsgrundlage. Der K hat wegen der unerlaubten Überlassung des Beigeladenen nicht die vollen Arbeitgeberpflichten aus seinem Beschäftigungsverhältnis i.S. von § 7 Abs. 1 SGB IV zu erfüllen.
Praxishinweis
Hinzuweisen sind aus der Entscheidung auf folgende Aussagen des LSG:
- Bestehen wegen ANÜ ohne Erlaubnis gemäß § 10 Abs. 1 AÜG sowohl ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer als auch ein fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, sind nicht für beide Beschäftigungsverhältnisse SVB zu leisten.
- Besteht im Rahmen des fingierten Arbeitsverhältnis kein Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Arbeitsentgelt gegen den Entleiher, liegt keine sozialversicherungspflichtige entgeltliche Beschäftigung vor.
- Gemäß § 28e Abs. 2 S. 4 SGB IV haftet der Entleiher neben dem Verleiher für die Forderung der Einzugsstelle, die für den Verleiher zuständig ist; eine Verpflichtung gegenüber einer weiteren, für den Entleiher zuständigen Einzugsstelle wird hierdurch nicht begründet.