· Fachbeitrag · Haftung
Steuerrechtliche Tücken des strafrechtlichen „Deals“ gemäß § 257c StPO
von RA Dr. Philipp Gehrmann, Krause & Kollegen, Berlin
Sind in einem strafgerichtlichen Urteil aufgrund einer tatsächlichen Verständigung keine Feststellungen hinsichtlich einer Steuerhinterziehung getroffen worden, kann ein Haftungsbescheid nicht auf das Urteil gestützt werden (VG München 21.7.11, M 10 K 10.1558, Abruf-Nr. 120792). |
Sachverhalt
Der Ehegatte der Klägerin wurde mit bestandskräftigem Bescheid aus 2008 für die GewSt 2000 bis 2002 inklusive Nachzahlungszinsen zur Zahlung von 80.000 EUR verpflichtet. Mit rechtskräftigem Urteil des AG wurde der Ehemann wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen (ESt 2000 bis 2003) in Tateinheit mit Steuerhinterziehung in vier Fällen (GewSt 2000 bis 2003) verurteilt. Die Klägerin wurde als Mittäterin wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen (ESt 2000 bis 2003) verurteilt. Hinsichtlich des Vorwurfs der Hinterziehung der GewSt erfolgte im Rahmen eines „Deals“ eine Einstellung gemäß § 154 StPO.
Mit Haftungsbescheid aus 2009 nahm die Gemeinde die Klägerin für eine Haftungssumme i.H. von 80.000 EUR gemäß § 191 Abs. 1 AO i.V. mit § 71 AO in Anspruch. Die Summe setzt sich aus den Rückständen der GewSt 2000 bis 2002 inklusive Nachzahlungszinsen zusammen. Begründet wurde dies damit, dass sich die Gemeinde die Feststellungen des Strafurteils zu eigen macht und von eigenen Feststellungen absieht. Eine Bindungswirkung hinsichtlich der Verfahrenseinstellung sah die Gemeinde nicht. Die Klägerin habe ausweislich der Feststellungen des Strafurteils an der Steuerhinterziehung hinsichtlich der GewSt zumindest teilgenommen. Die Inanspruchnahme sei auch nach pflichtgemäßen Ermessen erfolgt, da das Ermessen der Gemeinde wegen ihrer kommunalrechtlichen Verpflichtung zur Steuerbeitreibung regelmäßig auf Null reduziert sei.
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