· Fachbeitrag · Hanseatisches Oberlandesgericht
Überhaftbefehl und Beschleunigungsgebot in Haftsachen
| Mit der Entscheidung vom 21.7.16 (2 Ws 146/16, Abruf-Nr. 188505 ) weist das Hanseatische OLG darauf hin, dass das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen in Fällen der Überhaft in abgeschwächter Form gilt. Das hat zur Folge, dass einer Verfahrensverzögerung weniger Gewicht zukommt als bei alleiniger Vollziehung der Untersuchungshaft. |
Im Streitfall hatte das AG am 28.11.14 gegen den Angeklagten einen auf den Haftgrund der Flucht gestützten Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts der Steuerhinterziehung in 38 Fällen erlassen, welcher am 10.12.14 vollstreckt und am selben Tag verkündet wurde. Der - durch Beschluss vom 22.1.15 um weitere Tatvorwürfe auf insgesamt 46 Straftaten und um den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr erweiterte - Untersuchungshaftbefehl wurde bislang nicht vollzogen, weil der Angeklagte - voraussichtlich noch bis zum 12.12.16 - Strafhaft in anderer Sache verbüßt und der Haftbefehl sich insoweit als Überhaftbefehl darstellt.
MERKE | Schließlich weist das Gericht noch darauf hin, dass ein Hauptverhandlungsprotokoll parallel zur Urteilsabsetzung fertiggestellt werden kann. Allerdings sei es mit dem besonderen Beschleunigungsgebot in Haftsachen unvereinbar, dass das Hauptverhandlungsprotokoll um 2 ½ Monate verzögert fertiggestellt werde. Ob diese Verzögerung zur Aufhebung eines (Über-)Haftbefehls führt, bemesse sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. |