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  • · Fachbeitrag · Insolvenzstrafrecht

    Verletzung der Buchführungspflicht als abstraktes Gefährdungsdelikt

    von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert

    Bei § 283b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht) handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, bei dem bereits die Verletzung der dem Straftatbestand zugrunde gelegten kaufmännischen Pflichten als für die geschützten Rechtsgüter generell gefährliche Verhaltensweisen anzusehen ist (BGH 13.2.14, 1 StR 336/14, Abruf-Nr. 141665).

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte wurde vom LG wegen zahlreicher Wirtschaftsdelikte zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Revision blieb auch in Bezug auf die Sanktionierung wegen der von ihm begangenen Insolvenzstraftaten erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Bei § 283b StGB ist seit geraumer Zeit umstritten, ob die Strafverfolgung einen spezifischen Zusammenhang zwischen der Tathandlung (im Streitfall: Nichterstellen von Bilanzen) und dem späteren Eintritt der objektiven Bedingung für die Strafbarkeit (§ 283 Abs. 6 StGB, § 283b Abs. 3 StGB) wie etwa der Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzt (zum Meinungsstand siehe Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, 9. Aufl., Rn. 128).

     

    Nach Auffassung des BGH genügt ein loser Zusammenhang: Der Gesetzgeber hat bereits die Verletzung der dem Straftatbestand zugrunde gelegten kaufmännischen Pflichten als für die geschützten Rechtsgüter generell gefährliche Verhaltensweisen bewertet. Es handelt sich bei der Bestimmung also um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Das von § 283b StGB erfasste Verhalten ist daher unabhängig von der späteren wirtschaftlichen Krise des pflichtigen Täters rechtswidrig und im Hinblick auf den Schutzzweck der Vorschrift strafwürdig. Dieser Schutzzweck ist es, die mit den Buchführungs- und Bilanzierungspflichten angestrebte Selbstinformationsmöglichkeit für den Kaufmann sowie die Dokumentations- und Informationsfunktion für seine Gläubiger strafrechtlich zu gewährleisten. Der erforderliche Zusammenhang ist daher regelmäßig schon gegeben, wenn beide Elemente vorliegen.

     

    Praxishinweis

    Der BGH billigte auch die Verurteilung wegen § 283c StGB (Gläubigerbegünstigung). Der Angeklagte hatte eine Mittäterin veranlasst, bei Zahlungsunfähigkeit der von ihm geführten GmbH aufgrund von dieser gegenüber bestehenden Verpflichtungen Zahlungen direkt an seinen Verteidiger zu leisten. Bei der durch den Insolvenzschuldner einem Dritten erteilten Anweisung, an einen Gläubiger zu zahlen, handelt es sich indes regelmäßig um eine inkongruente Deckung i.S. des § 283c StGB, weil der Gläubiger eine solche Art der Befriedigung gerade nicht zu beanspruchen hatte. Anders wäre die Sachlage nur, wenn mit den Gläubigern vorher Abreden über derartige Möglichkeiten der Erfüllung getroffen worden sind. Der BGH betont damit erneut die Zivilrechtsakzessiorität des Insolvenzstrafrechts.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 165 | ID 42710927