· Fachbeitrag · Kammergericht Berlin
Verfall einer Haftkaution
| Fliegt ein wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Verurteilter unter Zuhilfenahme seines Passes, den er zu einem gänzlich anderen Zweck vom LG zurückerlangt hatte, in den Libanon, verfällt mit Aufhebung des Haftverschonungsbeschlusses die geleistete Sicherheit von 10.000 EUR. Denn darin liegt zweifellos eine durch das mutwillige Verhalten des Verurteilten ausgelöste neue Verfolgungsmaßnahme. Der Verurteilte wusste ganz genau, dass ihm der Reisepass nicht für eine Reise in das Ausland ausgehändigt worden ist, und hat sich somit den Aufenthaltskontrollen bewusst entzogen ( KG Berlin 30.4.16, 2 Ws 225/15, Abruf-Nr. 189884 ). |
Seiner wöchentlichen Meldepflicht bei der Polizeiinspektion kam der Verurteilte letztmals am 25.5.15 nach. Unmittelbar danach verließ er Deutschland mit dem Flugziel Beirut. Auf Nachfrage des LG erklärte der Verteidiger, dass ihm die Ehefrau des Verurteilten mitgeteilt habe, dieser sei in den Libanon gereist und am 28.5.15 mit einer Kopfverletzung in die Intensivstation eines Krankenhauses im Libanon eingeliefert worden. Reisefähigkeit besteht nicht. Mit Beschluss vom 15.6.15 hat das LG den Haftverschonungsbeschluss aufgehoben und den Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.8.15 hat das LG nach dessen schriftlicher Anhörung festgestellt, dass die vom Rechtsanwalt als Drittem im eigenen Namen hinterlegte Sicherheit von 10.000 EUR verfallen ist.
Gemäß § 124 Abs. 1 StPO verfällt eine noch nicht frei gewordene Sicherheit der Staatskasse, wenn der Beschuldigte sich der Untersuchung entzieht. Ein Beschuldigter entzieht sich, wenn notwendig werdende verfahrensrechtliche Maßnahmen gegen ihn nicht mehr jederzeit ungehindert durchgeführt werden können. Dabei ist gleichgültig, ob der Beschuldigte während der Zeit seiner Unauffindbarkeit oder Abwesenheit in der Sache selbst „benötigt“ wird; es reicht aus, dass infolge eines Verhaltens neue Verfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden (OLG Köln 2.10.09, 2 Ws 462/09).(CW)