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  • 02.03.2011 | Angelegenheit

    Erneuter Gebührenanspruch bei Anfechtung eines Prozessvergleichs nach zwei Jahren

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Ein Rechtsanwalt kann in analoger Anwendung von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG seine Gebühren erneut fordern, wenn ein Prozessvergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird (Abgrenzung zu BGH 30.3.06, VII ZB 69/05, NJW 06, 1525) (BGH 11.8.10, XII ZB 60/08, Abruf-Nr. 103026).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte wendet sich gegen die Festsetzung von weiteren Termins- und Verfahrensgebühren für ein nach der Anfechtung eines Prozessvergleichs fortgesetztes Verfahren. Vorausgegangen war ein durch Vergleich vom 9.11.00 beendetes Zugewinnausgleichsverfahren. Am 23.8.05 hat der Beklagte den Vergleich wegen arglistiger Täuschung angefochten und Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Mit Urteil vom 24.1.06 stellte das AG die Wirksamkeit des Vergleichs fest und legte dem Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf. Den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin hat das AG zurückgewiesen. Auf deren Beschwerde setzte das OLG die zu erstattenden Kosten in beantragter Höhe fest. Der BGH wies die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beklagten zurück.  

     

    Entscheidungsgründe

    Eine direkte Anwendung von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG ist nicht möglich. Grund: Die Regelung gilt nur, wenn einem Rechtsanwalt nach Erledigung eines früheren Auftrags ein weiterer Auftrag erteilt worden ist (BGH NJW 06, 1525). Der Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs wird nach ständiger BGH-Rechtsprechung im selben Verfahren fortgesetzt (BGH NJW 99, 2903), sodass gebührenrechtlich keine neue Angelegenheit vorliegt. Der BGH ist aber der Auffassung, dass hier § 15 Abs. 5 S. 2 RVG analog anwendbar ist. Durch den Vergleich ist das Verfahren seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, daher sind durch die erneute Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten die Verfahrens- und Terminsge-bühren erneut entstanden. Die Frage der analogen Anwendbarkeit von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten:  

     

    • Eine verbreitete Auffassung stellt für den Begriff der Erledigung i.S. von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG auf den Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 RVG ab und wendet die Norm auch in den Fällen entsprechend an, in denen die Fälligkeit durch dreimonatiges Ruhen eingetreten ist und seither mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (OLG Brandenburg AGS 09, 432 Rn. 21; OLG Stuttgart MDR 03, 117; OLG Karlsruhe JurBüro 98, 26; OLG Saarbrücken AGS 06, 218).

     

    • Der BGH hat demgegenüber klargestellt, dass die in § 8 Abs. 1 S. 2 RVG genannten Fälle, in denen die Vergütung des Rechtsanwalts fällig wird, ohne dass sein Auftrag erledigt wäre, keine Erledigung i.S. von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG darstellen (BGH NJW 06, 1525). Es muss zwischen dem Eintritt der Erledigung und dem der Fälligkeit unterschieden werden.