01.09.2006 | Auslagenpauschale
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und gerichtliches Verfahren in Bußgeldsachen
In Bußgeldsachen stellen das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das anschließende gerichtliche Verfahren jeweils eine eigene Angelegenheit i.S. des § 15 ff. RVG dar. Daher erhält der Verteidiger im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und im anschließenden gerichtlichen Verfahren jeweils eine eigene Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG (AG Hamburg-St. Georg 4.4.06, 920 C 53/06, n.v., Abruf-Nr. 062411). |
Sachverhalt
Die Parteien streiten im Bußgeldverfahren um die Erstattungsfähigkeit einer zweiten Auslagenpauschale. Gegen den Kläger wurde ein Bußgeldbescheid erlassen. Seine Verteidiger legten dagegen Einspruch ein. Nach Eingang der Akten beim AG regten die Verteidiger an, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet und gegen Erhöhung des Bußgeldes von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen wird. Diesem Vorschlag entsprach das AG. In ihrer Gebührenrechnung machten die Kläger für „Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 40 EUR“ geltend. Die Rechtsschutzversicherung hat die Gebührenrechnung um eine Nr. 7002 VV RVG gekürzt. Das AG hat dem Kläger diese zugesprochen.
Entscheidungsgründe
Die Verteidiger können die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7200 VV RVG insgesamt zweimal abrechnen. Es handelt sich bei dem bußgeldrechtlichen Vorverfahren und dem sich anschließenden Gerichtsverfahren um zwei Angelegenheiten i.S. des RVG. §§ 16 ff. RVG, die die Angelegenheit regeln, erwähnen diese Verfahren zwar nicht. Aus dem VV RVG lässt sich jedoch ableiten, dass es sich um zwei Angelegenheiten handelt. Das VV trennt – anders als die BRAGO – in Teil 5 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 und Unterabschnitt 3 zwischen dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem Verfahren vor dem AG. § 17 Nr. 1 RVG regelt für die übrigen Verwaltungsverfahren, die einem gerichtlichen Verfahren vorausgehen und der Überprüfung eines Verwaltungsakts dienen, ausdrücklich, dass in diesen Fällen das Verwaltungsverfahren und das sich anschließende gerichtliche Verfahren zwei verschiedene Angelegenheiten sind. Vor diesem Hintergrund ist es aber inkonsequent, in Fällen des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid nur von einer Angelegenheit auszugehen. Denn ebenso wie bei den in § 17 Nr. 1 RVG aufgezählten Verwaltungsverfahren dient auch das nach dem Einspruch zunächst gemäß § 69 Abs. 2 OWiG durchzuführende Zwischenverfahren bei der Bußgeldstelle und das sich hieran gemäß § 69 Abs. 4 OWiG anschließende Prüfungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft dazu, dass die Behörde nochmals die Richtigkeit des Bußgeldbescheids überprüft. Dann ist es aber konsequent, dieses Überprüfungsverfahren als eine eigene Angelegenheit i.S. des Gebührenrechts anzusehen.
Praxishinweis
Offen gelassen hat das AG die Frage, ob auch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das sich anschließende Zwischen- bzw. Hauptverfahren von zwei Angelegenheiten auszugehen ist (verneint von LG Koblenz AGS 06, 174; Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, § 17 Rn. 55; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, ABC-Teil: Angelegenheit, Rn. 4; bejaht von Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl., § 17 Rn. 15; N. Schneider, AGS 05, 7). Das AG hat zudem darauf hingewiesen, dass die zweite Postentgeltpauschale nicht als solche in der Rechnung ausgewiesen sein muss. Es reiche die Angabe des Gesamtbetrags der Pauschalen.
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