01.11.2007 | Berufungsverfahren
Zurückweisungsantrag vor Zustellung der Berufungsbegründung
Wird der Zurückweisungsantrag vor Zustellung der Berufungsbegründung gestellt, fällt grundsätzlich nur eine 1,1 Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Ziffer 1 VV RVG an (BGH 3.7.07, VI ZB 21/06, n.v., Abruf-Nr. 072838). |
Sachverhalt
Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestellte sich für diese und kündigte den Antrag an, die Berufung zurückzuweisen. Nach Eingang der Berufungsbegründung hat das OLG darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Daraufhin hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat beantragt, eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG festzusetzen. Das LG hat nur eine 1,1 Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG anerkannt. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss hat das OLG zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Berufungsbeklagte nach Einlegung der Berufung anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen kann und nach Rücknahme der Berufung grundsätzlich auch die dadurch entstandenen Kosten erstattet verlangen kann (BGH NJW 03, 756 f.; 1324; 2992). Daher ist der Klägerin eine 1,1 Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG zuerkannt worden. Von der grundsätzlichen Anerkennung der Notwendigkeit der Beauftragung eines Anwalts ist aber die Frage zu unterscheiden, welche Maßnahmen der bestellte Anwalt zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung für erforderlich halten darf. Wird der Antrag gestellt, bevor feststeht, dass das Rechtsmittel auch durchgeführt wird, ist die bei Stellung des Sachantrags nach Nrn. 3200, 3201 VV RVG anfallende volle Verfahrensgebühr nicht in dieser Höhe erstattungsfähig (BGH NJW 03, 1324; 2992, 2993; 04, 73).
Praxishinweis
Der 6. Zivilsenat schließt sich insoweit der höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Für den Berufungsbeklagten bleibt es dabei, dass er nur die 1,1 Gebühr „mitnehmen“ kann. Der BGH stellt darauf ab, dass im Normalfall kein Anlass für den Berufungsgegner besteht, mit der Verteidigungsanzeige seines Prozessbevollmächtigten zugleich den Sachantrag auf Zurückweisung der Berufung anzukündigen. Denn der Berufungsbeklagte kann erst nach Vorliegen der Begründung mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf das erstinstanzliche Urteil sachlich reagieren und durch einen Gegenantrag nebst Begründung das Verfahren fördern. Es ist nicht ersichtlich, welche Prozessförderung von einem Antrag auf Zurückweisung der Berufung ausgehen könnte, solange mangels Berufungsbegründung eine sachgerechte Prüfung des Rechtsmittels nicht möglich ist. Dies gilt auch unabhängig davon, ob die Berufung ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde oder nicht.
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