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  • 29.01.2009 | Bußgeldverfahren

    Mittelgebühr im Bußgeldverfahren

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Die Heranziehung der Mittelgebühr ist als Arbeitsgrundlage auch in Bußgeldsachen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten jedenfalls dann angemessen, wenn dem Betroffenen ein Fahrverbot droht (LG Leipzig 2.9.08, 6 Qs 70/08, n.v., Abruf-Nr. 090178).

     

    Sachverhalt

    Der Anwalt vertrat im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren eine Mandantin, der eine Geldbuße von 50 EUR und ein Punkt im Verkehrszentralregister drohten. In seinem Kostenfestsetzungsantrag ist der Anwalt von Gebühren unterhalb der Mittelgebühr ausgegangen. Das AG hat noch niedrigere Gebühren festgesetzt und sich zur Begründung auf die Kriterien des sog. Punktesystems nach Baumgärtel bezogen. Das Rechtsmittel des Anwalts hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Rahmengebühren sind vom Anwalt gemäß § 14 RVG im Einzelfall nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei die in § 14 RVG genannten Kriterien zu beachten sind. Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Kriterien für die Bemessung der Gebühr ist es nicht überzeugend, schematisch vorzugehen. Jedes Ermessen eröffnet einen Spielraum auch gegenüber weitgehend gleichen Sachverhalten. Die Heranziehung eines Punktesystems kann Arbeitshilfe bzw. Kontrollinstrument sein, ändert aber an der Notwendigkeit einer Gesamtabwägung der Kriterien im Einzelfall ebenso wenig wie die starre Fixierung auf die Mittelgebühr für den Normalfall im Bußgeldverfahren. Die Heranziehung der Mittelgebühr ist jedenfalls angemessen, wenn dem Betroffenen ein Fahrverbot droht. Hier hat es sich um einen relativ schlicht gelagerten Sachverhalt gehandelt, der im Hinblick auf die Schwierigkeit anwaltlicher Tätigkeit unterdurchschnittliche Anforderungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gestellt hat. Bei Betrachtung der individuellen Bedeutung der anwaltlichen Tätigkeit für die Mandantin bestand kein Anhaltspunkt für ein besonderes persönliches oder wirtschaftliches Interesse. Der Mandantin drohte die Eintragung eines Punktes im Verkehrszentralregister, aber kein Fahrverbot. Die Sachakte hat zum Zeitpunkt der Verteidigungsanzeige einen Umfang von lediglich 9 Blatt aufgewiesen. Die Hauptverhandlung hat nur 10 Minuten gedauert. Insgesamt ist damit ein Abschlag von 20 Prozent von der Mittelgebühr angemessen.  

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der h.M. zur Gebührenbemessung im OWi-Verfahren (vgl. dazu auch Burhoff, RVG prof. 08, 136). Das LG hat sich der h.M. angeschlossen, die erst bei einem Überschreiten der als angemessen anzusehenden Gebühr um mehr als 20 Prozent die vom Anwalt getroffene Gebührenbestimmung nicht (mehr) als bindend ansieht (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, 2. Aufl., ABC-Teil: Rahmengebühren [§ 14 RVG], Rn. 49).