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  • 29.07.2010 | Pflichtverteidiger

    Verfassungsbeschwerde keine Aufgabe des Pflichtverteidigers

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Die Bestellung als Pflichtverteidiger erfasst nicht auch Tätigkeiten im Rahmen der Verfassungsbeschwerde (OLG Rostock 2.6.10, 1 Ws 127/10 und LG Neubrandenburg 1.2.10, 6 Ks 11/07, Abruf-Nr. 102356).

     

    Sachverhalt

    Der Pflichtverteidiger des Angeklagten hat nach dessen Verurteilung Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er hat beantragt, die durch seine Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Gebühren gegen die Staatskasse festzusetzen. Mit diesem Antrag hatte er keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Bestellung als Pflichtverteidiger umfasst nicht auch Tätigkeiten im Verfassungsbeschwerdeverfahren. Sie gilt im Strafverfahren grundsätzlich nur bis zur Urteilskraft. Dies bedeutet zugleich, dass die Bestellung zum Pflichtverteidiger auf den Instanzenzug und die dafür vorgesehenen Rechtsmittel bis einschließlich der Einlegung der Revision beschränkt ist. Eine darüber hinaus gehende Reichweite wird soweit ersichtlich weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung dazu vertreten. Die nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG mögliche Verfassungsbeschwerde stellt aber kein Rechtsmittel i.S. der Prozessordnungen dar, sondern einen außerordentlichen Rechtsbehelf (BVerfGE 49, 252, 258). Folglich sind die im Zuge der Verfassungsbeschwerde anfallenden Gebühren eines beauftragten Rechtsanwalts auch nicht mehr von der Bestellung zum Pflichtverteidiger erfasst.  

     

    Praxishinweis

    Meines Erachtens muss man sich der Meinung vom LG und OLG, das die gegen die landgerichtliche Entscheidung erhobene Beschwerde ohne nähere Begründung „aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung“ verworfen hat, anschließen. Die Verfassungsbeschwerde ist ein außerhalb des Strafverfahrens stehender Rechtsbehelf, der nach Rechtskraft der das Strafverfahren abschließenden Entscheidung erhoben wird. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger erfasst diesen Verfahrensteil daher nicht mehr. Der Unterschied zum Wiederaufnahmeverfahren, das auch erst nach Rechtskraft der das eigentliche Strafverfahren abschließenden Entscheidung beginnt, worauf sich aber ggf. die Pflichtverteidigerbeiordnung erstreckt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 364a Rn. 2), liegt darin, dass es sich bei diesem zumindest noch um einen Rechtsbehelf des Strafverfahrens handelt. Wenn der Rechtsanwalt, der für den Verurteilten im Verfassungsbeschwerdeverfahren tätig geworden ist, die dafür nach § 37 RVG entstandenen Gebühren gegenüber der Staatskasse geltend machen will (§§ 45 ff. RVG) muss er also ausdrücklich im Wege der PKH beigeordnet worden sein (vgl. wegen der Einzelheiten den folgenden Schwerpunktbeitrag).