01.05.2005 | Rechtsschutzversicherung
Richtige Behandlung der Selbstbeteiligung in der Rechtsschutzversicherung
Immer wieder taucht die Frage auf, wie richtigerweise die Selbstbeteiligung des Mandanten im Verhältnis zur Rechtsschutzversicherung (RSV) bei teilweiser Kostenerstattung durch Dritte behandelt wird. Der Beitrag zeigt die richtige Vorgehensweise auf.
Die Praxis geht häufig nicht richtig vor
In der Praxis besteht oft Unsicherheit:
- Die Kanzleien zahlen zum Teil den Erstattungsbetrag vollständig an die RSV zurück, da es Sache des Mandanten als Versicherungsnehmer sei, eine Selbstbeteiligung zu vereinbaren.
- Andere Kanzleien quoteln den Erstattungsbetrag und zahlen dem Mandanten seine Selbstbeteiligung nur anteilig zurück. Muss also z.B. der Gegner von den Kosten nur 80 Prozent zahlen, zahlt die Kanzlei vom Erstattungsbetrag auch nur 80 Prozent der Selbstbeteiligung an den Mandanten zurück. Auch die RSV erhält nur 80 Prozent der von ihr geleisteten Beträge.
Beide Abrechnungsvarianten sind unzutreffend!
Der Versicherungsnehmer darf nicht benachteiligt werden
Aus § 67 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ergibt sich Folgendes: Steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Schadenersatz gegen einen Dritten zu, geht der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. Die Auswirkungen dieser Vorschrift werden anhand der folgenden Beispiele verdeutlicht:
Beispiel 1 | ||||||
Rechtsanwalt R vertritt den Mandanten M im Gerichtsverfahren. Hierfür stellt er 650 EUR in Rechnung. M ist rechtsschutzversichert, hat jedoch vertraglich eine Selbstbeteiligung je Versicherungsfall von 150 EUR zu tragen, so dass die Rechtsschutzversicherung RSV nur 500 EUR und M 150 EUR an R zahlt. Von den Kosten des Rechtsstreits muss laut Kostenfestsetzungsbeschluss der Gegner 400 EUR an M erstatten. Wie ist dieser Erstattungsbetrag nach Zahlung durch den Gegner zwischen der RVS und M aufzuteilen?
Lösung: Die Aufteilung erfolgt wie folgt:
Die verbleibenden 250 EUR erhält die RVS.
Die RSV hat zwar 500 EUR gezahlt, bekommt aber von den 400 EUR, die der Gegner erstattet, nicht alles zurück, da der Anspruchsübergang nach § 67 Abs. 1 S. 2 VVG nicht zum Nachteil des M als Versicherungsnehmer führen darf. Das wäre aber der Fall, wenn der gesamte Erstattungsbetrag von 400 EUR auf die RSV übergehen würde, weil M dann seinen Gebührenanteil in Höhe der Selbstbeteiligung verlieren würde. Hätte der Gegner den vollen Betrag von 650 EUR zu erstatten gehabt, wäre darin auch der Betrag der Selbstbeteiligung für M enthalten gewesen und er hätte seinen Anteil zurück bekommen. Wenn nun die teilweise Kostenerstattung von 400 EUR vollständig auf die RSV übergehen würde, hätte M insoweit den Nachteil, dass er seine Selbstbeteiligung wegen des Anspruchsübergangs nicht mehr zurück bekommen würde. Die Leistung des M in Form der Selbstbeteiligung muss daher von dem Erstattungsbetrag abgezogen werden. Der Anspruchsübergang auf die RSV erfolgt nur in Höhe des weitergehenden Betrags.
Praxishinweis: Daraus folgt, dass R Zahlungen des M in den Fällen einer nur teilweisen Kostenerstattung immer vorrangig zurück zahlt. Erst nach vollständiger Befriedigung, ist der Restbetrag an die RSV zu leisten. |
Anders jedoch der folgende Fall:
Beispiel 2 | ||||||
R hat den Auftrag, Klage über 10.000 EUR zu erheben. Zuvor stellt er eine Vorschussrechnung über 1.432,60 EUR (2,5 Gebühren + Auslagen und USt), die von der RSV des M voll gezahlt wird. Noch bevor die Klage eingereicht wird, überlegt sich M die Sache anders und will das Verfahren nicht durchführen. R berechnet für die vorzeitige Erledigung 474,21 EUR (0,8 Gebühren + Auslagen und USt). Wie erfolgt die Aufteilung der Gebühren?
Lösung: Zunächst wird das Guthaben ermittelt:
Wenn sich – wie hier – ein Gebührenguthaben ergibt, das nicht aus einer Kostenerstattung durch Dritte resultiert, kann nach § 67 Abs. 1 S. 1 VVG auch kein Anspruch des M gegen einen Dritten auf die RSV übergehen. Der Vorschuss der RSV ist so zu behandeln, als habe M selbst gezahlt. Die RSV stellt M lediglich auf Grund des Versicherungsvertrags von der Zahlungspflicht gegenüber R frei. Daher ist in diesen Fällen der sich ergebende Guthabensbetrag genauso zu behandeln, als hätte M selbst an R gezahlt. R muss also das Guthaben von 958,39 EUR an M zurückzahlen oder er kann es mit einer noch offenen Gebührenforderung gegen M verrechnen.
Dasselbe gilt in diesen Fällen auch im Verhältnis zur RSV. Auch der insoweit von der RSV zu viel gezahlte Gebührenbetrag braucht nicht an diese zurück gezahlt, sondern kann mit anderen Gebührenforderungen verrechnet werden. Die RSV ist darauf verwiesen, diesen Guthabensbetrag von ihrem Versicherungsnehmer M direkt anzufordern.
Praxishinweis: Macht R von dieser Möglichkeit Gebrauch und verweist wegen der Rückerstattung die RSV an M, stößt dies naturgemäß nicht auf Freude bei der RSV. Davon sollte sich R aber nicht einschüchtern lassen. Denn die RSV hat auch kein Problem damit, eine Kostendeckungszusage zu erteilen, aber bezüglich der Vorschussanforderung die Aufrechnung mit rückständigen Prämien des M (Versicherungsnehmers) zu erklären. Dann ist es R, der auf die Zahlung durch M verwiesen wird. |