29.01.2008 | Strafrecht
Anhörungstermin im Verfahren nach § 57 JGG
Die nachträgliche Entscheidung über die Bewährungsaussetzung gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 JGG gehört noch nicht zur Strafvollstreckung. Nimmt der Verteidiger hierbei jedoch einen gerichtlichen Termin wahr, fällt hierfür die allgemeine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG an (LG Mannheim 2.10.07, 7 Qs 37/07, n.v., Abruf-Nr. 080100). |
Sachverhalt
Gegen den Angeklagten wurde eine Jugendstrafe verhängt. Die Entscheidung über deren Vollstreckung wurde für mehrere Monate ausgesetzt. Nach Fristablauf und anschließender mündlicher Anhörung des Jugendlichen im Beisein des Verteidigers ordnete das AG den sofortigen Vollzug der Jugendstrafe an. Der Verteidiger, der an dem Anhörungstermin teilgenommen hatte, machte als Pflichtverteidigervergütung für die Tätigkeit in der Strafvollstreckung bzw. im Beschwerdeverfahren u.a. 2 Verfahrensgebühren nach Nr. 4200 VV RVG sowie eine Terminsgebühr nach Nr. 4202 VV RVG geltend. Festgesetzt wurde für die Teilnahme an dem Anhörungstermin gemäß § 57 JGG eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG. Die Rechtsmittel der Landeskasse und des Verteidigers blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Dem Verteidiger steht für die Wahrnehmung des Anhörungstermins im Verfahren gemäß § 57 JGG nur eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG für die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen außerhalb der Hauptverhandlung zu. Zwar sollten mit Nr. 4102 VV RVG in erster Linie die Fälle der §§ 168a, 223 StPO erfasst werden. Allerdings steht dies der Anwendung der Vorschrift im vorliegenden Fall nicht entgegen, insbesondere wenn der Begriff Vernehmung in dem Sinne verstanden wird, dass der Vernehmende dem Beschuldigten in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihm Auskunft verlangt. Zwar ist die Nr. 4102 VV RVG als Ausnahmevorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Sie ist aber anwendbar, zumal die Nrn. 4200 ff. VV RVG nicht einschlägig sind. Die Tätigkeit im Rahmen der nachträglichen Entscheidung über die Bewährungsaussetzung gemäß § 57 JGG gehört noch nicht zur Strafvollstreckung, sodass die in Nrn. 4200 ff. VV RVG geregelten Strafvollstreckungsgebühren des Verteidigers aufgrund des eindeutigen Wortlauts auch nicht analog herangezogen werden können. Dies folgt u.a. auch aus der Entscheidung des OLG Karlsruhe (StV 98, 348).
Praxishinweis
Die Entscheidung ist zutreffend. Die Tätigkeit im Rahmen der Entscheidung nach § 57 JGG gehört nicht zur Strafvollstreckung. Die Verteidigertätigkeiten werden also noch durch die Gebühren des Teils 4 Abschnitt 1 VV RVG erfasst. Für die Teilnahme am Anhörungs- oder Vernehmungstermin im Verfahren nach § 57 JGG kann jedoch noch eine allgemeine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG anfallen (Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., ABC-Teil: Umfang des Vergütungsanspruchs [§ 48 Abs. 1] Rn. 22). Diese kann in allen Verfahrensabschnitten des Teil 4 VV RVG entstehen.
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