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  • Strafrecht
    Richtige Abrechnung außergerichtlicher Strafverfahren
    von RiOLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm
    Das RVG kennt grundsätzlich nur noch die Verfahrens- und die Terminsgebühr. In Strafsachen gibt es daneben noch eine sog. Grundgebühr sowie zusätzliche Gebühren, wie z.B. die Befriedungs- oder die Wertgebühr. Der Beitrag zeigt den Geltungsbereich der neuen Gebühren auf.
    Gebühren haben einen bestimmten Abgeltungsbereich
    Die Gebühren in Strafsachen sind in Teil 4 VV RVG geregelt. Die Verfahrens- und Terminsgebühr sind aus der alten Hauptverhandlungsgebühr des § 83 BRAGO entstanden. Die Aufteilung dieser Gebühr auf zwei Gebührentatbestände soll es nach Ansicht des Gesetzgebers ermöglichen, den Umfang der Tätigkeiten des Anwalts besser als nach der BRAGO aufwandsbezogen zu berücksichtigen (BT-Dr. 15/1971, 279).
    Eine Verfahrensgebühr erhält der Anwalt nach der Legaldefinition in Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG "für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information". Durch diese Gebühr, die sowohl im vorbereitenden Verfahren (Nr. 4104 VV RVG) als auch im Gerichtsverfahren entstehen kann, ist die gesamte Tätigkeit des Anwalts im jeweiligen Verfahrensabschnitt und jeweiligen Rechtszug abgegolten, soweit hierfür keine besonderen Gebühren vorgesehen sind.
    Besondere Gebühren sind insbesondere die Terminsgebühren, die nach Nr. 4102 VV RVG für (Vernehmungs-)Termine außerhalb der Hauptverhandlung und für Hauptverhandlungstermine entstehen können (z.B. Nr. 4108 VV RVG). Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme am Termin. Sie deckt auch die konkrete Vorbereitung des jeweiligen Termins ab.
    Nr. 4100 VV RVG sieht noch eine sog. Grundgebühr vor, die jedem Anwalt, der als Verteidiger des Beschuldigten oder als Vertreter eines sonstigen Verfahrensbeteiligten im Strafverfahren tätig wird, für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall zusteht. Wann diese erfolgt, ist unerheblich. Der Anwalt erhält die Grundgebühr also auch, wenn er nicht bereits im vorbereitenden Verfahren, sondern erst im späteren Verfahrensabschnitt mit der Verteidigung beauftragt wird.
    Darüber hinaus können dem Anwalt noch nach Teil 4 Unterabschnitt 5 VV RVG zusätzliche Gebühren zustehen, z.B. die Befriedungsgebühr (Nr. 4141 VV RVG, früher § 84 Abs. 2 BRAGO) oder die Wertgebühr für Tätigkeiten im Hinblick auf Einziehung (Nr. 4142 VV RVG).
    Bei den folgenden Beispielen zur Abrechnung außergerichtlicher Strafverfahren nach dem RVG wird für den Wahlanwalt aus Vereinfachungsgründen stets die sog. Mittelgebühr angesetzt.
    Grundgebühr (Nr. 4100 f. VV RVG)
    Unabhängig vom Zeitpunkt der Beauftragung erhält der Anwalt für seine Tätigkeit in Strafsachen eine Grundgebühr.
    Beispiel 1: Mandatsübernahme erst im Berufungsverfahren
    Dem Beschuldigten B wird ein Diebstahl zur Last gelegt. Er verteidigt sich beim AG selbst. Seinen Verteidiger Rechtsanwalt R sucht er erst nach der Verurteilung auf. R legt Berufung ein und verteidigt B in der Hauptverhandlung. Das Berufungsurteil wird rechtskräftig.
    Lösung:
    R erhält, obwohl er erst im Berufungsverfahren mit der Sache befasst ist, eine Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG). Folgende Gebühren fallen an:
      Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 165,00 EUR 132,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG 270,00 EUR 216,00 EUR
    Terminsgebühr Nr. 4126 VV RVG 270,00 EUR 216,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      725,00 EUR 584,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent
    116,00 EUR

    93,44 EUR
      841,00 EUR 677,44 EUR
    Praxishinweis: Entsprechendes gilt, wenn später noch ein anderer Anwalt mit der Einlegung und Begründung der Revision gegen das Urteil des LG beauftragt wird. Auch er erhält, obwohl er erst im Revisionsverfahren beauftragt wird, eine Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG.
    Verteidigung im Vorbereitenden Verfahren (Nr. 4104 ff. VV RVG)
    Im außergerichtlichen Bereich können folgende Gebühren anfallen:
    Beispiel 2: Vertretung nur im vorbereitenden Verfahren
    Im Ermittlungsverfahren gegen B wegen Diebstahls nimmt R an der Vernehmung des B durch die Staatsanwaltschaft teil. Als R dem B rät, sich geständig einzulassen, entzieht dieser ihm das Mandat.
    Lösung:
    Für die Teilnahme am Vernehmungstermin bei der Staatsanwaltschaft erhält R die Terminsgebühr (Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG).
      Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 165,00 EUR 132,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG 140,00 EUR 112,00 EUR
    Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG 140,00 EUR 112,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      465,00 EUR 376,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG,
    16 Prozent

    74,40 EUR

    60,16 EUR
      539,40 EUR 436,16 EUR
    Ist der Mandant inhaftiert, entstehen die Gebühren mit Zuschlag (Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG).
    Abwandlung 1: Inhaftierter Mandant
    Im Beispiel 2 ist B bei dem ihm zur Last gelegten Diebstahl auf frischer Tat angetroffen und von der Polizei festgenommen worden. Er befindet sich seitdem in U-Haft. Welche Gebühren fallen für Rechtsanwalt R an?
    Lösung:
    Alle Gebühren erhalten einen Zuschlag, da sich B "nicht auf freiem Fuß befindet". Dies führt zu folgender Abrechnung:
      Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nr. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nr. 4104, 4105 VV RVG 171,25 EUR 137,00 EUR
    Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2,    
    Nr. 4103 VV RVG 171,25 EUR 137,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      565,00 EUR 456,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG,
    16 Prozent

    90,40 EUR

    72,96 EUR
      655,40 EUR 528,96 EUR
    Wird das Ermittlungsverfahren eingestellt, erhält der Anwalt zusätzlich eine Befriedungsgebühr.
    Abwandlung 2: Einstellung des Verfahrens
    Im Beispiel 2 kommt es nicht zur Mandatsniederlegung. Rechtsanwalt R gelingt es vielmehr, den Staatsanwalt von der Geringfügigkeit des Vergehens des Beschuldigten B zu überzeugen. Das Verfahren wird gemäß § 153 StPO eingestellt. Für das weitere Verfahren wäre das AG zuständig gewesen. Welche Gebühren sind angefallen?
    Lösung:
    Zusätzlich zu den in Fall 2 angefallenen Gebühren hat R jetzt auch noch die Befriedungsgebühr der Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG verdient, da das Verfahren gegen seinen Mandanten nicht nur vorläufig eingestellt worden ist.
      Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 165,00 EUR 132,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG 140,00 EUR 112,00 EUR
    Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG 140,00 EUR 112,00 EUR
    Erledigungs- bzw. Befriedungsgebühr
    Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG 140,00 EUR 112,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      605,00 EUR 488,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent
    96,80 EUR

    78,08 EUR
      701,80 EUR 566,08 EUR
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 03/2004, Seite 48
    Quelle: Ausgabe 03 / 2004 | Seite 48 | ID 106610