01.02.2006 | Strafverfahren
Längenzuschlag für den Pflichtverteidiger
Bei der Bemessung der für die Gewährung eines Längenzuschlags maßgeblichen Zeit sind Wartezeiten des Pflichtverteidigers zu berücksichtigen (KG 8.11.05, 4 Ws 127/05, rkr., n.v., Abruf-Nr. 060202). |
Sachverhalt
Der Anwalt nahm als Pflichtverteidiger des Angeklagten an einer Hauptverhandlung teil, die auf 9.15 Uhr anberaumt worden war. Diese wurde nach dem Aufruf der Sache um 9.26 Uhr begonnen und endete um 14.22 Uhr. Dafür hat er neben der Terminsgebühr eine zusätzliche Gebühr gemäß Nr. 4116 VV RVG in Höhe von 108 EUR geltend gemacht. Die dagegen gerichtete (zugelassene) Beschwerde des Bezirksrevisors hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Zwar lässt der Wortlaut der Regelungen zum sog. Längenzuschlag die Auslegung zu, dass die Teilnahme an der Hauptverhandlung erst ab dem Aufruf der Sache möglich ist, weil nach § 243 Abs. 1 S. 1 StPO mit diesem die Hauptverhandlung beginnt. Diese ist jedoch im Hinblick auf den Gesetzeszweck, den besonderen Zeitaufwand eines gerichtlich bestellten Anwalts angemessen zu honorieren, nicht sachgemäß. Der Anwalt muss pünktlich zu dem in der Ladung angegebenen Zeitpunkt erscheinen. Er ist durch die Sache auch in Anspruch genommen und in der Regel an der Wahrnehmung seiner übrigen Geschäfte gehindert, wenn sich der Aufruf der Sache verzögert. Maßgebend für die Stundenberechnung ist daher der anberaumte Hauptverhandlungstermin, wenn der Anwalt zu diesem Zeitpunkt anwesend ist.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist zutreffend. Sie entspricht der inzwischen wohl einhelligen Auffassung im Schrifttum (u.a. Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4110 VV Rn. 9, und der überwiegenden Rechtsprechung: OLG Stuttgart RVG prof. 05, 200; OLG Hamm RVG prof. 05, 177).
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