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  • 01.12.2006 | Umsatzsteuer

    Wer trägt die vom Anwalt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer?

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig
    Bei der Kostenfestsetzung nach § 126 Abs. 1 ZPO kann der beigeordnete Rechtsanwalt von der unterlegenen Partei nicht die Erstattung von Mehrwertsteuer auf die Honorarforderung fordern. Für die arme, zum Abzug der Vorsteuer berechtigte Partei ist der ihr von dem Prozessbevollmächtigten in Rechnung zu stellende Mehrwertsteuerbetrag ein durchlaufender Posten (BGH 12.6.06, II ZB 21/05, n.v, Abruf-Nr. 062722).

     

    Sachverhalt

    Der Anwalt vertrat eine vorsteuerabzugsberechtigte Partei, der PKH ohne Ratenzahlung bewilligt worden war. Dem Prozessgegner wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Anwalt beantragte Kostenfestsetzung hinsichtlich der Differenz zwischen den PKH- und den Wahlanwaltsgebühren und gleichzeitig in eigenem Namen nach § 126 ZPO die Festsetzung der auf diesen Differenzbetrag entfallenden Umsatzsteuer gegenüber dem Prozessgegner. Das LG hat die Festsetzung der Umsatzsteuer abgelehnt. Das OLG hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die eingelegte Rechtsbeschwerde zum BGH blieb auch erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Gegen den unterlegenen Gegner ist keine Umsatzsteuer festzusetzen:  

     

    • Ein Anwalt muss wie bei einer nichtbedürftigen, vorsteuerabzugsberechtigten Partei die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von seinem Mandanten fordern. Die Gegenseite darf damit nicht belastet werden.

     

    • Dem steht § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen (a.A. bisher OLG Koblenz JurBüro 97, 588). Ein Anwalt darf zwar nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegenüber seiner Partei, der PKH bewilligt worden ist, keine Vergütung, also auch keine Umsatzsteuer fordern. Ist diese Partei aber vorsteuerabzugsberechtigt, wird der Schutzzweck des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht berührt. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass kein Bürger an der gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte gehindert wird, weil er die Prozesskosten nicht aufbringen kann. Diese Gefahr besteht aber bei einem bedürftigen, vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nicht.

     

    • Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet, dass die Geltendmachung der Umsatzsteuer gegenüber der bedürftigen vorsteuerabzugsberechtigten Partei nicht von § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfasst wird. Denn der Anwalt muss der bedürftigen Partei aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen eine Rechnung stellen.

     

    • Die Bedürftigkeit der obsiegenden Partei rechtfertigt nicht, den Unterlegenen allein deshalb mit höheren Kosten zu belasten.

     

    Praxishinweis

    Es besteht nun Klarheit darüber, dass die bedürftige, eigene Partei die auf das Honorar entfallende Umsatzsteuer zahlen muss. Allerdings enthalten die Entscheidungsgründe folgenden Satz: „Keine Entscheidung bedarf hier die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigte Partei für die ihr seitens des Anwalts in Rechnung gestellte Umsatzsteuer – ausnahmsweise – keine Vorsteuererstattung erhält.“ An welche Fallgestaltungen der BGH hierbei gedacht hat, bleibt völlig unklar. Für die anwaltliche Praxis gilt daher ab sofort: Die auf das Honorar entfallende Umsatzsteuer ist direkt gegenüber der eigenen, bedürftigen Partei geltend zu machen (zu den Auswirkungen der Erhöhung der Umsatzsteuer auf die Anwaltsvergütung vgl. Onderka, RVG prof. 06, 193).  

     

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2006 | Seite 201 | ID 92008