02.11.2010 | Verfahrensgebühr
Verfahrensgebühr bei Zurückweisungsantrag vor Zustellung der Berufungsbegründung
von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
Hat der Gegner bereits vor Zustellung der Berufungsbegründung Zurückweisung beantragt, gehört die 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG regelmäßig zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten i.S. von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, wenn nach dem verfrühten Zurückweisungsantrag die Berufung noch begründet wird und das Berufungsgericht in der Sache entscheidet (BGH 13.7.10, VI ZB 61/09, Abruf-Nr. 102877). |
Sachverhalt/Entscheidungsgründe
Der Rechtsanwalt hatte bereits nach Zugang der Berufung die Vertretung des Beklagten auch im zweiten Rechtszug angezeigt und den Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt. Später hat der Kläger seine Berufung begründet. Auf die Mitteilung des OLG, es sei beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) zurückzuweisen, hat der Kläger die Berufung nicht zurückgenommen. Sie wurde durch Beschluss zurückgewiesen und die Kosten dem Kläger auferlegt. Statt der vom Rechtsanwalt des Beklagten beantragten 1,6 Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) hat das LG nur eine 1,1 Verfahrensgebühr (Nr. 3201 VV RVG) festgesetzt. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.
Der BGH stellt klar: Auch wenn bereits vor Zustellung der Berufungsbegründung die Zurückweisung beantragt wurde, können die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren im Einzelfall zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung i.S. von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig sein, wenn nachher die Berufung noch begründet worden ist und das Rechtsmittelgericht in der Sache entschieden hat (BGH NJW 09, 2220). Zwar beurteilt sich die Frage, ob Prozesskosten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte (BGH NJW 06, 446). Allerdings wären bei einem Zurückweisungsantrag nach Eingang der Berufungsbegründung die Kosten zweifellos auch erstattungsfähig gewesen. Unter solchen Umständen kann es für die Frage der Erstattungsfähigkeit nicht auf die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Anträge ankommen. Vielmehr wäre es eine unnötige Förmelei, vom Gegner zu verlangen, nach Eingang der Berufungsbegründung nochmals einen Schriftsatz mit einem Gegenantrag bei Gericht einzureichen.
Dieser Beurteilung steht die Entscheidung des erkennenden Senats vom 3.7.07 (NJW 07, 3723) nicht entgegen. Dort war der Auftrag wegen Rücknahme der Berufung vor Durchführung des Rechtsmittels vorzeitig beendet worden, sodass sich der verfrüht gestellte Antrag nicht nachträglich als notwendig erweisen konnte.
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