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  • 02.11.2010 | Verfahrensgebühr

    Verfahrensgebühr für den Berufungsbeklagten

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn

    Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung und Begründung des Rechtsmittels dessen Zurückweisung, sind die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren auch dann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung, wenn das Gericht noch keine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt hat, weil es zunächst ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO prüft (BGH 24.6.10, VII ZB 6/09, Abruf-Nr. 102879).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte hat gegen das Urteil des LG Berufung eingelegt und begründet. Die Berufungsbegründung wurde dem Kläger mit dem Hinweis zugestellt, dass eine Frist zur Berufungserwiderung derzeit nicht gesetzt wird und das Berufungsgericht vorab ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO prüft. Der Kläger hat daraufhin (erneut) die Zurückweisung der Berufung beantragt. Das Berufungsgericht hat wenig später darauf hingewiesen, dass es beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und - nachdem keine Stellungnahme des Beklagten erfolgte - so entschieden. Das LG hat die an den Kläger zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens nur mit einer 1,1 Verfahrensgebühr (Nr. 3201 VV RVG) festgesetzt. Die zugelassene Rechtsbeschwerde auf Festsetzung der vollen 1,6 Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV RVG hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der Antrag auf Zurückweisung der Berufung sei unmittelbar nach Zustellung der Berufungsbegründung noch nicht erforderlich gewesen, da das Berufungsgericht darauf hingewiesen habe, dass es zunächst keine Frist zur Berufungserwiderung setzen und vorab ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO prüfen werde. Deshalb seien Kosten auslösende Sachanträge vor Abschluss dieser Prüfung nicht sachdienlich gewesen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Senat hat bereits entschieden, dass der nach Eingang der Berufungsbegründung gestellte Abweisungsantrag nicht deshalb als nicht zweckentsprechende Rechtsverfolgung i.S. des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO angesehen werden kann, weil eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO noch nicht ergangen ist (BGH NJW 04, 73). Denn: Der Berufungsbeklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe frühzeitig zu erwidern und eine möglicherweise beabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege durch eigene Argumente zu fördern.  

     

    Eine Förderung i.d. Sinne liegt auch vor, wenn der Abweisungsantrag nicht begründet wird und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berufungsbegründung nicht erfolgt (BGH NJW-RR 09, 859). Dabei spielt es keine Rolle, ob das Berufungsgericht dem Berufungsgegner eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt oder eine solche im Hinblick auf die bevorstehende Prüfung eines Vorgehens nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgestellt hat. Die dieser Verfügung zugrunde liegende Vorstellung des Gerichts, es könne auch ohne eine Stellungnahme des Berufungsbeklagten über eine Zurückweisung der Berufung entscheiden, führt nicht dazu, dass das Interesse des Berufungsbeklagten an einer Mitwirkung im Verfahren entfällt. Im kontradiktorischen Verfahren gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), ihm die Gelegenheit zu geben, auf eine etwaige Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch die Stellung eines Sachantrags und gegebenenfalls eine Begründung Einfluss zu nehmen.