· Fachbeitrag · Sachverständigenkosten
So können Sie Ihren Mandanten schützen
| In straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren holen AG oft Sachverständigengutachten zu technischen Fragen ein. Die dadurch entstehenden Kosten übertreffen i. d. R. die festgesetzten Geldbußen um ein Vielfaches. Können Sie Ihre Mandanten davor schützen? Hierauf gibt das AG Rosenheim nun Antworten (4.2.19, 5 OWi 410 Js 21529/18, Abruf-Nr. 207427 ). |
Der Betroffene war als Motorradfahrer von der Polizei angehalten worden. Er hatte sofort eingeräumt, dass sein Motorrad zu laut war. Trotzdem holte die Polizei ein Gutachten ein. Das Bußgeld belief sich auf 90 EUR, die Kosten des Gutachtens auf über 1.100 EUR. Der Verteidiger legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und beschränkte ihn auf den Rechtsfolgenausspruch. Ziel: Dem Mandanten sollten die Gutachten-Kosten nicht auferlegt werden.
Das AG hat den Betroffenen daraufhin verurteilt und ihm nach § 465 StPO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dazu führt es aus: Im Rahmen der Entscheidung über den Einspruch, auch wenn er sich primär gegen die Kosten richtet, ist nur eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Hier ist nur zu prüfen, ob eine Kostentragungspflicht des Verurteilten besteht. Dies ist gegeben, wenn der Betroffene ‒ wie hier ‒ verurteilt wurde und ihm eine Geldbuße auferlegt wurde. Eine Aufteilung oder Aussonderung bestimmter Auslagen gemäß § 465 Abs. 2 StPO ist nur möglich, wenn es ‒ was hier nicht der Fall war ‒ um Kosten für Untersuchungen geht, die zugunsten des Betroffenen ausgegangen sind. Die Einwände, die der Betroffene über seinen Verteidiger erhebt, betrafen aber nicht die Kostengrundentscheidung, sondern nur den Kostenansatz. Der Kostenansatz ist, auch wenn er mit dem Bußgeldbescheid verbunden ist, durch gerichtlichen Antrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG anzufechten (Göhler/Gürtler, OWiG, 17. Aufl., vor § 105 Rn. 27 und § 107 Rn. 30).
Die Frage des Umfangs der vom Betroffenen zu tragenden Kosten eines für ihn ungünstigen Sachverständigengutachtens ist nicht im Erkenntnisverfahren, sondern im sog. Kostenansatzverfahren zu klären. Der Betroffene muss dort eine ggf. unrichtige Sachbehandlung, z. B. ein zu schnelles oder unnötiges Einholen des Sachverständigengutachtens, geltend machen und somit auf Niederschlagung der Kosten drängen (LG Ingolstadt VA 15, 212).
MERKE | Wendet sich der Rechtsanwalt gegen den Kostenansatz, entstehen dafür gesonderte (Wert-)Gebühren nach Vorbem. 4 Abs. 5 Nr. 1 VV RVG i. V. m. Nr. 3500 VV RVG bzw. nach Vorbem. 5 Abs. 4 Nr. 1 VV RVG i. V. m. Nr. 3500 VV RVG. Der Gegenstandswert richtet sich nach der Höhe der Kosten, die im Streit sind. |
Etwas anderes gilt, wenn das Sachverständigengutachten zugunsten des Betroffenen ausgegangen ist. Dann geht der richtige Weg über § 465 Abs. 2 StPO: Der Betroffene muss bereits im Erkenntnisverfahren einen entsprechenden Antrag bezogen auf die Kostengrundentscheidung stellen. Kommt das Gericht dem nicht nach, kann er ‒ fristgebundene (§ 311 Abs. 2 StPO: eine Woche!) ‒ Kostenbeschwerde nach § 464 Abs. 3 StPO erheben. Sie muss gesondert eingelegt werden. Sie ist nicht in einem anderen Rechtsmittel mitenthalten.