· Fachbeitrag · Schwurgerichtssache
Lange Hauptverhandlung erhöht Terminsgebühr
Für die Bemessung der Terminsgebühren gemäß § 14 Abs. 1 RVG ist die überdurchschnittliche Dauer einer Hauptverhandlung auch beim Wahlverteidiger ein maßgebliches Kriterium. Eine Hauptverhandlungsdauer von über fünf Stunden rechtfertigt bei einem ansonsten durchschnittlichen Fall auch in Verfahren vor dem Schwurgericht eine Erhöhung der Mittelgebühr (OLG Stuttgart 19.9.13, 2 Ws 263/13, Abruf-Nr. 140163). |
Sachverhalt
Der Angeklagte A ist vor dem Schwurgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin N verurteilt worden. Der Vertreter der N fordert von A Ersatz ihrer notwendigen Auslagen und beantragt, zwei Terminsgebühren à je 700 EUR (nach altem Recht) für die Teilnahme an den beiden Hauptverhandlungstagen festzusetzen, Nr. 4120 VV RVG. Das LG hat nur die Mittelgebühr festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der N hat Erfolg.
Entscheidungsgründe
Eine Erhöhung der Mittelgebühr kann nicht allein auf das Tätigwerden des Schwurgerichts gestützt werden. Der Gebührenrahmen ist bereits erhöht. Die Hauptverhandlungsdauer rechtfertigt aber eine Erhöhung. Auf weitere Schwierigkeiten des durchschnittlich einzustufenden Falls kommt es nicht an. Dem LG ist zuzugeben, dass die durchschnittliche Dauer eines Schwurgerichts-Hauptverhandlungstags länger ist als etwa vor den AG. Nicht jede mehrstündige Hauptverhandlung rechtfertigt also eine Gebührenerhöhung. Es entspricht aber nicht dem Willen des Gesetzgebers, die Berücksichtigung einer langen Verhandlung auszuschließen (BT-Drucksache 15/1971, 224 zu Nr. 4110 VV RVG). Durch die Einführung der Längenzuschläge Nr. 4122 und 4123 VV RVG hat er zu erkennen gegeben, dass er fünf Stunden überschreitende Hauptverhandlungen auch vor dem Schwurgericht für überdurchschnittlich hält. Zwar gelten die Längenzuschläge nicht direkt für gewählte Verteidiger/Nebenklägervertreter, dienen aber zur Orientierung im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG (BT-Drucksache, a.a.O). Eine Nichtbeachtung der Dauer hätte zur Folge, dass in gleichgelagerten Fällen der gewählte Verteidiger/Nebenklägervertreter immer geringere Gebühren erhält als der Beigeordnete. Dies ist mit der für Rahmengebühren getroffenen Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers (BT-Drucksache, a.a.O., 220) nicht vereinbar: Der Pflichtverteidiger soll 80 Prozent der Mittelgebühr des Wahlverteidigers erhalten.
Praxishinweis
Das OLG hat mit der h.M. zutreffend gerechnet: Dem beigeordneten Vertreter der N hätten bei einer Verhandlungsdauer von je über fünf Stunden pro Verhandlungstag 534 EUR zugestanden, Nr. 4120 und Nr. 4122 VV RVG. Das LG hat weniger angesetzt. Unter Hinweis auf die gesetzgeberische Grundentscheidung, dem beigeordneten Anwalt 80 Prozent der Mittelgebühr zuzusprechen, hat das OLG eine Festsetzung von 667,50 EUR für den gewählten Nebenklägervertreter als sachgerecht angesehen. Die geltend gemachten 700 EUR wichen nicht unbillig ab. Die Festsetzung war daher verbindlich, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.