· Fachbeitrag · Strafvollstreckung
Höhere Gebühren in der Krisenintervention
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Das Verfahren über die befristete Wiederinvollzugsetzung einer ausgesetzten Unterbringungsmaßregel nach §§ 63, 64 StGB (Krisenintervention gemäß § 67h StGB) ist kostenrechtlich als Teil des Verfahrens über den Widerruf der Maßregelaussetzung nach Nr. 4200 Nr. 3 VV RVG anzusehen (OLG Dresden 3.7.12, 2 Ws 278/12, Abruf-Nr. 122920). |
Sachverhalt
Der Verteidiger hat den Mandanten im Verfahren über die befristete Wiederinvollzugsetzung einer ausgesetzten Unterbringungsmaßregel nach §§ 63, 64 StGB - Krisenintervention gemäß § 67h StGB - vertreten und dafür eine Gebühr Nr. 4200 Nr. 3 VV RVG abgerechnet. Gewährt wurde nur eine Gebühr nach Nr. 4204 VV RVG. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Krisenintervention greift wenn sich der Zustand oder die Suchterkrankung eines Verurteilten akut so verschlechtern, dass die günstige Prognose, die der Maßregelaussetzung zugrunde liegt, entfällt oder konkret gefährdet ist. In diesen Fällen käme - ungeachtet des § 67h StGB - nur ein zeitlich nicht befristeter Widerruf der Aussetzung wegen Wegfalls ihrer Voraussetzungen in Betracht. Die sozialfürsorgerische Terminologie der Interventionsmaßnahme darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich bei ihr um eine gravierende, freiheitsbeschränkende strafrechtliche Maßnahme handelt und Vollstreckung einer Maßregel i.S. des § 463 StPO ist (BGHSt 56, 1). Das Kriseninterventionsverfahren ist daher kostenrechtlich nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr steht es in einem Vorstufenverhältnis zu einem der Sache nach angezeigten Widerruf. Ihre Anordnung ist nach § 67h StGB daher überhaupt nur zulässig, wenn sie zur Vermeidung eines Widerrufs geboten ist. Die Strafvollstreckungskammer muss deshalb auch in diesen Verfahren als Voraussetzung prüfen, ob andernfalls der Widerruf der Maßregelaussetzung in Betracht kommt.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist zutreffend. Sie stellt auf den engen Sachzusammenhang des Kriseninterventionsverfahrens mit dem Widerrufsverfahren (Nr. 4200 Nr. 3 VV RVG) ab. Die Tätigkeit im Kriseninterventionsverfahrens kommt in seiner Bedeutung und wahrscheinlich auch hinsichtlich des vom Rechtsanwalt zu erbringenden Arbeitsaufwands dem Widerrufsverfahren gleich, sodass es gerechtfertigt ist auf diese „höher dotierte“ Gebührenziffer zurück zu greifen.
Ähnlich ist kürzlich das KG vorgegangen. Es hat das Verfahren über die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer einer lebenslangen Freiheitsstrafe kostenrechtlich als Teil des Verfahrens über die Aussetzung des Rests einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe angesehen und für die Tätigkeiten des Rechtsanwalts die Gebühr nach Nr. 4200 Nr. 2 VV RVG angesetzt (RVG prof. 12, 44, Abruf-Nr. 120531).