· Fachbeitrag · Terminsgebühr
Trotz „geplatztem“ Termin Vergütung verdienen
von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Augsburg/Münster
| In der Praxis gibt es immer wieder Streitigkeiten hinsichtlich der Terminsgebühr für den sog „geplatzten“ Termin (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2, 3 VV RVG). Diese Regelung sieht im Strafverfahren vor: Erscheint der Rechtsanwalt zu einem Termin, der aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet, kann er eine Terminsgebühr abrechnen. Die folgende Checkliste zeigt, worauf Sie bei der Gebühr achten müssen. |
Checkliste / | |
Frage | Antwort |
| Die Gebühr entsteht, wenn der Rechtsanwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, für ihn nicht stattfindet (s. auch Nr. 11). |
| Diese Terminsgebühr soll die vom Rechtsanwalt nutzlos aufgewendete Zeit honorieren (vgl. BT-Drucksache 15/1971, S. 221). |
| Gemäß Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr für den Verteidiger, den Nebenklägerbeistand (LG Bochum 19.6.12, 1 Ws 29/12) oder den Beistand eines Verfallsbeteiligten. |
| Ja. Dies gilt unabhängig davon, ob man seine Tätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 1 oder nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abrechnet (vgl. Burhoff, RVGreport 14, 2 und 6). |
| Die Terminsgebühr entsteht für alle gerichtlichen Termine, somit für
Praxishinweis | Das OLG Celle (RVGprof. 11, 187) wendet die Regelung entsprechend an, wenn der Verteidiger eines Angeklagten in einem gegen Dritte gerichteten Parallelverfahren, in dem er bislang nicht beteiligt ist, eine Terminsbenachrichtigung mit dem Hinweis erhält, dass beabsichtigt sei, im Termin des Parallelverfahrens beide Verfahren zu verbinden, auch wenn die Verfahrensverbindung anschließend wegen Ausbleibens der Angeklagten unterbleibt. |
| Nein. Dies würde Sinn und Zweck der Regelung widersprechen (Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn. 93) |
| Nein. Die Terminsgebühr nach Vorb. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG ist „personenbezogen“. Entscheidend ist daher, dass für den (geladenen) Rechtsanwalt der Termin nicht stattfindet. Ob der Termin dann, ggf. mit anderen Beteiligten, durchgeführt wird, ist unerheblich (LG Marburg 16. 8. 11, 4 Qs 56/11; AG Hagen RVGprof. 07, 24; a. A. OLG Frankfurt am Main JurBüro 11, 422). Erfasst wird daher auch der Fall, dass der als Pflichtverteidiger beigeordnete Rechtsanwalt erscheint und er dann vor Aufruf aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen entpflichtet wird (AG Hagen, a. a. O.). |
| Die „klassischen“ Fälle sind:
Der Rechtsanwalt erfährt erst kurz vor Beginn der Hauptverhandlung, dass diese deshalb nicht stattfinden kann. |
| Die Terminsgebühr entsteht auch, wenn
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| Die Auslegung dieses Begriffs ist umstritten: Die Literatur geht davon aus, dass der Rechtsanwalt die Gebühr nicht nur erhält, wenn er erst im Gerichtssaal erfährt, dass der Termin nicht stattfindet, sondern auch wenn die Nachricht über Aufhebung und/oder Verlegung des Termins den Rechtsanwalt aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht erreicht und er daher zum Termin noch anreist bzw. erscheint (vgl. Burhoff/Volpert, a. a. O., Vorbem. 4 VV Rn. 95; Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV Vorb. 4 Rn. 37; Hartung/Schons/Enders/Hartung, RVG, 2. Aufl., Vorb. 4 VV Rn. 30; Kotz, JurBüro 09, 402, 403; Meyer, JurBüro 09, 126, 127; a. A. OLG Frankfurt am Main RVGreport 12, 64; OLG München RVGprof. 08, 104 = StRR 08, 199 m. abl. Anm. Burhoff). |
| Nein. Nach ablehnender Auffassung des OLG München (RVGreport 15, 66 m. abl. Anm. Burhoff) ist allerdings auch in diesen Fällen die Gebühr für den geplatzten Termin nicht entstanden. |
| Ja, durch Vorbem. 4 Abs. 3 S. 3 VV RVG. |
| Nach Vorb. 4 Abs. 3 S. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr nicht, wenn der Rechtsanwalt rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist. |
| Den Begriff „rechtzeitig“ definiert das RVG nicht. Insoweit gilt:
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| Nein. Wenn der Rechtsanwalt es selbst zu vertreten hat, dass er nicht rechtzeitig informiert worden ist, kann er die Gebühr nicht verlangen.
Praxishinweis | Deshalb muss der Verteidiger/Rechtsanwalt darauf achten, dass ihn Terminsabladungen/-änderungen rechtzeitig erreichen (OLG München AGS 04, 150; AnwK-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., VV Vorb. 4 Rn. 31). Auch muss der Verteidiger sich dann, wenn ggf. kurzfristig ein Aufhebungsantrag gestellt worden ist, vor der Abreise zum Termin erkundigen, ob dieser aufgehoben worden ist und ihn ggf. nur die Abladung noch nicht erreicht hat (vgl. LG Neuruppin RVGprof. 09, 140). |
| Anwendung findet § 14 Abs. 1 RVG. Der geringere Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt durch die nicht (mehr) erfolgende „Teilnahme“ an dem Termin erbringt, ist darüber hinaus bei der Bemessung der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens der jeweiligen Terminsgebühr zu berücksichtigen (LG Bonn AGS 07, 563 m. Anm. N. Schneider; LG Bochum 19.6.12, 1 Ws 29/12). Das wird im Zweifel zu einer Gebühr unterhalb der Mittelgebühr führen (LG Bonn, a. a. O.).
Faustregel: Je eher der Verteidiger/Rechtsanwalt von der Aufhebung des Termins erfährt, desto geringer ist der nutzlose Zeitaufwand und desto geringer ist die Höhe der entstehenden Terminsgebühr (s. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, a. a. O., VV Vorb. 4 Rn. 40). |
| Nein. Er erhält die vom RVG ausgewiesene gesetzliche Terminsgebühr. Der geringere Zeitaufwand kann hier nicht berücksichtigt werden, da es sich dabei um eine Festgebühr handelt. |
| Ja. Die Rechtsprechung berücksichtigt den Rechtsgedanken der Vorb. 4 Abs. 3 VV RVG auch bei der (allgemeinen) Bemessung der Terminsgebühr, wenn z. B. die Hauptverhandlung aus vom Verteidiger nicht zu vertretenden Gründen nur kürzer als zunächst geplant gedauert hat (OLG Schleswig SchlHA 10, 269). |
| Fällt der (Hauptverhandlungs-)Termin aus, muss der Mandant die entstehende Terminsgebühr an seinen Wahlanwalt zahlen. Beim Pflichtverteidiger „haftet“ die Staatskasse. |
| Ja. Insoweit kommen gegen einen Zeugen/Sachverständigen, der den Ausfall des Termins verschuldet hat, §§ 51 Abs. 1 S. 1, 72 StPO in Betracht. Ist die Abladung nicht (rechtzeitig) erfolgt, haftet die Staatskasse ggf. aus § 839 BGB (zu allem AnwKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., VV Vorb. 4 Rn. 33; OLG München AGS 04, 150 m. Anm. N. Schneider; eingehend auch Meyer, JurBüro 09, 126). |
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